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Am 21. Oktober 2025 fand in der kroatischen Hauptstadt Zagreb das 11. Hochrangige Think-Tank-Symposium von China und Mittel- und Osteuropäischen Nationen (CEEC) statt. Die Veranstaltung wurde vom Institut für Europastudien der Chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften (CASS), der Botschaft der Volksrepublik China in Kroatien und der Zagreber Schule für Wirtschaft und Management (ZSEM) organisiert. Als Vertreterin des Schiller-Instituts nahm Elke Fimmen daran teil, die auch für die Nachrichtenagentur EIR berichtete.
Die Redner der Konferenz waren sich einig, daß wir heute mit tiefgreifenden historischen Veränderungen und gefährlichen plötzlichen Wendungen in den internationalen Beziehungen konfrontiert sind. Das Treffen zwischen Präsident Xi und Präsident Trump, das schließlich in Südkorea stattfand, war zum Zeitpunkt der Konferenz noch nicht bestätigt worden, während das Treffen zwischen Präsident Trump und Putin in Budapest über die Ukraine gerade erst angekündigt worden war, dann aber nicht zustande kam. Zur selben Zeit sorgte das Beringstraßen-Tunnelprojekt für Schlagzeilen und bot die Gelegenheit, das Potential und die Bedeutung dieses Projekts für Eurasien und die Vereinigten Staaten als paradigmatisches Beispiel für „Frieden durch Entwicklung“ zu erläutern, wie vom Schiller-Institut vorgeschlagen wird. In dieser äußerst instabilen internationalen Lage hatten die Teilnehmer die Gelegenheit, ein besseres gegenseitiges Verständnis zu erlangen und neue Chancen für einen friedlichen Übergang und Zusammenarbeit zu definieren.
Feng Zhongping, Direktor des Instituts für Europastudien der CASS, moderierte die Eröffnungssitzung der Konferenz. Zhao Zimin, CASS-Generalsekretär, und Chen Guoyou, Sonderbeauftragter für die Zusammenarbeit zwischen China und den mittel- und osteuropäischen Ländern im Außenministerium, wandten sich (per Video) an das Publikum und gaben einen Überblick über die Zusammenarbeit zwischen China und den CEEC und deren Perspektiven. Qui Qianjin, Botschafter der Volksrepublik China in Kroatien, betonte die Bereitschaft Chinas zur Verbesserung der wirtschaftlichen und diplomatischen Zusammenarbeit zum gegenseitigen Nutzen. Song Hong, stellvertretender Direktor des Instituts für Wirtschaft der CASS, sprach sich entschieden gegen Protektionismus und Unilateralismus aus. Er stellte dem Publikum die Frage: „Was kann China tun, wenn Präsident Trump gegen die WTO-Regeln verstößt? Wie soll China reagieren, ohne selbst gegen die Regeln zu verstoßen?“ Dieses Problem stellt sich natürlich auch gegenüber Europa, das zunehmend gegen seine eigenen Grundsätze der Offenheit und Demokratie verstößt, die es zu verteidigen vorgibt.
Dr. Mato Njavro, Dekan der Zagreber Hochschule für Wirtschaft und Management, in deren Räumen die Konferenz stattfand, begrüßte alle Teilnehmer, darunter auch Studenten der Hochschule, und berichtete über seinen jüngsten Besuch in China. Njavro betonte, daß Europa China für die Entwicklung Afrikas braucht: Im Jahr 2050 werden 2,5 Milliarden Menschen auf diesem Kontinent leben – und ohne wirtschaftliche Entwicklung würde ein Flüchtlingsproblem von astronomischem Ausmaß entstehen. Er wies darauf hin, daß sich Kroatien zu einem wichtigen Knotenpunkt für internationale wirtschaftliche Zusammenarbeit entwickelt. Unter anderem manifestiert sich die kroatisch-chinesische Zusammenarbeit beim erfolgreichen Peljesac-Brückenprojekt, an dem auch die EU beteiligt war.
Ivo Josipovic, ehemaliger Präsident Kroatiens (2010-15), sprach über die Notwendigkeit einer friedlichen Zusammenarbeit und warnte davor, daß ein Kalter Krieg zu einem Dritten Weltkrieg führen könnte. Josipovic, Wissenschaftler, Jurist und Komponist, hatte während seiner Amtszeit wichtige Versöhnungsinitiativen zwischen Kroatien und Serbien sowie mit politischen und religiösen Führern der kroatischen, bosnischen und serbischen Teilrepubliken von Bosnien-Herzegowina in Gang gesetzt.
