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Von Vincenzo Romanello
Dr. Vincenzo Romanello berichtete auf der 123. Sitzung der Internationalen Friedenskoalition am 10. Oktober 2025 über seine Sichtweise zum Aufbau des Oasenplans, basierend auf einem von ihm verfaßten Artikel vom Februar 2025 mit dem Titel „Palästina-Israel: Fortgeschrittene Nukleartechnologie im Oasenplan des Schiller-Instituts“.1 Dr. Romanello ist derzeit wissenschaftlicher Direktor des Forschungszentrums Rez in Tschechien. Der Italiener verfügt über umfangreiche Erfahrungen in seinen Fachgebieten Kern- und Werkstofftechnik. Der Text wurde aus dem Englischen übersetzt und leicht bearbeitet,2 Untertitel wurden hinzugefügt.
Heute werde ich über die Rolle der fortgeschrittenen Nukleartechnologie im „Oasenplan“ sprechen. Das ist ursprünglich ein Artikel, den ich geschrieben habe, und ich werde einen kurzen Überblick geben.
Ein ganz kurzer Überblick über den Oasenplan: Viele von Ihnen wissen wahrscheinlich bereits, worum es dabei geht. Jedenfalls ist der Oasenplan eine visionäre Initiative, die darauf abzielt, durch großangelegte Infrastrukturprojekte wie Wasserentsalzung, Energieerzeugung und Ausweitung der Landwirtschaft im Nahen Osten – und, wie ich gleich zeigen werde, auch in Nordafrika – wirtschaftliche Entwicklung, Stabilität und Frieden zu fördern.
Das Schlüsselelement zur Erreichung dieser Ziele ist natürlich die Sicherstellung einer zuverlässigen, nachhaltigen und skalierbaren Energiequelle. Dafür schlage ich fortschrittliche Nukleartechnologien vor, u.a. Kernreaktortechnologien der vierten Generation.
Abb. 1: Der Oasenplan für die wirtschaftliche Entwicklung der gesamten Nahostregion.
Abb. 2: Wasserquellen im Nahen Osten. Die roten Linien stellen Flüsse dar, die cyanfarbenen Bereiche zeigen Seen an, und die blauen Linien markieren
Küstengrenzen. Die Karte zeigt auch die Bevölkerungsverteilung in der Region.
Die roten Punkte stehen für große 1,4-GW-Kraftwerksblöcke, die grünen Punkte für kleine modulare Reaktoren (SMR).
Der Oasenplan wurde vor vielen Jahren von Lyndon LaRouche vorgeschlagen. In Abbildung 1 sehen Sie einige Kanäle und geplante nukleare Entsalzungsanlagen, insbesondere an der Küste und entlang von Flüssen. Als Ingenieur habe ich versucht, Zahlen zu ermitteln und den erforderlichen Zeit- und Kostenaufwand für dieses Projekt besser zu verdeutlichen, damit man eine Vorstellung davon erhält, was es bedeutet und wie er sich umsetzen läßt.
Die Kernenergie kann eine entscheidende Rolle bei der Bewältigung der Schwierigkeiten spielen, indem sie durch Entsalzung eine stetige Wasserversorgung für den menschlichen Verbrauch und insbesondere für die Landwirtschaft sicherstellt. Was die Sicherheit der Energieversorgung angeht, wissen wir, daß die Kernenergie im Gegensatz zu intermittierenden erneuerbaren Energien eine stabile Grundlastversorgung gewährleistet. Für die wirtschaftliche Entwicklung fördert der Aufbau einer nuklearen Infrastruktur den technologischen Fortschritt, schafft hochqualifizierte Arbeitsplätze und stimuliert das industrielle Wachstum.
