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Von Botschafter a.D. Chas Freeman
Chas Freeman, ehemaliger Botschafter der Vereinigten Staaten in Saudi-Arabien und ehemaliger Geschäftsträger und stellvertretender Missionschef in der US-Botschaft in Peking, gab am 19. März 2023 gegenüber EIR die folgende Erklärung zu den historischen chinesischen Verhandlungen über ein Abkommen zwischen Saudi-Arabien und dem Iran ab.
Nachdem Saudi-Arabien alle Alternativen ausgeschöpft hatte – darunter Maßnahmen für Regimewechsel, Sabotage, Stellvertreterkriege, Unterstützung der US-Politik des „maximalen Drucks“ auf den Iran und Ächtung sowohl des Irans als auch Katars –, verlegte es sich auf Diplomatie mit dem Iran. Die Vereinigten Staaten konnten ihm dabei nicht helfen, weil Washington im Gegensatz zu Peking in den internationalen Beziehungen statt auf Dialog und gegenseitiges Entgegenkommen ausschließlich auf Zwangsmaßnahmen setzt und keine Beziehungen zu Teheran unterhält. Bei Treffen unter irakischer und omanischer Schirmherrschaft begann Riad, mit Teheran nach Wegen der Annäherung, der Entspannung und der Beendigung des saudisch-iranischen Stellvertreterkriegs im Jemen zu suchen. Diese Gespräche brachten zwar einige Fortschritte, reichten aber nicht aus, um eine Einigung zu erzielen.
Peking hatte einige Jahre zuvor Grundsätze für die Konfliktlösung und ein kooperatives Sicherheitssystem am Persischen Golf vorgeschlagen. Außerdem hatte es ein ausgewogenes Verhältnis sowohl zu Riad als auch zu Teheran gepflegt. Damit war China die einzige Großmacht, die in der Lage war, zwischen den beiden Ländern zu vermitteln. Peking hatte den Nahen Osten lange Zeit als eine amerikanische Einflußsphäre betrachtet, in der es keine aktive politische Rolle spielen konnte. Die zunehmenden Bestrebungen der USA, sich aktiv gegen Chinas wirtschaftliche und technologische Entwicklung und gegen die Beilegung des andauernden chinesischen Bürgerkriegs zwischen Peking und Taipeh zu stellen, veranlaßten Peking jedoch, seine Achtung vor der amerikanischen Vormachtstellung in der Region nach und nach abzulegen und seine Zurückhaltung bei der Durchsetzung seines eigenen Einflusses in der Region aufzugeben.
China hat in diesem Fall bewiesen, daß sein neu gewonnener globaler Einfluß und seine diplomatischen Fähigkeiten der gewaltigen Herausforderung gewachsen waren, einen ernsthaften Friedensprozeß im Nahen Osten voranzutreiben. Der Kontrast zum jahrzehntelangen amerikanischen Versagen im israelisch-palästinensischen Konflikt ist frappierend. Dies hat das weltweite Ansehen der chinesischen Diplomatie so weit gesteigert, daß China nun bereit zu sein scheint, sich im noch schwierigeren Kontext des Ukraine-Krieges - einer Kombination aus einem Bürgerkrieg unter den Ukrainern, einem Krieg zwischen Kiew und Moskau, einem Stellvertreterkrieg zwischen den Vereinigten Staaten und der Russischen Föderation und einer Machtprobe um eine nicht konfrontative europäische Sicherheitsarchitektur – um Friedensstiftung zu bemühen.
China hat deutlich gemacht, daß es beabsichtigt, sich weiterhin für konkrete Vereinbarungen zur Umsetzung der Grundsätze einzusetzen, auf die es sich mit Riad und Teheran geeinigt hat. All dies markiert praktisch das Ende der amerikanischen Hegemonie im Nahen Osten und den Aufstieg des chinesischen Einflusses zu einem glaubwürdigen und konstruktiven Faktor in der Region. Es läge im Interesse der Vereinigten Staaten, Europas und anderer äußerer Mächte, China dabei zu unterstützen, die saudisch-iranischen Verhandlungen zu einem nachhaltigen Frieden am Persischen Golf zu führen.