Produktive Kreditschöpfung 
  Neues Bretton Woods
  Glass-Steagall
  Physische Wirtschaft
  Kernenergie
  Eurasische Landbrücke
  Transrapid
  Inflation
  Terror - Cui bono?
  Südwestasienkrise
  11. September und danach
  Letzte Woche
  Aktuelle Ausgabe
  Ausgabe Nr. ...
  Heureka!
  Das Beste von Eulenspiegel
  Erziehungs-Reihe
  PC-Spiele & Gewalt 
  Diskussionsforum
  Wirtschaftsgrafiken
  Animierte Grafiken
» » » Internetforum mit Helga Zepp-LaRouche « « «
Neue Solidarität
Nr. 32, 10. August 2011

Die Wahl in Frankreich als kreative Herausforderung

für die Perspektive einer allgemeinen Renaissance der Entwicklungspolitik

Von Jacques Cheminade

Jacques Cheminade, Bewerber für die französischen Präsidentschaftswahlen 2012, sprach auf der Konferenz des Schiller-Instituts über die moralische und strategische Herausforderung für Europa, Afrika zu entwickeln.

In der jetzigen Konferenzsitzung, „Die Industrialisierung Afrikas: Der moralische Test für Europa“, wollen wir die Frage zu beantworten suchen, was Europa dazu beitragen kann, die heutige weltweite Tragödie zu überwinden.

Inmitten der laufenden Zivilisationskrise macht ein normaler Präsidentschaftswahlkampf in Frankreich keinen Sinn. Im Rahmen des jetzigen Systems wäre er unsinnig. Nur wenn er einen Beitrag zur Weltgeschichte leistet, erhält er eine Bedeutung. Dann wird er zu einer Möglichkeit, die Bewegung zu einem faschistischen Coup, der uns alle bedroht, zu stoppen. Die Existenzfrage lautet: Wie können wir in Frankreich, einem Land, das von einer staatlich-privaten oligarchischen Elite beherrscht wird, dazu beitragen, das System der finanziellen Globalisierung zu überwinden?

Meine Antwort ist, daß wir dazu Glass-Steagall und Afrika ganz in den Vordergrund stellen müssen - nicht als getrennte Themen, sondern als doppelläufiges Gewehr, um die Spielregeln des Systems zu brechen.

Das Britische Empire will um jeden Preis verhindern, daß Glass-Steagall in den Vereinigten Staaten durchgesetzt wird, denn das wäre das Ende der City of London und der Wall Street. Gleichzeitig war es stets die britische Politik als Empire die Vereinigten Staaten von Kontinentaleuropa zu trennen, um beide von innen zerstören zu können. Da es britische Absicht ist, die Vereinigten Staaten als Nationalstaat zu vernichten, müssen wir auf die dortigen Glass-Steagall-Bestrebungen mit einer ähnlichen Kampagne hier in Europa reagieren, um eine antibritische, transatlantische Brücke zu bauen. Das wäre ganz im Geist der Liga der Bewaffneten Neutralität, mit der Rußland, Frankreich und Spanien die junge amerikanische Republik unterstützten. Mit Hilfe eines kreditgestützten Nationalbanksystems müssen die souveränen Staaten von den illegitimen, spekulativen Schulden befreit werden, so daß der ganze finanzielle Giftmüll wieder an die Megabanken und Versicherungskonzerne zurückgeht: Sollen sich doch die Giftmischer mit ihrem eigenen Gift umbringen!

Historisch gesehen ist Afrika das am schlimmsten betroffene Opfer des Britischen Empire, das dort zusammen mit anderen europäischen Herrschaftshäusern - Spanien, Portugal, Frankreich, Holland - ein Sklavenhaltersystem errichtete, das bis heute eine Schuldknechtschaft betreibt und ungerechte Handelsbedingungen diktiert.

Mit Glass-Steagall können wir die Tür für eine weltweite Plattform produktiver Entwicklung aufstoßen, und eine solche Plattform neuer Technologien, die der eigentlichen Identität des Menschen entspräche, würde notwendigerweise zu einem Aufstieg Afrikas führen - eine Waffe, die auf das Herz der Oligarchie zielt. Eine Zweckgemeinschaft zwischen Europa und den Vereinigten Staaten, die mit Hilfe von Glass-Steagall Afrika aus dem Griff des Britischen Empire rettet, bedeutetete eine Wiederbelebung der europäisch-amerikanischen Partnerschaft zum Wohle der anderen, denn Afrika repräsentiert das Wohlergehen der gesamten Menschheit. Auf diese Weise ließe sich etwas erreichen, was viele heute nicht mehr verstehen, was aber Franklin Delano Roosevelt und Charles de Gaulle meiner Überzeugung nach hätten erreichen können, wenn Roosevelt nicht frühzeitig gestorben und de Gaulle nicht von den England- und Trumanfreundlichen Kräften in Frankreich von der Macht verdrängt worden wäre.

Man muß sich unbeliebt machen!

Die meisten sehen in einer Präsidentschaftswahl eine Art Schönheitswettbewerb, wo jemand versucht, irgendwann einmal ganz an die Spitze zu gelangen, nachdem er sich in seiner politischen Karriere von ganz unten, von Kompromiß zu Kompromiß, hochgedient hat. Zu normalen Zeiten sind solche Leute ziemlich kontrollierbare Narren, denn wenn sie sich in dieses Umfeld fügen, akzeptieren sie, so zu sein, wie die anderen es sich wünschen. Sie haben keine Grundsätze. Im heutigen Frankreich und im Zusammenhang mit der Zivilisationskrise, deren Drama Sie alle kennen, verdammen sie sich mit einem solchen Verhalten selbst zu weitaus schlimmerem, als Narren es tun: Sie werden zu Verrätern an ihrem Land und der Zivilisation, denn das mitzumachen bedeutet, die Spielregeln anzuerkennen und zu Totengräbern der Zivilisation zu werden.

