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Neue Solidarität
Nr. 24, 13. Juni 2024

Potentiale großtechnischer Wasserentsalzung
zur Lösung extremer Wasserknappheit

Von William De Oreo

William De Oreo ist Hydrologe, Präsident von AquaCraft und Lobbyist für nukleare Entsalzung mit Sitz in Colorado in den USA. In der Internetkonferenz des Schiller-Instituts zum Oasenplan am 13. April sagte er folgendes.

(Übersetzung aus dem Englischen, den Mitschnitt des Vortrags mit deutscher Simultanübersetzung finden Sie im Youtube-Kanal des Schiller-Instituts)

Nachdem ich mir die Vorträge seit heute morgen 9 Uhr unserer Zeit angehört habe, bin ich besonders beeindruckt von dieser Vorstellung einer Gruppe von Leuten, die ein brennendes Gebäude sehen und sagen: „Laßt uns Wasser auf dieses Gebäude gießen, laßt uns die Feuerwehrschläuche in Gang setzen.“ Und eine andere Gruppe sagt: „Nun, vielleicht sollten wir diejenigen finden, die das Feuer gelegt haben, und sie dazu bringen, das Wasser auf das Gebäude zu gießen.“ (Siehe „Unsere Mission in Südwestasien“, Neue Solidarität 19/2024)

Aber ich denke, aus unserer Sicht, als Wissenschaftler und Ingenieure, sind wir am meisten daran interessiert, zuerst das Feuer zu löschen. Mit dem Rest können wir uns später befassen. Ich bin der festen Überzeugung, daß eine technische und wirtschaftliche Lösung die Grundlage für eine politische Lösung sein kann, wobei es oft sehr schwierig ist, zu einer politischen Lösung zu kommen, weil das Ausmaß der Leidenschaften und Verletzungen so groß ist. Aber man kann klein anfangen.

Unser Unternehmen hat 2015 eine Wasserstudie für das Königreich Jordanien durchgeführt. Während dieser Studie geriet ich in Konflikt mit der Agentur, die die Studie finanzierte, weil sie von uns erwartete, daß wir Wege finden, damit die Menschen weniger Wasser bekommen als notwendig wäre, um die Nachfrage auf das Angebot begrenzen. Ich habe immer wieder dagegen argumentiert, daß wir vielmehr das Angebot erhöhen müssen, um Jordanien mit dem Wasser zu versorgen, das sie dort für eine fortschrittliche Gesellschaft benötigen. Man kann die Menschen nicht in einen permanenten Zustand von Defizit und Knappheit zwingen, das funktioniert einfach nicht.

Eine der technischen Lösungen, für die ich mich seit langem einsetze, ist ein Kernreaktortyp, der mit dem Thoriumzyklus arbeitet und mit Flüssigsalz statt mit Wasser gekühlt wird. Er wird bei sehr hohen Temperaturen betrieben. Mit diesen Reaktoren kann man Strom erzeugen und ihre Abwärme zur Entsalzung von Wasser nutzen.

Andere Redner haben bereits darauf hingewiesen, daß der Johnston-Plan in den 60er Jahren einen Durchbruch in der Kerntechnik bedeutete, und zwar in Oak Ridge in Tennessee unter der Leitung von Dr. Alvin Weinberg, der eine Technologie zur Nutzung von Thorium zur Stromerzeugung entwickelte.

Ohne auf alle Einzelheiten einzugehen: Es handelt sich bei Thorium um eine Technik, die von Natur aus sicherer und weniger militaristisch ausgerichtet ist. Sie verursacht nicht die gleichen Probleme mit der Weiterverbreitung; sie erfordert nicht einmal eine Urananreicherung. Es handelt sich um eine grundlegend andere Art von Technologie.

Aber weil sie so anders war und keinen Brennstoff für Bomben erzeugte, wurde das System vom US-Verteidigungsministerium zugunsten von Technologien zur Erzeugung von Plutonium verworfen. So wurde also die nukleare Entwicklung in den 60er Jahren im Grunde genommen gekapert.

