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Neue Solidarität
Nr. 33, 17. August 2011

Kreativität als solche

Von Lyndon LaRouche

Die folgende Rede hielt Lyndon LaRouche auf der Konferenz des Schiller-Instituts in Rüsselsheim am 3. Juli im Rahmen des vierten Themenkreises „Klassische Kultur als notwendige Bedingung der Menschheit“.

Dies ist wahrlich die wichtigste aller strategischen Fragen, mit denen wir es heute zu tun haben: der Umstand, daß die menschliche Gattung über absolut einmalige Fähigkeiten verfügt. Im ganzen Universum ist keine andere derartige Gattung bekannt, die je existiert hätte oder hätte existieren können. Allerdings haben wir natürlich den Krebsnebel oder ähnliche Bereiche der riesigen Galaxis, die man die Milchstraße nennt, noch längst nicht vollständig erforscht. Es gibt dort draußen vielleicht viele Gattungen mit kognitiven Fähigkeiten. Und das Sonnensystem, dessen unmittelbares Produkt wir sind, wird ständig von galaktischen Prozessen bestimmt, worüber wir heute durchaus einiges wissen.

Unsere Mitarbeiter in den Vereinigten Staaten beschäftigen sich intensiv damit, eben diese Frage zu klären: Wie alt ist eigentlich das Leben? Wie lange gibt es Leben in dieser Galaxis bzw. irgendwo darin? Was ist die Natur der Menschheit, die auf diesem Planeten erst seit wenigen Millionen Jahren lebt? Nach unserem besten Wissen gab es auf der Erde bis vor wenigen Millionen Jahren keine Menschen. Doch die Galaxis besteht seit Milliarden von Jahren, über die sich sämtliche lebenden Prozesse, von denen wir heute wissen, entwickelt haben. Alles Leben ist kreativ.

Dabei gibt es allerdings eine Schattenseite: Über 95% aller bekannten Lebewesen sind ausgestorben, sie waren in ihrer Zeit nicht überlebensfähig. Damit stellt sich die Frage: Können wir Menschen in der jetzigen kritischen Phase der Bewegung des Sonnensystems durch die Galaxis, wo ein weiteres Massenaussterben von Lebewesen ansteht, wirklich so anmaßend sein, uns einzubilden, das menschliche Leben könnte nicht genauso verschwinden wie die Dinosaurier in der letzten großen Extinktionswelle? Was ist an dem Menschen, das uns sagen läßt, er ist mehr als eine Tierart, die zu gegebener Zeit hinweggerafft wird?

Die Antwort ist wenig bekannt. Die meisten Menschen habe nicht die geringste Ahnung, was die Antwort ist. Tatsächlich stützt sich unsere ganze Gesellschaft auf Leute, die keine Ahnung haben, was die menschliche Gattung überhaupt ist! Die einzige Erklärung, die ihnen einfällt, ist, wir seien eine Art Tier mit tierischen Eigenschaften von Freude und Schmerz, die unser Verhalten bestimmen.

Woher sollten wir also das Recht nehmen, zu behaupten, daß die menschliche Gattung das nahende Massensterben, das uns im weiteren Verlauf der Bewegung des Sonnensystems durch die Galaxis droht, überleben wird? Woher wissen wir, daß die Menschheit während des 62-Millionen-Jahre-Zyklus, der so viele andere Lebewesen hinweggerafft hat, nicht untergeht?

Die Leute reden immer nur über „Politik“, über praktische Dinge, über die öffentliche Meinung, über Änderungen unserer Gewohnheiten und solche Dinge. Doch was geschieht? Wir nähern uns der Zeit eines neuen Massensterbens, bei dem alles um uns herum verschwinden könnte. Warum sich dann überhaupt Sorgen machen? Wenn wir ohnehin verschwinden werden, warum sich Sorgen machen? Warum sollte man kämpfen?

Was ist in uns, das die anderen uns bekannten Lebwesen nicht haben? Steckt darin vielleicht in wunderbarer Weise eine Bestimmung für unsere menschliche Gattung, die wir keiner anderen lebenden Art zubilligen? Es gibt einen Namen für diese besondere Qualität, die wir in der menschlichen Gattung kennen und die es bei keinem anderen Lebwesen gibt: Kreativität, eine Eigenschaft, die nur der Menschheit eigen ist. Wer nicht kreativ ist und Kreativität nicht versteht, hat noch nicht die Fahrkarte zum Überleben gelöst.

Aber die Kreativität wird uns nicht retten, wenn wir sie nicht nutzen! Wenn wir nämlich eine Politik des technischen Nullwachstums betreiben, dann werden wir ausgelöscht, das kann ich Ihnen garantieren. Es wird uns ohne Verzögerung treffen! Ich weiß nicht, wann genau das sein wird, aber nach geologischer und galaktischer Zeit wird es bald sein.