Wenn ich also über Glass-Steagall und die Entwicklungen in Afrika spreche, ist das bei denen, die in Frankreich die Macht haben und sich zu Dienern der Zerstörung gemacht haben, nicht unbedingt willkommen. Auch die Mehrheit der überwiegend pessimistischen Öffentlichkeit, die infolge der Medienkontrolle von Angst und Vorurteilen beherrscht ist, wird zunächst ablehnend reagieren. So heißt es: „Glass-Steagall mag eine gute Idee sein, aber das läßt sich mit unserer Praxis der Universalbanken nicht vereinbaren“, oder „Nach 30 Jahren Deregulierung kann man einen solchen Vorschlag einfach nicht auf den Tisch legen. Das ist unmöglich“, oder „Die Afrikaner können mit moderner Technik einfach nicht umgehen. Ist das nicht offensichtlich? Die letzten 30 Jahre haben das bewiesen“, oder „Es ist zu gefährlich, die Megabanken herauszufordern. Sie sind zu mächtig. Ihr seid Utopisten!“ oder, „Wir haben unsere Gewohnheiten, und die Afrikaner haben die ihren.“

Wenn man gegen einen solchen Schwall impotenten Mülls angehen will, muß man sich bei den Mächtigen, die so etwas erzeugen, und bei der öffentlichen Meinung, die so etwas schluckt, unbeliebt machen. Unbeliebtheit ist somit eine Voraussetzung für einen ehrlichen Präsidentschaftswahlkampf.

Ist es denn so unangenehm, unbeliebt zu sein? Natürlich würde man das bejahen, wenn man seine Identität nach Freude und Schmerz ausrichtet. Eigentlich nicht, wenn man seine Identität in den Dienst von Wahrheit und Ideen stellt. Denn es ist ein gutes Gefühl, wenn man weiß, daß man zuerst immer seine Mission im Auge hat und der Spaß an der Verführung - und dem Beliebtsein - nichts zählt.

Angesichts der wachsenden Flut des Massenstreiks in Europa, der Entrüstung der Indignados, die sich dem gärenden Massenstreik in den Vereinigten Staaten anschließt, reagieren die Menschen gegen das, was sie bedrückt: Sie begeistern sich für die Sache der Gerechtigkeit, wenn sie täglich extreme Ungerechtigkeit erfahren. Meine Aufgabe als Präsidentschaftskandidat ist, sie weder von unten zu vergöttern, noch ihnen von oben zu befehlen, sondern ihnen Führung zu geben, d.h. zu versuchen, ihre Bestrebungen der Wahrheit anzunähern, so daß sie selbst ihre Verantwortung für die anderen entdecken.

Des öfteren muß man sie auch einmal sachte in den Hintern treten bzw. sie dazu bringen, sich selbst in den Hintern zu treten. „He! Schaut euch doch die Welt an, in der ihr lebt! Mehr als eine Milliarde Menschen leiden Hunger und stehen vor dem Tod. Jedes Jahr steigt ihre Zahl um 50 Millionen und mehr, doch die Banken tun so, als wären Nahrungsmittel wie Geld zu behandeln. Dabei werden die Produzenten systematisch verdrängt, wie man überall sieht. Willst du in einer solchen Welt Karriere machen? Sollen deine Söhne in einer solchen Welt aufwachsen? Sollen deine Töchter sich in einer solchen Welt verführen lassen, um Karriere zu machen?“

Wer solche Fragen anspricht, macht sich nicht gerade beliebt, ist nicht der nette Junge von nebenan. Doch je mehr die Gesellschaft auseinanderfällt, gewinnt man an Vertrauen, weil man geholfen hat, die menschlichen Qualitäten und die gegenseitigen Einsichten der Menschen zu verbessern - so wie sich auch ein guter Arzt verhält. Diesen guten Arzt wird man nicht unbedingt mögen, denn er wird einem die Wahrheit über sein Problem bzw. seine Krankheit sagen, aber man vertraut ihm, weil er sich um Heilung bemüht. Er betrachtet den Menschen nicht als Nummer oder als Kunden, dem man nur ein Rezept mitgibt, wie es leider viele Ärzte heute tun. Nein, der gute Arzt betrachtet einen als Menschen, der Hilfe braucht, um wieder gesund zu werden, sich entwickeln und eventuell fortpflanzen zu können!

Am Besten anknüpfen

Darin sehe ich meine Aufgabe. Um sie zu erfüllen, muß man sich in die Geschichte unseres Landes vertiefen. Man muß das Beste erfassen, das wir der Welt gegeben haben - jenseits des schrecklichen Zustands, in dem sich Frankreich heute befindet. Das bedeutet, sich nicht nur bei den heute Lebenden, sondern auch bei den schon Gestorbenen unbeliebt zu machen.

