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Neue Solidarität
Nr. 10, 10. März 2022

Nein, Putin übertreibt nicht:
Neonazis in der Ukraine haben Selenskyj bedroht

Von David Shavin

Die Erklärung des russischen Präsidenten Wladimir Putin, daß das Neonazi-Problem in der Ukraine gelöst werden müsse, wird von den westlichen Medien – sofern es überhaupt erwähnt wird – als Übertreibung für die unwissenden russischen Massen dargestellt. Für ein westliches Publikum, wo Menschen als „Nazi“ beschimpft werden, wenn sie zuwenig Verständnis für Transgender-Personen zeigen oder wenn sie überzeugt sind, daß man eine Pandemie nicht ableugnen darf, dürfte es schwer sein, Putins todernstes militärisches Ziel zu verstehen. Tatsächlich haben die neonazistischen Bandera-Anhänger, einmal abgesehen von ihrer abstoßenden Ideologie, das ganze Land Ukraine gekapert und so einen Showdown der Atommächte ausgelöst. Die LaRouche-Bewegung hat dazu schon im Februar 2014 ein Dossier veröffentlicht: „Westliche Mächte unterstützen Putsch von Neonazis in der Ukraine“ (siehe Neue Solidarität 7/2014).

Als Putin am 21. Februar 2022 die Anerkennung der Republiken Donezk und Luhansk verkündete, sagte er klar und deutlich, was die Neonazis verbrochen haben und was Rußland gegen sie zu unternehmen gedenkt:

Weit weniger weiß man aus den westlichen Medien über die Drohungen, Gewalt und Erpressung gegen den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, sobald er die geringsten Anstalten machte, das Minsker Friedensabkommen umzusetzen. Es hat seinen Grund, wenn die klar formulierten Schritte des Abkommens von 2015 so eklatant ignoriert wurden.

Selenskyj, der aus einer jüdischen Familie stammt und Russisch als Muttersprache spricht, errang 2019 einen überraschenden Wahlsieg. Seine erdrutschartige Zustimmung von 73% erhielt er von der Mehrheit der russischsprachigen wie der nichtrussischsprachigen Bevölkerung der Ukraine. Er war eine neue Hoffnung, die Rußlandhetze und die Spaltung, wo Ukrainer gegen Ukrainer aufgewiegelt wurden, zu beenden.

Aber während die ukrainische Armee bereit war, einen beiderseitigen Truppenrückzug im Donbaß mitzumachen, mobilisierte das Nationale Korps von Andrij Bilezkyj im Oktober 2019 eine große Kampagne dagegen unter dem Motto „Nein zur Kapitulation“, u.a. mit einer Demonstration mit 10.000 Teilnehmern auf dem Maidan-Platz. Anstatt sie zurückzuziehen, ließ Bilezkyj „irreguläre“ Kämpfer illegal in die Zone gegenüber den selbsterklärten Donbaß-Republiken (OOS-Zone) eindringen und drohte mit Gewalt, falls sich die reguläre ukrainische Armee zurückzieht.

Selenskyj beschrieb auf Facebook, wie er in die Stadt Solote in der Nähe der Kontaktlinie fuhr und sich mit den Einheimischen traf: „Ich habe verstanden, daß alle den Frieden wollen. Alle sind zum Rückzug bereit.“ Die Dorfbewohner erzählten ihm jedoch, daß bewaffnete „Irreguläre“ einen Teil des Dorfes besetzt hielten. (Vertreter der ukrainischen Armee bestätigten ihm, daß die „Irregulären“ tatsächlich bewaffnet waren und die Zone illegal betreten hatten.) Selenskyj traf sich daraufhin mit den „Irregulären“. Sie verweigerten den Gehorsam gegenüber den Anweisungen des gewählten Staatsoberhauptes und der militärischen Befehlskette.