Weswegen leben wir also? Warum glauben wir, daß unsere Gattung eine Zukunft hat? Warum glauben wir, daß wir Kinder und Enkel haben sollten?

Wie oft haben Sie erlebt, daß die eben von mir aufgeworfene Frage in der politischen Debatte von Nationen eine Rolle spielt? Dabei ist diese Frage die wichtigste, die sich eine Gattung überhaupt stellen kann: ihr Aussterben bzw. die Möglichkeit, nicht aussterben zu müssen. Wir kennen diese Möglichkeit bzw. können sie wissen, wenn wir uns nicht hartnäckig dagegen sträuben: es ist die menschliche Kreativität, das Phänomen der willentlichen menschlichen Kreativität, die bei keiner anderen uns bekannten Art vorkommt.

Die menschliche Gattung, die erst seit wenigen Millionen Jahren auf diesem Planeten lebt, hat eine bestimmte Qualität, die kein anderes bekanntes Lebewesen je gezeigt hat. Leider herrscht jedoch unter den Menschen nur ein sehr begrenztes Interesse an diesem Thema. Die reden über „Kreativität“ bei allem möglichen - bei den neuesten Kleidermodellen oder Kochrezepten zum Beispiel. All das gilt als Erfindung oder grundlegende Entdeckung. Das sind sie aber nicht! Ob man seine Kleidung verkehrt herum trägt oder nicht, ist für das Überleben unserer Gattung unerheblich. Es mag unterhaltsam sein, aber für die Zukunft unserer Gattung ist es wenig von Belang.

Der Mensch verfügt aber über eine ganz besondere kreative Eigenschaft, die wir sehr wohl kennen, wenn wir wollen.

Zunächst einmal: Alle Formen des Leben sind kreativ. Sie alle wurden kreativ geschaffen und stellen eine qualitative Differenzierung gegenüber anderen Arten dar. Sie entstammen nicht notwendigerweise einer einzelnen Schöpfungslinie. Für die Erzeugung, die Kreuzung und die Herkunft von Arten gibt es viele komplizierte Wege. Unser Basement-Team hat sich intensiv mit der bisher bekannten Geschichte des Lebens auf unserem Planeten und in unserer Galaxis beschäftigt. Entscheidend ist, daß jede Tierart kreativ ist, jedoch nicht willentlich. Die Kreativität ist ihnen angeboren, sie sind sich ihrer nicht bewußt, sie können sie nicht steuern. Sie können sich nicht für Kreativität entscheiden. Kreativität entscheidet sich für sie. Wenn es zu einem Massenartensterben kommt, scheinen die Fähigkeiten der Tiere überfordert zu sein.

Die meisten Tiere, die heute auf der Erde leben, wären ohne die Menschheit wahrscheinlich schon ausgestorben. Warum gibt es dann noch Tiere? Wir fördern, sozusagen künstlich, ihr Dasein auf diesem Planeten. Wenn wir Rinder wollen, müssen wir sie züchten; wenn wir Milch wollen, müssen wir Kühe halten. Wenn wir keine Kühe halten: selbst schuld - dann haben wir keine Milch! Alle unsere Nahrungsmittel und vieles andere in Verbindung mit Tieren und Pflanzen wird vom Menschen organisiert, weil er es für notwendig erachtet. Er kultiviert sie, weil sie für die Menschheit nützlich sind.

Soweit zur Kreativität von Tieren - nur der menschlichen Gattung ist das Potential der Entdeckung von Prinzipien angeboren. Und wenn es dazu kommt, daß eine oder viele Arten aussterben, dann ist der Grund dafür, daß diesen Tierarten die Optionen ausgehen, sich an die neuen Umstände anzupassen.

Nach oben gerichtete Evolution

Ein weiterer Aspekt ist entscheidend, um zu verstehen, was ich eben gesagt habe. Daß es Leben und insbesondere menschliches Leben auf diesem Planeten gibt, beruht auf einem natürlichen Grad an Kreativität, d.h. einer nach oben gerichteten Evolution.

Es gibt Verhaltensevolution in Form von Anpassung. Bei der Schaffung neuer Naturzustände bei Tieren und Pflanzen erfolgt das automatisch. Doch irgendwann wird ein Punkt erreicht, wo das gesamte System entweder durch die Erschöpfung bestimmter Ressourcen oder durch neue Bedingungen in der Galaxis zum Stillstand kommt - zum Beispiel in galaktischen Perioden, wo unser Sonnensystem in einen anderen Arm der Galaxis eintritt oder wenn sich das Sonnensystem über die galaktische Ebene bewegt, wo es weniger geschützt ist als unter der galaktischen Ebene.

