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Neue Solidarität
Nr. 39, 23. September 2009

Gaddafi kehrt zurück in die Arme Ihrer Majestät

Von Dean Andromidas und Hussein Askary

In Großbritannien und den USA wird eine große Debatte darüber geführt, ob es richtig war, den todkranken „Lockerbie-Attentäter“ Al-Megrahi zu begnadigen. Tatsächlich deutet alles darauf hin, daß Al-Megrahi gar nicht der Täter war und die ganze Affäre nur dazu benutzt wurde, Libyen unter Druck zu setzen.

In Politik und Medien gab es eine lautstarke Kontroverse um die Freilassung des Libyers Abdel Baset Ali Al-Megrahis, der als angeblicher Verantwortlicher für den Bombenanschlag auf den PanAm-Flug 103 über dem schottischen Lockerbie von 1988 verurteilt wurde. Aber hinter der ganzen Aufregung steckt im Grunde nur eine simple Tatsache: Libyens Staatsführer Muammar Gaddafi wird an den Busen des „Empire“ zurückgeholt.

Es mag Gründe für Spannungen zwischen Großbritannien und den Vereinigten Staaten geben - aber sicherlich nicht die „gebrochenen Versprechen“ im Zusammenhang mit der Freilassung eines zu Unrecht verurteilten und todkranken Mannes. Viel mehr Grund zu solchen Spannungen liegt darin, daß die Briten dabei sind, ihren Einfluß über Libyen zu konsolidieren, um ihre geostrategischen Pläne gegen Europa, Afrika und die Vereinigten Staaten voranzutreiben. Dabei sollte man auch nicht ignorieren, daß sich die Briten einer kompetenten Untersuchung dieses Anschlags immer noch widersetzen - einen der schlimmsten Bombenanschläge auf ein US-Linienflugzeug, den es jemals gegeben hat, und der einen offensichtlichen Angriff gegen die Vereinigten Staaten darstellte.

Schon immer sind die Briten bemüht, sich international den Zugriff auf die Erdölvorkommen und andere wichtige Rohstoffe zu sichern, und der voranschreitende Zusammenbruch des anglo-holländischen monetären Systems Ihrer Majestät treibt sie jetzt noch mehr dazu an. Dies ist der Grund, warum Afrika seit Jahrzehnten unter Krieg und Völkermord leidet. Hier spielt Libyen eine zentrale Rolle, weil es von allen afrikanischen Staaten die größten bekannten Ölvorräte hat und nur wenig davon für sich selbst benötigt, da seine Bevölkerung mit sechs Millionen Menschen winzig ist, verglichen mit den 131 Millionen Einwohnern Nigerias, das die zweitgrößten Reserven hat. So kann leicht ein großer Teil der enormen libyschen Deviseneinnahmen aus dem Ölgeschäft in die Londoner City, das eigentliche Machtzentrum des Empires fließen. Die Tatsache, daß die wichtigsten Verbraucher dieses Öls die Kontinentaleuropäer sind - nämlich Italien (35%), Deutschland (14%), Frankreich (9%) und Spanien (8%) - schafft dazu einen idealen Hebel gegen Kontinentaleuropa.

Ein Blick auf die Landkarte zeigt auch, daß Libyen eine Schlüssellage in Nordafrika und in der Sahelzone hat, wo alle Nachbarstaaten wichtige Vorkommen von Öl und Gas und anderen Rohstoffen haben, insbesondere Algerien, Niger, Tschad und Sudan. Alle diese Staaten werden von separatistischen und terroristischen Bewegungen angegriffen, und Libyen kann diesen britisch gesteuerten Operationen finanzielle und logistische Unterstützung liefern - und hat es in einigen Fällen auch schon getan.