Ich möchte nur diese kurze Aussage von Dr. Weinberg vorlesen: „Die erste nukleare Ära ist vorbei. Laßt uns eine zweite nukleare Ära planen, die auf einer neuen und rationelleren Technik basiert.“ Das hat er 1973 geschrieben. Gemeint war, daß die von uns entwickelte Technologie im Grunde eine Waffentechnologie mit ein paar zivilen Annehmlichkeiten war. Wir müssen unsere Vorgehensweise überdenken und eine von Natur aus friedliche Kerntechnik entwickeln.

© William De Oreo
De Oreo schlägt vor, als ersten Schritt zur Behebung der Wasser­knappheit in Südwestasien eine Trinkwasser-Pipeline in Jordanien von einer Meerwasserentsalzungsanlage bei Akaba nach Amman zu bauen (weiße Linie), um allen Beteiligten den Nutzen des Projektes zu demonstrieren.

Nun zum Nahen Osten und Jordanien. Ich weiß nicht, ob Sie sich an den Aufstand in Daraa in Syrien erinnern – das scheint jetzt so lange her –, erinnern Sie sich daran? Dieser Aufstand war ein Versuch, das Regime der syrischen Assad-Regierung zu stürzen. Aber angefangen hat es mit einer Gruppe von Bauern, die ihre Bewässerungsrechte verloren hatten. Ihre Brunnen wurden abgeschaltet, und so waren sie gezwungen, statt als produktive und weitgehend autarke Bauern als verarmte Straßenbewohner in Daraa zu leben. Ihre Kinder begannen, Graffiti an die Wände zu schreiben und sich über ihre Situation zu beschweren. Denken Sie daran, daß diese Kinder verhaftet wurden; ich glaube, ein paar wurden sogar getötet. Das war der Beginn der gesamten Revolte. Es ging darum, daß sie ihr Wasser verloren hatten und nicht mehr in der Lage waren, sich selbst zu versorgen.

Ich habe in Jordanien gearbeitet, ich bin mit Jordanien vertraut. Jordanien hat mehrere Vorteile für die Lösung des Nahostproblems (siehe Karte). Erstens hat es Zugang zum Roten Meer bei Akaba. Es gab Diskussionen über das Projekt eines Kanals vom Roten Meer zum Toten Meer („Red-Dead-Projekt“), wobei es im wesentlichen darum geht, große Kanäle zu bauen und die Schwerkraft zu nutzen, um Wasser ins Tote Meer zu leiten und um Strom zu erzeugen.

Soweit ich weiß, geriet das Projekt in eine Sackgasse, weil es Probleme mit der Wassermenge gibt, die ins Rote Meer fließt, und weil es Auswirkungen auf die Ökologie des Roten Meeres hätte.

Unser Konzept sah folgendes vor: Es gibt Unternehmen, die Atomreaktoren auf Lastkähnen bauen. Eine davon ist die Firma Thorcon, und es gibt auch Copenhagen Atomics. Man kann diese modularen Reaktoren per Lastkahn über das Rote Meer bringen und einen Standort in Akaba errichten, wo man Wasser entsalzt und Strom erzeugt. Die Sole aus diesem Wasser würde wieder ins Rote Meer zurückgeführt oder in Verdunstungsbecken geleitet.

Es handelt sich um eine 300 km lange Pipeline zwischen Akaba und Amman (weiße Linie in Abbildung 1). Man würde dann mit der Entwicklung von Wasser und Strom in der Umgebung von Akaba beginnen und das System nach Norden ausweiten, wenn immer mehr Land bewässert werden kann, wenn es mehr Produktion gibt, wenn es preiswerten Strom gibt. Das System sollte sich im Laufe seiner Entwicklung selbst tragen. Man braucht also kein riesiges internationales Konsortium, und die Israelis müssen auch nicht mit den Palästinensern Frieden schließen. Das alles kann in einer relativ stabilen politischen Situation mit einem einzigen Land durchgeführt werden, es würde alles in Jordanien stattfinden.

Natürlich ist da noch das Westjordanland. Das Wasser aus diesem System könnte man für die Versorgung des Westjordanlandes nutzen. Man könnte es auch nutzen, um Wasser in den Gazastreifen zu bringen, was den Palästinensern ihre eigene unabhängige Versorgung mit Wasser und Strom ermöglichen würde, ohne daß sie sich auf eine möglicherweise sehr schwierige politische Lösung mit Israel einlassen müßten.