Um gegen die herrschende Oligarchie die Grundsätze unserer Republik wiederzubeleben, muß die zersetzende Legendenbildung um Ludwig XIV., Napoleon, Rousseau, Laplace u.a. beendet werden, und Rabelais, Ludwig XI., Villon, Cusa und all die anderen, die Frankreich von Platon bis Einstein inspirierten - bis zu Einstein und seiner Freundschaft mit Langevin - müssen sozusagen wieder zum Leben erweckt werden.

Das wiederum verlangt eine innere Auseinandersetzung bei uns allen, um in einen Dialog mit diesen Schattengestalten treten zu können, die auf diese Weise wieder lebendig werden. Sie werden dann zu unseren Zeitgenossen sprechen und sie aufrütteln, damit sie die Zukunft verantwortungsbewußt gestalten.

Diese Auseinandersetzung sollte bei den Präsidentschaftswahlen geführt werden. So läßt sich auch wieder das Prinzip von  Gastfreundschaft statt Chauvinismus etablieren: die Nation als eine Idee, die mit der Dynamik des Universums übereinstimmt, nicht als eine gegebene Tradition. Die Nation muß sich entwickeln und sich auf die Herausforderungen der Zeit einstellen.

Das war die Idee hinter der Gründung Amerikas, worin sich das Beste Europas und die Absicht des Nikolaus von Kues ausdrückte, wie LaRouche immer wieder betont. Das ist der vom oligarchischen Prinzip und einer erdrückenden Tradition befreite republikanische Impuls. Wenn jemand sagt, man müsse „die Tradition“ achten, so soll man - im Geiste - die Faust ballen. Genau das erlebte auch de Gaulle, als Frankreich im Mai-Juni 1940 besetzt wurde und sich in der französischen Bevölkerung eine entsetzliche Angst und Feigheit breitmachte. Was blieb? Das Prinzip einer Nation, ihre Legitimität als Idee, im Gegensatz zu dem Geisteszustand der Bevölkerung und auch im Gegensatz zu dem - juristisch unangreifbaren - Beschluß der französischen Nationalversammlung der Dritten Republik, dem Franco-Faschisten Pétain uneingeschränkte Macht zu geben. Dazu paßt die berühmte Äußerung de Gaulles: „Mein ganzes Leben lang hatte ich eine bestimmte Vorstellung von Frankreich: Sowohl das Gefühl wie auch die Vernunft haben mich inspiriert.“

Wo fand de Gaulle die Quelle einer solchen Legitimität? Im historischen Genie der französischen Nation, jedoch nicht als einer feststehenden Ansammlung von Dingen oder einer chaotischen Bevölkerung, wie sie damals existierte und auch heute existiert. Die Nation ist im Gegenteil eine sich selbst entwickelnde, von ausländischen Strömungen durchdrungene und verwandelte Idee - eine Widerspiegelung des Universums. Die Nation ist kein Ding an sich; zwar endlich zu einer bestimmten Zeit, aber unbegrenzt wie ein Universum. Unbegrenzt durch den Geist anderer Kulturen, ist die Nation eine beabsichtigte und sich ständig vervollkommnende menschliche Entdeckung. Sie ist kein Ding an irgendeinem Ort.

Hören wir, was de Gaulle in einer Rede in Algier am 30. Oktober 1943 zu sagen hatte, die er anläßlich des 60. Jahrestags der Alliance Française, dem Inbegriff der sogenannten „französischen Kultur“, hielt:

„Wie hätte jedoch die helle Flamme des französischen Denkens aufgehen und ihren Glanz behalten können, wenn es nicht umgekehrt so viele Elemente gegeben hätte, die vom Denkern anderer Kulturen beigetragen wurden? Frankreich ist es über die Jahrhunderte und bis zu der jetzigen Tragödie gelungen, einen wachsenden Einfluß seiner Begabung zu bewahren. Das wäre unmöglich gewesen, wenn Frankreich das Bestreben gefehlt oder es keine Anstrengungen unternommen hätte, sich von ausländischen Strömungen durchdringen zu lassen. In diesem Fall würde Autarkie schnell zu Verschlechterung führen. Auf künstlerischem, wissenschaftlichem und philosophischem Gebiet sollte die Menschheit auf keinen Fall der treibenden Kraft der Nachahmung des Internationalen beraubt werden, und diese hohen Werte würden innerhalb der gequälten Psychologie des geistigen Nationalismus keinen Bestand haben. Wir sind ein für allemal zu dem Schluß gekommen, daß sich unser kultureller Einfluß nur durch freie geistige und moralische Beziehungen zwischen uns und anderen zum Vorteil aller erweitern kann und dann umgekehrt unser Wert steigt.“

De Gaulle hielt diese Rede in Afrika inmitten der Stürme des Zweiten Weltkriegs. Inmitten dieser Stürme begann aber auch in Afrika - zunächst im Afrika südlich der Sahara mit den Soldaten des Generals Leclerc (und unseres guten Freundes Jean-Gabriel Revault d’Allonnes) und dann von Algerien und Tunesien aus - die Rückgewinnung Frankreichs. Es sei daran erinnert, daß das berühmte Treffen zwischen Churchill, Roosevelt und de Gaulle 1942 in Casablanca (Marokko) stattfand, nachdem die amerikanischen Truppen in Marokko gelandet waren. Es sei auch daran erinnert, daß die Befreiungsarmee, die am 15. August 1944 in Südfrankreich landete, hauptsächlich aus afrikanischen Soldaten bestand, und nicht aus „français de souche“ (Französischstämmigen), wie man heute sagt.

