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Neue Solidarität
Nr. 42, 14. Oktober 2009

Und stimmst du nicht "richtig", dann bitte nochmal!

Irland. Simon Jensen von der LaRouche-Jugendbewegung berichtet von seinem Besuch in Irland anläßlich des dortigen zweiten Referendums über den Vertrag von Lissabon.

1992 lehnten die dänischen Wähler den Maastricht-Vertrag ab, aber ein Jahr danach haben sie den Vertrag - ohne die vier Punkte des Schengen-Abkommens, der Militär- und Polizeizusammenarbeit und des Euro - dann doch ratifiziert. Irland lehnte 2001 den Nizza-Vertrag ab, aber auch dieser wurde ein Jahr danach ratifiziert. Die Europäische Verfassung, mit der Absicht, Europa in ein einziges Imperium ohne einzelne souveräne Länder zu verwandeln, wurde schon 2005 in Frankreich und Holland und unter dem Namen des Lissaboner Reform-Vertrags im vergangenen Jahr auch in Irland von den jeweiligen Wählern abgelehnt. In Deutschland und den meisten andren Ländern hat man die Bevölkerung gar nicht erst gefragt, sondern ihr den Lissaboner Vertrag als etwas ihr und ihren meisten politischen Vertretern unbekanntes aufgezwungen.

Ich will nun von der Grünen Insel berichten, wo dieses undemokratische Phänomen am 2. Oktober erneut mit seinem häßlichen Gesicht Europa bedrohte, als 4 Millionen Iren - wieder noch einmal - über den Vertrag abstimmten.

Bis zur Erschöpfung wurde bei der Pressekonferenz der CAEUC (Campaign Against the EU Constitution) geredet, in der sich viele der Koryphäen der Nein-Kampagne verbunden hatten, inklusive der legendären Sinn-Fein-Partei, Jens Peter Bonde und Sevim Dagdelen (Mitglied des Bundestags für Die Linke). Es wurde darüber gesprochen, daß die Rechte der Arbeitnehmer und der Gewerkschaften im Lissaboner Vertrag komplett fehlen und daß es zu der Frage auch keine Protokolle gibt; die Verschmelzung von EU-Militär und NATO wurde als Unterminierung des irischen Neutralitätswunsches beschrieben. Richard Boyd Barret von der PDBD war darüber enttäuscht, daß der Eigentümer von Ryan Air, Michael O´Leary, die Vertreter der Nein-Kampagne täglich in ganzseitigen Anzeigen in allen großen Zeitungen des Landes als „Losers“ (Verlierer) bezeichnete. Dann griff Joe Higgins von der Sozialistischen Partei die Mediendiktatur an, die mit einer massiven Schreckenskampagne die Angst vor einer Depression geschürt hatte. Als Korrespondent für die Neue Solidarität fragte ich folgendes: „Die deutsche Arbeitslosigkeit ist nicht 3,5 Millionen, wie berichtet wird, sondern vielleicht 8,5 Millionen, wenn alle 1-Euro-Jobs, Kurzarbeit etc. mitgezählt werden. Aus den Bedingungen der Rettungspakete, wie jetzt in Irland mit der NAMA (dem Äquivalent zum deutschen SoFFin oder den Bad Banks), wird deutlich, daß es wahrscheinlich keine obere Grenze für staatliche finanzielle Unterstützung der Finanzwelt gibt. Aber gleichzeitig sind den Staaten durch Maastricht und den Stabilitätspakt in Bezug auf Ausgaben für die Realwirtschaft, wo es in einer Krise wirklich notwendig wäre, Hände und Füße gebunden. Wie sehen Sie die Möglichkeit, diese Regeln abzuschaffen, um ein neues Wirtschaftsystem zu verwirklichen?“

Jens Peter Bonde aus Dänemark sprach in seiner Antwort davon, daß Jacques Delors als damaliger Präsident der EG-Kommission selbst den Maastricht Vertrag, für den er letztendlich verantwortlich war, abgelehnt hatte, weil er so unrealistisch war. Sevim Dagdelen rief zu einer neuen Weltwirtschaftsordnung auf, und der Vertreter der Sinn Fein unterstrich, daß wir für einen neuen Anfang einfach ein Nein brauchen.

