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Neue Solidarität
Nr. 50, 15. Dezember 2022

Die Energiekrise und der Krieg
zwischen der Ukraine und Rußland

Von Juan Pari

Juan Pari ist ehemaliger Kongreßabgeordneter in Peru.

Frieden ist die wichtigste Voraussetzung für das Überleben unseres Planeten. Mit Frieden können wir daran arbeiten, den Hunger zu beseitigen. Mit Frieden können wir die Auswirkungen des Klimawandels eindämmen, der durch die rücksichtslosen Wirtschaftsmodelle des Menschen und durch die Natur verursacht werden. Mit Frieden können wir lernen, menschlicher zu sein, und menschlicher zu sein bedeutet, daß wir eine echte Gemeinschaft von Nationen aufbauen müssen, um die Welt zu regieren, mit Toleranz, Koexistenz, ohne Unterwerfung oder ausländische Einmischung in die Entscheidungen der Nationen. Dies bedeutet eine multipolare Welt mit unterschiedlichen Standpunkten, mit verschiedenen Kulturen und der Befähigung zu gegenseitigem Verständnis.

Heute erleben wir einen militärischen Konflikt zwischen Rußland und der Ukraine, aber nicht nur diese beiden Länder sind daran beteiligt: Die Europäische Union und die Vereinigten Staaten stecken dahinter und drohen, diesen Konflikt um die geopolitische Kontrolle des Planeten auszuweiten. Und die Auswirkungen dieses Konflikts sind nicht nur lokal, sondern erstrecken sich auf die ganze Welt und auf viele verschiedene Arten: auf die Produktion von Nahrungsmitteln, Düngemitteln und Treibstoff sowie auf die Störung der Märkte.

Dieses Kriegsszenario hat auch die Verwundbarkeit vieler Nationen offenbart, die keine Ernährungssouveränität und erst recht keine Energiesouveränität haben. In unserem Land Peru ging die Entwicklung dieser Anfälligkeit mit der Schwächung des Staates einher, in die wir durch die neoliberale Politik der 1990er Jahre getrieben wurden. Im peruanischen Fall führte die Umsetzung dieser Politik zur Zerschlagung der staatlichen Erdölgesellschaft Petroperu, die bis dahin den Bedarf des Landes gedeckt hatte, gerade zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt in der Geschichte unseres Landes.

Im Jahr 1994 belief sich die Ölproduktion auf 127.000 Barrel pro Tag (bpd), was der damaligen Nachfrage auf dem Markt entsprach. Doch mit der Zerschlagung des Staatsunternehmens und der Privatisierung seiner Produktionseinheiten, wie z.B. der Bildung privater Einzelbetriebe und der Privatisierung jedes Teils der Versorgungskette, ist die Produktion zurückgegangen. Heute, im Jahr 2022, ist die Rohölproduktion bei einer höheren Kraftstoffnachfrage von 250.000 bpd auf 40.000 bpd gesunken. Die Talara-Raffinerie wurde stillgelegt, um an ihrer Stelle eine neue Raffinerie zu bauen, wodurch die Raffineriekapazitäten des Landes über viele Jahre hinweg vernichtet wurden. Petroperu wurde zu einem Treibstoffimporteur und Großhändler ohne die Möglichkeit zur Belieferung des Endverbrauchers und mit gebrochenem Marktanteil degradiert.

Der Korruptionsrahmen, der diese Zerstörung und Schwächung des Staates ermöglichte, wurde auf verschiedenen Regierungsebenen befördert. Die Anfälligkeit, die durch diese schlechte nationale Politik verursacht wurde, ist in diesem Konflikt spür- und sichtbar. Nach Angaben von Petroperu, das für die Erkundung und Vergabe von Konzessionen für fossile Energieträger zuständig ist, verfügt Peru über ein Potential von 10 Milliarden Barrel Erdöläquivalent auf seinem gesamten Staatsgebiet, einschließlich der Offshore-Reserven.