Aus der anglo-libyschen Wiederannäherung ist fast schon ein offenes Bündnis geworden, indem Libyen die britischen Pläne gegen Afrika unterstützt. Das gilt insbesondere in Hinsicht auf die Zerschlagung des Sudan. Gaddafi traf sich bereits als Gastgeber des Gipfeltreffens der Afrikanischen Union in Tripolis mit dem Rebellenführer Khalil Ibrahim von der britisch unterstützten „Bewegung für Gerechtigkeit und Gleichheit in Darfur“. Am Ende dieses Treffens erklärte Gaddafi: „Die Abspaltung des Südens des Sudan vom Norden könnte eine logische Entscheidung sein.“ Er werde „die Abspaltung des Südsudan unterstützen, wenn die Menschen sich dafür entscheiden. Aber der neue Staat wird klein und schwach sein, und größere Mächte werden sich gegen ihn wenden.“

Die Erklärung schockierte die afrikanischen Staatsführer, die dort versammelt waren, um über Afrikas Sicherheit und Unabhängigkeit zu sprechen, und für die schon die Erwähnung von Sezessionen in Afrika ein Verbrechen an den Afrikanern ist. Das libysche Außenministerium mußte eine Erklärung abgeben, in der es hieß, Gaddafi sei mißverstanden worden und Libyen habe seine Haltung in der Hinsicht nicht geändert.

Nach Angaben des arabischen Fernsehsenders Al Dschasira erklärte der Führer des Bundesstaats Südsudan und derzeitige Vizepräsident des Sudan, Silva Kerr, Gaddafi habe ihm versichert, er werde die Südsudanesen unterstützen, wenn diese sich für die Unabhängigkeit entscheiden.

Blairs Schmutzarbeit für das Empire

Ex-Premier Tony Blair arbeitet schon seit einem Jahrzehnt im Dienste Ihrer Majestät daran, mit Hilfe der falschen Vorwürfe gegen Libyen das Land wieder „heim ins Reich“ des Empire zu holen. 1991 wurden Megrahi und ein zweiter Libyer von amerikanischen und schottischen Staatsanwälten angeklagt, und die Vereinten Nationen, die USA und die Europäische Union verhängten Wirtschaftssanktionen gegen Libyen. 1999, als Blair Premierminister war, wurde Libyen schließlich überredet, die beiden Verdächtigen auszuliefern. Die Sanktionen der UN und der EU wurden danach ausgesetzt, während die USA trotz des Urteils gegen Megrahi ihre Sanktionen aufrecht erhielten. Erst als Blair 2004 nach Tripolis flog und ein Abkommen unterzeichnete, wonach Libyen sein ohnehin nicht wirklich vorhandenes Atomprogramm einstellte und mehrere Milliarden Dollar Entschädigung für die Opfer des Terroranschlags zahlte, wurde das Land für seine „Einsichtigkeit“ belohnt, indem alle Sanktionen einschließlich der amerikanischen offiziell aufgehoben wurden. Im Mai 2007 folgte dann ein weiterer Besuch Blairs, womit die Briten ihren Einfluß auf Libyen weiter verstärkten.

Blair vertrat dabei zwei Säulen der britischen Weltpolitik: Öl und Waffen - ersteres repräsentiert durch BP und Royal Dutch Shell, letzteres durch den Rüstungskonzern BAE Systems. Das ist dieselbe Kombination, mit der die Briten ihren Einfluß über Saudi-Arabien festigten, nämlich in Form des Multimilliardengeschäfts „Al-Yamamah“ Öl-für-Waffen mit ihrem wichtigsten saudischen Agenten Prinz Bandar an der Spitze.

Blairs Besuch im Jahr 2004 trug Shell ein Geschäft von beinahe 1 Mrd. Dollar ein, BAE wurde ein Vertrag über die Erneuerung von Libyens Passagierluftflotte zuerkannt. Bei dem Besuch 2007 befand sich ein BAE-Vertreter, Guy Griffiths, in Blairs Gefolge. Der größte Gewinner aber war der Ölkonzern BP, der einen Vertrag erhielt, der viele Milliarden eintragen kann. BP bekam Offshore-Explorationsrechte für ein Gebiet von der Größe Belgiens im potentiell ölreichen Syrte-Becken und für ein weiteres Gebiet von der Größe Kuwaits.

Zur Zeit von Blairs Besuch 2004 wurde der Libysch-Britische Wirtschaftsrat gebildet, in dessen Vorstand sich ehemalige britische Diplomaten und Nachrichtendienstler tummeln, die über Jahrzehnte Berufserfahrung in Libyen und der arabischen Welt verfügen. Beteiligt sind viele große britische Unternehmen wie Barclay’s Bank, British Gas, BP, British American Tobacco sowie einige amerikanische Unternehmen, unter ihnen JP Morgan und Exxon Mobile.

