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Neue Solidarität
Nr. 1, 4. Januar 2024

Die Waffenindustrie umrüsten auf Friedensproduktion

Von Dennis Small

Die Waffenproduzenten leben von den Militärausgaben, und die Vermögensverwaltungen von den Gewinnen der Rüstungsindustrie.

Dies ist eine überarbeitete Abschrift eines Vortrags bei einem Online-Treffen der Internationalen Friedenskoalition am 14. Dezember 2023. Dennis Small gibt einen Zwischenbericht über die Arbeit an einem Merkblatt über den „Militärisch-Finanziellen Komplex“ für die wachsende weltweite Friedensbewegung. (Übersetzung aus dem Englischen, Zwischenüberschriften wurden von der Redaktion hinzugefügt.)

Eine Arbeitsgruppe des Schiller-Instituts arbeitet an einem Merkblatt darüber, wie der Militärisch-Industrielle Komplex von heute in eine starke Kraft für produktive wirtschaftliche Entwicklung für den Frieden umgewandelt werden kann. Ich möchte einige Schlaglichter darauf werfen, was wir bisher zusammengestellt haben, obwohl noch weitere Recherchen nötig sind, um das Ganze noch detaillierter zu gestalten.

Der wichtigste Punkt ist zunächst, daß ich vorschlagen möchte, nicht mehr vom „Militärisch-Industriellen Komplex“ zu sprechen; tatsächlich handelt es sich nämlich um einen Militärisch-Finanziellen Komplex. Er wird von der Wall Street gesteuert, und das werde ich gleich beweisen. Die Nutznießer sitzen an der Wall Street, und die Politik kommt von der Wall Street – und natürlich auch von der Londoner City.

Seit Präsident Eisenhowers Zeit gibt es einen Apparat mit einem doppelten Zweck:

Wir sprechen über ein Rüstungsbudget der Vereinigten Staaten im Haushaltsjahr 2024 von 886 Milliarden Dollar. Mit diesen Mitteln, fast einer Billion Dollar pro Jahr, könnte man die amerikanische Infrastruktur umfassend wieder aufbauen, was dringend nötig ist. Wir könnten ein 42.000 Meilen (67.000 km) langes Netz elektrifizierter Hochgeschwindigkeits-Eisenbahnstrecken bauen, was Lyndon LaRouche schon vor langer Zeit vorgeschlagen hat. Wir könnten das Wasser- und Stromprojekt NAWAPA (North American Water and Power Alliance) bauen. Wir könnten Schulen bauen; wir könnten Krankenhäuser bauen. Und wir könnten das gleiche in Ländern des Globalen Südens tun, was dringend notwendig ist.

Das würde der Wall Street sicher nicht gefallen, aber das Interessante ist, daß gerade diese Rüstungsunternehmen eine Fundgrube qualifizierter Arbeitskräfte – Wissenschaftler und Ingenieure – und der für diesen Wiederaufbau benötigten Investitionsgüter sind. Es geht darum, „Schwerter zu Pflugscharen umzuschmieden“.

Wir wollen nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Wir wollen auf jeden Fall das schmutzige Wasser wegschütten, aber das Kind, das erhalten und entwickelt werden muß, sind die beruflichen Qualifikationen, die Investitionsgüter und so weiter. Beispielsweise besteht beim größten Rüstungsunternehmen, Lockheed Martin, die Hälfte der Belegschaft aus Ingenieuren und Wissenschaftlern. Sie müssen für andere Zwecke arbeiten, das ganze Unternehmen muß in eine moderne Aufbaukraft umgewandelt werden.

Die derzeitige Verteilung

Ich möchte nun kurz darauf eingehen, welches diese sechs größten Rüstungsunternehmen sind und welche Waffen sie produzieren. Danach werde ich auf die beiden anderen Aspekte eingehen: die finanzielle Kontrolle und den Wiederaufbau.

Von den sechs großen Rüstungsunternehmen in den Vereinigten Staaten ist Lockheed Martin das größte, mit 59,4 Milliarden Dollar Rüstungseinnahmen im Jahr 2022, größtenteils von der US-Regierung. Lockheed Martin konstruiert das Tarnkappen-Kampfflugzeug F-35, ein ungeheures Projekt mit einer Unmenge technischer Schwierigkeiten, und die Gesamtkosten für Kauf, Betrieb und Unterhalt dieser Flugzeuge werden letztendlich mehr als 1,7 Billionen Dollar betragen. Diese Zahl haben wir uns nicht ausgedacht, die Schätzung stammt vom US-Rechnungshof GAO (General Accounting Office). Der Stückpreis liegt über 100 Millionen Dollar. Stellen Sie sich vor, was man mit diesem Geld machen könnte. Einer der Zwecke der F-35 als modernes Tarnkappen-Kampfflugzeug ist der Abwurf von Atombomben, wenn das herrschende Establishment dies beschließen sollte. Es dient also auch der nuklearen Kriegsführung. Lockheed Martin stellt auch das F-16-Kampfflugzeug her. Die F-16 werden derzeit zusammen mit den F-15 intensiv von der israelischen Luftwaffe genutzt.

