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Neue Solidarität
Nr. 16, 18. April 2012

Entwicklung statt Krieg in Südwestasien:
Flüsse und Seen in der Wüste schaffen

Von Marcia Merry Baker

Der folgende Artikel erschien während des ersten Golfkriegs 1991 im US-Magazin EIR und wurde für die aktuelle Ausgabe erstmals auf deutsch übersetzt.

Wasser ist für die wirtschaftliche Entwicklung im Nahen und Mittleren Osten die entscheidende Frage. Die Golfregion liegt in der Mitte des riesigen Wüstengürtels, der sich vom westafrikanischen Atlasgebirge über die Sahara und die arabischen Wüsten bis in den trockenen Westen Indiens hin erstreckt. Das Territorium des Nahen und Mittleren Ostens, einschließlich Libyens und Ägyptens bis hin zum Iran und der Türkei, umfaßt 9 Mio. km2, fast soviel wie Europa und mehr als die kontinentalen USA (ohne Alaska). Es leben dort fast eine Viertelmilliarde Menschen.

Der größte Teil der Region ist extrem niederschlagsarm. Selbst ohne die von den Anglo-Amerikanern angezettelten massenmörderischen Kriege muß der Mangel an Trinkwasser pro Kopf die Region in Krisenbedingungen stürzen. Die Ursache des Problems ist dabei nicht die Wüste an sich, sondern die seit vielen Jahren betriebene Sabotage von Infrastrukturprojekten durch dieselben Kräfte, die jetzt Krieg führen.

Nur die Türkei, wo Euphrat und Tigris entspringen, verfügt über Wasser im Überfluß. Die 60 [heute 80] Millionen Ägypter leben dichtgedrängt in einem engen Landstreifen beiderseits des Nils. Die 4,5 [heute 7,5] Mio. Menschen in Israel haben mit Wassermangel zu kämpfen. Der See Genezareth, der Israel ein Drittel seines Wassers liefert, hat heute den niedrigsten je gemessenen Wasserstand. Die Menschen in Jordanien haben sogar noch weniger Wasser zur Verfügung. Syrien ist vom Euphrat abhängig. Der Irak stützt sich auf Euphrat und Tigris sowie gemeinsame Wassereinzugsgebiete mit dem Iran.

Vor diesem Hintergrund fordern die US-Bombenangriffe im Irak nicht nur unmittelbar zivile Opfer. Die Zerstörung von Dämmen, Kanälen, Wasserkraftwerken und Wasseraufbereitungsanlagen macht auch Bevölkerungspotential zunichte. Und genauso wie die Bombardierungen völlig unnötig sind, ist auch der Wassermangel in der Region nicht unvermeidlich. Seit Jahren existieren Pläne, durch die Bereitstellung von Wasser und Energie das Bevölkerungspotential deutlich zu steigern.

Es gibt drei Methoden, den Nahen Osten mit mehr Frischwasser zu versorgen:

Mit solchen High-Tech-Methoden der die Geographie gestaltenden Ingenieurskunst kann man sich neue, menschengemachte „Große Seen“ im nördlichen Afrika und grüne Korridore in der Wüste vorstellen - eine Annäherung an den von Lyndon LaRouches beschriebenen „Oasenplan“. Es ließe sich eine zusätzliche Wassermenge bereitstellen, die einem zweiten Euphrat entspräche. Zum Vergleich: Der Euphrat ist mit 1700 km etwa so lang wie die Donau, und die Wassermenge im kombinierten Mündungsgebiet von Euphrat-Tigris und Karun - dem Schatt-al-Arab - entspricht der des Po in Norditalien.

Verglichen mit dem kostenlosen Regenwasser in vielen anderen Regionen ist es zwar relativ teuer, Wasser in die Wüste zu bringen, aber das gleicht sich dadurch wieder aus, daß man dort mit genug Wasser drei oder vier Ernten im Jahren einbringen kann. Das Klima ist ähnlich wie im Süden Kaliforniens, und das landwirtschaftliche Potential ist ähnlich phänomenal wie in der berühmten „Garten-Landwirtschaft“ im Imperial Valley und in Arizona. Viele Gebiete, die scheinbar hoffnungslos Wüste sind, haben als Boden enormes Potential, wenn man Wasser, Nährstoffe und Mutterboden zuführt.

Karte: LaRouche in ’92

Die nebenstehende Landkarte (Abbildung 1) zeigt zusammenfassend die Haupttypen der geographischen Gestaltung durch Infrastrukturprojekte, die notwendig sind, um die Region mit Wasser zu versorgen.

Überschüssiges Wasser in Trockenregionen umleiten

I. Das Kongo-Tschadsee-Projekt

Der Kongo spült Millionen Liter Frischwasser ohne Nutzen für den Menschen in den Atlantik. Nach der Wassermenge ist der Kongo weltweit die Nummer Zwei nach dem Amazonas. Man könnte einen Kanal oder Verbindungstunnel bauen, um Wasser vom Ubangi, einem Nebenfluß des Kongo, nach Norden in das Einzugsgebiet des Tschadsees zu leiten. Das würde den Tschadsee wieder auffüllen und stabilisieren, und von dort aus könnte man Kanal- und Bewässerungsnetze bauen, um die Trockengebiete der fünf Anrainernationen zu bewässern.