Vorsitzender des Rates ist Lord Trefgarne. Dieser Name ist jedem geläufig, der sich mit der von den Briten gesteuerten Hochrüstung des Irak und des Iran während des blutigen Krieges zwischen den beiden Nationen in den achtziger Jahren beschäftigt hat. Er war damals einer der Hauptbeteiligten aus der Regierung Thatcher. Nun, wo das Waffenembargo aufgehoben ist, möchte sich BAE Berichten aus der britischen Rüstungsindustrie zufolge ein großes Stück vom libyschen Waffenmarkt sichern, der auf bis zu 730 Mio. Dollar geschätzt wird, da Tripolis dabei ist, seine alternde sowjetische Ausrüstung zu ersetzen.

Gaddafi verkauft sein Land an Großbritannien

Damit eine Nation in die Familie der Satrapien Ihrer Majestät zurückkehren darf, muß sie den staatlichen Sektor ihrer Wirtschaft aufgeben. Im September 2008 kündigte Gaddafi in einer Rede zum 39. Jahrestag seiner Revolution an, er werde in der libyschen Wirtschaft, wo bisher der Staatssektor vorherrschend ist, „umfassende Reformen“ vornehmen. Unter dem Vorwand der Korruptionsbekämpfung forderte Gaddafi „die Beseitigung des Staatssektors, denn dieser Sektor braucht kompetente Menschen und Menschen mit einem hohen Grad an Effizienz, Patriotismus und Moral“. Das betreffe auch die Ölindustrie, denn der Reichtum aus dem Öl „gehört dem libyschen Volk und nicht dem Staat“. Diese Unternehmen, sagte er, „müssen nicht notwendigerweise von Libyern geführt werden, sie sollten vielmehr Experten aus anderen Ländern einstellen, um die Industrie weiterzuentwickeln und die Exporte zu steigern“.

In den letzten beiden Jahren wurde bereits mit der Privatisierung der Telekommunikation, der Strom- und Wasserversorgung begonnen. Die Aufsicht darüber hat Gaddafis Sohn, Saif Al-Islam Muammar Al-Gaddafi, der an der London School of Economics ausgebildet wurde und die „Internationale Gaddafi-Stiftung für Wohlfahrt und Entwicklung“ leitet. Während sein Vater den einfachen Lebensstil im klimatisierten Zelt bevorzugt, hat Saif gerade eine 10-Millionen-Pfund-Villa im modischen Hampstead im Norden von London gekauft, wo er vermutlich mehr Zeit als bisher verbringen wird. Einer seiner britischen Freunde ist Prinz Andrew, der kürzlich eine britische Unternehmerdelegation nach Libyen führte. Saif wird gelegentlich in den Buckinghampalast und nach Schloß Windsor eingeladen, um Ihre Majestät und Gemahl zu besuchen. Er ist auch mit Lord Rothschild befreundet, und auf der eher plebejischen Ebene traf er sich mit Industrie- und Handelsminister Lord Peter Mandelson. Dem Vernehmen nach vertrat Saif Libyen in den Verhandlungen über Megrahis Freilassung, und er begleitete ihn bei dessen Rückkehr nach Libyen.

Der Schauprozeß gegen Megrahi

Megrahi wurde am 20. August auf Anordnung des britischen Justizministers Kenny MacAskill aus seinem schottischen Gefängnis entlassen, offiziell aus humanitären Gründen, weil er unheilbar an Prostatakrebs erkrankt ist. Darüber entstand eine große künstliche Aufregung: „War es richtig, ihn freizulassen? - Wer ist dafür verantwortlich? - Wurde Großbritannien erpreßt, wenn Megrahi im Gefängnis sterbe, gebe es arabische Terroranschläge?“ Die Hunderte von Medienberichten und Kommentaren bis hin zu Unterhausdebatten sollten letztlich aber nur vom eigentlichen Thema ablenken, daß diese Freilassung Teil der Politik des Oberlaufburschen des Empire Tony Blair war.

Vor allem ist festzuhalten, daß Megrahi den Bombenanschlag auf den PanAm-Flug 103 nicht zu verantworten hat und zu Unrecht inhaftiert war. Dies wäre bei seinem Berufungsverfahren, das Megrahi vor einem schottischen Gericht betrieb, auch bewiesen worden. Die Tatsache, daß Megrahi diesen Berufungsantrag zurückgezogen hat, wird in den Medien kaum erwähnt.

