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Wie man die Welt vom Abgrund zurückholt und ein neues Paradigma schafft, war Thema einer Konferenz des Schiller-Instituts.
Die Eröffnungssitzung der Konferenz des Schiller-Instituts am 24. Mai 2025 mit dem Titel „Eine schöne Vision für die Menschheit in Zeiten großer Turbulenzen!“ begann mit einem klassischen Musikstück. Die Pianistin Dura Jun spielte Präludium und Fuge in C-Dur von Johann Sebastian Bach. Anschließend wurde ein Video vom 3. Juli 1982 gezeigt, in dem Lyndon LaRouche über die Bedeutung der Amerikanischen Revolution sprach. Er bezeichnete sie als eine entscheidende Schlacht von den Anhängern der Renaissance gegen die Kräfte der oligarchischen Anti-Renaissance. Das sei eine „transatlantische Verschwörung“ gewesen, um eine Republik an den Küsten Amerikas zu errichten. „Wir haben die Briten besiegt“, sagte er.
Die Gründerin des Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche, sagte in ihrer Eröffnungsrede, sie wolle trotz der düsteren Lage in der heutigen Welt „eine optimistische Sicht auf das Wesen der menschlichen Spezies“ vermitteln, basierend auf der „anti-entropischen Natur der menschlichen Kreativität“. Sie warnte, der Völkermord in Gaza habe „einen schrecklichen Schandfleck auf die gesamte Menschheit“ geworfen und der Krieg in der Ukraine bringe die Gefahr einer nuklearen Auslöschung der Menschheit mit sich. An ihr Heimatland Deutschland und den Rest Europas gerichtet fragte sie: „Warum ruinieren wir uns selbst?“ Der Fall Rumänien zeige, daß US-Vizepräsident J.D. Vance mit seiner Einschätzung der „Degeneration der Demokratie in Europa“ vollkommen Recht habe, wo Wahlen so oft wie nötig wiederholt würden, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen. „Europa wird bald in Museen auf der ganzen Welt als Fossil einer Zivilisation zu sehen sein, die es nicht geschafft hat“, sagte sie.
Sie warf den Neokonservativen des angelsächsischen Raums vor, die historische Chance am Ende des Kalten Krieges „durch geopolitische Manöver sabotiert“ zu haben, und verwies auf historische Dokumente, in denen NATO-Führer versprochen hätten, es werde keine Osterweiterung geben. Anschließend beschrieb sie, wie viele der entscheidenden historischen Dokumente weitgehend aus dem Internet verschwunden seien und wie historische Revisionisten in ähnlicher Weise versucht hätten, die Rolle der UdSSR beim Sieg über die Nazis im Zweiten Weltkrieg zu verschleiern. Rußland habe „enorme Großzügigkeit bewiesen, indem es die Wiedervereinigung Deutschlands zugelassen hat“, sagte sie.
Sie wies darauf hin, daß die Nationen des Globalen Südens „von dem größten Wirtschaftswunder der Geschichte inspiriert“ seien, und gab einen Überblick über den „atemberaubenden Erfolg“ des chinesischen Wirtschaftsmodells, das auf der kontinuierlichen Einführung neuer Technologien in die Wirtschaft basiere. Wir müssen „die Menschheit an erste Stelle setzen“, um ein neues Paradigma zu schaffen, in dem die Nationen der Welt nicht länger wie „streitende Kleinkinder“ agieren, sagte sie. „Ersetzen wir geopolitische Konfrontation durch Zusammenarbeit … und behandeln wir die Menschheit mit fast zärtlicher Liebe.“ (Den Text ihres Vortrags finden Sie in dieser Ausgabe auf den Seiten 1-3.)