Wichtig ist festzustellen, daß das Überleben der Menschheit davon abhängt, die sogenannte Energieflußdichte zu erhöhen, mit der der Mensch den Charakter seiner Umwelt willentlich ändern kann. Ein Beispiel: Der Mensch unterscheidet sich von anderen Arten vor allem dadurch, daß er sich bewußt des Feuers bedient. Kein Tier und keine Pflanze hat jemals willentlich Feuer entfacht. Der Mensch zeichnet sich dadurch aus, daß er zunächst alles mögliche verbrannte, um sein Leben zu erleichtern, dann aber immer höhere Formen der Verbrennung entwickelte. Unsere ältesten Vorfahren verbrannten wahrscheinlich anfangs Buschwerk, benutzten dann Holzkohle, Kohle, Koks usw. Mit jedem weiteren Schritt, auf dem der Fortschritt des menschlichen Lebens beruhte, erreichten wir höhere Ebenen der sogenannten „Energieflußdichte“, d.h. der Querschnittstemperatur, mit der die Verbrennung erfolgt. Die Fähigkeit, menschliches Leben zu erhalten und das Wachstum der menschlichen Gattung zu ermöglichen, ist davon abhängig, daß wir immer höhere Ebenen der Energieflußdichte zu erreichen.

Wir sind jetzt in eine Periode eingetreten, in der für das weitere menschliche Leben auf diesem Planeten auch ohne galaktische Einflüsse unbedingt die Kernkraft als grundlegende Energiequelle erforderlich ist, um die Lebensbedürfnisse zu befriedigen. Die Kernspaltung als solche dürfte dafür kaum mehr ausreichen. Damit die Menschheit überleben kann, müssen wir beginnen, die Kernfusion als Energiequelle einzusetzen. Darüber hinaus müssen wir Ansätze entwickeln, um eine weitere Energietechnik, sogenannte Materie-Antimaterie-Reaktionen, zu nutzen. Bei allen geht es darum, die Intensität des Querschnittswerts von Wärme zu steigern.

Deshalb ist eine Gesellschaft, die auf Windmühlen setzt, zum Untergang verurteilt! Eine Windmühlengesellschaft ist eine Gesellschaft des Massenselbstmords, in der man keine Chance hat!

Das Universum, das Leben auf diesem Planeten ist ausgerichtet auf die Menschheit als Gattung, die fähig ist, ihre Produktivkräfte auf der Grundlage höherer Ebenen der Energieflußdichte zu organisieren. Wir haben jetzt den Punkt erreicht, wo wir ohne Kernspaltung und Kernfusion als Gesellschaft nicht mehr existenzfähig sind. Damit die Menschheit heute überleben kann, dürfen wir uns nicht mehr auf Kohle und Öl und schon gar nicht auf Windmühlen stützen. Das wäre eine äußerst donquijotische Idee! Ohne Kernenergie und Kernfusion ist unsere Gesellschaft nicht überlebensfähig.

Warum ist die Menschheit anders?

Genauso ist die Vorstellung, es könnte „Grenzen des Wachstums“ geben, eine kriminelle Form des Wahnsinns. Durch die Entwicklung höherer Technologien sind dem Menschen in seiner Fortentwicklung keine Grenzen gesetzt. Schauen wir uns das Universum und das Sonnensystem dort oben an! Was treibt die Sonne an? Wie hat sich die Sonne entwickelt? Wie hat sich die Galaxis entwickelt? Was ist vor kurzem mit dem Krebsnebel passiert? Und was bedeuten diese qualitativen Veränderungen?

Das Universum ist kreativ! Die Galaxis ist kreativ! Das Sonnensystem ist kreativ! Die Menschheit ist von Natur aus kreativ. Wenn der Mensch aber zu primitiven Formen der Wärmegewinnung zurückgeht, indem er dieses oder jenes verbrennt oder Windmühlen baut, schafft er sich eine Gesellschaft, die sich selbst zerstört und von diesem Planeten verschwinden wird.

Pflanzen und Tiere machen in gewisser Weise auch Entdeckungen, aber nur sehr beschränkt. Warum ist die Menschheit anders? Was ist eigentlich „Kreativität“ - wirkliche Kreativität und nicht bloß Innovation? Seine Hosen andersherum zu tragen, ist nicht kreativ. Das mag innovativ sein, aber nicht kreativ.

Der menschliche Geist, den ich hier noch nicht definiert habe, hat schöpferische Fähigkeiten, die nur dem Menschen eigen sind. Jeder Mensch hat dieses Potential - solange nicht z.B. eine wirklich ernste Störung des biologischen Systems beim Kind vorliegt oder eine andere Schädigung den Prozeß unterbricht. Aber der Mensch ist von Natur aus kreativ.

