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Neue Solidarität
Nr. 8, 23. Februar 2011

Ägypten: Die Lüge von der „Überbevölkerung“

Malthusianismus. Ägyptens Problem ist nicht das Bevölkerungswachstum, sondern der Mangel an wirtschaftlicher Entwicklung.

Ägypten ist eines von 13 Ländern, die der damalige Nationale Sicherheitsberater der USA, Henry Kissinger, 1974 in seinem „Studien-Memorandum zur Nationalen Sicherheit“ (NSSM-200) ausdrücklich als Ziele einer Anti-Bevölkerungspolitik nannte. Kissingers unsinnige Argumente in NSSM-200 wurzeln im britischen Malthusianismus und der Nazi-Ideologie vom „Lebensraum“. Es wird dort behauptet, das Bevölkerungswachstum in den Entwicklungsländern gefährde die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten und ihrer Verbündeten (Großbritannien), weil diese Länder für die Versorgung einer wachsenden Bevölkerung zunehmend höher entwickelte Technik verwenden und ihre Rohstoffe selbst aufbrauchen würden. Diese Rohstoffe müßten aber, so Kissinger, aufbewahrt werden, damit die USA, Großbritannien und andere US-Verbündete sie später nutzen könnten.

Natürlich ist es wahr, daß diese Länder ihre Rohstoffvorkommen und moderne Technik verwenden würden, um ihre wachsende Bevölkerung zu versorgen - aber Kissingers kriminelle, malthusianische Weltsicht macht ihn blind für eine viel wichtigere Tatsache: daß die Menschen selbst die wichtigste Ressource in jeder Volkswirtschaft sind!

Schon ein kurzer Blick auf die demographische Entwicklung in Ägypten belegt die bösartige Dummheit des Argumentes. Als NSSM-200 Anfang der siebziger Jahre ausgearbeitet wurde, bewohnten die damals 35 Millionen Ägypter nur 5% des Landes (siehe Abbildung). Heute leben die inzwischen mehr als 80 Millionen Ägypter auf weniger als 7% der Fläche des Landes - der Rest ist weitgehend Wüste. Die Tatsache, daß 80 Millionen Menschen auf einem schmalen Landstreifen entlang des Nils und im Nildelta gedrängt leben, hat nichts mit irgendeiner „Überbevölkerung“ zu tun. Nicht die Zahl der Menschen ist das Problem, sondern der Mangel an wirtschaftlicher und technischer Entwicklung. Mehr als 30 Jahre lang wurde Ägypten eine angemessene wirtschaftliche Entwicklung verweigert.

Nach der republikanischen Revolution Gamal Abdel Nassers 1952 und in den sechziger Jahren schritt die Industrialisierung des Landes rasch voran. Interessanterweise verlangsamte sich in dieser Zeit das Bevölkerungswachstum, weil mehr Frauen ausgebildet und als Arbeitskräfte angeworben wurden.

Trotzdem propagierten internationale Einrichtungen wie die UN und die UNESCO, die vom früheren Vorsitzenden der Britischen Eugenik-Gesellschaft Julian Huxley geleitet wurde, das Märchen von der „Gefahr der Übervölkerung“. Die Regierung Nasser begann ein kleines Programm für Familienplanung, aber unter Präsident Anwar Sadat wurde es weitgehend fallengelassen, weil er unter dem Slogan „Entwicklung ist die beste Verhütung“ auf wirtschaftliche Entwicklung statt Bevölkerungskontrolle setzte.

Als Sadat 1981 ermordet wurde und Hosni Mubarak das Präsidentenamt übernahm, wurde das Programm auf Druck der US-Entwicklungsbehörde USAID, der Weltbank und anderer „Geber“ (wie den Eugenik-freundlichen Rockefeller- und Ford-Stiftungen) erneuert, es wurde insbesondere für Verhütungsmittel für verheiratete Frauen geworben. Der Gebrauch von Verhütungsmitteln hat sich Statistiken zufolge zwischen 1980 und 2000 von 24% auf 50% verdoppelt, während die durchschnittliche Geburtenzahl von 5,3 auf 3,5 pro Frau sank. Hunderte von Millionen Dollars (!) wurden dafür ausgegeben, Geburten zu verhindern - anstatt eine moderne Infrastruktur aufzubauen.

Der damalige Präsident der Weltbank, Robert McNamara, behauptete nach einem Besuch in Ägypten Anfang der achtziger Jahre: „Es wurden einige Fortschritte gemacht, und es gibt Chancen für weitere Fortschritte, aber bis zum Jahr 2000 wird das Bevölkerungswachstum 75% aller Investitionen verschlingen.“ Das war die Politik, die Ägypten aufgezwungen wurde.

Lyndon LaRouche und seine Bewegung dagegen rieten den Ägyptern, durch massive Investitionen in die Wasserinfrastruktur die nutzbare Landfläche auszuweiten. Man könnte große Teile der ägyptischen Wüste begrünen, infrastrukturell erschließen und so für den Menschen zurückgewinnen.

Aber in dieser Hinsicht geschah nur sehr wenig. Statt dessen wurden am Ufer des Rotem Meeres schicke Ferienorte für die Touristen gebaut. Leider schluckten die Regierung und ein großer Teil der Elite und der Bevölkerung den vor allem in den letzten Jahren durch massive Medienkampagnen verbreiteten Mythos, das sei „Wirtschaftsentwicklung“.

Aber Mutter Natur und Ägyptens Mütter ließen sich von der Lüge der begrenzten Ressourcen nicht zurückhalten. Seit 1970 hat sich die Bevölkerung mehr als verdoppelt. Ein spektakulärer Fall war, daß mitten in einer Großkampagne in Fernsehen und Zeitungen für eine Senkung der Geburtenrate eine ägyptische Frau im August 2008 sieben gesunde Kinder zur Welt brachte.

Die ägyptische Bevölkerung ist sehr jung. Von den jetzt mehr als 80 Mio. sind nur 6 Mio. älter als 60 Jahre, aber 37 Mio. sind jünger als 15 Jahre. Von den etwa 37 Mio. zwischen 15 und 60 Jahren ist der größte Teil jünger als 30. Das ist ein großer Reichtum und eine Ressource für die Welt, wenn die globale wirtschaftliche Zusammenbruchskrise überwunden und eine wirkliche, realwirtschaftliche Entwicklung in Gang gesetzt wird.

Hussein Askary

Lesen Sie hierzu bitte auch:
Ein vielsagendes Interview mit Sir Crispin Tickell
- Neue Solidarität Nr. 14/2007
Britischer Völkermord von Thatcher bis Gore
- Neue Solidarität Nr. 14/2007
Kissingers NSSM 200
- Neue Solidarität Nr. 17/2008