I.E. Naledi Pandor, ehemalige Ministerin für internationale Beziehungen und Zusammenarbeit der Republik Südafrika, erklärte in Ihrem Redebeitrag, wir befänden uns in einem „sehr schwierigen, toxischen geopolitischen Umfeld“, in dem die bisherigen Fortschritte der Zivilisation und die Rechte der Menschheit bedroht seien. Sie warnte vor der Gefahr einer Umkehrung der Errungenschaften der Gleichstellung von Frauen und vor der Gefahr eines erneuten Wettrüstens. Die Idee, daß „Macht Recht ist und Macht alles ist, was zählt“, habe in den USA eine gefährliche Dominanz erlangt. Insbesondere sei es tragisch, daß wir „über 18 Monate lang das Massaker in Palästina zugelassen haben.“ Sie befürwortete den Oasenplan und den Offenen Brief des Schiller-Instituts an Papst Leo XIV., die auf die Schaffung einer „fürsorglichen, rationalen globalen Führung“ abzielen – Initiativen, die „einen Erwachsenen im Raum“ erforderten. Sie wünschte sich, daß die BRICS-Staaten als eine Gruppe von Weltführern mit dieser Sichtweise hervortreten.
Zhang Weiwei, Professor für Internationale Beziehungen an der Fudan-Universität in China, betonte: „Die multipolare Welt ist bereits Realität.“ Die Volkswirtschaften der BRICS-Staaten seien mittlerweile größer als die der G7, aber „wir brauchen eine Weltordnung, die dies widerspiegelt“. China und Rußland seien sich darüber einig, aber Donald Trump blicke zurück auf das 19. Jahrhundert und verfolge den Ansatz des „Teile und Herrsche“. Die letzten vier Jahrzehnte in Asien wären ein „Win-Win“-Erfolg gewesen, der auf folgenden Faktoren beruhte: 1. Entwicklung, 2. Politische Sicherheit und Achtung der Souveränität, 3. Zivilisatorischer Dialog, 4. Friedliche Beilegung von Streitigkeiten.
Er verwies auf die Bedeutung der Belt and Road Initiative, die mittlerweile ein Volumen von einer Billion Dollar und 5.000 Projekte umfasse. Kein Land werde zur Teilnahme gezwungen, es sei eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten.
Er fügte hinzu, daß Chinas „Green Deal“ funktioniere, im Gegensatz zu den großartigen Plänen Europas und anderer, die viel reden und nichts erreicht hätten. China habe Technologien für „erneuerbare Energien“ wirtschaftlich rentabel gemacht, und die Emissionen seien gesunken. Das Land habe eine Wüstenfläche (die Taklamakan-Wüste) von der Größe Deutschlands mit einem „grünen Gürtel“ umgeben, der die weitere Ausbreitung verhindere. Wüstenland werde in Ackerland und Solarparks umgewandelt. China habe auch den Schwerpunkt auf die Wasserwirtschaft gelegt, die der Schlüssel zur Lösung von Konflikten sei. Auch Zhang befürwortete den Oasenplan als Beispiel für dieses Prinzip.
Als nächster sprach S.E. Donald Ramotar, ehemaliger Präsident von Guyana. Er sagte: „Wir treffen uns zu einer Zeit, in der die Welt große Umwälzungen erlebt.“ Die westliche Unterstützung des Kriegs in der Ukraine ziele darauf ab, Rußland die legitimen Sicherheitsinteressen zu verweigern und seine Wirtschaft zu sabotieren. Als ähnliche schwelende Probleme nannte er die Kriege im Nord- und Südsudan und im Kongo. Er verurteilte Israel als „apartheidähnliches faschistisches Regime“, dessen Verbrechen vom Westen ermöglicht würden. Ramotar warf der NATO vor, ihre Vorherrschaft fortsetzen und „ein veraltetes sozioökonomisches System“ retten zu wollen, nämlich den Neokolonialismus. Die Vermögensungleichheit sei noch nie so groß gewesen. Institutionen wie die Weltbank stünden vollständig unter der Kontrolle der NATO-Staaten. Überall herrsche Doppelmoral: Die Unabhängigkeit des Kosovo werde anerkannt, während das weitaus demokratischere Referendum auf der Krim abgelehnt werde. „Zinssätze werden als Mittel eingesetzt, um Ressourcen aus der Dritten Welt abzuschöpfen“, sagte er.