Was bedeutet das? Es bedeutet, daß wir in der Lage sind, Prinzipien zu entdecken, die weit über das hinausgehen, was wir mit unserer Sinneswahrnehmung erfassen. In dem Maße, wie der Mensch glaubt, die fünf Sinne bestimmten das Sein, führt er sich selbst in die Irre. Wirkliche Kreativität hat einen anderen Aspekt.

Wo liegt das Problem? Was macht uns dumm? Warum verhalten wir uns fast immer dumm? Weil wir an die Sinneswahrnehmung glauben! Wir meinen, die bloße Erfahrung unserer fünf Sinne sei der Test der Realität. Das ist nicht menschlich, das ist affig! Affen werden immer daran glauben, aber wenn wir Menschen so denken, machen wir uns selbst zum Affen.

Ein neugeborenes Kind hat, wenn es nicht schwer behindert ist, fünf Sinne. So gesehen haben wir einige Vorteile gegenüber vielen Tierarten, aber wir haben auch einige Unzulänglichkeiten. Wenn ein Mensch beispielsweise wie ein Vogel zu fliegen versuchte, würden ihm hierzu nicht nur die Flügel fehlen. Er ist damit nicht auf die Welt gekommen. Man kann auf diese Weise zwar seine Achselhöhlen lüften, doch das hilft einem nicht, aus eigener Kraft zu fliegen. Das ist für unsere Spezies nicht vorgesehen. Und diese verwünschten Vögel können noch etwas, was wir nicht können, nämlich [ohne Instrumente] nach Norden und nach Süden fliegen. Sie haben eine Sinnesfähigkeit entwickelt, mit der sie bestimmten Bahnen im kosmischen Strahlungsfeld folgen können. Und solange das kosmische Strahlungsfeld nicht gestört ist, werden sie stets die gleiche Richtung finden.

Auf das gleiche trifft man bei Fischen. Normalerweise finden Fische ihren Weg durch das Meer aufgrund kosmischer Strahlungsflüsse. Als es kürzlich zu einem Massenfischsterben an der Pazifikküste von Kalifornien kam, war der Grund dafür, daß diese Strahlungsflüsse durcheinander geraten waren und die armen Fische sich in einer Meeresbucht verirrten, wo sie sämtlichen Sauerstoff im Wasser aufbrauchten. Es kam zu einer Art selbstmörderischem Massenfischsterben, weil sie sich an einer kleinen Stelle drängten und nicht wieder herausfinden konnten.

Schweine können sehr gut Erdbeben wahrnehmen. Die Chinesen nutzen diese Eigenschaft von Schweinen als Vorwarnsystem für Erdbeben. In einem Fall wurden in China viele Menschenleben gerettet, weil die Menschen darauf hörten, was die Schweine zu „sagen“ hatten. Die Schweine quiekten sozusagen, daß ein Erdbeben bevorstand. Die Chinesen verstanden ihre Schweine und evakuierten die Menschen aus den Gebieten mit dem größten Risiko.

Unser größter Vorteil im Umgang mit Erdbeben heute ist, daß wir von den Tieren lernen können. Wir haben erkannt, daß man bestimmte Fähigkeiten künstlich erschaffen kann. Wir verfügen nicht selbst direkt über diese Fähigkeiten, aber wir können unseren Geist benutzen. Wir können Meßinstrumente entwickeln, und wir können erkennen, daß einige dieser Instrumente uns zeigen, was im Bereich der kosmischen Strahlung geschieht.

Das, was der Menschheit große Neuerungen ermöglichte, nennt man gewöhnlich „Entdeckungen universeller physikalischer Prinzipien“. Das heißt, die fünf Sinne sind schon vor langer Zeit aus der Mode gekommen. Nicht daß man sie nicht gebrauchen würde, aber das Problem ist, wenn man nur seinen fünf Sinnen glaubt, wird man keine überlebensfähige Gesellschaft hervorbringen. Zum Beispiel machte Johannes Kepler eine Entdeckung eines universellen Prinzips, das Gravitationsprinzip, und diese Entdeckung Keplers hat viele andere Überlegungen angeregt.

Mit den heutigen nuklearen Entwicklungen und insbesondere mit dem Aufbau der NASA sind Menschen in den nahen Weltraum aufgebrochen und haben Instrumente ins All geschickt. Wir sind heute auf viele verschiedene künstliche Satelliten und andere elektronische Instrumente angewiesen. Wir brauchen aber nicht nur Meßinstrumente, sondern auch Entdeckungen exakter physikalischer Prinzipien. Was wir als Prinzipien der Chemie, Physik usw. kennen, benutzen wir inzwischen, als seien sie Sinnesorgane! So kann man inzwischen sogar die Wahrscheinlichkeit von Erdbeben in bestimmten Gegenden voraussagen. Wenn wir mehr und bessere Instrumente entwickeln würden, könnten wir solche Phänomene immer weiter eingrenzen.

