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Neue Solidarität
Nr. 6, 8. Februar 2024

„Wir brauchen ein Ministerium für Zusammenarbeit,
gemeinsame Entwicklung und Integration“

Von Jacques Cheminade

Der frühere französische Präsidentschaftskandidat Jacques Cheminade interveniert mit der folgenden Erklärung in die Debatte über das neue französische Einwanderungsgesetz, das große Protestdemonstrationen ausgelöst hat.

Jacques Cheminade, führendes Mitglied der internationalen LaRouche-Bewegung und Vorsitzender der Partei Solidarité & Progrès, gab am 17. Januar die folgende Erklärung ab, die in Frankreich bei den Demonstrationen gegen das neue Einwanderungsgesetz als Flugblatt verteilt wurde.

Die erste Runde der Proteste gegen das Gesetz fand am 14. Januar statt, als sich mehr als 35.000 Demonstranten in Paris, Rennes, Marseille und Straßburg versammelten. Am 21. Januar demonstrierten landesweit schätzungsweise 150.000 Menschen in Paris und vielen anderen Städten und forderten, daß Präsident Emmanuel Macron das neue Gesetz nicht unterzeichnet.

Mit dem Gesetz, das von der Regierung Macron vorgeschlagen und am 29. Dezember von der Nationalversammlung verabschiedet wurde, werden die Bedingungen für die Ankunft, Niederlassung und Arbeit von Migranten deutlich verschärft. Zu den beispiellosen geplanten Änderungen gehören Kürzungen bei der Miethilfe, Familienbeihilfe und Arbeitslosenunterstützung. Es gibt neue Beschränkungen für ausländische Studenten und es werden Migrationsquoten festgelegt. Das Gesetz hebt auch das Recht auf Staatsbürgerschaft für in Frankreich geborene Kinder nicht-französischer Eltern auf. Am 25. Januar befand der Verfassungsrat etliche Passagen des Gesetzestextes für verfassungswidrig – siehe nebenstehende Meldung.

Das eigentliche politische Ziel des Gesetzes, das primitive fremdenfeindliche Forderungen von Marine Le Pen aufgreift, besteht darin, dem Unmut der Franzosen über die schlechten Lebens- und Arbeitsbedingungen „zuvorzukommen“, damit das Macron-Lager der erwarteten schweren Niederlage bei der Europawahl im Juni entgeht.

* * *

Eine Narrenfalle

Die hitzige Debatte über die Einwanderung ist eine Narrenfalle! „Wie können Sie es wagen, so etwas zu sagen?“, könnte Ihre erste Reaktion sein. „Immerhin ist es das 29. [Immigrations-]Gesetz, das seit 1980 in Frankreich verabschiedet wurde!“

Die Realität ist, daß wir Gesetze erlassen haben, die sich mit den Wirkungen befassen, ohne auf die Ursachen einzugehen. Was ist das Ergebnis? Das Mittelmeer und der Ärmelkanal sind zu Friedhöfen geworden, Migranten werden nicht als Menschen, sondern als „Probleme“ behandelt, und 73% der Franzosen meinen, daß es im Rahmen des bestehenden Wirtschaftssystems zu viele Ausländer in Frankreich gibt. Es geht also darum, aus dem aktuellen System auszusteigen! In meiner Präsidentschaftskampagne 2017 habe ich vorgeschlagen, ein Ministerium für Zusammenarbeit, gemeinsame Entwicklung und Integration zu schaffen, um das Niveau der Debatte anzuheben, die heute wie damals eine Schande ist.

Kehren wir also, wie damals so heute, zu den Grundlagen zurück. Frankreich braucht ausländische Arbeitskräfte in Berufen (Gesundheitswesen, Gaststättengewerbe, Baugewerbe usw.), die zu wenige unserer Landsleute ausüben wollen. Der Strom der Auswanderer aus Regionen der Welt, die unter Krieg oder extremer Armut leiden, nimmt zu. In einem Frankreich, das an sich selbst zweifelt und sich im Niedergang befindet, ist das ein Grund zur Sorge. Weder die unverantwortliche Exklusionspolitik der Rechten noch die heuchlerischen Engelstöne der Linken sind eine Lösung. Die Antwort liegt darin, in diesem Land und weltweit die politischen Spielregeln zu ändern.

Was in Frankreich zu tun ist

Wir müssen Arbeitsplätze für alle schaffen. Tatsächlich ist es die Vernichtung von Arbeitsplätzen und Beschäftigung, welche die Voraussetzungen für die Spaltung zwischen französischen und ausländischen Arbeitnehmern schafft. Es ist moralisch unwürdig und wirtschaftlich katastrophal, Menschen nach Frankreich einreisen zu lassen, ohne ihnen Arbeit und Sprachausbildung zu bieten!