Selenskyj veröffentlichte ein Video von seiner Konfrontation mit einem Anführer des Nationalen Korps, Denys Yantar (https://www.kyivpost.com/ukraine-politics/im-not-a-loser-zelensky-clashes-with-veterans-over-donbas-disengagement.html). Zunächst ist Selenskyj überrascht, als zwei ältere Frauen eingreifen und Yantars Freischärler wegen ihrer versteckten Waffen mutig zur Rede stellen. Yantar, Berichten zufolge Scharfschütze im ersten Infanteriekorps des Asow-Bataillons, leugnet daraufhin, Waffen zu besitzen. Nach seinen Ausflüchten stellt Selenskyj ihn zur Rede: „Hören Sie, Denys, ich bin der Präsident dieses Landes. Ich bin 41 Jahre alt. Ich bin kein Verlierer. Ich bin zu Ihnen gekommen und habe Ihnen gesagt: Ziehen Sie die Waffen ab. Schieben Sie das Gespräch nicht auf irgendwelche Proteste.“

Yantar versucht auszuweichen und ignoriert Selenskyj: „Aber das haben wir doch besprochen.“ Daraufhin rückt Selenskyj dicht an Yantar heran: „Ich wollte Verständnis in Ihren Augen sehen. Aber stattdessen habe ich einen Kerl gesehen, der entschieden hat, daß hier irgendein Verlierer vor ihm steht.“ Das war der Höhepunkt von Selenskyjs Widerstand.

Bilezkyj reagierte darauf, indem er Selenskyj öffentlich bedrohte: Seine bewaffnete Gruppierung werde sich nicht zurückziehen. Sollte Selenskyj versuchen, sie zu entfernen, würden „statt ein paar Dutzend Tausende“ bewaffnete Kämpfer nach Solote kommen. Der Bericht der Kyiv Post enthält das Video der Auseinandersetzung zwischen Selenskyj und Yantar. Allerdings tut die voreingenommene Kyiv Post so, als wären die bewaffneten irregulären Kämpfer gewöhnliche Armeeveteranen, mit denen Selenskyj ohne den nötigen Respekt gesprochen hätte.

Damit war die Lektion für Selenskyj, wer in der Ukraine das Sagen hat, aber noch nicht vorbei. Am nächsten kam er der Erfüllung seines Wählerauftrags, als er ein paar Monate später versuchte, dem Parlament sein erstes Gesetz im Zusammenhang mit den Minsker Vereinbarungen über den Donbaß vorzulegen. Die Bestimmung im Minsker Abkommen über eine vollständige Amnestie auf beiden Seiten war darin zwar verwässert, aber es war ein Abschnitt enthalten, wonach Donezk und Luhansk darüber abstimmen konnten, ob sie die russische Sprache beibehalten sollten. (30-50% der ukrainischen Bevölkerung sprechen Russisch als Muttersprache, und bis zum Staatsstreich 2014 wurden beide Sprachen in Schulen und Behörden verwendet.) Doch das war zuviel.

Sergeyj Siwocho, ein Berater des Leiters des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates der Ukraine, den Selenskyj mit der Einrichtung einer Nationalen Plattform für Versöhnung und Einheit beauftragt hatte, wurde auf der ersten öffentlichen Konferenz über die Wiedereingliederung von Donezk und Luhansk am 12. März 2020 tätlich angegriffen. Siwocho, ein älterer Mann mit weißen Haaren, wurde von Mitgliedern des Asow-Bataillons beschimpft, umringt, gegen eine Wand gedrückt und schließlich zu Boden gestoßen. Ein kurzes Video zeigt die letzten Sekunden des Angriffs (https://ren.tv/news/v-mire/671903-sovetnika-glavy-snbo-ukrainy-sivokho-vygnali-s-konferentsii-po-donbassu). Das war offenbar das erste und letzte Mal, daß die Regierung in Kiew einen noch so schwachen Versuch unternahm, das Minsker Abkommen umzusetzen.

Das sind nur einige Beispiele, aber es scheint, daß Selenskyj die Botschaft verstanden hat – eine Botschaft, die von Leuten überbracht wird, die Hitlers Kriegsverbündeten Stepan Bandera verehren, die vom Hakenkreuz inspirierten Abzeichen des Asow-Bataillons tragen und die haßerfüllte Blut- und Boden-Ideologie der „rechtsextremen Nationalisten“ vertreten.

Das ist kein häßliches Randphänomen. Diese Leute haben mehr Macht über die ukrainische Politik als die gewählte Regierung und haben so die Ukraine zur Geisel genommen. Und es ist klar, wenn Putin von der Geschichte spricht – wie der Westen vor Hitlers Aufstieg die Augen verschloß und wie die Führung der Sowjetunion versagte, als sie 1939/40 die Lösung des Nazi-Problems aufschob -, daß er nicht gewillt ist, noch einmal den Verlust von Zigmillionen seiner Landsleute zuzulassen.