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Von der EIR-Wirtschaftsredaktion
Das westliche Finanzsystem steht am Rande eines allgemeinen, systemischen Zusammenbruchs, der eine neue globale Große Depression einleitet, die weitaus schlimmer sein wird als die der 1930er Jahre. Der räuberische Handelskrieg, den die leichtgläubige Trump-Regierung auf Anraten von in Harvard ausgebildeten Quacksalbern und Hedgefonds-Managern wie Steve Miran gegen die ganze Welt, vor allem aber gegen China entfesselt hat, bringt jetzt alles ins Rutschen.
Präsident Trump hat offenbar die Absicht, das Weltfinanzsystem von den spekulativen Aspekten der Globalisierung zu befreien, was völlig berechtigt wäre. Aber die Behauptung, die ganze Welt hätte die USA ausgebeutet, stellt die Wahrheit auf den Kopf: Es war das neoliberale Finanzsystem der Wall Street und der Londoner City – das sich entwickelte, seit Präsident Nixon 1971 das Bretton-Woods-System abschaffte und freie Wechselkurse einführte –, welches einen Mechanismus schuf, die Produktionskapazitäten in allen Ländern einschließlich der USA auszuschlachten. Die Bemühungen der Länder des Globalen Südens, ein Wirtschaftssystem aufzubauen, das ihnen wirtschaftliche Entwicklung ermöglicht, sind ein Aufstand gegen die Konditionalitäten-Politik des IWF und der Weltbank.
Insofern hat Trump Recht: Die USA wurden ausgeraubt – aber eben auch die Länder des Globalen Südens und andere auf der ganzen Welt. Deshalb sitzen wir alle in einem Boot und müssen auch gemeinsam die Fehler des Systems korrigieren.
Die Wall Street und die City haben eine 2 Billiarden [= 2000 Billionen] Dollar große Spekulationsblase geschaffen, die unbezahlbar ist, egal wie viele Kriege sie vom Zaun brechen und wie sehr sie die Staatshaushalte kürzen. Sie haben – verpackt in postindustriellem Kauderwelsch – die produktiven Volkswirtschaften Europas und der USA zerstört. Sie haben die Nationen des Globalen Südens durch Schuldknechtschaft und damit verbundene Kolonialpolitik geplündert.
Schließlich haben sie ihr Krebsgeschwür der Spekulation sogar in den Markt für US-Staatsanleihen hineingetragen und untergraben damit das Fundament des transatlantischen Finanzsystems der Nachkriegszeit. Und sie schlagen vor, den Tag ihres unvermeidlichen Bankrotts hinauszuschieben, indem sie das System mit wertlosen Kryptowährungen wie „Stablecoins“ vollpumpen, und gleichzeitig fordern, daß die Fed zum unbegrenzten Pumpen von zinsfreiem Geld („Quantitative Lockerung“) zurückkehrt – nur diesmal in noch weit größerem Ausmaß.
Aber es wäre keine Lösung, all das einfach nur zum Einsturz zu bringen – durch eine moderne Variante der „kontrollierten Desintegration“ der Trilateralen Kommission und Paul Volckers oder Schumpeters „kreativer Zerstörung“ –, wie es viele von Trumps Beratern wollen.
Die Frage an jeden Bürger ist: Womit sollen wir das alte, hoffnungslos bankrotte System ersetzen?
Die Gründerin des Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche, hat diese Frage direkt beantwortet. Sie besteht darauf, daß wir ein neues Paradigma etablieren müssen, eine neue globale Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur,2 die die Interessen jeder Nation auf dem Planeten berücksichtigen muß und auf den bewährten Prinzipien ihres verstorbenen Ehemanns und renommierten Ökonomen Lyndon LaRouche beruht – ausgehend von dem zentralen Konzept, daß der Mensch kein Tier ist.
Präsident Trump sollte seinem ursprünglichen, gesunden Instinkt folgen und sich eingehend mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping beraten und gemeinsam eine internationale Konferenz einberufen, um ein neues Bretton-Woods-System zu schaffen. Bei einem solchen Treffen würde man sowohl die Grundprinzipien als auch die konkreten Maßnahmen erörtern, die für eine neue internationale Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur, die den Interessen jeder einzelnen Nation gerecht wird, beschlossen werden sollen. Wo es Schwierigkeiten und Meinungsverschiedenheiten gibt, werden diese nach dem westfälischen (jüdisch-christlichen) Prinzip des „Gemeinwohls“ gelöst – statt durch aggressive Äußerungen und Drohungen gegen andere, die ohnehin nicht einmal die eigentliche Ursache der Krise treffen.