Das sind sehr gute Absichten von sehr guten Rednern. Aber welches Element fehlte hier, wenn wir eine Woche nach der Wahl mit einem Nein in der Hand sitzen und zurückschauen?

Das erste, was mir bei meiner Ankunft in Dublin noch auf dem Flughafen auffiel, war ein Typ, der inmitten einer Diskussion über Fußball davon erzählte, daß er gerade aus Deutschland zurückgekommen sei, wo er Arbeit gesucht hatte. Dann fiel mir eine extreme Mehrheit von Ja-Plakaten auf, und dann ein Überfluß an Taxen in der Stadtmitte. Mindestens jedes zweite Auto scheint ein Taxi zu sein - und die meisten ohne Kunden. Viertens gab es eine kilometerlange Schlange vor Mark & Spencer, einem großen Einzelhandelsunternehmen, wo 600 befristete Arbeitsplätze für die Weihnachtszeit angeboten wurden.

Man braucht also kein großes Genie zu sein, um sich ausrechnen zu können, daß in Irland eine enorme Angst vor dem kommenden Wirtschaftskahlschlag vorherrscht und daß die Ja-Kampagne durch die massive Medienkontrolle mit ihrer gigantischen Schreckenskampagne leichtes Spiel hatte - die Irish Times und andere große irische Zeitungen veröffentlichten täglich bis zu sieben Artikel, in denen für ein Ja geworben wurde, aber es gab fast nichts für ein Nein.

Trotzdem sind jetzt seriöse Untersuchungen im Gang, um festzustellen, ob die enorme Zustimmung von 67% durch einen international organisierten Wahlschwindel zustande kam. Von den Straßen ist nämlich zu berichten, daß viele Leute sehr begierig waren, Material der Nein-Kampagne zu erhalten, um es verteilen zu können, und mehrere sagten, sie könnten nicht glauben, daß das Ja-Lager in den Umfragen vorne lag, weil die Menschen ihrer Erfahrung nach wütend darüber seien, erneut abstimmen zu sollen. Aus diesen Eindrücken kann man schließen, daß unter der Oberfläche in der wütenden irischen Bevölkerung eine Nein-Stimmung vorherrschte.

Zweitens erreichten die Wut, die Armut und die Unzufriedenheit in der Bevölkerung jeden Tag neue Dimensionen, weil die reale Lage der „vergessenen Menschen“ immer ausgeblendet wurde. 15.000 Menschen beteiligten sich an einer Demonstration gegen kommende Sparmaßnahmen. Die Möglichkeit eines Massenstreiks scheint mit jedem Tag zu wachsen, solange die realen Bedürfnisse der Menschen nicht angesprochen werden - eine Situation, in der es um viel mehr geht als um den Lissaboner Vertrag und die der Weltlage ähnelt, wie sie war, bevor Euro und Maastricht-Vertrag überhaupt zustande kamen, nämlich 1989, als überhaupt niemand mehr an offizielle Autoritäten wie z.B. Erich Honecker glaubte und es zu einer friedlichen Revolution kam.

Deshalb ist es falsch, kommentierte Lyndon LaRouche nach der Abstimmung, wenn sich die Nein-Kampagne zu sehr auf einzelne Punkte konzentriert und nicht länger die Gesamtlage vor Augen hat. Wie Friedrich Schiller sagte, war 1789 während der Französiches Revolution ein „großer Moment“, eine Sternstunde der Menschheit, aber einer Menschheit, die damals in Europa „zu klein“ war. Der rasante Zusammenbruch aller Institutionen, die wir kennen und die wir für selbstverständlich halten, ist zwar äußerst gefährlich für unseren gesamten Planeten, aber wenn wir wachsam sind und wenn wir die unbegrenzten Möglichkeiten für eine neue friedliche Revolution sehen, dann bietet sich im Jahr 2009 eine Chance für die Menschheit. Es war diese Erkenntnis, die den meisten von der Nein-Kampagne gefehlt hat, und das ist die Lehre, die wir aus dem seltsamen Ergebnis der zweiten Lissabon-Abstimmung in Irland ziehen müssen.

Simon Jensen

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