Raytheon ist die Nummer zwei; sie produzieren die Tomahawk-Marschflugkörper und das Aegis-Kampfsystem, das für die nukleare Verteidigung äußerst wichtig ist, sowie das Raketenabwehrsystem THAAD. Sie stellen Abfangraketen für Israels Iron Dome her, Patriot-Raketen und mehr.

Nummer drei ist Northrop Grumman. Sie bauen den Tarnkappenbomber B-21, der in erster Linie ein Trägersystem für Atombomben für die geplante nukleare Kriegsführung gegen Rußland und China ist. Das ist sehr wichtig, denn auch das ist eine wichtige Kapazität, die umgerüstet werden kann und sollte, denn Northrop Grumman hat große Fähigkeiten in anderen als den militärisch-industriellen Bereichen.

Nummer vier ist Boeing. Sie stellen Apache-Angriffshubschrauber und die F-15-Kampfjets her, die im Gazastreifen und anderswo in großem Umfang eingesetzt werden.

Fünftens: General Dynamics.

Sechstens: L3Harris Technology; sie produzieren Steuerungs- und Kontrollsysteme, Kommunikationssysteme, Avionik und so weiter.

Nebenbei bemerkt, ist es eine offene Frage, wie die KI-Systeme, die derzeit in Ländern wie Israel eingesetzt werden, genutzt werden können, um die Zielerfassung um Größenordnungen zu verbessern. Das ist eine wichtige neue Komponente, die weitere Überlegungen rechtfertigt.

Tabelle 1:
Großaktionäre der größten US-Rüstungsfirmen

Rüstungs- unternehmen

Größter
Aktionär

Zweitgrößter Aktionär

Drittgrößter Aktionär

Lockheed Martin

State Street Corp.

BlackRock, Inc.

Vanguard Group

Raytheon

Vanguard Group

Capital Group

Wellington Management

Northrop Grumman

State Street Corp.

Capital Group

Vanguard Group

Boeing

Vanguard Group

BlackRock, Inc.

State Street Corp.

General Dynamics

Longview Asset

Vanguard Group

Newport Trust Co.

L3Harris Technologies

BlackRock, Inc.

Vanguard Group

Capital Group

GE/Hitachi

Vanguard Group

Capital Group

Fidelity Management

BAE Systems

Capital Group

BlackRock, Inc.

Invesco

Tabelle 2:
Verwaltetes Kapital großer Vermögensverwaltungen

(in Billionen US-Dollar)

BlackRock

9,1

Vanguard Group

7,6

State Street Corp.

3,6

Capital Group

2,3

Gesamt

22,6

Und bei alledem haben wir es hier auch mit einer „Drehtür“ zu tun, wie allgemein bekannt ist: Die Leute wechseln von der Verteidigungsindustrie in die Regierung und wieder zurück, und sie kassieren dabei Millionen. Der bekannteste Fall ist der derzeitige Verteidigungsminister Lloyd Austin, der bis vor kurzem im Vorstand von Raytheon saß. Es gibt viele solcher Beispiele.

Der finanzielle Aspekt

Aber es gibt noch etwas Wichtigeres als diese Drehtür. Das ist hier sozusagen nur die untere Ebene der Kontrolle. Das wirklich Entscheidende ist der finanzielle Machtapparat.

Kommen wir zurück zu den wichtigsten Auftragnehmern, darunter Lockheed Martin der größte. Der größte Anteils­eigner von Lockheed Martin ist die State Street Corporation. State Street besitzt 15% der Lockheed Martin-Aktien (siehe Tabelle 1). Die Nummer zwei ist BlackRock. Der Name ist bekannt, BlackRock ist die größte Vermögens­verwaltungsgesellschaft Amerikas.