Lyndon LaRouche hat schon vor Jahrzehnten die erforderlichen politischen Maßnahmen dargelegt, um „an einem einzigen Tag die Depression zu überwinden“, nämlich in seinem 2014 veröffentlichten Dokument „Vier neue Gesetze, um die USA zu retten – Keine Option, sondern unmittelbare Notwendigkeit”.3
1. Das Krebsgeschwür der Spekulation in Höhe von 2 Billiarden Dollar muß verschwinden (Abbildung 1); diesen Schlag müssen die Wall Street und die City hinnehmen. Das Glass-Steagall-Gesetz von 1933 sollte wieder in Kraft gesetzt werden, womit das Bankensystem in zwei Teile geteilt wird: auf der einen Seite die Geschäftsbanken, die produktive Kredite vergeben, und daher die volle Unterstützung der Regierung und der staatlichen Einlagenversicherung erhalten, und auf der anderen Seite das „Investmentbanking“, d.h. die reine Spekulation, die aufgerollt, eingefroren und nicht staatlich gestützt wird. Keine Rettungsaktionen mehr für das Krebsgeschwür! Das wird auch für den Ausgleich des Staatshaushalts Wunder wirken.
2. Der produktive Sektor der Wirtschaft – der seit 1971 genauso schnell zusammengebrochen ist, wie die Spekulationsblase gewachsen ist, wie aus LaRouches berühmter „Tripelkurve“ (Abbildung 2) hervorgeht – muß mit neuen produktiven Krediten wiederbelebt werden, um die Infrastruktur-Großprojekte und die notwendige Reindustrialisierung zu finanzieren. Dazu gehört auch die Umstellung des Militärisch-Industriell-Finanziellen-Komplexes, der heute die produktive Wirtschaft belastet, auf nützliche Produktion.
Eine praktikable Möglichkeit, solche produktiven Kreditflüsse zu schaffen – wie es der erste US-Finanzminister Alexander Hamilton mit der Ersten Nationalbank der Vereinigten Staaten tat –, ist die Verstaatlichung der Federal Reserve, statt sie zur Rettung der bankrotten Banken mit zigbillionen Dollar zu verwenden.4 Man könnte damit anfangen, unter dem Dach der New Yorker Federal Reserve Bank eine Nationalbank für Infrastruktur zu gründen, die Kredite für Strom-, Wasser- und andere Infrastrukturprojekte im Inland sowie internationale Darlehen für Entwicklungsprojekte vergibt. Die Bank würde zunächst durch den Tausch von Staatsanleihen gegen Eigenkapital der Bank finanziert.
3. Es müssen Abkommen zwischen ähnlich gesinnten Nationen geschlossen werden, um ein internationales Finanzsystem mit festen Wechselkursen wie bis 1971 wiederherzustellen, das einen günstigen und berechenbaren Rahmen für Infrastruktur- und andere Investitionsprojekte weltweit schafft (Abbildung 3). Die Vereinigten Staaten und Europa müssen sich der chinesischen Neuen Seidenstraße (Gürtel- und Straßen-Initiative, BRI) anschließen und mit den BRICS-Staaten, die inzwischen weit über die Hälfte der Menschheit repräsentieren, bei dieser globalen Entwicklungsoffensive zusammenarbeiten. Dann hat der Globale Süden auch nicht mehr das dringende Bedürfnis, sich von der sinkenden Finanz-Titanic der Wall Street und der Londoner City zu distanzieren und aus dem Dollar auszusteigen. Diese Länder werden Angebote zur Zusammenarbeit bei solchen Projekten gerne annehmen.
4. Die Zukunft der Menschheit erfordert es, sich unablässig auf Fortschritte in Wissenschaft und Technik zu konzentrieren, besonders in den Pionierbereichen Fusionsenergie und Raumfahrt. Das sind genau die Bereiche, in denen die USA, Europa, China, Rußland, Indien und die BRICS-Staaten zum Vorteil aller zusammenarbeiten können. Eine solche Förderung des kreativen menschlichen Geistes ist die Quelle allen wahren wirtschaftlichen Wertes.
Lyndon LaRouche hat dieses prinzipielle Thema in seiner buchlangen Studie „Über Zölle und Handel“ aufgegriffen, die im Februar 2004 im EIR-Magazin erschien.5 Es folgt ein ausführlicher Auszug.
„Heute befinden wir uns im Würgegriff der Endphase des allgemeinen Zusammenbruchs des Weltwährungs- und Finanzsystems, und zugleich droht die Gefahr einer allgemeinen faschistischen Machtergreifung. Typisch dafür ist US-Vizepräsident Cheneys Wiederbelebung der Strategie des ,vorbeugenden Atomkriegs‘ und die Ablösung der traditionellen Streitkräfte im Rahmen einer Militärdoktrin, die an die Legionen des Römischen Reiches und die Pläne der Nazis für eine Weltherrschaft mit einer internationalen Waffen-SS erinnert…
Das nationale wirtschaftliche Interesse der USA besteht darin, einen bestimmten Entwicklungsstand der Arbeitsproduktivkraft zu erreichen, der nötig ist, um eine angemessen geplante Verbesserung der erhaltbaren potentiellen relativen Bevölkerungsdichte unserer Nation zu erreichen.
Das bedeutet im wesentlichen eine Weiterentwicklung des Gebrauchs jener ,Kräfte‘ im platonischen Sinne, wie sie in der Ansammlung experimentell bestätigter universeller Naturprinzipien oder vergleichbarer kultureller Prinzipien zum Ausdruck kommen.