II. Der Plan für den Jonglei-Kanal

Mit einem Kanal zur Schaffung eines begradigten Laufs des oberen Weißen Nil, der sich bei der sudanesischen Hauptstadt Khartum mit dem Blauen Nil zum Nil vereinigt, würde man Millionen Liter Wasser zusätzlich für die große Bevölkerung im Sudan und weiter flußabwärts in Ägypten heranschaffen. Heute ist der obere Weiße Nil ein Sumpf im Südsudan - ein Brutherd für Malaria und Parasiten, und ein Hindernis für Verkehr und Austausch. In diesem Marschland, das Sudd (arabisch für Sumpf oder Sperre) genannt wird, gehen Millionen Liter Wasser durch Verdunstung verloren. Wenn man mehr von diesem Wasser nutzbar macht, kann die Wassermenge des Nils um 5 Prozent erhöht werden. Der Bau dieses Kanals, der nach der örtlichen Region Jonglei-Kanal heißt, hatte 1978 begonnen.

Es wurde ein riesiger, selbstfahrender Bagger herangeschafft, den man vorher beim Bau des Jhelum-Kanals in Pakistan verwendet hatte. Diese Aushubmaschine, die in einer Stunde 3500 Tonnen Erde ausheben kann, war die größte der Welt; sie gehörte dem französischen Konsortium CCI (Compagnie de Constructions Internationales) und war von Krupp gebaut worden. Der Uferbau des Jonglei-Kanals ist breit genug für eine mehrspurige Autobahn und für eine Landebahn für kleine Flugzeuge.

1983 jedoch wurden die Bauarbeiten wegen Rebellenaktivitäten und wegen der Opposition von IWF, Weltbank und World Wildlife Fund komplett eingestellt. 240 der insgesamt 360 Kilometer waren ausgehoben worden, aber jetzt steht die Arbeit still.

Ebenfalls forderte der IWF vom Sudan, sich auf Projekte zu konzentrieren, mit denen Agrarprodukte für den Export erzeugt werden können. Drei Jahre nachdem die Regierung in den siebziger Jahren diesen Forderungen des IWF gefolgt war, kam es zur ersten Hungersnot im Sudan - obwohl diese größte Nation Afrikas agro-ökologisch ein den Großen Ebenen der USA vergleichbares Potential hat.

III. Nutzung des Wassers vom türkischen Hochland via Iran

Die berühmten Flüsse Euphrat und Tigris entspringen in den Bergen der Türkei und fließen durch den Irak in den Persischen Golf. In antiken Zeiten bildeten die Abflüsse von den Bergen durch den Libanon, den Süden der Türkei, Syrien, Irak und Iran einen Gürtel üppiger Landwirtschaft, den man den Fruchtbaren Halbmond nannte. Mit der heutigen Technik könnte man entlang der Wasserläufe Dämme, Kanäle und Stauseen bauen, um die fruchtbare Agrarzone in dieser Region massiv auszuweiten und auch industrielle Verarbeitung zu fördern.

Der irakische Präsident Saddam Hussein hat solche Projekte begonnen - Ausbau von Flußbetten im Schatt-al-Arab, Bau des offenen Sammelbeckens vor dem Zusammenfluß von Tigris und Euphrat, Pläne für den Badusch-Damm bei Mossul, usw. Aber das alles ließ Bush [senior] systematisch bombardieren. Jetzt nehmen in der Region Kinderlähmung, Durchfallerkrankungen und andere typische Krankheiten durch verunreinigtes Wasser explosionsartig zu.

Stromaufwärts am Euphrat hat Syrien 1975 den großen Al-Thawra-Damm vollendet. Im Frühjahr 1990 schlossen Syrien und Irak einen Vorvertrag über die gemeinsame Nutzung des Euphrat.

Früher hatte auch die Türkei an den Verhandlungen über die Wassernutzung teilgenommen. 1986 schlug der türkische Präsident Türgut Özal eine „Friedenspipeline” vor, um Wasser von den Flüssen Ceyhan und Seyhan in der Südtürkei, das jetzt ungenutzt ins Mittelmeer abfließt, über eine doppelte Pipeline nach Süden bis hinunter in den Jemen und nach Kuwait zu leiten. Das Wasser hätte Trinkwasserqualität, und Nebenleitungen könnten in den Libanon, nach Syrien, Jordanien, Israel, Saudi-Arabien und in den Jemen führen.

Die britische und US-Regierung taten die Friedenspipeline als „Propaganda“ ab und drängen seit Beginn des Golfkriegs die Türkei, die in den Irak fließende Wassermenge des Euphrat zu begrenzen, was auch Syrien schadet. Im Frühjahr 1991 berichteten deutsche Medien, Özal habe sich auf diesen Wasserkrieg eingelassen. Bis zu 40% des Euphratwassers soll zeitweise zurückgehalten werden, was flußabwärts große Not und Umweltschäden verursachen wird.