Was ist dabei das wesentliche? Es ist der Unterschied zwischen Mensch und Tier. Jede Tierart hat ihre eigene besondere Auswahl entsprechender Sinneswahrnehmungen. Der Mensch ist in der Lage, sich willentlich die zusätzlichen Wahrnehmungsfähigkeiten anzueignen.

Deshalb ist das Problem in unserer heutigen, völlig fehlinformierten Gesellschaft, daß der normale Bürger glaubt, die Wahrheit definiere sich nur nach den Eindrücken der fünf angeborenen Sinne, über die alle Menschen verfügen. Doch das ist nicht wahr. Wenn wir glauben, unsere fünf Sinne und das Gehirn im Sinne einer Funktion dieser fünf Sinne wären der menschliche Geist, dann sind wir nicht wirklich menschlich, oder zumindest wüßten wir nicht, was eigentlich das Menschliche ist.

Das Beispiel Musik

Nehmen wir als Beispiel die Musik. Einer der Hauptgründe dafür, warum die Menschen heute so dumm geworden sind, war der Kongreß für Kulturelle Freiheit, der behauptete, die klassische Komposition sei nicht mehr zeitgemäß, wir sollten uns mehr von unseren Instinkten leiten lassen oder ein bestimmtes Organ oder das eines anderen befummeln oder so etwas ähnliches. Das ist typisch für das heutige Verhalten. Die Leute meinen, wenn man etwas mit den fünf Sinnen überprüft, sei das bereits ein Beweis der Realität. In Wirklichkeit ist es ein Beweis für Tod, für schnelleren Tod.

Wer an die fünf Sinne glaubt, wer meint, Nationen könnten keine Erdbeben vorhersagen, der setzt den Fortbestand der menschlichen Gattung aufs Spiel! Denn im Augenblick befinden wir uns in einer Periode zunehmender Tornados, Erdbeben, Vulkanausbrüche und ähnlichem. Wir sind in einer galaktischen Periode, in der wir es mit schwereren und häufigeren Erdbeben und ähnlichen Phänomenen zu tun bekommen werden.

Wenn wir nicht die Fähigkeit erwerben, die Wahrscheinlichkeit von Erdbeben vorherzusagen, und Anstrengungen unternehmen, um die Menschheit vor ihnen zu schützen - d.h. die Städte und Gebäude in Gegenden, wo Erdbeben seismisch wahrscheinlich sind, erdbebensicher zu machen -, dann wird es eine Zerstörung von Kulturen geben, die wir nicht überleben können.

Und damit verwandt: Wenn wir nicht unser Verständnis der Eigenschaften des Sonnensystems und der Galaxis erweitern, vor allem was verschiedene Arten von Strahlungen angeht, dann können wir auch keine Mittel finden, um die Menschheit vor dieser Art Strahlung zu schützen. Vergessen wir nicht, daß wir Menschen in einem sehr engen Band des Strahlungsspektrums leben - sehr eng, was die Sinneswahrnehmung globaler Systeme angeht. Wenn wir das Lebensumfeld von Menschen auf Gebiete erweitern wollen, wo andere Strahlungsbedingungen herrschen, und wir uns nicht anpassen können, werden wir umkommen. Somit zeigt uns der Fortschritt in der Wissenschaft, wenn man von den eben von mir genannten Überlegungen ausgeht, daß die Menschheit durchaus die Dinge überleben könnte, die heute absehbar sind.

Aber daran wird noch etwas viel wichtigeres deutlich, und damit kommen wir wieder zur klassischen Musik zurück - im Gegensatz zu all dem heutigen Schrott wie der immer höheren Stimmung, die nur ein anderer Weg ist, diese menschliche Funktion kaputtzumachen.

Wir suchen nach einer natürlichen Funktion; wir suchen nach einer natürlichen Stimmung im menschlichen Geist bzw. der menschlichen Singstimme. Wenn man darin ein wenig geübt ist, entwickelt man eine natürliche Neigung dazu. Wie Furtwängler wiederholt sagte: Das Geheimnis der Musik liegt nicht in den Noten, sondern zwischen den Noten! Und genau das hat Bach in seinen Werken verdeutlicht.

Was ist dann also menschlich oder potentiell menschlich an uns, das uns das Überleben ermöglicht, wo keine Tierart überleben würde? Wir können eine Geisteshaltung entwickeln, die nicht auf die fünf ursprünglichen Sinne beschränkt ist. Wenn wir darüber hinausgehen in höhere Bereiche, und wenn wir uns geistig auf Experimente orientieren, die das ausdrücken, dann zeigt sich der eigentliche Unterschied zwischen Mensch und Tier. Es zeigt sich ein Potential für das menschliche Überleben, wo keine Tierart in der Lage ist, die notwendige Anpassung vorzunehmen, durch die der Mensch sein eigenes Überleben sichern kann. Das ist Kreativität!