Mit den derzeitigen Reserven könnte Peru 190.000 Barrel pro Tag fördern. Das Land verfügt über 18 Becken mit einer Fläche von 83 Millionen Hektar, von denen die meisten nachweislich über Ölpotential verfügen. Wir verfügen über die Ressourcen, um einen großen Teil des Bedarfs des Landes zu decken, indem wir andere Energiealternativen kombinieren und entwickeln, die es uns ermöglichen könnten, eine neue Matrix aufzubauen. Wir haben Gas, und aufgrund unserer geographischen Lage und der vielfältigen Ökosysteme unseres Landes wird es möglich sein, Wind-, Sonnen-, Wasser- und Wärmeenergie zu entwickeln.

Ja, es ist möglich, ein Land mit Energiesicherheit und Souveränität für seine Entwicklung zu werden. Natürliche Ressourcen sind die Antwort auf diesen historischen Moment, und darüber müssen wir uns im Klaren sein.

Auf unserem Kontinent gab es die Eisen- und Bronzezeit. Im letzten Jahrhundert führten Peru, Chile und Bolivien einen Krieg, der als Krieg um Guano oder Salpeter bekannt ist und der die Antwort auf eine bestimmte historische Periode war. Wer kämpft heute um Guano oder Salpeter?

Nun, heute erfordert die Situation, daß wir uns um den Bedarf kümmern, der mit den verfügbaren und angemessenen Mitteln gedeckt werden kann. Wir müssen auf den tatsächlichen Bedarf reagieren, und dazu gehören immer noch Kohlenwasserstoffe. Wir wissen, daß fossile Brennstoffe irgendwann Geschichte sein und durch sauberere und effizientere Energieformen ersetzt werden, aber wir müssen uns mit der Gegenwart auseinandersetzen und gleichzeitig vielleicht damit beginnen, eine neue Energiematrix aufzubauen und uns auf die neuen Anforderungen vorzubereiten, die das Leben, die Wirtschaft und die Entwicklung unserer Nationen an uns stellen.

Der Krieg zwischen Rußland und der Ukraine erfordert, daß die Nationen der Welt Energiesicherheit und -souveränität aufbauen. Wir dürfen unsere Nationen nicht durch die Unwägbarkeiten der Globalisierung aufs Spiel setzen. Es gibt Dinge wie Lebensmittel und Energie, die nicht den kleinlichen Interessen von Großmächten unterworfen werden dürfen. Wir müssen erkennen, daß es viele Schwächen in den Ländern gibt, und wir müssen daran arbeiten, sie zu überwinden. Es gibt Schwächen im Staat und Schwächen in den Institutionen.

In Peru leben wir in einer politischen Krise, einer Krise der Parteien, der Ideologisierung sowohl der Rechten als auch der Linken, die sich von der Realität und den Bedürfnissen des Landes entfernt haben, mit einer unklaren strategischen Politik, einer Politik der Ernährung, der Energie, der Industrie und der Entwicklung der Kapazitäten des Landes.

Und sie setzen sich fort, solange in Politik und Wirtschaft noch immer perverse Interessen herrschen, die über dem öffentlichen Interesse stehen und zu korrupten Praktiken auf verschiedenen Ebenen des Staates führen. Diese Schwächen tragen dazu bei, die Schwachstellen zu verstärken, die durch eine Politik verursacht werden, die in einigen Fällen falsch und in anderen Fällen unterwürfig ist, obwohl die Realität die Herstellung von Energiesicherheit erfordert.

Leider gibt es heute Stimmen, die das Credo des Globalismus wiederholen, daß die Kräfte des Marktes, jetzt international, alles regeln werden. Sie sagen uns: Warum produzieren? Wozu sich um Energiesicherheit sorgen? Die Energie kann gekauft werden, und dann ist alles in Ordnung. Unter Ausnutzung der kombinierten Schwachstellen, die durch die vielen Fehler entstanden sind, fordern sie die Zerschlagung der verbliebenen Reste von Petroperu, das allen Peruanern gehört. Die Realität ist klar. Die Realität stellt Anforderungen an uns. Ohne Energiesicherheit können wir die Entwicklung des Landes nicht garantieren.