Die Tragödie des 20. Jahrhunderts

Die Tragödie des 20. Jahrhunderts besteht darin, daß der britische Imperialismus nach der Befreiung Europas vom Nazismus und nach dem Tod von Franklin Delano Roosevelt mit Hilfe der Londoner City und der Wall Street wiedererstarkte, was sich in Truman in den Vereinigten Staaten ausdrückte und in der entsprechenden Zerrüttung der französischen Vierten Republik. In meinem Land bedeutete dies das Wiederaufblühen der Wahnvorstellung des „französischen Imperiums“. Der erste Indochinakrieg, der mit dem Verrat an dem Ho Tschi Minh-Leclerc-Abkommen von 1946 für eine stufenweise Unabhängigkeit begann und dann in einen grausamen und verbrecherischen Kolonialkrieg mündete, wurde erst 1954 durch Mendés-France beendet. Ähnlich beendete de Gaulle den Algerienkrieg 1962 mit dem Frieden von Evian mit der algerischen Befreiungsbewegung. Wenn man heute Frankreich verstehen will, muß man sich vergegenwärtigen, daß zwischen 1945 und 1962 all diese Kolonialkriege stattfanden. Das war in meiner Jugendzeit, und dagegen habe ich immer gekämpft.

Die Unabhängigkeit der afrikanischen Staaten - dieser „Wirbelsturm der Hoffnung“, wie sich Kwame Nkrumah ausdrückte - entwickelte sich unter der anschließenden neokolonialen und finanziellen Besatzung zu einem Fiasko; die Führer der afrikanischen Nationen wurden korrumpiert, und es entstand eine neue Form der indirekten Unterwerfung unter die imperiale Ordnung - eine noch hinterhältigere, noch demoralisierendere und zerstörerische Unterdrückung, weil sie auf systematischem Verrat von innen beruhte. Die Gleichung, die General Janssens, der belgische Kommandeur der kongolesischen „Force Publique“ am 5. Juli 1960 aufstellte - „Vor der Unabhängigkeit = nach der Unabhängigkeit. Das war’s“ – wurde leider mit Blick auf die anhaltende Unterdrückung immer zutreffender.

Die strategische Bedeutung des Trennbankensystems

In diesen heutigen Tagen von Tragödie und Hoffnung kämpfen wir für ein Trennbankensystem, ein Prinzip von gleicher strategischer Bedeutung wie das, was de Gaulle „le salut“ (das Heil) nannte: Die Wucherer aus dem Tempel zu jagen, wie vor kurzem sogar in einem Aufsatz gefordert wurde. Zuerst ein Glass-Steagall-Gesetz in den Vereinigten Staaten, und dann ein globales Glass-Steagall, um produktive Kredite zu vergeben; keine Schwindelpapiere mehr, die das berühmte Pfund Menschenfleisch fordern, auch „Monetarismus“ genannt.

Der Kampf, an dem wir uns alle beteiligen, ist eine Frage von Leben und Tod für die Menschheit. Eric Verhaeghe wird Ihnen zwar gleich seine Sicht eines französischen Glass-Steagall vortragen [siehe Neue Solidarität 29/2011], ich möchte aber jetzt noch etwas Wichtiges anfügen, was direkt aus der bereits angesprochenen Frage der Legitimität folgt.

Europa und insbesondere Frankreich haben aufgrund ihrer kolonialen Vergangenheit die Pflicht, die bisherige Politik gegenüber Afrika und den Afrikanern zu ändern, und diese Änderung muß mit dem Prinzip von Glass-Steagall wesensgleich sein. Wie wir bereits seit langem sagen, ist Afrika der Lackmustest dafür, ob Europa in der Lage ist, sich der Glass-Steagall-Dynamik eines weltweiten Kreditsystems mit festen Wechselkursen anzuschließen.

Die Rettung Afrikas ist wesensgleich mit der Rettung Europas, und die Reaktion Europas auf das Glass-Steagall-Prinzip in den Vereinigten Staaten ist wiederum wesensgleich mit der Rettung der Welt, einer Welt, die sich augenblicklich am Rande der Selbstzerstörung befindet. Afrika ist unsere Mission, und unsere Investitionen dort sind eine Schuldenrückzahlung für frühere Generationen, die wir unterdrückt haben. Wir begleichen sie heute im Interesse der zukünftigen Generationen. Das ist der eigentliche Sinn einer Schuld.

Wie sich mein Freund Marcello Vichi in Bezug auf das Tschadsee-Projekt von Bonifica ausgedrückt hat, sind die Maßeinheiten für die Kosten nicht Millionen oder Milliarden Dollar, sondern die Abwesenheit von Kriegen und Millionen Menschen, die vor dem Hunger gerettet werden und jetzt die Möglichkeit haben, ein Leben in Würde, sozialem Frieden und einem wiedergewonnenen internationalen Gewissen zu führen.

Dennoch müssen wir noch weiter klären, was Afrika für uns Europäer bedeutet. Wir müssen unseren Anteil an der Menschheit zurückgewinnen, indem wir uns für den Vorteil der Nachfahren jener einsetzen, die wir in der Vergangenheit ausgebeutet und mißhandelt haben. Indem wir Afrika und die Afrikaner vor einem schrecklichen Tod bewahren und ihnen die Fähigkeit zur Weiterexistenz geben, begeben wir uns auf den Weg, um unser eigenes Menschlichkeitsprinzip als relativ unsterbliche Gattung zurückzugewinnen.