Mathematik ist nicht kreativ

Wie arbeitet sie? Kreativität findet nicht in der Mathematik statt. Die Mathematik ist von Natur aus nicht kreativ, denn ihr Ursprung kommt aus den fünf Sinnen. Deswegen sagte Riemann, daß man zur Ausübung der Physik das Gebiet der Mathematik verlassen muß. Wenn man sich nur auf die Mathematik stützt, um etwas zu beweisen, denkt man nicht wirklich wie ein Mensch. Auch Tiere wären dazu in der Lage, wenn sie rechnen könnten.

Wenn man von Kreativität spricht, geht es genau um diesen Bereich. Dies ist die Bedingung der Menschheit. Leider folgt man in den heutigen Gesellschaften allgemein akzeptierten Verhaltensregeln, wonach Wahrheit nach der Erfahrung der fünf angeborenen Sinne definiert ist. Aber es gibt auch einige Menschen, die in einigen ihrer Sinnesfunktionen beschränkt sind, die sich im Leben aber dennoch zu sehr intelligenten Menschen entwickelt haben. Das zeigt, daß wir Menschen mit unserem Geist Funktionen synthetisieren können, um verlorene oder zerstörte Sinnesfähigkeiten zu ersetzen.

Das ist die Kreativität. Es betrifft aber auch die Frage, wo der Geist tatsächlich lokalisiert ist. Er liegt nicht in den fünf Sinnen. Er liegt in jenen bewußten, willentlichen Eigenschaften des menschlichen Geistes, die über die Sinneswahrnehmung hinausreichen und eine Vorstellung von der Natur des Geistes erzeugen, die nicht notwendigerweise der physikalischen Erscheinung unserer fünf Sinnesorgane entspricht. Anders gesagt: wie wir aussehen, ist nicht unbedingt, was wir sind.

Im Grunde wissen wir ja, daß das, wie wir aussehen, nicht das ist, was wir sind. Das zu hören, ist für einige von uns sicherlich großartig und erfreulich. Wir sind nicht schuld daran, wie wir erscheinen. Denn vom Standpunkt des menschlichen Geistes sieht man wirklich ganz anders aus als vom Standpunkt der einfachen fünf Sinne.

Wir neigen dazu, uns zu Gefangenen unserer fünf Sinne zu machen, und das macht uns blind dafür, daß die Ideen, die die normale sogenannte Sinneswahrnehmung ergänzen und sogar ersetzen, die eigentliche Unterscheidung zwischen Mensch und Tier ausmachen.

Wo liegt nun aber diese schöpferische Kraft? Wo findet man sie? Man findet sie nicht in der Mathematik, denn die Mathematik ist ein System, das auf den Annahmen der fünf Sinne basiert. Kein kompetenter Physiker stützt sich heute auf die Mathematik. Er verwendet sie vielleicht, um den Müll auszusortieren, aber er glaubt nicht daran.

Kreativität liegt in der schöpferischen Vorstellungskraft. Sie liegt im Prinzip der Metapher, in dem, was wir „klassische künstlerische Komposition“ nennen - der disziplinierten Form der kreativen Vorstellungskraft.

Nehmen wir ein Beispiel. Max Planck und Albert Einstein waren sehr kreative Menschen. Woran wird ihre Kreativität deutlich? Bei Planck? Planck war ein fähiger Musiker. Bei Einstein? Er war ein fähiger Musiker. Planck war ein professioneller Musiker genauso wie ein professioneller Wissenschaftler!

Kreativität liegt im klassischen Bereich experimentellen Denkens. Als wir die Jugendorganisation gründeten, haben John Sigerson und ich aus diesem Grund genau darauf abgestellt. Ich bestand nachdrücklich darauf. Die Kultur ist allgemein so degeneriert, einschließlich der sogenannten Bildungsbürger und der gehobenen Gesellschaftskultur in der Musik und auch überall sonst, daß es unmöglich ist, kompetente menschliche Geistesfunktionen zu entwickeln, wenn man nicht junge Menschen als Gruppe an klassischer künstlerischer Komposition teilhaben läßt. Sie könnten sonst dem Druck der kulturellen Korruption in der heutigen Gesellschaft nicht widerstehen. Sie könnten sich dem Abgleiten in die heutigen Formen populärer Unterhaltung, die die Moral und den Geist unserer Menschen zerstören, nicht entziehen.