Um zu veranschaulichen, worüber wir sprechen: Ein moderner Kernreaktor mit einer Leistung von 1,4 Gigawatt (GW) kann heute 5,5 Milliarden Kubikmeter Frischwasser pro Jahr erzeugen – nur um Ihnen eine Vorstellung zu geben. Anhand dieser Zahlen habe ich dann versucht, auf der Grundlage des Vorschlags von Herrn LaRouche eine Karte zu erstellen (Abbildung 2). Sie sehen dort Küstengebiete, Flüsse und die Verteilung der Bevölkerung. Dann habe ich versucht, einige Punkte zu setzen – natürlich handelt es sich dabei um grobe Schätzungen. Die roten Punkte stehen für große Kernkraftwerke, die grünen Punkte für kleine modulare Reaktoren, die lokale Gemeinden versorgen und auch als Pumpstationen dienen würden. In dem von mir verfaßten Artikel finden Sie die Einzelheiten.
| Tabelle 1: Beispiele für mögliche Entsalzungsanlagen | ||||
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Region |
Anzahl |
Ungefähre Kapazität |
Geschätzte Kosten |
Potenzielle Entsalzung |
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Saudi-Arabien (Süden) |
4 |
~40 MWe |
1200-2000 |
~0,16 |
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Jemen (Küstenregion) |
2 |
~20 MWe |
600-1000 |
~0,08 |
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Jordanien (abgelegene Gebiete) |
2 |
~20 MWe |
600-1000 |
~0,08 |
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Irak (südliche Marschlandschaft) |
2 |
~20 MWe |
600-1000 |
~0,08 |
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Gesamt |
10 |
~100 MWe |
3000-50000 |
~0,40 |
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Illustrative Tabelle zum Einsatz von mikromodularen Reaktoren (MMR) und zur
Entsalzungsleistung. Diese Angaben dienen lediglich der Veranschaulichung; die konkrete Umsetzung hängt von der lokalen Politik, der Verfügbarkeit von
qualifiziertem Personal, Sicherheitsaspekten und der Finanzierung ab.
Quelle: Vincenzo Romanello
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Der Oasenplan sieht in der ersten Phase die Produktion von 100 Milliarden Kubikmetern Süßwasser pro Jahr durch Umkehrosmose und andere Technologien in der MENA-Region (Naher Osten und Nordafrika) vor, Tabelle 1 gibt die Anforderungen an.
Nach meinen groben Berechnungen benötigen wir 19 große Reaktoren sowie 6 weitere für die Wasserförderung, da das Wasser nicht nur produziert, sondern auch an den Ort seiner Verwendung gepumpt werden muß. Das ergibt insgesamt 25 Kernkraftwerke. Die Kosten für 25 Kernkraftwerke belaufen sich auf etwa 125 Milliarden Dollar, wenn man korrekt arbeitet. Die Bauzeit für jede Einheit liegt zwischen 7 und 10 Jahren – aber natürlich multipliziert man hier nicht 25 mit 10, weil man den Bau staffeln und überlappen kann, um Zeitpläne und Finanzierung zu optimieren.
Das ist eine erste Vorstellung. Natürlich hängt der Gesamtzeitplan auch von behördlichen Genehmigungen, der Standortentwicklung und der Verfügbarkeit von Arbeitskräften ab.
Im aktuellen Szenario des Oasenplans werden 5.000 km Pipelines benötigt, um die Entsalzungsanlagen an der Küste mit den wasserarmen Regionen zu verbinden, die sie versorgen sollen. Das ist eine Schätzung, die sich noch verfeinern ließe, aber immerhin eine erste Vorstellung, um ein paar Zahlen zusammenzustellen.
Ich habe geschätzt, daß 5.000 km Pipelines 17,5 Milliarden Dollar kosten werden, 3,5 Millionen pro Kilometer. Die Pumpstationen benötigen eine Stromversorgung von insgesamt 5 GW, eine pro 100-150 km. Das sind etwa 35-50 Einheiten zu je 200 Millionen Dollar, die mit kleinen modularen Reaktoren (SMR) betrieben werden, was Gesamtkosten von etwa 10 Milliarden Dollar ergibt. Es werden 100.000 Arbeitskräfte benötigt, darunter etwa 20.000 für die Wartung. Die Kosten für diese gesamte Infrastruktur würden sich auf etwa 30 Milliarden Dollar belaufen.
Wieviel würde also der Oasenplan insgesamt kosten?
Die Gesamtsumme würde sich auf 210 Milliarden Dollar belaufen. Da es sich jedoch um grobe Schätzungen handelt, runden wir den Betrag auf 300 Milliarden Dollar auf.
Das ist eine konservative Schätzung, um eine Vorstellung zu bekommen und um die Diskussion anzustoßen; es handelt sich nicht um eine endgültige Zahl.