Der Präsident meines Landes, Nicolas Sarkozy, hat jüngst erklärt, der Augenblick sei gekommen, Haß und Groll zu vergessen und daß der Afrikaner, der aus der Universalgeschichte herausgefallen ist, seinen Neuanfang machen sollte. Das ist der reinste Blödsinn, denn damit würden nur die Verbrechen von Imperialismus und Kolonialismus vertuscht und so getan, als hätten wir „einen Raum kolonisiert, der von ungebildeten Menschen bewohnt war, die außerhalb der Zivilisation geblieben sind.“ Das wäre gleichbedeutend damit, das Böse hinter der Sklaverei zu vergessen.

Dem Zorn einen höheren politischen Gehalt geben

Meine Antwort lautet: Dies ist nicht der Moment des Vergessens, sondern dafür, dem berechtigten Zorn einen höheren politischen Gehalt zu geben, was etwas ganz anderes ist. Die Beteiligung an Großprojekten, die den gemeinsamen Zweck der Menschheit umfassen, ist unsere Antwort auf das, was Sarkozy als Stimme der Oligarchie repräsentiert.

Marcello Vichi wird nach mir seinen historischen Kampf für die Rettung des Tschadsees durch einen Wassertransfer aus dem Kongo schildern, was unmittelbar für 200 Millionen Menschen und letztlich für den ganzen Kontinent entscheidend ist. Gestern sagte er mir, er sei ein wenig entmutigt...

Zwischenruf Marcello Vichis: Ich bin ein wenig entmutigt...

Cheminade: ... weil er seit dreißig Jahren immer das gleiche wiederholt. Ich kenne jedoch Menschen, die Dinge noch viel länger wiederholt haben, in ihrem Kampf aber immer optimistischer geworden sind!

Ich bin deshalb überzeugt, Marcello, daß die Stunde der Wahrheit kommt und sich neue Möglichkeiten für Kämpfer wie Sie eröffnen. Als ich im letzten Dezember dieses Projekt in Niamey, der Hauptstadt von Niger, vorstellte, bekam ich einen Eindruck hiervon. Es wird nicht einfach sein. Es ist eine Straße mit Schlaglöchern („Straußenlöchern“, wie man in Afrika sagt), aber es gibt eine Straße.

Das Tschadsee-Projekt ist keine Sache für sich. Es ist Teil eines Gesamtkonzepts von Großprojekten in Afrika und weltweit, für die Lyndon LaRouche seit vielen, vielen Jahren kämpft - schon bevor ich ihn vor 37 Jahren kennenlernte. Wenn Sie Zweifel daran haben, sollten Sie noch einmal seine Kritik am Lagos-Aktionsplan lesen: Alle Hauptpunkte waren darin bereits enthalten.1

In Afrika schlagen wir auch das Projekt eines Binnensees in Tunesien vor - die Antwort für ein Land und ein Volk, das von den europäischen Staaten aufgegeben wurde, die lieber Libyen bombardieren, als den Maghreb zu entwickeln. Mit einer solchen „blauen Revolution“ könnte man Wasser in die Senken („Schotts“) im südlichen Tunesien und Algerien einleiten, wodurch ein Brotkorb für ganz Afrika entstehen könnte.

Ein entsprechendes Projekt stammt von dem französischen Offizier und Topographen François-Elie Roudaire bereits aus dem Jahr 1874 - also, Marcello, bereits hundert Jahre vor Bonificas Projekt für den Tschadsee! Ich meine, Geduld bei solchen Fragen ist für eine gewisse Zeit wohl angebracht, aber wenn es eineinhalb Jahrhunderte dauert, wird sie zum Mordkomplizen. Man sagt, Geduld sei manchmal die Senilität von Nationen und Kontinenten.

Es gibt auch ein Projekt für eine grüne Mauer von Wäldern, um das Vordringen der Wüsten zu stoppen. Südlich der Sahara würden Millionen von Bäumen quer durch ganz Zentralafrika gepflanzt - eine Art Grüngürtel von etwa 7600 km Länge.

Außerdem müßte der Jonglei-Kanal im Sudan zuende gebaut werden, um dort ein agro-industrielles Zentrum für Ostafrika und Südwestasien zu errichten. Die Idee dabei ist, die Hungernden zu ernähren, und nicht, Biotreibstoffe zu exportieren, die das Land ruinieren! Die Entscheidung für dieses Projekt traf die ägyptische Regierung bereits 1959. Es begann 1978 mit einem riesigen Bagger aus Deutschland namens Lucy, der in zehn Tagen drei Kilometer ausheben konnte, und der französischen Baufirma Grands Travaux de Marseille - ein schönes Beispiel deutsch-französischer Zusammenarbeit, ganz anders als das, was zwischen Sarkozy und Merkel abläuft.

Die Arbeiten wurden jedoch 1984 abgebrochen, als die Rebellen der „Sudanesischen Volksbefreiungsarmee“ im Auftrag ihrer britischen Hinterleute auf Lucy und die Bauarbeiter zu schießen begannen. Alles, was heute davon noch übrig ist, ist ein Dorf im Sudan namens „Kanal“.

Am Endteil des nicht fertiggestellten Kanals türmt sich der Müll, Schweine wälzen sich im Schmutz und Kinder baden in Drecktümpeln. Teile von stehengelassenen Bulldozern und anderen Erdbewegungsmaschinen rotten vor sich hin. Auf einem großen Kran mitten auf dem Marktplatz haben sich einige Soldaten eingenistet, die dort mit ihren Handys ins internationale Netz zu kommen versuchen, wahrscheinlich, um Aufträge entgegenzunehmen.