Man muß erkennen, daß Kreativität außerhalb des Bereichs der Sinneswahrnehmung liegt, genau wie Riemann am Ende seiner Habilitationsschrift festgestellt hat: „Es führt dies hinüber in das Gebiet einer andern Wissenschaft, in das Gebiet der Physik, welches wohl die Natur der heutigen Veranlassung nicht zu betreten erlaubt.“ Das ist die Ausgangsbasis. Und es ist der Prozeß der Metapherbildung, mit dem wir Zugang zu experimentellem Wissen und der Verwendung von Prinzipien außerhalb des Bereichs der Sinnesgewißheit erlangen, worin sich der Mensch von den Tieren unterscheidet. Von einer so verstandenen Naturwissenschaft lernen wir, diese Fähigkeiten einzusetzen.

Wer aus einem aus seiner Kinderschar einen großen Naturwissenschaftler machen will, sollte mit klassischer Musik als Medium versuchen, das zu ermöglichen.

Hier liegt das besondere Genie der klassischen musikalischen Komposition, so wie wir es heute am besten verstehen. Wenn wir in einer zivilisierten Gesellschaft die musikalische Sprache verstehen lernen, wie ein gebildeter Mensch seine Muttersprache, dann entdecken wir eine Kraft, die uns anzieht und uns den Sinn der Musik beinahe instinktiv verstehen läßt. Es taucht die Frage der Ironie auf, die sich an den Bachschen Fugen wunderbar demonstrieren läßt. Man kann anhand dieses Prinzips alles demonstrieren, denn es ist auf sehr interessante Weise unendlich kreativ.

Die Vorstellungskraft der klassischen Kultur

Deshalb brauchen wir eine Bevölkerung, die für diesen Aspekt des menschlichen Geistes empfänglich ist, weil das der Ort menschlicher Kreativität ist. Wird dieser menschliche Erfahrungsbereich - die klassische Kultur als Prinzip der Metapher - gefördert, eröffnet sich die Möglichkeit grundlegender Entdeckungen. Das gleiche geschieht, wenn man diese Denkweise in den Bereich der naturwissenschaftlichen Arbeit mitnimmt. Die besten Beispiele für die Bedeutung klassischer Musik hierfür sind Max Planck und Albert Einstein, aber auch Wernadskij! Im Bereich der klassischen künstlerischen Komposition experimentiert der Geist, wo er Prinzipien zu entdecken versucht, und in diesem Verlangen nach experimentellen Ergebnissen steckt der kreative Anreiz für den menschlichen Geist. Das ist Kreativität. Dabei verläßt man die gewohnten Verhaltensweisen des täglichen Lebens.

Wir müssen uns dabei erst an etwas gewöhnen, was uns zunächst schwer faßbar erscheint. Ein Kind würde einfach fragen: „Was bedeutet das eigentlich?“ Man versucht, es dem Kind zu erklären, und manchmal würde man das Kind auffordern, etwas zu singen. Dabei wird man erkennen, daß sich bei dem Kind ein Gespür dafür entwickelt, was man gemeint hat. Wenn man sich später mit einem großen Shakespeare-Stück oder einem Schiller-Drama beschäftigt, merkt man, daß der Prozeß genauso funktioniert. Man erkennt die im Publikum hervorgerufene Vorstellungskraft, das eigentliche kreative Element.

Es gäbe dazu natürlich noch viel mehr zu sagen, aber ich wollte Ihnen nur kurz die Frage vorstellen, um die sich die Erfahrung meines gesamten Lebens gedreht hat: In der klassischen künstlerischen Komposition, d.h. der Funktion der Metapher im klassischen Gebrauch, liegt das kreative Vermögen - nicht in der Naturwissenschaft und schon gar nicht der Mathematik. Man findet es im Zusammenhang mit der Naturwissenschaft, aber nicht in ihr. Man findet es in der entwickelten Vorstellungskraft einer bestimmten Art: der Vorstellungskraft der klassischen Kultur, wie sie sich zum Beispiel bei Platon äußert. Die klassische Vorstellungskraft bedeutet, sich außerhalb der unmittelbaren Erkenntnisdimension zu stellen, um experimentell einen möglichen neuen Weg zu eröffnen, der wahre Kreativität ist - nur diese Verlängerung.

Kreativität liegt in der Sensitivität gegenüber den Sinnen, die wir nicht besitzen, die es aber im Universum gibt und die wir entdecken können. Wir können sogar ein neues Prinzip im Universum schaffen, das ist bereits geschehen. Wenn wir so denken, dann bedeuten all die gewöhnlichen Argumente und ihre Interpretationen letztlich überhaupt nichts mehr.