Der zweitgrößte Auftragnehmer ist Raytheon. Die größten Aktionäre sind Vanguard, das ist der zweitgrößte Vermögensverwalter, und Capital Group, der viertgrößte. Bei Northrop Grumman sind es State Street und Capital Group. Bei Boeing Vanguard und State Street. Bei General Dynamics Longview Asset Management und Vanguard. Bei L3Harris Technologies sind es BlackRock und Vanguard.

Sehen Sie den Zusammenhang? Die größten Rüstungskonzerne mit ihrem Anteil am Verteidigungshaushalt von fast einer Billion Dollar in den Vereinigten Staaten gehören den großen Vermögensverwaltungsgesellschaften der Wall Street und der Londoner City. Das von diesen vier Finanzunternehmen verwaltete Vermögen summiert sich auf fast 23 Billionen Dollar (siehe Tabelle 2).

 

Nimmt man im Fall von Lockheed Martin die drei größten Aktionäre – der dritte ist Vanguard –, so besitzen diese drei zusammen 38% aller Aktien. Lockheed Martin ist ungeheuer profitabel. Und warum? Weil sie ein Rüstungsunternehmen sind und weil man mit den Staatsaufträgen den Bürgern tief in die Tasche greift, um Unternehmen wie Lockheed Martin so profitabel zu machen. Und davon profitieren dann die Aktionäre. Profitieren die Menschen in Amerika davon? Wer's glaubt, wird selig! Es sind die großen Vermögensverwalter!

Das ist also der Prozeß der Kontrolle. Deshalb empfehle ich nachdrücklich, daß wir von nun an vom „Militärisch-Finanziellen Komplex“ sprechen.

Chancen und Bedeutung der Umstrukturierung

Es gäbe sehr viel zur Umstellung auf zivile Produktion zu sagen, aber lassen Sie mich nur ein oder zwei Dinge kurz erwähnen. Die Möglichkeiten sind hier enorm. Der Jahresumsatz der sechs größten Rüstungskonzerne belief sich im letzten Jahr auf zusammen 214 Milliarden Dollar. Die Kosten für ein Krankenhaus mit 120 Betten betragen 300 Millionen Dollar. Die Kosten für eine neue Schule betragen 45 Millionen Dollar.

Wir wollen nicht das ganze Geld für Schulen und Krankenhäuser ausgeben, dafür hätten wir gar nicht das nötige Personal, und auch die dafür notwendige Infrastruktur wäre gar nicht vorhanden. Aber es gibt Ihnen eine Vorstellung von der Größenordnung.

Wenn der jüngste Nachtragshaushalt der Regierung Biden genehmigt wird, erhält die Ukraine von den Vereinigten Staaten 66,6 Mrd.$. Rechnen Sie nach: Damit könnte man 1480 Schulen im In- und Ausland bauen. Es gibt also enorme Möglichkeiten – sowohl in finanzieller Hinsicht als auch, was noch wichtiger ist, in Bezug auf die Qualifikationen und Investitionsgüter, die entwickelt werden können und sollten.

In dem Informationsblatt, das wir demnächst vorlegen, werden wir einige Beispiele dafür anführen. Ich erwähne nur zwei:

Der Fall General Electric (GE): Sie bauen heute Motoren für Kampfflugzeuge und Bomber. Das Erstaunlichste ist ein Vertrag über 970 Mio.$ für die „nächste Generation“ von Triebwerken für die nuklearfähigen Jagdbomber F-35A und F-35C. Doch GE kann auch kleine modulare Kernreaktoren produzieren, die können innerhalb von 24 bis 36 Monaten gebaut werden und werden es auch. Das ist genau das, was man für den Oasen-Plan in Israel und Palästina braucht. Es wird in vielen Ländern der Welt gebraucht.

Ähnlich verhält es sich mit Northrop Grumman, das den Auftrag für den B-21-Bomber hat, der, soweit bekannt, um die 800 Mio.$ pro Stück kostet. Nun, Northrop Grumman produziert auch das HALO-Modul für das Lunar-Gateway-Projekt zur Erforschung des Weltraums, und die Kosten liegen etwa in derselben Größenordnung.

Zusammengefaßt: Wir sind an einem Punkt angelangt, wo wir Schwerter zu High-Tech-Pflugscharen umschmieden müssen. Wir müssen das gesamte Budget des Militärisch-Finanziellen Komplexes in produktive Aktivitäten umwandeln. Der Zweck ist, Kriege auf eine doppelte Art und Weise zu beenden: Zum einen wird die Finanzierung gestoppt, und zum anderen wird ein Entwicklungspotential geschaffen, das der einzige Weg zum dauerhaften Frieden ist.