Projekte für die Zukunft

Ich frage meine französischen Mitbürger: Wie kann man zulassen, daß eine solche Schande auch nur eine Minute weiter anhält? Stellen wir uns statt dessen dort ein Projekt vor, für das Pioniere und Arbeiter Polder wie in den Niederlanden graben. Am Jonglei-Kanal, aber auch am Tschadsee und in der Qatara-Senke gibt es riesige Landflächen mit vielen Entwicklungsmöglichkeiten für den Bau von Kanälen, der Pflanzung von Bäumen, Einrichtung von Kommunikationslinien. Der berühmte Transrapid für Afrika - unmöglich? Genau das gleiche sagte man vor dreißig Jahren auch über China, und heute gibt es in China das größte Hochgeschwindigkeitsbahnnetz auf der Welt!

Stellen Sie sich vor, Kinder könnten eine zweisprachige Schule besuchen, wo sie neben ihrer Muttersprache auch Englisch, Französisch oder andere Sprachen lernen, wo die Schulbücher die Geschichte und Kulturgeschichte ihrer jeweiligen Länder wiedergeben und nicht aus Europa oder den Vereinigten Staaten importiert werden, in denen (bestenfalls) halbverrückte oder ganz verrückte pseudoreligiöse Ansichten evangelikaler, wahhabitischer oder anderer Kulte verbreitet werden.

Man stelle sich die Freude der Kinder vor, die endlich ein eigenes Nationalmuseum besuchen können, das ihnen eine lebendige Vorstellung ihrer nationalen Identität, der Geschichte und  des Fortschritts ihres Landes vermittelt, was sich aber nicht auf die Grenzen ihres Landes beschränkte, sondern eine panafrikanische Perspektive wäre. Darin würde auch die Vorzeit dargestellt, als Afrika die Wiege der Zivilisation war - entgegen allem, was Sarkozy darüber sagt -, bis zum heutigen Geschichtsabschnitt mit all den Entwicklungen, für die wir kämpfen. Das wären keine Museen für Touristen oder neugierige Besucher, sondern Museen, die eine kulturelle Plattform für die nationale und panafrikanische Entwicklung schaffen.

Stellen wir uns die Frauen dort vor - Männer sind in Afrika mitunter einfach zu faul; nein, es ist so, die afrikanischen Kinder und Frauen arbeiten am meisten. Es hat in einigen Dörfern des Senegals bereits begonnen, dort, wo die Mauer aus Wald bereits entsteht, daß Frauen Land bekommen und in eigenen Gärten Obst und Gemüse für ihre Familien anbauen. Nicht mehr lediglich eine Schale Reis, sondern Tomaten, Mohrüben, Melonen, Kohl - eine angemessene Ernährung für alle. Stellen wir uns vor, daß es dort genügend Trinkwasser gibt, Teams von Ärzten und Medizinstudenten Wege finden, um die Malaria und Augenkrankheiten wie die Flußblindheit sowie die gefürchtete Amöbenruhr auszurotten, die heute dort eine der Haupttodesursachen ist. Stellen wir uns vor, wie Forstfachleute der Bevölkerung beibringen, Bäume anzupflanzen und zu pflegen, wie in dem Entwicklungsprozeß moderne Hochtemperaturreaktoren, Kernkraftwerke der vierten Generation, gebaut werden.

Doch was geschieht statt dessen? Es werden verrückte Projekte wie Desertec geplant, die entgegen allen Gesetzen der Energieflußdichte die Sonne Afrikas ausbeuten sollen. Mit Sonnenkollektoren auf einer Fläche von 30.000 km2 und geplanten Investitionen von 400 Mrd. Euro will Europa 50% seines Strombedarfs decken. Die gleichen Leute, die behaupten, das Tschadseeprojekt, die blaue Revolution in Ägypten, die Waldmauer in Tunesien u.a. seien zu teuer und zu kompliziert, setzen sich für Desertec oder den Bau von Eisenbahnen ein, die nur Uran, Kupfer oder Öl ausbeuten sollen, ohne das Hinterland zu entwickeln. Was Afrika eigentlich braucht, ist ein transkontinentales Eisenbahnnetz von Nord nach Süd und von Ost nach West, wie es die Vereinigten Staaten einmal gebaut haben.

Wenn wir das der europäischen Bevölkerung in einem Moment des gärenden Massenstreiks bewußt machen, kann das viele Augen öffnen. Es ist diese unmittelbare Notwendigkeit für Großprojekte zum Wohle Afrikas, was wir als unser Geschenk an das Ferment des Massenstreiks übermitteln müssen, und genau das habe ich in den Mittelpunkt meines Präsidentschaftswahlkampfes gestellt.

Wahlkampf mit Ideen führen

Dafür bekommen wir Unterstützung von Bürgermeistern aus den französischen Überseegebieten, zum Beispiel aus Neukaledonien. Mein Plan ist es, eine Gärung unter den Bürgermeistern zu entfachen, die unseren Politikern Feuer unter dem Hintern machen wird. Der Wahlkampf soll also mit Ideen geführt werden, und nicht nur mit Ideen, sondern mit allerlei Feuerwerk - einem Feuerring vom Pazifik zum Atlantik unter dem moralischen Hintern jener, die meinen, die Situation ignorieren zu können. Einer unser Bürgermeister-Freunde ist hier und wird auch im Namen dieser anderen Bürgermeister sprechen [siehe Neue Solidarität 31/2011].

