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Neue Solidarität
Nr. 11, 16. März 2023

„Der Angriff auf Nord Stream war ein Kriegsverbrechen“

Von Prof. Francis Boyle

Francis Anthony Boyle ist Menschenrechtsanwalt und Professor für internationales Recht am University of Illinois College of Law. Er war Rechtsberater für Bosnien und Herzegowina und hat sich für die Rechte von Palästinensern und indigenen Völkern eingesetzt. Im Online-Seminar des Schiller-Instituts zu den Enthüllungen über die Nordstream-Sabotage am 23. Februar 2023 sagte er folgendes.

Ich danke dem Schiller-Institut und Helga, daß ich heute hier sprechen darf, und Harley Schlanger für die Organisation.

Ich werde hier nicht auf die lange Geschichte eingehen. Ich habe Interviews gegeben und Vorträge gehalten seit dem illegalen Sturz der demokratisch gewählten Regierung Janukowitsch in der Ukraine durch die CIA und der Einsetzung eines Neonazi-Regimes, das seither bewaffnet und ausgerüstet wird.

Ich wurde gebeten, auf die rechtlichen Aspekte der Zerstörung der Nord-Stream-Pipelines einzugehen, und darauf werde ich mich beschränken.

Lassen Sie mich zunächst sagen, daß es sich eindeutig um einen Kriegsakt und ein Kriegsverbrechen handelt. Ich möchte Ihnen den genauen Wortlaut des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs zitieren. Als ein Kriegsverbrechen wird darin definiert: „vorsätzliche Angriffe auf die Zivilbevölkerung als solche oder auf einzelne Zivilpersonen, die an den Feindseligkeiten nicht unmittelbar teilnehmen; oder vorsätzliche Angriffe auf zivile Objekte, das heißt auf Objekte, die nicht militärische Ziele sind“. Lassen Sie mich den letzten Punkt wiederholen – „vorsätzliche Angriffe auf zivile Objekte, das heißt auf Objekte, die nicht militärische Ziele sind“.

Es liegt auf der Hand, daß die Nord Stream-Pipelines nicht mit militärischen Aktivitäten verbunden sind. Wie Helga richtig feststellte, ging es lediglich darum, Erdgas zu den Menschen in Deutschland und Europa zu bringen. Diese Aussage im Römischen Statut – natürlich sind die Vereinigten Staaten keine Vertragspartei des Römischen Statuts, und einige andere Staaten sind es auch nicht. Aber es handelt sich um eine Kodifizierung des internationalen Kriegsgewohnheitsrechts, das für die ganze Welt gilt. Es handelt sich also nicht um einen Sonderfall oder so etwas in der Art. Das ist heute geltendes Recht.

Hinzu kommt, daß es sich um einen Kriegsakt handelte, die die Russische Föderation, wenn sie gewollt hätte, als Casus belli hätte behandeln und den Vereinigten Staaten deswegen den Krieg erklären können. Ich behaupte nicht, daß sie das tun würden; Präsident Putin ist zu scharfsinnig, klug und gerissen, um so etwas zu tun. Aber ich sage das, um die Schwere der Ereignisse zu unterstreichen. Man darf nicht unterschätzen, wie schwerwiegend dies war; dies war ein Kriegsakt und ein Kriegsverbrechen.

Was wären nun die rechtlichen Folgen dieser Tat? Dem Hersh-Artikel zufolge – und ich verfolgte Hersh schon vor My Lai – wurde die Planung dafür auf norwegischem Territorium und in Zusammenarbeit mit norwegischen Militärbehörden durchgeführt. Das bedeutet, daß dies der Gerichtsbarkeit des Internationalen Strafgerichtshofs unterliegen würde. Das heißt, US-Regierungsbeamte waren für die Planung, Vorbereitung, Verschwörung und tatsächliche Begehung eines Kriegsverbrechens nach dem Römischen Statut in einem Staat des Römischen Statuts, in diesem Fall Norwegen, verantwortlich. Dies könnte also vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) verfolgt werden, und der IStGH befaßt sich nur mit hochrangigen Beamten, in diesem Fall also mit Präsident Biden, Außenminister Blinken, dem Nationalen Sicherheitsberater Sullivan, Unterstaatssekretär Nuland und Verteidigungsminister Austin – die Navy-Taucher standen unter seiner Kontrolle und Aufsicht, seiner Befehlskette. Das ist ganz klar.

Nun hat Herr Helmer auch darauf hingewiesen, daß seiner Meinung nach auch Dänemark, Polen und Deutschland beteiligt gewesen sein könnten. Das mag stimmen; es stärkt nur das Argument, denn sie sind alle Vertragsparteien des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs. Dann habe ich vor kurzem gelesen, daß auch Schweden involviert gewesen sein könnte. Nun gut, das stärkt nur das Argument, daß diese US-Regierungsbeamten, weil sie ein Kriegsverbrechen nach dem Römischen Statut gegen mindestens einen Staat des Römischen Statuts begangen, geplant, eingefädelt und vorbereitet haben, vom Internationalen Strafgerichtshof wegen eines Kriegsverbrechens verfolgt werden können.

Darüber hinaus müssen alle Staaten, die das Römische Statut unterzeichnet haben, eigene Durchführungsvorschriften haben, die Verstöße gegen das Römische Statut zu Verbrechen nach nationalem Recht machen. Ich hatte noch keine Gelegenheit, alles zu recherchieren, aber es könnte durchaus möglich sein, daß die von mir erwähnten fünf Personen – Biden, Blinken, Nuland, Sullivan und Austin – in jedem Unterzeichnerstaat des Römischen Statuts im Rahmen der nationalen Umsetzungsgesetze strafrechtlich verfolgt werden können. Das würde davon abhängen, was in diesen Rechtsvorschriften steht.