Diese Kräfte praktisch zu entwickeln, zu erhalten und uns in dieser Hinsicht weiter verbessern zu können, verdanken wir zum großen Teil unterschiedlichen Arten von Kapitalinvestitionen in das physische Kapital der grundlegenden wirtschaftlichen Infrastruktur, der öffentlichen Infrastruktur, Kapitalverbesserungen der Unternehmen und Anhebung des physischen und kulturellen Lebensstandards der Familienhaushalte unserer Arbeitskräfte.
Im Rahmen eines Weltwährungssystems mit festen Wechselkursen und unter den Vorgaben einer protektionistischen Zoll- und Handelspolitik läßt sich ein Spektrum ,gerechter Preise‘ von Gütern an der Import-Export-Schnittstelle unserer Volkswirtschaft mit den Weltmärkten festlegen. In diesem Falle können die Preise für unsere Waren sinken, wenn technische Fortschritte, die die Qualität der Waren nicht verschlechtern, dies möglich machen – nur darf man nicht ständig Lohnsenkungen als Mittel benutzen, die Preise von Gütern zu senken. Der Handel (Import, Export oder beides) läßt sich als zusätzliches Instrument zur Regulierung stabiler Preise einsetzen, um den relativen physischen Wert des eingesetzten Kapitals zu schützen. Im allgemeinen wäre es praktisch verboten, den Lebensstandard der Haushalte zu senken, um Waren wettbewerbsfähiger zu machen.
Betrachten wir das eben Gesagte vor dem Hintergrund eines bestimmten Aspekts der Zerstörung der amerikanischen Volkswirtschaft nach 1977: der Deregulierung des Güter- und Personenverkehrs. Die Folge hiervon war, daß sich der Verkehr auf eine begrenzte Anzahl von Angelpunkten konzentrierte, während die Infrastruktur in entlegeneren Landesteilen zusammenbrach und diese oft sogar entvölkert wurden. Damit stürzte die durchschnittliche Produktivität der USA insgesamt je km2 genauso ab wie das von der Gesamtbevölkerung erzeugte Nettoprodukt. Wahnsinn? Ja, ein Wahnsinn, an dem die Verbreitung des absurden Freihandelsdogmas schuld ist.
Das Ziel muß sein, den tatsächlichen Güterausstoß pro Kopf und pro km2 zu steigern. Dabei helfen standardisierte Frachtkosten und geeignete Massenverkehrsmittel für den Personenverkehr in den großen städtischen Verkehrszentren und regionalen Zentren, so daß das Potential der gesamten Bevölkerung und der gesamten Landmasse der Nation voll ausgeschöpft wird.
Vergleichbare Vorteile aus der Regulierung von Zöllen und Handel sollte man zwischen Nationen mehr oder weniger weltweit anstreben. Wir müssen also die entsprechende Bildung physischen Kapitals auf der ganzen Welt fördern, um die Wachstumsrate des Brutto- und Nettoausstoßes pro Kopf und pro km2 zu optimieren.
Das allgemeine Prinzip für Zölle und Handel, das diese Fälle veranschaulichen, besteht darin, daß wir bei den Begriffen ,Kosten‘ und ,Gewinn‘ dringend von der Idee kleiner physischer Kapitalkosten für Produktion und Verteilung wegkommen müssen und statt dessen zu der Idee wechseln müssen, Wachstum pro Kopf zu erreichen, indem man den objektiven Lebensstandard und die relative Intensität der Kapitalbildung steigert.
Der Schwerpunkt liegt am Anfang auf umfassenden, massiven Investitionen in die grundlegende Infrastruktur, um eine dringend notwendige qualitative Verbesserung des Umfelds der Produktion und des Familienlebens herbeizuführen. Das ist das einzige dauerhafte Mittel, um für ein allgemeines Wiedererstarken einer lebensfähigen Privatwirtschaft zu sorgen.
Allerdings kann man keines dieser Ziele erreichen, wenn man sich nicht darauf zurückbezieht, wie Präsident Franklin Roosevelt die Vereinigten Staaten aus der Depression führte und von der Gefahr eines Nazi-Weltreiches befreite. Dazu müssen wir Adam Smith und alles, was danach riecht, über Bord werfen und zu den Verfassungsprinzipien des Amerikanischen Systems der politischen Ökonomie, wie sie Finanzminister Alexander Hamilton und andere beschrieben haben, zurückkehren. Die Politik der Regulierungen und des Protektionismus, die wir mit der Roosevelt-Revolution der 30er Jahre verbinden, muß wieder in Kraft gesetzt werden.“
Anmerkungen
1. Eine deutsche Übersetzung erschien in der Neuen Solidarität, Nr. 3/2001.
2. Zehn Prinzipien für eine neue internationale Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur, Helga Zepp-LaRouche, Schiller-Institut.
3. Vier neue Gesetze, um die USA zu retten, Lyndon LaRouche, Neue Solidarität, Nr. 25/2014.
4. Why the New President and Congress Must Nationalize the Federal Reserve, EIR Magazine, No. 2/2025.
5. Eine deutsche Übersetzung erschien als 7-teilige Serie in der Neuen Solidarität, Nr. 19-24,27/2004.
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