© William De Oreo
Jährliches Wasservolumen
(Angebot und Nachfrage, in Mio. m3, 1 = 2016)

Genau das ist das Konzept. Jordanien ist einer der letzten Zufluchtsorte im Nahen Osten. Das Land hat viele Flüchtlinge aus Palästina, Irak und Syrien aufgenommen, durch diesen Zustrom von Flüchtlingen hat sich die Bevölkerungszahl fast verdoppelt. Die Wasserversorgung kann damit nicht Schritt halten. Auch die Stromversorgung ist erschreckend unzureichend, Jordanien verfügt über kein Öl oder Gas und muß alle Brennstoffe importieren. Das macht das Land zu einem idealen Kandidaten für dieses Projekt.

Wir haben dazu ein Diagramm erstellt (siehe Abbildung). Die rote Linie ist nicht die tatsächliche Wasserversorgung, sondern das, was nach unserer Einschätzung mindestens erforderlich ist, um eine moderne Wirtschaft in Jordanien zu versorgen. Das erste Jahr ist 2016, über 25 Jahre ab 2016 wäre das also bis 2040. Dies ist die Menge an Wasser, die wir für notwendig halten.

Die grüne Linie ist die Menge, die 2016 aus allen vorhandenen Quellen zur Verfügung stand. Darin ist allerdings auch das Red-Dead-Projekt enthalten, das bisher still steht. Sie sehen, daß ab etwa 2025, selbst mit diesem Projekt vom Roten zum Toten Meer und den verschiedenen Aquifer-Projekten, die Versorgung aufgrund der Grundwassererschöpfung abnimmt. Die Situation wird sich also in den nächsten 25 Jahren weiter verschärfen, wenn wir nichts unternehmen. Die natürlichen Vorräte reichen einfach nicht aus.

Das nächste Diagramm zeigt einen sogenannten Multi-Effekt-Entsalzer. Er wird nicht mit Strom, sondern mit Wärme betrieben. Im wesentlichen funktioniert es so: Das Salzwasser kommt auf einer Seite herein, der Dampf wird kondensiert, und am Boden der Anlage wird Frischwasser erzeugt. Man kann dieses System tatsächlich vom Standpunkt der Energieerzeugung aus gesehen mit geringwertiger Wärme betreiben. Es muß nicht einmal Dampf sein. Es reichen 180 Grad Celsius. Diese thermischen Entsalzungsanlagen können Wärme nutzen, die sonst verschwendet würde, und Frischwasser erzeugen. Als Faustregel kann man sagen, daß pro 100 MW elektrischer Leistung eines Kraftwerks 10 Millionen Gallonen pro Tag erzeugt werden können, das entspricht etwa 40 Millionen Litern Frischwasser pro Tag. Ein 100-MW-Kraftwerk wie das in Abu Dhabi produziert also 400 Millionen Liter Wasser pro Tag bei einer Stromleistung von 4,6 GW.

In Abu Dhabi wird das mit Erdgas gemacht. Ich glaube, die Emirate sehen auch die negativen Vorzeichen für die Zukunft, denn sie erwägen auch den Umstieg auf Kernenergie. In Abu Dhabi wird die gesamte Wasserversorgung der Stadt – eine wirklich große Stadt – mit entsalztem Wasser und Erdgas betrieben. Sie könnten auf Kernkraft umstellen und damit unbegrenzt weitermachen.

Die Stromnachfrage steigt und fällt in einem typischen 24-Stunden-Zeitraum. Man kann das Kraftwerk mit maximaler Effizienz betreiben und dann mehr Frischwasser erzeugen, wenn die Stromnachfrage in den frühen Morgenstunden und in der Nacht sinkt. Das ist eine sehr effiziente Methode, eine sehr gute Idee.

Schmelzsalzreaktoren sind für diese Technologie ideal geeignet, da sie bei hohen Temperaturen arbeiten. Sie werden mit Flüssigsalz gekühlt, das bei 700 Grad schmilzt und erst bei mehreren tausend Grad kocht. Das ist ein riesiger Flüssigkeitsbereich. Sie sind also von Natur aus stabil, benötigen kein Wasser zur Kühlung und sind passiv sicher, man kann sie abschalten. In Oak Ridge, wo sie in den 1960er Jahren einen Reaktor betrieben haben, haben sie ihn an den Wochenenden einfach abgeschaltet.