Der Präsident der International Progress Organisation (IPO) und weltweit bekannte österreichische Jurist Dr. Hans Köchler, der 2001 im Auftrag des UN-Generalsekretärs den Prozeß gegen Megrahi beobachtete, hat erklärt, Megrahi habe seinen Berufungsantrag möglicherweise unter Druck zurückgezogen. Er sei vielleicht „emotional erpreßt“ worden, im Austausch gegen die Freilassung aus „humanitären Erwägungen“ auf die Berufung zu verzichten. In mehreren Interviews und Erklärungen der IPO wies Köchler darauf hin, daß nach schottischem Recht keinerlei Zusammenhang zwischen solchen Begnadigungen und dem Zurückziehen von Berufungsanträgen bestehen darf. Die schottischen Behörden dementieren einen Zusammenhang, aber wie Köchler betont, ist es schon auffällig, daß Megrahi seinen Antrag am 12. August zurückzog und dann nur acht Tage später am 20. August freigelassen wurde, wissend, daß er nur noch wenige Monate zu leben hat.

Noch wichtiger ist Köchlers Erklärung, daß Megrahi das Berufungsverfahren sehr wahrscheinlich gewonnen hätte. Nach dem ersten Prozeß 2001 und dem Scheitern der ersten Berufung Megrahis gab es eine vierjährige Untersuchung durch die Schottische Kommission für die Prüfung von Strafverfahren gegeben, die im Juni 2007 abgeschlossen war. Weil die Prüfung Hinweise auf Fehler der Justiz ergab, wurde eine Rückverweisung des Verfahrens an das Berufungsgericht gefordert.

In dem Bericht heißt es: „Im Urteil des Gerichtes gab es keine angemessene Begründung für die Schlußfolgerung, daß der Kauf von Gegenständen [Kleidungsstücke, die in dem Koffer mit der Bombe waren] in Mary’s House [einem Laden in Slima auf Malta] am 7. Dezember 1988 stattfand.” Die Kommission kam zu dem Schluß, daß die Gegenstände schon vor dem 6. Dezember gekauft wurden, zu einer Zeit, als Megrahi sich offenbar nicht auf Malta aufhielt. Da dieser angebliche Kauf in der Theorie der Staatsanwaltschaft die einzige konkrete Verbindung zu Megrahi war, fiel so die ganze Argumentation gegen ihn in sich zusammen.

Köchler fordert die Einleitung einer amtlichen Untersuchung, denn die Aufdeckung der Wahrheit, wer für den Bombenanschlag wirklich verantwortlich ist, liege „im höchsten öffentlichen Interesse jeder Politik, die auf der Herrschaft des Rechtes aufbaut“. Er forderte das Unterhaus auf, eine öffentliche Untersuchung anzuordnen, sonst solle die UN-Generalversammlung die Einsetzung einer internationalen Untersuchungskommission erwägen. Würde eine solche Untersuchung durchgeführt, würde dies starken Druck auf Großbritannien erzeugen, den Fall auch dort wieder aufzurollen. Da die Bombe in Großbritannien an Bord des Flugzeugs gelangte, liegt es auch in der Verantwortung der Regierung ihrer Majestät, den Fall aufzuklären.

Wer war wirklich verantwortlich?

Am 4. September berichtete die Zeitung The Scotsman, Schottlands Erster Minister (Ministerpräsident) Alex Salmond erwäge, die Veröffentlichung des Untersuchungsberichtes der Schottischen Kommission für die Prüfung von Strafverfahren zu veranlassen. Für die Öffentlichkeit erschien bisher nur eine 14seitige Zusammenfassung des 800seitigen Berichts, zu dem außerdem noch 13 Bände mit Anhängen gehören, worin die Argumente der Anklagevertreter widerlegt werden. Der Bericht selbst blieb unter Verschluß unter dem Vorwand, Megrahis Berufung laufe ja noch. Wenn Salmond die Veröffentlichung durchsetzt, kann dies zu einer Wiederaufnahme des ganzen Verfahrens führen. Gerade das hat die Regierung in London bisher mit allen Mitteln verhindert.