Es gibt aber auch noch die Frage der Einwanderer. Sicher, wir müssen Afrika entwickeln, wir haben aber auch eine Verpflichtung gegenüber den Einwanderern. Wenn der Grundsatz von Gastfreundschaft und gemeinsamer Entwicklung nicht zu Hause gilt, wie sollen wir dann Afrika entwickeln können? Einige Leute in Deutschland, aber auch in Frankreich wie Marine Le Pen behaupten, „gegen Einwanderung, aber nicht gegen die Einwanderer“ zu sein, und man müsse Afrika entwickeln, um zu verhindern, daß die Menschen nach Europa kommen. Mit solcher Sophisterei muß Schluß sein!

Es ist längst eine Tatsache, daß das, was in Westeuropa von der Arbeiterklasse übrig ist, mehrheitlich afrikanischen Ursprungs ist und mittlerweile Teil von uns geworden ist. Nach jüngsten Forschungsergebnissen gibt es dennoch einen Unterschied, nämlich daß die Afrikaner nichts vom Neandertaler in ihren Genen haben, während wir Europäer etwa 4% des Neandertalers in unseren Genen haben! Über solchen Schwachsinn lassen sich Leute aus, das ist nur noch zum Lachen!

Wir müssen Afrika entwickeln, aber auch unsere Einwanderer müssen wir als Aufgabe sehen. In Deutschland sind viele türkischer Herkunft - die „Sarrazinen“, aha! -, in Frankreich kommen viele aus dem Maghreb, aber sie sind ein Teil von uns. Wir müssen ihnen die Tür zur Mitgestaltung der Politik dort öffnen, wo sie arbeiten. Bereits die Schriftsteller der Renaissance äußerten sich eindeutig zu dieser Frage: Die Teilhabe an der Arbeit definiert die Nationalität. Der große Fehler aller „Progressiven“ Europas in den sechziger Jahren bestand darin, daß sie ihre sozialen Kämpfe nicht mit dem Aufbruch der afrikanischen Unabhängigkeitsbewegungen verbanden und damit keinen geistigen Abbau des Kolonialismus in Gang setzten.

Der britische Imperialismus spielt nicht nur einzelne Völker gegeneinander aus, sondern erzeugt auch innerhalb unserer eigenen Länder einen Zustand ständiger interner Kriege, was nur von oben durch die Einleitung von Großprojekten gestoppt werden kann. Insofern entspricht die gemeinsame Entwicklung der Eurasischen Landbrücke vom Atlantik bis zum Chinesischen Meer den Großprojekten in Afrika: Es ist eine Einheit.

Um uns selbst in Afrika zu retten, müssen wir offensichtlich jetzt das Euro-System aufgeben und es ersetzen - aber nicht durch einen Rückzug auf „unseren eigenen Kram“, einen nationalen Monetarismus, sondern durch das Gefühl einer höheren Zweckgemeinschaft von den Vereinigten Staaten über Europa bis Afrika, wie ich schon sagte, und das sollte die Grundlage für eine französisch-deutsche Entschlossenheit sein - eine antichauvinistische, französisch-deutsche Entschlossenheit, eine Entschlossenheit mit einer gemeinsamen klassischen Kultur, wie sie uns gestern abend gezeigt wurde. Wir brauchen einen neuen Westfälischen Frieden, um die Europäische Union abzulösen, und Afrika ist der Test für unsere Unsterblichkeit.

Die Verrohung überwinden

Betrachten wir dies von der erforderlichen Ebene aus: Viele Franzosen, darunter auch einige wohlmeinende, die ich in letzter Zeit traf, sagen, daß es fast unmöglich sei, Afrikaner in moderner Technik, in Mechanik auszubilden, und ich weiß auch, daß einige Chinesen - ich versuche, höflich zu sein, wenn ich sage, „einige“ - genauso denken. Wenn Sie das akzeptieren, dann verraten Sie die Menschheit - in den anderen und in sich selbst. Was ist das Problem? Es ist die Verrohung der Afrikaner, aber es ist auch die selbstverschuldete Verrohung unserer eigenen kreativen Kräfte. Natürlich, wenn man versucht, Afrikaner mechanistisch zu drillen, daß sie Formeln anwenden und Befehle befolgen, dann werden sie das zurückweisen, weil sie es zurecht so verstehen, daß man sie nur als Maschinenersatz betrachtet.

Um sie auszubilden, muß man ebenso, wie wenn man heute unsere eigene Bevölkerung ausbilden will, unsere Jugend, die sich im Griff von Lust und Schmerz verliert, wie gestern wiederholt gesagt wurde, in sich selbst zunächst den Funken geistigen Lebens entdecken, um ihn an andere weitergeben zu können. Es gibt keine Spontanzeugung geistigen Lebens durch Gewohnheit oder Know-how, die nicht mit dem Leben übereinstimmt. Leben, geistiges Leben, entsteht stets und ausschließlich aus einem aktiven geistigen Leben. Und wie könnten wir das einander geben, wenn wir es nicht in uns selbst erlebt haben? Und die meisten Einrichtungen, die heute irgendetwas unterrichten, lehren uns nicht, wie man kreativ ist, sondern nur, wie man Formeln anwendet.