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Tabelle 2: Wirtschaftliches Potential der Salzverwertung
und der Hightech-Industrien im Oasenplan |
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Möglichkeit |
Angenommene Nutzung |
Ungefährer Jahresumsatz |
Wichtige Anmerkungen |
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Direkter Salzverkauf |
15% von |
~20 |
Deckt den gesamten Schuldendienst der USA in Höhe von 13,45 Mrd. USD mit minimalem Verarbeitungsaufwand; jeder höhere Preis/jede höhere Reinheit vervielfacht die Rendite. |
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Chlor-Alkali-Derivate |
15-20% der Sole werden |
30-50+ |
Ermöglicht groß angelegte chemische Industrien |
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Salzbasierte Batterietechnologie Teilweise Natriumgewinnung |
~ 50 GWh Batterieproduktion jährlich |
5-15 |
Bedient die weltweite Nachfrage nach nachhaltigeren, kostengünstigeren Alternativen zu Lithium-Ionen-Batterien; geeignet für abgelegene oder wartungsintensive Regionen |
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Neutronendotiertes Silizium |
5-10% der Sole zur Herstellung von hochreinem SI für PV und Leistungselektronik |
5-15 |
Erfordert spezielle Reaktoren für die Neutronendotierung; Endprodukte erzielen auf den globalen Halbleiter- und PV-Märkten Spitzenpreise. |
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Solarpanel-Herstellung |
10-20 GW/Jahr Kapazität, unterstützt durch lokales Silizium und günstige Kernenergie |
8-12 |
Erweitert das regionale Energieportfolio und fördert die Schaffung von Arbeitsplätzen, mit weiteren Synergieeffekten bei Installation in wartungsarmen Gebieten. |
| Quelle: Vincenzo Romanello | |||
Das ist eine Menge Geld! Ich verstehe das. Aber wenn wir einen „politischen” Mindestzinssatz von 3% über 20 Jahre annehmen, sollte dies nach Standard-Amortisationsformeln eine Investition von etwa 20 Milliarden Dollar pro Jahr sein.
Diese Zahl ist zwar beträchtlich, aber man muß sie mit den Militärausgaben der MENA-Region vergleichen, die insgesamt leicht mehr als 130 Milliarden Dollar pro Jahr betragen!
Praktisch gesehen sage ich daher: Dieser Plan kann in 20 Jahren Realität werden, wenn man die Militärausgaben nur um 15% oder ein Siebtel reduziert, sie also nicht vollständig streicht. Wenn man das kumulierte jährliche Umsatzpotential aus der Salzverwertung und fortschrittlichen industriellen Anwendungen im Rahmen des Oasenplans hinzurechnet, das ich zwischen 62 und 101 Milliarden Dollar pro Jahr schätze, dann wird deutlich, daß dies ausreichen würde, um die Ausgaben zurückzuzahlen.
Ich habe diese Zahlen durch die Erstellung von Tabelle 2 ermittelt. Sie zeigt u.a. den direkten Salzverkauf, Chlor-Alkali-Derivate, salzbasierte Batterietechnologie, neutronendotiertes Silizium, die Herstellung von Solarmodulen und viele andere Ideen, die als ungefähre jährliche Einnahmen zur Rückzahlung der Kosten dienen können.
Zusammenfassend läßt sich sagen: Es ist heute eine harte Realität, daß die Weltmächte immer noch Hunderte von Milliarden Dollar in Krieg, Militärhilfe und Krisenmanagement investieren. Doch für nur einen Bruchteil dieser Kosten könnten wir die Möglichkeit haben, in das mächtigste Instrument zur Friedensförderung überhaupt zu investieren: den wirtschaftlichen und technologischen Fortschritt, wie wir bereits gesagt haben.
Letztendlich ist die wertvollste Ressource, wie ich immer sage, nicht Wasser, Energie oder Mineralien, sondern unsere kollektive Fähigkeit, auf eine bessere Zukunft hinzuarbeiten, auf Zusammenarbeit statt Spaltung und auf Nachhaltigkeit statt Krise. Der Oasenplan ist mehr als nur eine Strategie – eine Ansage, daß man Frieden nicht nur mit Waffen, sondern auch mit Wasser, Energie und Chancen für alle schafft. Es ist nicht nur eine Vision für den Nahen Osten, sondern auch ein Modell für die ganze Welt.
Anmerkungen
2. Siehe https://www.youtube.com/watch?v=iPC-I_VbZHst=34m40s
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