Hier noch einmal einige Fakten. Am 21. Dezember 1988 verschwand PanAm-Flug 103, eine Boeing 747, über dem schottischen Lockerbie plötzlich von den Radarschirmen. Keine Terrorgruppe übernahm die Verantwortung für den Anschlag. Ein Verdacht, aber ohne konkrete Beweise, richtete sich gegen Libyen und gegen Ahmed Dschibrils Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP-GC). Im letzteren Fall sei der Anschlag angeblich im Auftrag des Iran eine Rache für den Abschuß eines iranischen Zivilflugzeugs im selben Jahr durch ein US-Kriegsschiff, wo man die Maschine für ein angreifendes Kampfflugzeug gehalten hatte. Es gab endlose Spekulationen und Tausende von Artikeln und sogar „professionelle“ Untersuchungsberichte zu diesen beiden Möglichkeiten, aber einige simple Fakten müßten diese Verschwörungstheorien eigentlich widerlegen.

In Bezug auf Libyen muß man sich fragen, ob man vernünftigerweise vermuten kann, daß Libyen zu dem Zeitpunkt einen Kriegsakt gegen die Vereinigten Staaten verüben würde. Denn nur zwei Jahre zuvor hatte die US-Luftwaffe als Vergeltung für einen Bombenanschlag auf eine Berliner Diskothek, bei dem mehrere Amerikaner ums Leben gekommen waren, Luftangriffe gegen Libyen durchgeführt. Der Iran wiederum befand sich 1988 in Verhandlungen unter Vermittlung der Vereinten Nationen zur Beendigung des seit fast einem Jahrzehnt währenden Krieges mit dem Irak. Der Iran würde wohl kaum einen neuen Krieg gegen die USA vom Zaun brechen, wenn er gerade versucht, einen Krieg zu beenden, der schon Hunderttausende iranische Opfer forderte.

Außerdem wird bei allen Szenarien vorausgesetzt, daß die Bombe einfach in einem gewöhnlichen Gepäckstück aufgegeben wurde. In dem Fall hätten die Terroristen ganz ungewöhnliches Glück gehabt, denn den offiziellen Berichten zufolge lag das Gepäckstück im vordersten Teil des Gepäckraums an der Wand zum Raum unter der Pilotenkanzel, wo ein Flugzeug am anfälligsten ist. Das Heck ist weniger verwundbar, und nach den offiziellen Vorschriften für den Fall, daß eine Bombe in der Kabine entdeckt wird, soll die Bombe zum hinteren Ausgang gebracht werden. Detoniert aber die Bombe dort, wo sie sich bei diesem Anschlag befand, wird die Pilotenkanzel vom Rumpf des Flugzeugs abgetrennt und das Flugzeug bricht innerhalb von Sekunden auseinander.

In der Geschichte der Passagierluftfahrt hatte es bis zu diesem Anschlag nur drei Fälle gegeben, in denen ein Flugzeug in der Luft auseinanderbrach. In all diesen Fällen befand sich eine Bombe im vorderen Gepäckabteil - und die Täter wurden niemals identifiziert. Der interessanteste dieser Fälle war der Air-India-Flug 182, der am 23. Juni 1985 auf dem Weg von Montreal über London nach Neu-Delhi zum Absturz gebracht wurde und über dem Atlantischen Ozean wenig südlich von Irland verschwand. Auch hier handelte es sich um eine Boeing 747, und auch hier heißt es, die Bombe sei mit dem Gepäck eingecheckt worden und sei fast genau an der gleichen Stelle wie beim PanAm-Flug 103 gelandet - ein außergewöhnlicher Zufall und außergewöhnliches Glück für die Terroristen. Auch hier übernahm niemand die Verantwortung für den Anschlag. Erst fast 20 Jahre später wurde eine Terroristengruppe von Sikhs, die sie Babbar Khalsa nannte, deshalb vor Gericht gestellt, aber die Jury sprach alle Angeklagten frei außer dem Bombenbauer, der sich als Kronzeuge zur Verfügung gestellt und schuldig bekannt hatte.

Entscheidend ist, daß ein solcher Anschlag viel sorgfältiger vorbereitet sein mußte, als die bisherigen Szenarien unterstellen, und daß dies die Fähigkeiten der meisten bekannten Terrorgruppen deutlich übersteigt. Da die Bombe in London ins Flugzeug gelangte, lenken diese Szenarien letztendlich davon ab, daß die britische Regierung die Verantwortung hat, endlich glaubwürdige Antworten zu liefern, woran sie aber kein Interesse zeigt. Die amerikanischen Sicherheitsbehörden sollten daher die Frage stellen, was die Briten zu verbergen haben.

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