Die Wärme aus dem Reaktor wird in einen sekundären Wärmetauscher geleitet, wo sie Dampf erzeugt, den man zur Wasser- und Stromerzeugung nutzen kann. Das einzige Wasser, das benötigt wird, ist das Zusatzwasser für den Kessel, denn wenn man einen Dampfkessel betreibt, braucht man natürlich etwas Zusatzwasser. Aber das kann entsalztes Wasser sein. Es ist also eine großartige Anwendung für ein Wüstenland.

Zur Wirtschaftlichkeit des Systems: Als wir das vor ein paar Jahren untersucht haben, sollte ein 1000-MW-Kraftwerk 6,3 MWh Strom zu einem angemessenen Einzelhandelspreis erzeugen, was zusammen mit dem Wasser und dem Strom 850 Millionen Dollar pro Jahr einbringen würde. Die Kapitalkosten, einschließlich Bau und Kapitalrückfluß, betragen jedoch nur etwa die Hälfte davon. Außerdem würden mit einer einzigen Anlage 137 Millionen Kubikmeter Wasser pro Tag erzeugt, was meines Wissens fast eine Verdoppelung der Frischwasserversorgung Jordaniens bedeuten würde. Das Nutzen-Kosten-Verhältnis wäre mit 1,8 zu 1 kaum zu überbieten. Das ist, was ich Ihnen mitzuteilen habe. Ich kann nur sagen, es ist wirklich interessant!

Eine der Enttäuschungen, die ich hatte, als ich die amerikanische Regierung dazu bewegen wollte, sich mit diesem Thema zu befassen, war das geringe Interesse. Die Vereinigten Staaten sind in diese Malaise der Überregulierung verfallen, wo die Aufgabe der Regierung nur darin besteht, Innovationen zu stoppen und alles zu Tode zu regulieren.

Das Schöne an den BRICS-Staaten ist, daß sie eine unabhängige staatliche Quelle sind. Zur Zeit arbeiten die USA nicht an Schmelzsalzreaktoren, abgesehen von ein paar kleinen Privatunternehmen. Die Entwicklung geht nur langsam voran, und sie ist schlecht finanziert. Das US-Energieministerium fördert diese Entwicklung nicht aktiv. Es legt die Hände in den Schoß und sorgt nur dafür, daß nichts passiert, weil es die regulatorischen Hebel in der Hand hat, die Unternehmen daran hindern, produktive Arbeit zu leisten.

In Kanada, China und Indien wird hier eine enorme Arbeit geleistet. Aus unserer Sicht ist das großartig. Ich weiß, daß die Chinesen eine Menge Informationen von Oak Ridge erhalten haben, und sie sagten: Das ist wunderbar, wir werden einen dieser Thorium-Brutreaktoren mit Flüssigsalz bauen. Ich glaube, sie stehen entweder kurz davor, ihn in Betrieb zu nehmen, oder er könnte sogar bereits in Betrieb sein. Auf jeden Fall weiß ich, daß sie daran gearbeitet haben.

Hoffen wir also, daß wir den Vereinigten Staaten etwas beibringen können. Erinnern Sie sich noch an die „Raketenlücke“ in den 60er Jahren? Alle waren besorgt, daß die Russen mehr Raketen hatten als die Vereinigten Staaten. Vielleicht können wir den USA auch mit der „Thoriumreaktor-Lücke“ Feuer unterm Hintern machen. Das wäre eine Möglichkeit, die Dinge in Gang zu bringen.

Ich würde aber eine internationale Anstrengung aller Länder befürworten, um die Technologie gemeinsam zu nutzen und den Thorium-Brutreaktor zu entwickeln. Auf der Erde gibt es 106 Millionen Tonnen bekanntes Thorium. Jede Unze Thorium kann als Brennstoff für einen Kernreaktor verwendet werden. Diese Reaktoren erzeugen keine Abfälle, sondern wertvolle isotopische Nebenprodukte.

Das wäre wirklich ein Wendepunkt in der menschlichen Entwicklung. Im Grunde handelt es sich um einen nahezu unerschöpflichen Vorrat an Energie, der überall auf der Welt zur Entwicklung der lokalen Wirtschaft genutzt werden könnte. Und Jordanien und der Nahe Osten wären ein großartiger Ort für den Anfang. Das ist alles, was ich zu sagen habe.