Chinas „Win-Win“-Ansatz stehe in krassem Gegensatz zur Herrschaft durch Gewalt. Die Medien würden China vorwerfen, andere Länder in eine „Schuldenfalle“ zu locken, aber die Schulden der Dritten Welt gegenüber China seien nur ein Bruchteil der Schulden gegenüber dem Westen. Die UNO müsse reformiert werden, damit sie nicht durch die Interessen eines oder zweier Länder gelähmt werde. Ramotar schloß mit den Worten: „Laßt uns die Hebammen für positive Veränderungen in unserer Welt sein.“
Jack Matlock, ehemaliger US-Botschafter in der Sowjetunion zur Zeit des Kalten Krieges, eröffnete seine Rede mit den Worten, man könnte immer eine bessere Regierung haben, aber mit der, die man habe, müsse man zurechtkommen. Er betonte, daß wir in der Politik nicht die eine oder andere Seite für alles verantwortlich machen sollten.
Das Ende des Kalten Krieges sei das Ergebnis von Verhandlungen und nicht der Sieg über die UdSSR gewesen. Tatsächlich endete der Kalte Krieg, bevor die Sowjetunion zusammenbrach. Dieser Zusammenbruch wurde nicht durch Druck von außen verursacht, sondern durch interne Probleme. Die UdSSR dominierte Osteuropa und errichtete dort Regime, die vorgeblich sozialistisch waren, es aber in Wirklichkeit nicht waren. Nach dem Fall der UdSSR baten diese Länder die USA, eine führende Rolle zu übernehmen. Doch schon bald verwandelte sich die NATO von einem Verteidigungsbündnis in eine potentiell offensive Militärmacht. Die Errichtung ausländischer Militärstützpunkte mit Raketensystemen in diesen Ländern – angefangen mit Rumänien und Polen – stellte eine Sicherheitsbedrohung für Rußland dar.
Matlock sagte, die USA erlebten derzeit ihre größte Verfassungskrise seit dem Bürgerkrieg. Präsident Trump würde gerne auf militärische Interventionen verzichten, aber er „wendet sehr grobe Methoden an, um dies zu erreichen“. Trump sei „autoritär in seinen Methoden“, und die Mitschuld der USA und Europas am Völkermord in Gaza sei „ein großes moralisches Versagen“. Die Lage in der Ukraine könne nicht durch den Versuch stabilisiert werden, die von Adolf Hitler und Josef Stalin geschaffenen Grenzen wiederherzustellen.
Botschafter Chas Freeman, ehemaliger US-Staatssekretär für internationale Sicherheitsangelegenheiten, stellte fest, daß „im Westen eine Ära der Phantasie-Außenpolitik“ herrsche. „Ewige Kriege“ hätten keine klar definierten Ziele und würden von der Illusion angetrieben, die andere Seite werde einfach kapitulieren. Im Falle der Ukraine sei die unterlegene Seite nicht in der Lage, Ultimaten zu stellen. Der Westen müsse sich von seinen Ängsten vor angeblichen russischen Eroberungsplänen befreien, für die es keine Beweise gibt. Tatsächlich habe die Weigerung des Westens, auf die Sicherheitsbedenken Rußlands einzugehen, Rußland zum Krieg gezwungen.
Scott Ritter, ehemaliger Nachrichtenoffizier des US-Marine Corps und ehemaliger UN-Waffeninspekteur, bekräftigte: „Krieg ist niemals ehrenhaft, aber geben Sie nicht den Marines die Schuld… Wir hätten uns wahrscheinlich bessere Anführer aussuchen sollen.“ Er unterstützte Zepp-LaRouches Aufruf zu Verhandlungen und Dialog. Der berühmte „Waldspaziergang“ des stellvertretenden US-Verteidigungsministers Paul Nitze mit dem sowjetischen Botschafter Juli Kwizinskij sei ein Beispiel für einen Dialog, der zwar kurzfristig gescheitert sei, aber letztendlich zu fruchtbaren Rüstungskontrollabkommen geführt habe.
Ritter schloß sich Matlocks Mahnung an, daß wir nicht einer Seite die Schuld für alles geben sollten. Er gab die provokante Erklärung ab, er mache sich selbst für den Völkermord in Gaza mitverantwortlich, sogar für den Tod von Hind Rajab, weil er das Vorgehen der Hamas begrüßt habe. Die Hamas habe die Angriffe vom 7. Oktober 2023 durchgeführt, um der Welt das wahre Gesicht Israels zu zeigen, das sich in seiner völkermörderischen Reaktion offenbart habe. Aber das palästinensische Volk habe den Preis dafür bezahlt. „Zivilisten zahlen immer den Preis“, warnte er. Wir brauchen einen Dialog, denn das ist die einzige wirkliche Lösung.