Das Problem heute ist, daß die meisten Leute keine Ahnung davon haben, was Kreativität ist. Sie haben vielleicht einige Ansichten und Beschreibungen, die sie zu kennen glauben, aber das meiste davon funktioniert nicht.

Kommt man aber auf einige verläßliche Vorgaben zurück, wie auf ein Werk von Bach in der richtigen Stimmung, so findet man sich, wenn man es richtig versteht, plötzlich in einem Bereich wieder, wo man selbst eine Entdeckung machen möchte. Man stellt sich Fragen über das, was man hört: Warum so? Wie funktioniert das? Warum werden wir davon beeinflußt?

Warum stellen wir dann fest, daß wir gar nicht in einer Welt der fünf Sinne, sondern in einer Welt der Imagination leben, in der man Entdeckungen macht, die gar nichts mit Sinneswahrnehmung zu tun haben?

So entstand auch Keplers Entdeckung der Gravitation aus einem Widerspruch zwischen zwei Dingen. Einerseits benutze er das Sehvermögen, um zu beobachten, wie die Planetenbahnen geordnet waren. Das aber erklärte nicht ihre Bewegung. Deswegen bezog er die Harmonie mit ein und stellte fest, daß es dort draußen in gewissem Sinne ein sehr kompliziertes Harmoniksystem gibt, welches die Planetenbahnen definiert.

Die Entdeckung ergab sich somit aus dem Kontrast zwischen zwei Resultaten der Sinneswahrnehmung - einmal dem Sehen, das zeigte, wie die Planetenbahnen ausgerichtet schienen, und dann der Harmonik, die einen ganz anderen Sinn als das Sehen anspricht. Aus den Widersprüchlichkeiten zwischen Sehen und Harmonik als Prinzipien der Sinneswahrnehmung ergab sich ein Prinzip, das keiner Sinneswahrnehmung entspricht. Die Entdeckung der Gravitation durch Johannes Kepler auf Grundlage von Überlegungen des Nikolaus von Kues war die Entdeckung eines universellen physikalischen Prinzips, das sich nicht aus den Sichtlinien und auch nicht aus gewöhnlicher Harmonik allein ergab, sondern ein von der Sinneswahrnehmung unabhängiges Prinzip war. Das Wissen um Dinge, die vom Vermögen der menschlichen Sinneswahrnehmung unabhängig sind, ist der Schlüssel für den Prozeß höherer Entdeckungen.

Das Problem der heutigen Gesellschaft ist, daß sie dieses wertvolle Wissen nicht zu schätzen weiß, so wie ich es persönlich hochschätze, weil es meine persönliche Erfahrung ist. Es ist das Geheimnis der Menschheit und liefert die Absicht und den Zweck, der uns hin zu Entdeckungen neuer universeller physikalischer und entsprechender Prinzipien drängt, die sich nicht mittels sogenannter Sinneswahrnehmung definieren lassen.

Was einen bei der Aufführung großer Musik bewegt, ist nicht Sinneswahrnehmung. Etwas unabhängig von der Sinneswahrnehmung ergreift einen; es liegt außerhalb des Bereichs des Sensoriums. Bei den größten musikalischen Aufführungen herrscht eine Art Zauber und Mysterium, denn es entsteht ein Kontrast zwischen verschiedenen Aktivitäten der Sinneswahrnehmung; man spürt etwas, das einen mehr als alles andere ergreift, doch es läßt sich kein einzelner Sinneseindruck allein dafür verantwortlich machen. Es erscheint wie Zauberei, ist aber keine Zauberei, es ist wahrhaft menschlich.


Den ersten Teil der schriftlichen Dokumentation der Konferenz des Schiller-Instituts finden Sie in der Neuen Solidarität 28/2011, den zweiten Teil mit den Beiträgen über die Notwendigkeit einer Rückkehr zum Glass-Steagall-Trennbankensystem in der Neuen Solidarität 29/2011. In der Neuen Solidarität 30/2011 erschienen Beiträge zur Frage der wissenschaftlichen Methode. Die Beiträge über die Zerstörung der Realwirtschaft durch die derzeitige Politik finden Sie in der Neuen Solidarität 31/2011. In der Neuen Solidarität 32/2011 brachten wir zwei Konferenzbeiträge, die sich mit der Krise in Afrika befaßten, und mit den notwendigen Änderungen der westlichen Politik, sie zu überwinden. Die Video-Mitschnitte der Konferenzbeiträge finden Sie auf der Internet-Seite des Schiller-Instituts.

Lesen Sie hierzu bitte auch:
Was Lyndon LaRouche wirklich sagt
- Internetseite der Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo)
Ältere Schriften von Lyndon H. LaRouche aus den Jahren 1981-2006
- Internetseite des Schiller-Instituts
Internetseite des LaRouche-Aktionskomitees
- in englischer Sprache