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Neue Solidarität
Nr. 6, 10. Februar 2022

2022 droht dramatische Verschärfung der Hungerkrise

Der globalen Agrarproduktion droht 2022 ein Rückgang um „Nahrung für 100 Millionen Menschen“.

Nach dem enormen Anstieg der Düngemittelpreise seit 2019 und insbesondere im Laufe des Jahres 2021 steht die Welt vor einem erheblichen Rückgang der Nahrungsmittelerzeugung im Jahr 2022 – zu einer Zeit, in der Afghanistan, der Jemen und sechs Länder in Afrika schon jetzt von Massenhunger betroffen sind. Wenn nicht sofort drastische Maßnahmen ergriffen werden, um diesen Prozeß umzukehren, könnten in diesem Jahr über 100 Millionen Menschen mehr vom Hungertod bedroht sein – zusätzlich zu den mehr als 200 Millionen, die dies nach der jüngsten Einschätzung des Welternährungsprogramms (WFP) bereits sind.

Die Hauptursache für diese schreckliche Zahl von hungernden und verhungernden Menschen ist ein gescheitertes Wirtschaftsmodell, das beendet und ersetzt werden muß. In Afghanistan sind es allerdings bösartige, rein geopolitisch motivierte Maßnahmen, und diese Bestrafung eines ganzen Volkes muß sofort enden.

Gescheiterte Wirtschaftspolitik

Der Weltbank-Düngemittelpreisindex für die Welt, der im April 2020 noch bei 66,24 gelegen hatte und bis Januar 2021 langsam aber stetig auf 82,96 gestiegen war, ist bis Dezember 2021 auf 208,01 in die Höhe geschossen und hat sich damit in 20 Monaten mehr als verdreifacht. Der Anstieg um 60% allein in den letzten beiden Monaten des Jahres 2021 hat die Landwirte in aller Welt hart getroffen.

Bedrohlich ist die Lage auf der Nördlichen Hemisphäre, wo Düngemittel (und Pestizide) für die Frühjahrsaussaat unerschwinglich oder gar nicht erhältlich sind. Das Wall Street Journal berichtete darüber am 21. Januar in einem Artikel mit dem Titel „Farmen scheitern, während die Düngemittelpreise die Kosten der Nahrungsmittel in die Höhe treiben“. Obwohl die weltweiten Lebensmittelpreise schon jetzt den höchsten Stand seit einem Jahrzehnt erreicht hätten, werde die rasante Inflation bei Lebensmitteln wegen des hohen Preises und Mangels an Düngemitteln auch 2022 mit ziemlicher Sicherheit weiter anhalten. Dies werde den in einigen Teilen der Welt bereits akuten Hunger noch verschärfen.

Laut dem französischen Agraranalyse-Unternehmen Agritel wird die weltweite Weizenproduktion im Jahr 2022 um 10 Mio.t zurückgehen. Die Auswirkungen auf die Maiserzeugung werden noch schlimmer sein. Die Produktionskosten für Mais steigen in den beiden wichtigsten Erzeugerländern, USA und Ukraine, um 15-20%.

Für 2022 werden weltweit geringere Erträge bei vielen Lebensmitteln und landwirtschaftlichen Erzeugnissen prognostiziert. Angesichts weitverbreiteter Hungersnöte bereits in den Jahren 2020-21 und des Verlusts informeller landwirtschaftlicher Arbeit in den Entwicklungsländern kann es 2022 zu einer weltweiten Lebensmittelknappheit kommen.

Und nach Angaben des Internationalen Düngemittel-Entwicklungszentrums (IFDC) könnten die extrem hohen Düngemittelpreise allein in Afrika zu einer Verringerung der landwirtschaftlichen Produktion führen, die „dem Nahrungsmittelbedarf von 100 Millionen Menschen entspricht“.

Der enorme Preisanstieg bei Düngemitteln fällt zwar mit stark gestiegenen Erdgaspreisen zusammen und wird durch diese noch verschärft, ist aber weitaus größer und weitaus breiter und gleichmäßiger über die Welt verteilt als der Anstieg der Erdgaspreise. Wie die US-Maisanbauer betonen, ist der Gaspreisanstieg nicht die Hauptursache für den „Düngerschock“ und die schrumpfende Nahrungsmittelproduktion.

Nachdem 2019 der Verbrauch und die Preise von Dünger angestiegen waren, prognostizierte der Internationale Düngemittelverband, daß Produktion und Verbrauch weltweit danach zurückgehen würden, was auch geschah – um etwa 10% in den Jahren 2020-21.

Der enorme Preisanstieg bei Düngemitteln nach 2019 war ein Element der massiven Preissteigerungen bei vielen wichtigen globalen Rohstoffen für Industrie und Landwirtschaft. Die Ursachen dafür waren 1. das manische Gelddrucken der großen transatlantischen Zentralbanken ab Ende 2019 und 2. das globale Produktionsmonopol einer Handvoll großer Konzerne. Vier Monopole beherrschen 75% des weltweiten Vertriebs von Düngemitteln auf Stickstoffbasis: Nutrien Ltd. (mit Sitz in Kanada), Yara (Norwegen), CF Industries (USA) und Mosaic (Teil von Cargill, USA).1

Afghanistan

Afghanistan ist ein schrecklicher Sonderfall. Als die NATO-Länder ihre Truppen nach 20 Jahren zerstörerischen Krieges geschlagen abzogen, rächten sie sich mit einer Kürzung der internationalen Hilfe und Entwicklungsinvestitionen, und das US-Finanzministerium beschlagnahmte die Finanzreserven des afghanischen Staates und Volkes. Ein aus Kabul zurückgekehrter deutscher Beamter berichtete am 30. Januar im Tagesspiegel, daß in Afghanistan jetzt 7 Millionen Kinder hungern, und eine Million davon so sehr, daß sie in Europa auf den Intensivstationen liegen würden.

Die Präsidentin des Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche, sagte über die Notlage der afghanischen Bevölkerung und die weltweite Bedrohung des Nahrungsmittelanbaus in diesem Jahr: „Das, und nicht die Atomwaffen, ist die größte Bedrohung der Zivilisation.“ Sie fordert jetzt mit vielen anderen, daß die eingefrorenen afghanischen Gelder freigegeben werden, um dort die Liquidität in der Wirtschaft wiederherzustellen. Und sie hat die „Operation Ibn Sina“ ins Leben gerufen, mit dem Ziel, das Land zu einem Modellfall für den Aufbau eines modernen Gesundheitswesens und öffentlichen Gesundheitssystems in allen Ländern der Welt zu machen. Dazu müssen die Vereinigten Staaten insbesondere mit Rußland, China und Indien zusammenarbeiten. Und sie müssen ihre größten Banken (durch das Glass-Steagall-Trennbankensystem) und die Lebensmittelmonopole (durch Antitrust-Gesetze) zerschlagen.

Paul Gallagher


Anmerkung

1. Siehe http://themostimportantnews.com/archives/a-farming-insider-has-warned-me-that-the-coming-food-shortages-are-going-to-be-far-worse-than-we-are-being-told