Ray McGovern, ehemaliger Senior Analyst der Central Intelligence Agency und Gründer der Veteran Intelligence Professionals for Sanity (VIPS), begann seine Rede, indem er sich eine Kufiya umlegte, die als Symbol der Solidarität mit der palästinensischen Sache gilt. Er berichtete, er habe den Völkermord der Nazis miterlebt, sei aber noch zu klein gewesen, um etwas dagegen unternehmen zu können. Dieses Mal, während ein neuer Völkermord verübt werde, sei er erwachsen und wolle alles tun, was in seiner Macht stehe. Er sagte, die Deutschen hätten damals mit „schüchterner Unterwürfigkeit“ reagiert, und wir dürften ihrem Beispiel nicht folgen: „Wir sind alle mitschuldig, wenn wir nicht versuchen, etwas zu ändern.“ Er erinnerte das Publikum an das, was er das „Noah-Prinzip“ nennt: Keine Auszeichnungen mehr für Regen-Vorhersagen, nur noch Auszeichnungen für den Bau von Archen.
Dmitrij Tschumakow, Rußlands stellvertretender Ständiger Vertreter für Wirtschaftsfragen bei den Vereinten Nationen, sagte, die Welt befinde sich in einer schweren Wirtschaftskrise, die bisherige Ordnung erodiere. Heute gebe es „wilden Kapitalismus“, Monopolisierung der Produktion, zunehmende Ungleichheiten zwischen und innerhalb von Ländern. „Die Zahl der Konflikte wächst exponentiell“, sagte er. Die weltweiten Militärausgaben hätten 2,4 Billionen Dollar erreicht und schadeten dem globalen Wirtschaftswachstum und der Entwicklung. Sanktionen gegen Rußland und China oder die Zerstörung der Nord Stream-Gaspipeline träfen zunehmend diejenigen, die sie initiieren – „Die Schlange beißt sich in den Schwanz.“ Projekte wie die Vorschläge des Schiller-Instituts oder das Modell der BRICS stellten eine Alternative dar. Er forderte einen neuen Finanzrahmen, einschließlich „bedingungsloser Kreditvereinbarungen“ und Finanzverfahren, „die nicht als Waffen eingesetzt werden können.“
Xu Qiqi von der Akademie für zeitgenössische China- und Weltstudien sprach in einem vorab aufgezeichneten Video über die vier Defizite, die seiner Meinung nach überwunden werden müßten: Frieden, Entwicklung, Sicherheit und Regierungsführung. Der Multilateralismus müsse gefördert werden: „Globale Probleme erfordern globale Lösungen.“
Eine Gruppe junger Leute aus Äquatorialguinea hatte zwei Fragen an die Konferenz geschickt. Die erste Frage lautete: Was können junge Menschen tun, um die diskutierten Probleme zu lösen? Frau Pandor antwortete, junge Menschen kennen sich gut mit sozialen Medien aus und sollten aktiv werden. Auf die zweite Frage zur Veränderung der wirtschaftlichen Entwicklung Afrikas antwortete sie, daß wir uns mit dem Problem der Korruption befassen müssen. Präsident Biden habe einen nützlichen Beitrag geleistet, indem er Bestechung durch US-Unternehmen verboten habe, aber dieses Verbot sei inzwischen wieder aufgehoben worden. Außerdem müsse Afrika lernen, mit Afrika Handel zu treiben: Wir müssen den innerafrikanischen Handel stärken.
In ihren abschließenden Bemerkungen brachte Zepp-LaRouche die Hoffnung zum Ausdruck, daß auf dieser Konferenz konkrete Pläne zur Umsetzung der Zehn Prinzipien für eine neue internationale Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur diskutiert werden, wie sie sich auch in den Vorschlägen von Xi Jinping für eine globale Gemeinschaft mit gemeinsamer Zukunft widerspiegeln. Sie sagte, unser Schlachtruf müsse der von Papst Leo XIV. sein, der kürzlich sagte, Entwicklung müsse die neue Waffe des Friedens sein.
dp
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