Der frühere rumänische Präsident Emil Constantinescu (1996-2000), ein international renommierter Wissenschaftler auf dem Gebiet der Geologie und Mineralogie, zeigte einen inspirierenden Filmrückblick auf seine internationalen Aktivitäten zur Wiederbelebung der alten Seidenstraße und stellte dies den Gefahren eines neuen Weltkriegs gegenüber. Während seiner Präsidentschaft hatte er sich dafür eingesetzt, das enorme Potential Rumäniens als transkontinentaler Knotenpunkt für Energie- und Transportkorridore zu realisieren. Zu seinen zahlreichen Aktivitäten gehört die Gründung des Instituts für Fortgeschrittene Studien zur Kultur und Zivilisation der Levante in Bukarest.1
Am Nachmittag hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, ihre Erkenntnisse und Perspektiven in vier parallelen Sitzungen auszutauschen. Panel II war dem Thema „Think-Tank-Austausch und Zusammenarbeit zwischen China und den CEE-Ländern“ gewidmet. Experten aus Albanien, Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Deutschland, Griechenland, Montenegro, Polen, Rumänien und Serbien sowie hochrangige chinesische Sprecher präsentierten eine inspirierende Fülle wichtiger Forschungsergebnisse und diskutierten den Stand der Zusammenarbeit.
Ju Weiwei, Direktor für Mittel- und Osteuropa am Institut für Europäische Studien der CASS, eröffnete die Vortragsrunde, bei der u.a. auch Prof. Liang Zhanjun von der Capital Normal University in Beijing, Präsident der China Association of Modern World History und Vizepräsident des Instituts für die Geschichte des Zweiten Weltkriegs, teilnahm.
Als eine der ersten Rednerinnen sprach Elke Fimmen über das Thema: „Zwischen Untergang und Wohlstand – Wird Europa sich entscheiden, eine Zukunft zu haben?“ Sie beschrieb detailliert den schockierenden, geopolitisch selbstverschuldeten Niedergang der deutschen Wirtschaft, einst die „Lokomotive“ Europas, die nun ganz Europa mit sich hinab zu reißen droht.
Anstelle einer „Kriegswirtschaft“ brauchen wir eine „Friedenswirtschaft“ und Kooperation, betonte sie. Europa braucht dringend neue wirtschaftliche und technologische Plattformen, wofür Chinas Entwicklung großartige Beispiele liefert. Europa muß gemeinsam mit China die Interkonnektivität Eurasiens weiter entwickeln, was besonders für den Nachkriegsaufbau der Ukraine und die gesamte Region wichtig sein wird. Dasselbe gelte für die Zusammenarbeit bei der gemeinsamen Entwicklung von Südwestasien (Stichwort LaRouches „Oasen-Plan“) und Afrika, dem Kontinent der Zukunft.
Sie stellte einige bahnbrechende Initiativen des Schiller-Instituts und seiner Präsidentin Helga Zepp-LaRouche für die Entwicklung und Zusammenarbeit in Eurasien vor – darunter das Produktive Dreieck Paris-Berlin-Wien von 1989 für europäische (und später eurasische) Infrastrukturkorridore als Grundlage für wirtschaftlichen Fortschritt, einschließlich der Entwicklung der Balkan-Infrastruktur als Brücke zwischen Europa, Südwestasien, Afrika und Asien; sowie die Studie von 2014 Die neue Seidenstraße wird zur Weltlandbrücke.
Sie schloß mit den Worten: „Dauerhafter Frieden ist nur durch Diplomatie und Zusammenarbeit möglich – mit gemeinsamer wirtschaftlicher Entwicklung, Achtung der politischen Souveränität und der Interessen jeder Nation, wie Präsident Xi Jinping in seiner Global Governance Initiative auf der jüngsten SCO-Konferenz betont hat. Wie Papst Paul VI. sagte, ist Entwicklung der neue Name für Frieden. Gemeinsam können wir in West und Ost auf unser reiches kulturelles und zivilisatorisches Erbe zurückgreifen. Der Aufbau einer Zukunft für alle wird den Menschen unserer Nationen wieder Optimismus bringen und den lähmenden Nebel des kulturellen Pessimismus verscheuchen.“
Serbien ist ein sehr gutes Beispiel für die erfolgreiche Zusammenarbeit eines europäischen Landes mit China, trotz bestehender interner und externer Probleme. Dr. Nenad Stekíc vom Institut für Internationale Politik und Wirtschaft in Serbien sprach dazu in seinem Vortrag „Solide und widerstandsfähige chinesisch-serbische Beziehungen“. Chinesische Investitionen in Serbien zwischen 2014 und 2023 haben 18,7 Milliarden Euro überschritten, wobei mehr als 61 Projekte im Rahmen der BRI (Belt and Road Initiative) initiiert wurden. Dazu gehören der Verkehrssektor (u.a. die Eisenbahnverbindung Belgrad-Budapest) sowie die Energie- und Fertigungsindustrie. Chinesische Investitionen und Unternehmen haben fast 30.000 Arbeitsplätze in Serbien geschaffen.