Die Integration von Ausländern muß organisiert werden, indem man ihnen unsere Sprache und unsere republikanischen Prinzipien beibringt, mit einem ehrlichen Willen zum Erfolg und mit den erforderlichen finanziellen Mitteln, um den Erfolg zu gewährleisten.

Wir müssen das kürzlich vom Bündnis aller rechten Parteien verabschiedete Gesetz zurücknehmen, denn dieses Gesetz tut nichts anderes, als bei den Migranten strenger auszusieben. Das ist ungerecht, unrealistisch und bloße Show.

Zum Beispiel: Wer heute ein rechtloser Einwanderer ohne legale Papiere ist, der überredet einen anderen, ihm seinen Ausweis, Bankdaten, Sozialversicherungsausweis und Aufenthaltsgenehmigung zu leihen. Dann zahlt der Arbeitgeber ihm seinen Lohn, und der Komplize erhält einen kleinen Anteil. Und die Arbeitgeber drücken ein Auge zu, weil es bequem ist!

Das neue Gesetz sieht vor, daß Personen, die in Branchen mit Arbeitskräftemangel arbeiten, eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten. Das sind aber nicht mehr als 7000 bis 10.000 Arbeitnehmer, und dafür lobt die Regierung sich noch selbst für ihre angebliche „Großzügigkeit“! Schlimmer noch, das Recht auf das jus soli, die Staatsbürgerschaft, die in Frankreich geborenen Kindern gewährt wird, soll nur noch „auf Antrag“ erteilt werden. Damit wird unser republikanisches Gesetz vom 26. Juni 1889 in Frage gestellt.

Die staatliche medizinische Versorgung (AME) [für Immigranten] infrage zu stellen, ist irrelevant und steht im Widerspruch zum Recht der Schwächsten auf Gesundheitsversorgung. Macron ist von der Qualität seines neuen Gesetzes selbst so wenig überzeugt, daß er den Verfassungsrat um Rat ersucht! Das neue Gesetz muß also komplett neu geschrieben werden, ohne Umwege und Absprachen.

Überlassen wir die Steuerung der Migration nicht länger dem Innenministerium, das einen unvollständigen und voreingenommenen Blick auf das Thema hat, sondern vertrauen wir sie diesem neuen großen Ministerium für Zusammenarbeit, gemeinsame Entwicklung und Integration an, das alle Aspekte, national und international, abdecken wird.

Was in der Welt zu tun ist

Wir müssen das Problem an der Wurzel packen: Um das „Problem“ der Einwanderung zu lösen, müssen wir zuerst das „Problem“ der Auswanderung angehen. Das bedeutet, allen Ländern die Mittel für ihre Unabhängigkeit und Entwicklung an die Hand zu geben, damit ihre Einwohner ein würdiges Leben führen können. Dazu müssen wir mit der Finanzoligarchie des neokolonialen Systems und dem IWF-System der „Strukturanpassung“ brechen und statt dessen Infrastruktur-Großprojekte auf gesamtafrikanischer Ebene in Angriff nehmen und eine Politik für gerechten Zugang zu Wasser und Gesundheitsversorgung verfolgen. Es bedeutet, daß wir den gesamten Kurs unserer Außenpolitik ändern müssen.

Wir dürfen nicht zulassen, daß unsere Einwanderungspolitik – wie mit diesem Gesetz – unsere Beziehungen zu den Entwicklungsländern vergiftet. Die Grundlage unserer neuen Außenpolitik sollte vielmehr der gemeinsame Kampf mit den Ländern des Globalen Südens für eine neue globale Architektur gegenseitiger Sicherheit und Entwicklung sein, in die unsere Migrationspolitik eingebettet sein muß.

Die vollständige Beendigung der Vormundschaft der Europäischen Zentralbank über den CFA-Franc wird ein Eckpfeiler dieser Politik sein und ihre Ernsthaftigkeit garantieren.

Hirngespinste

Schauen Sie in den Spiegel. Im Grunde ist die Einwanderung keine Frage von Menschenströmen oder von Sicherheit, sondern eine Frage der politischen Strategie. Die derzeitige strategische Politik führt in den Krieg aller gegen alle, die von uns vorgeschlagene Politik dagegen bedeutet Frieden durch gegenseitige Entwicklung, mit der gleichen Dynamik im eigenen Land wie weltweit.