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Neue Solidarität
Nr. 7, 17. Februar 2022

Xi und Putin verkünden „neue Ära der Entwicklung“

In einer gemeinsamen Erklärung weisen Rußland und China die Konfrontationspolitik und den globalen Führungsanspruch des Westens zurück.

Vor ihrer Teilnahme an der Eröffnungsfeier der XXIV. Olympischen Winterspiele in Beijing am 4. Februar führten die Präsidenten Xi Jinping und Wladimir Putin umfassende Gespräche, gaben 15 wirtschaftliche und politische Vereinbarungen bekannt und veröffentlichten eine „Gemeinsame Erklärung der Russischen Föderation und der Volksrepublik China zu den internationalen Beziehungen, die in eine neue Ära eintreten, und zur globalen nachhaltigen Entwicklung“.1

Das 16seitige Dokument, das vier Bereiche von strategischer Bedeutung abdeckt, ist vor allem ein Aufruf zum Handeln und beruht auf dem Bekenntnis zum wirtschaftlichen Fortschritt als Grundlage für Sicherheit.

Im ersten Abschnitt wird das „einseitige Vorgehen“ einiger Nationen und Personen angeprangert, die sich in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten einmischen und Konfrontationen schüren, „wodurch Entwicklung und Fortschritt der Menschheit behindert werden“. Die Demokratie sei ein universeller Wert, und kein Staat sollte versuchen, „seine eigenen ‚demokratischen Standards‘ anderen Ländern aufzuzwingen“.

Im zweiten Abschnitt wird wirtschaftliche Entwicklung als „Schlüsselfaktor für die Gewährleistung des Wohlstands der Nationen“ und damit deren Sicherheit hervorgehoben. Dazu ist eine tiefere Integration der Gürtel- und Straßeninitiative und der Eurasischen Wirtschaftsunion geplant.

Der dritte und längste Abschnitt befaßt sich mit „ernsten Herausforderungen an die internationale Sicherheit“, er rief in westlichen geopolitischen Kreisen die größte Bestürzung hervor. Die beiden Präsidenten sprechen sich gegen eine Erweiterung der NATO aus und fordern sie auf, die Tendenz zum Kalten Krieg aufzugeben. China unterstützt Rußlands Vorschläge für „langfristige rechtsverbindliche Sicherheitsgarantien in Europa“. Rußland „bekräftigt seine Unterstützung für das Ein-China-Prinzip“ und bestätigt, daß Taiwan ein unveräußerlicher Teil Chinas ist.

Im vierten Abschnitt wird den Vereinten Nationen eine „zentrale koordinierende Rolle in internationalen Angelegenheiten“ zuerkannt und zu Zusammenarbeit statt Konfrontation zwischen den Weltmächten aufgerufen.

Klügere Köpfe in der transatlantischen Welt weisen schon lange darauf hin, daß die Konfrontationshaltung der NATO-Staaten gegen Russland und China nur zu einer Stärkung der Beziehungen zwischen beiden Ländern führen kann. Dies haben Putin und Xi nun persönlich unmissverständlich bestätigt.

Besonders das „Britische Empire“ regt sich darüber auf. Der Londoner Daily Telegraph bringt dies eloquent zum Ausdruck. Unter der Überschrift „Rußland und China erheben sich, um die Vorherrschaft der USA herauszufordern“ schreibt der Korrespondent Roland Oliphant: „In einem Moment immenser internationaler Spannungen behaupten Rußland und China, eine neue geopolitische Ära sei angebrochen. Von nun an wird die Vorherrschaft des globalen Westens unter Führung der USA nicht mehr als selbstverständlich angesehen – oder toleriert.“

Weiter heißt es: „Nach jahrzehntelanger Demütigung haben sich die autokratischen Supermächte der Welt erhoben und werden nun die ungleiche Weltordnung der Ära nach dem Kalten Krieg stürzen.“ Der Autor räumt ein, daß die Bemühungen, Rußland und China gegeneinander auszuspielen, gescheitert sind. Nicht ausgesprochen, aber angedeutet wird, daß dem sterbenden Empire nur noch ein Krieg bleibt, militärisch wie wirtschaftlich, um Rußland und China in die Knie zu zwingen.

Doch anstatt die Feindseligkeiten zu verstärken, sollten verantwortungsbewußte Politiker in Europa und den USA dem Rat von Helga Zepp-LaRouche vom 5. Februar folgen und „ihre ideologische Brille abnehmen“, um die „außerordentlichen Chancen für die ganze Welt“ durch eine Zusammenarbeit für die gemeinsamen Ziele der Menschheit zu erkennen.

Industrie will kooperieren

Diese Chance sehen offenbar auch wichtige Teile der europäischen Industrie, die sich von der antirussischen Politik der EU distanzieren. Am 26. Januar veranstaltete eine Delegation der größten italienischen Unternehmen eine Videokonferenz mit Präsident Putin, und am 27. Januar wurde bekannt, daß deutsche Unternehmen ein ähnliches Treffen organisieren.

Die Nachrichtenagentur ANSA berichtete, die Europäische Kommission habe Druck auf die italienische Regierung ausgeübt, Unternehmen von der Teilnahme an dem Treffen abzubringen. Verzichtet haben aber nur zwei, so der Energiekonzern ENI, der teilweise im Besitz der Regierung ist.

Die Konferenz wurde von der Italienisch-Russischen Handelskammer organisiert, deren Präsident Vincenzo Trani in einer Mitteilung erklärte, es sei noch nie so wichtig gewesen wie in der gegenwärtigen historischen Periode, „den wirtschaftlich-unternehmerischen Dialog zwischen Italien und Rußland zu intensivieren“. Die Debatte müsse offen geführt werden, „ohne politische Rhetorik, um gemeinsam die Chancen zu ergreifen, die ein vielversprechender, aber immer noch unsicherer wirtschaftlicher Aufschwung bieten kann, unter Einbeziehung der größtmöglichen Anzahl nationaler Akteure und russischer Partner“.

Die Unternehmer konnten von Mailand und Rom aus per Videoschaltung Putin Fragen stellen, Probleme und Zweifel vortragen und sogar direkt Lösungen vorschlagen. Neben dem Präsidenten nahmen mehrere russische Minister (u.a. für Landwirtschaft und wirtschaftliche Entwicklung) an der Konferenz teil, was die Bedeutung der über 500 in Rußland tätigen italienischen Unternehmen für die Regierung belegt.

Spitzenmanager der deutschen Wirtschaft planen eine ähnliche Videokonferenz mit Putin. Organisiert wird das virtuelle Treffen vom Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft, dem Unternehmen angehören, die in Rußland 280.000 Menschen beschäftigen (darunter Riesen wie Allianz, SAP, Siemens, VW, BASF sowie viele mittelständische Unternehmen). Geplant ist der 3. März, das Datum kann sich aber noch ändern. Eingeladen sind Berichten zufolge u.a. Direktoren von Bayer, Bilfinger (Baugewerbe), Herrenknecht (Tunnelbau), Tönnies (Fleischverarbeitung) und Uniper (Energie). Weitere potentielle Teilnehmer sind VW, der Landmaschinenbauer Claas, der Baustoffhersteller Knauf, der Automobilzulieferer Schäffler und der Maschinenbauer DMG Mori.


Anmerkung

1. Die Erklärung wurde am 4. Februar veröffentlicht und ist in offizieller englischer Übersetzung auf den Internetseiten des Kreml und des chinesischen Außenministeriums zu finden: http://en.kremlin.ru/supplement/5770