Das nationale Projekt „Clean Serbia“ für Abwasser und Kanalisation2 ist das größte kommunale Projekt Serbiens, es umfaßt 60% des serbischen Staatsgebiets und 30% der Bevölkerung. Das Projekt begann 2021 und beinhaltet den Bau von über 5200 km Kanalisation und 159 Kläranlagen in 73 Städten und Gemeinden. Es wird durch einen Kredit einer chinesischen Bank und den serbischen Haushalt mitfinanziert, wobei sich die Gesamtinvestitionssumme auf etwa 2,8 Mrd. Euro beläuft.
Dr. Marsella Musabelliu, Direktorin des Albanischen Instituts für Globalisierungsstudien, sprach über „Vertiefung der Zusammenarbeit inmitten und trotz des Zeitgeistes aus albanischer Perspektive“. Die Situation in ihrem Land sei „geprägt von der Dynamik der Großmächte, gefangen zwischen historischem Erbe und aktuellen geopolitischen Realitäten“. Dazu zählte sie neben dem Krieg in der Ukraine auch Präsident Trumps Politik die Lage im Gazastreifen und die zunehmende migrationsfeindliche Stimmung in Europa. Sie analysierte die Beziehungen zwischen China und Albanien im Kontext regionaler, kontinentaler und globaler Veränderungen. Auch wenn Multilateralismus derzeit in der öffentlichen Debatte in Albanien nicht einmal erwähnt wird, zeigte sie sich dennoch optimistisch hinsichtlich des Potentials für positive Veränderungen.
Prof. Elias Tempelis von der griechischen Hellenic Naval Academy und der Hellenic Open University hielt einen spannenden Vortrag über die kulturelle Zusammenarbeit zwischen China und Griechenland im Rahmen der BRI. 2018 war Griechenland das erste europäische Land, das sich offiziell der BRI angeschlossen hat. Unter anderem haben führende griechische und chinesische Universitäten das „Zentrum für chinesische und griechische antike Zivilisationen“ gegründet, um grundlegende Beiträge zur Entwicklung der Menschheit zu teilen und so das Verständnis für die heutigen Probleme zu fördern. Tempelis beschrieb die Werte und Ansichten über die Welt, das Universum, das Leben, die Wissenschaft und die Kultur in der chinesischen und griechischen Zivilisation als „tiefgründig und zeitlos“. Sie könnten „der Menschheit wichtige spirituelle Orientierung bieten, um aktuelle Probleme zu lösen und den Aufbau einer Gemeinschaft mit einer gemeinsamen Zukunft zu fördern“. Als Beispiele nannte er die Ansichten von Konfuzius und Sokrates zur Rolle moralischer Emotionen.
Prof. Peng Dingkang von der Xi'an Eurasia University, Direktor des im Aufbau befindlichen Hellenic Research Center, stellte Forschungsergebnisse zur Entwicklung der Seidenstraße aus der Perspektive der antiken Kultur vor. In seinem Vortrag „Echos der Seidenstraßen – Historische Dimensionen der Zusammenarbeit zwischen Shaanxi und Griechenland“ zeigte er eine Karte der Entstehung eines transkontinentalen Korridors von Griechenland nach China (7200 km!) über Alexandria Eschate, die östlichste Stadt, die Alexander der Große 329 v. Chr. im heutigen Tadschikistan erbaute. Diese Festungsstadt wurde zu einer wichtigen Station an der Seidenstraße.
Dr. Catalin-Stefan Popa, Generaldirektor des Instituts für fortgeschrittene Studien zur Kultur und Zivilisation der Levante in Bukarest (ISACCL), präsentierte eine Fülle von Forschungsergebnissen mit einem besonderen Schwerpunkt auf der Bedeutung von arabischem und jüdischem Denken und Kultur in der Levante.3
Alle Vorträge dieses Panels, von denen aus Platzgründen hier nicht alle erwähnt werden konnten, veranschaulichten, was „Kulturdiplomatie“ wirklich bedeutet. Es liegt an uns, den aktuellen „Zeitgeist“ zu verändern und dafür Kraft aus dem Reichtum unserer eigenen Vergangenheit zu schöpfen. Die Zukunft unserer Menschheit hängt davon ab.
Elke Fimmen
Anmerkungen
1. http://www.levanteculture.org/
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