Der Vorteil des anderen, also das Prinzip des Westfälischen Friedens, beruht auf einem gemeinsamen Prinzip kreativer Entdeckung. Eine Plattform der Entwicklung bedeutet für Afrika - und für uns - eine Änderung der Vorstellungen von Raum und Zeit, ein Verständnis unserer Menschheit als etwas Werdendes. Öffentliche Arbeiten, Großprojekte gegen den Absolutismus von Raum und Zeit, und nicht nur gegen den Absolutismus der Monarchen der Wirtschaft, wie Roosevelt sagte.

Cheikh Anta Diop, der große afrikanische Denker, dem in den sechziger Jahren aufgrund des Versagens der progressiven Kräfte eine führende Position verweigert wurde, hatte ein Gespür für dieses Konzept der Kontinuität durch Wandel und das Recht Afrikas, von allen Entdeckungen der Menschheit zu profitieren, und nicht in die Falle des „Afrikanismus“ zu geraten, jene Chauvinistische Krankheit, die das Spiegelbild des Imperialismus ist - oder besser gesagt, die Waffe des Imperialismus, mit der Afrika im Zustand freiwilliger Unterwerfung gehalten wird.

Hören wir was Cheikh Anta Diop, in Zivilisation oder Barbarei sagt:

An diesem Punkt sind wir angekommen.

Die Frage der Musik

Ich muß noch einen letzten Punkt ansprechen, der Europäer und Afrikaner nach meiner Erfahrung noch mehr schmerzt als alles andere, aber entscheidend ist im Kampf gegen das oligarchische Prinzip in uns selbst: Die Frage der Musik. Ich bin versucht zu sagen, „Es ist die Musik, Dummkopf!“ [Lachen.] Denn ohne ein Verständnis des Prinzips - und Lyn wird darüber ja heute nachmittag noch sprechen - ohne ein Verständnis des Prinzips der klassischen Komposition in der Musik, der Mehrdeutigkeit des Konfliktes zwischen zwei oder mehr Stimmen, die nur im menschlichen Geist gelöst werden kann: ohne dies kann es keine kreative Beteiligung an großen Projekten als ein Abenteuer geben, das uns allen die Tore zum Wissen öffnet. Wie kann man die Bedeutung der Strahlung verstehen und diejenige heraussortieren, die eine Gefahr darstellen könnte, wenn der Geist nicht darauf eingestimmt ist? Glass-Steagall ist der Weg für die menschliche Entwicklung. Und die Macht der menschlichen Entwicklung beruht auf dem, was die klassische Kunst bringt - nicht auf der Zungenspitze, sondern an der Spitze des Geistes.

Und da liegt eine wesentliche Herausforderung. Weil die Bushs - und, das muß ich hinzufügen, auch die Kerrys und andere im Skull-and-Bones-Klub - den Schädel des Geronimo geholt haben, um auf magische Weise die Kraft der Wildnis für die Oligarchie einzufangen - der Inbegriff davon war Theodore Roosevelt -, haben wir als soziale Unterhaltung einen Krach angenommen, der uns zerstört, einen Krach, von dem einige behaupten, er sei afrikanische Musik, aber er ist eigentlich bloß eine Flucht aus der Verzweiflung oder vielmehr eine Anbiederung an die Verzweiflung. Und indem wir uns vor der Oligarchie verbeugen, haben wir sie lasterhaft als eine soziale Lebensform übernommen - die oligarchische Ausnutzung der Verzweifelung der Geplünderten als unsere Unterhaltung.

Wir müssen dem ein Ende setzen. Und deshalb werde ich mir die Kultur auf die Fahne meines Präsidentschaftswahlkampfes schreiben, in Übereinstimmung mit dem, was gestern gesagt wurde, was heute gesagt werden wird, und was wir morgen wiederholen werden - und so weiter an jedem Tag, bis wir gewinnen - und auch noch lange, nachdem wir gewonnen haben.

Ohne diese Entschlossenheit wäre ich ein korrupter Schwindler, wie alle anderen. Unsere Strategie ist es, den menschlichen Geist zu erhalten, denn wir wissen, daß es jetzt eine „Änderung zum Guten gibt - oder zur Hölle“. Wir kämpfen zwar, aber wir wollen darüber nicht auf die Prinzipien unseres Denkens, unserer Aufgabe im Universum verzichten. Wir mögen sterben, aber wir wollen nicht so sterben wie die Dinosaurier.


Anmerkung

1. Stop the Club of Rome Genocide in Africa: A Critique of the Lagos Plan, von Lyndon H. LaRouche, Jr., 1980 MS, EIR - eine Kritik am „Lagos-Aktionsplan: 'Terra-Forming' the Sahara and Nile(April 28-29, 1980) der Organization Afrikanischer Einheit.

Den ersten Teil der schriftlichen Dokumentation der Konferenz des Schiller-Instituts finden Sie in der Neuen Solidarität 28/2011, den zweiten Teil mit den Beiträgen über die Notwendigkeit einer Rückkehr zum Glass-Steagall-Trennbankensystem in der Neuen Solidarität 29/2011. In der Neuen Solidarität 30/2011 erschienen Beiträge zur Frage der wissenschaftlichen Methode. Die Beiträge über die Zerstörung der Realwirtschaft durch die derzeitige Politik finden Sie in der Neuen Solidarität 31/2011. Die Video-Mitschnitte der Konferenzbeiträge finden Sie auf der Internet-Seite des Schiller-Instituts.

Lesen Sie hierzu bitte auch:
Dossier:Großprojekte
- Neue Solidarität Online