Ich möchte Ihnen ein Beispiel geben: Unser Vorredner kam aus der Schweiz, und ich hatte vor dem IStGH Klage gegen Bush, Cheney, Rumsfeld, Condoleezza Rice und andere wegen Verbrechen nach dem Römischen Statut in den Staaten des Römischen Statuts im Zusammenhang mit der Politik ihrer außerordentlichen Auslieferungspraxis eingereicht. Nachdem Bush Jr. als Präsident zurückgetreten war, wurde angekündigt, daß er in die Schweiz reisen würde, um dort in Genf eine hochdotierte Rede zu halten. Einige Schweizer Nichtregierungsorganisationen wußten von meiner Beschwerde; sie wandten sich an einen Schweizer Parlamentarier und veranlaßten diesen, den Schweizer Generalstaatsanwalt aufzufordern, Bush strafrechtlich zu verfolgen, falls er in Genf auftauchen würde. Diese Forderung wurde publik gemacht; die Forderung ging an Bush zurück, und er erschien nicht in Genf.

Diese Personen könnten also, je nach den innerstaatlichen Durchführungsvorschriften, von den Staaten des Römischen Statuts strafrechtlich verfolgt werden. Sie könnten auch nach dem Zusatzprotokoll I zur Genfer Konvention strafrechtlich verfolgt werden, je nachdem, welche innerstaatlichen Durchführungsvorschriften für diese Konvention gelten.

Argumente für eine Amtsenthebung

Hier in den Vereinigten Staaten von Amerika habe ich im letzten Sommer – das war vor dem Erscheinen von Hershs Nord-Stream-Artikels – einen Entwurf für ein Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Biden wegen der Begehung nicht neutraler Handlungen, kriegerischer Handlungen und Kriegshandlungen vorgelegt. Ich habe eine Kopie davon an Harley Schlanger gegeben und ihn gebeten, sie an Sie weiterzuleiten.

Es gibt drei Artikel der Anklageerhebung:

Alle drei Anklagepunkte gelten direkt für Biden, und auf der Grundlage des Hersh-Artikels könnte man identische Anklageschriften auch gegen Außenminister Blinken, den nationalen Sicherheitsberater Sullivan, Verteidigungsminister Austin und Unterstaatssekretärin Nuland einreichen. Das wäre mein Ratschlag; daß gegen sie alle sofort ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet wird.

Wie wir wissen, haben die Republikaner die Kontrolle über das Repräsentantenhaus. Nach der Geschäftsordnung des Repräsentantenhauses könnte jedes Mitglied des Hauses einfach im Plenarsaal aufstehen und meine Anklageschrift gegen Biden verlesen, und der Sprecher des Repräsentantenhauses, McCarthy, könnte eine sofortige Abstimmung über die Anklageschrift veranlassen. Sie haben die Stimmen; sie könnten Biden auf der Stelle anklagen und die Sache zur Verhandlung an den Senat weiterleiten.

Wenn das geschieht, wäre die Regierung Biden am Ende. Man könnte es auf diese Weise hier und jetzt stoppen. Sie würden ihre ganze Zeit damit verbringen, sich mit dem Amtsenthebungsverfahren zu befassen. Genau das Gleiche geschah mit Reagan; damals war ich Berater des Pledge of Resistance. Wir waren kurz davor, daß Reagan in Nicaragua einmarschieren würde. Plötzlich brach der Iran-Contra-Skandal aus; man befürchtete ein Amtsenthebungsverfahren; man war am Ende. Reagan ist nie in Nicaragua einmarschiert.

Deshalb empfehle ich, daß wir zumindest die Anklage gegen Biden, wenn nicht auch die anderen, sofort im Repräsentantenhaus verabschieden lassen. Erst neulich hat EIR berichtet, daß die Kongreßabgeordnete Marjorie Taylor Greene, die jetzt sehr viel Einfluß hat, gesagt hat, daß Biden wegen der Ukraine angeklagt werden sollte. Wir müssen das tun; wir müssen diese Leute aufhalten, bevor es zu einem allgemeinen De-jure-Krieg mit Rußland kommt. Im Moment haben wir einen De-facto-Krieg zwischen den Vereinigten Staaten und Rußland; sogar Herr Lawrow hat das gesagt, und er hat recht. Noch ist es nicht de jure, wir müssen das verhindern!

Was schließlich den Vorschlag für eine internationale Untersuchung betrifft, so sind sowohl die Vereinigten Staaten als auch Rußland Vertragsparteien der Haager Konvention von 1907 zur friedlichen Beilegung internationaler Streitigkeiten. Diese Konvention sieht ein Verfahren zur Einsetzung eines internationalen Untersuchungsausschusses vor, der sich mit Situationen wie dieser befassen soll.

Das wurde schon früher erfolgreich angewandt; man kann darüber in meinem Buch Foundations of World War nachlesen. Ich spreche darin darüber, auch im Zusammenhang mit feindlichen Handlungen zwischen der russischen Marineflotte und einem britischen Fischereifahrzeug. Alles, was es dazu braucht, ist eine Demarche der russischen Regierung an die Regierung der Vereinigten Staaten, in der sie die Einsetzung einer internationalen Untersuchungskommission fordert. Wenn die US-Regierung dies ablehnt, ließe sich das durchaus als Schuldbewußtsein ihrerseits interpretieren.

Ich danke Ihnen. Es tut mir leid, daß ich nicht bis zum Ende der Konferenz bleiben kann, aber ich muß zurück zu meinen Lehrverpflichtungen. Ich danke Ihnen.