Das Euphratwasser wird von dem riesigen, 1985-90 gebauten Atatürk-Damm zurückgehalten, dessen Stausee bis zu 50 Mrd. m3 Wasser halten kann, das ist mehr als der jährliche Zustrom des Euphrat von der Türkei nach Syrien. Der Atatürk-Damm, der fünftgrößte Erddamm auf der Welt, sollte das Kernstück im Anatolischen Entwicklungsplan (GAP) sein, der 21 Dammprojekte am Oberlauf von Tigris und Euphrat in der Südosttürkei vorsieht.

Es gab auch Pläne, mit Syrien Wasser aus dem Atatürk-Reservoir zur Bewässerung zu nutzen, sowie für andere Wasserabkommen für die gesamte Region. Jetzt fordert die Führung in Washington und London, daß Özal Wasser als Waffe einsetzt.

IV. Nutzung des Grundwassers

Man hat elf große Becken unterirdischer Flüsse und Seen unter der nordafrikanischen Wüste ausgemacht, dazu unterirdische Wasservorkommen im Nordwesten der Arabischen Halbinsel und weiter westlich bis zum Hochland von Dekkan in Indien.

Schon die bisher begrenzte Nutzung dieser Vorkommen zeigt hervorragende Ergebnisse. Saudi-Arabien baut auf mehr als 800.000 ha Weizen mit Bewässerung aus Grundwasser an und hat sich damit zum Selbstversorger mit Weizen gemacht. In Ägypten gibt es Pilotprojekte mit neuen „Oasenstädten“ in der ostägyptischen Wüste.

Das bisher größte Projekt ist der „Große menschengemachte Fluß“ (GMR) in Libyen. Durch Leitungen aus vorgefertigtem Beton von bis zu 4 Meter Durchmesser soll Wasser aus unterirdischen Vorkommen unter der südlibyschen Wüste nach Norden zu den unter Wassermangel leidenden Bevölkerungszentren an der Küste transportiert werden. Die erste Bauphase, eine 1900 km lange Doppelpipeline von den Becken von Sirt und Kufra mit Anschlüssen nach Bengasi, Brega und Sirt, hat 1984 begonnen.

Vertreter Londons und Washingtons versuchen immer wieder unter allerlei Vorwänden, die Nutzung des Grundwassers zu verhindern. U.a. wiederholen sie die alte imperiale Behauptung, man sollte solches „fossiles Wasser“ nicht verwenden, weil es „zu alt“ sei.

V. Kanal zum Toten Meer und See in der Kattara-Senke

Man könnte einen Kanal vom Mittelmeer zum Toten Meer bauen, der als Entwicklungskorridor für die Region dienen würde. Entlang des Kanals können agroindustrielle Zentren entstehen, die mit Strom aus Kernkraftwerken versorgt werden. Ein Hauptindustriezweig wäre dabei die Entsalzung von Meerwasser mit diesem Atomstrom. Auf diese Weise wird der Wasserweg zu einem Korridor für urbane Entwicklung sowie Industrie und Landwirtschaft entlang des Kanals.

Verschiedene Routen sind vorgeschlagen worden. Der frühere Präsident der Universität von Tel Aviv, Prof. Haim Ben-Schara, legte den Schwerpunkt auf die Stromerzeugung und schlug vor, für Kraftwerke Wasserfälle in das Tote Meer an dessen Südspitze zu schaffen. Ursprünglich war geplant, daß auch Jordanien davon Nutzen haben sollte, doch die Kriege und Krisen der letzten 20 Jahre haben so etwas verhindert.

Auch der Ausbau des Jordan-Beckens zum Nutzen der Anrainer Syrien, Libanon, Israel, Jordanien und Palästina wurde sabotiert. Mitte der fünfziger Jahre hatten die Männer, die in den USA die hocherfolgreiche Tennessee-Tal-Behörde TVA gegründet hatten, einen Plan für eine Jordan-Tal-Behörde ausgearbeitet und den Ländern der Region und der UNO vorgelegt. Die TVA baute in den dreißiger und vierziger Jahren 20 Dämme, baute Kanäle aus und schuf andere Projekte im Becken des Tennesseetals. Auch das Jordan-Projekt umfaßte viele Dämme an Nebenflüssen und andere Vorhaben, die nie verwirklicht wurden. Heute wird das Wasser im Jordantal praktisch bis zum letzten Tropfen genutzt.

In Nordägypten, keine 60 km vom Mittelmeer entfernt, liegt ein riesiges, feuchtes Tiefland von 300 km Länge, die Qattara-Senke. Man könnte einen Kanal bis wenige Kilometer vor der Senke bauen, Wasser zu den Steilufern leiten und so menschengemachte Wasserfälle schaffen, die gute Möglichkeiten für Stromerzeugung bieten. Nach Plänen deutscher Ingenieure ließen sich auf diese Weise 2,7 Mrd. kWh Strom jährlich erzeugen. Die Qattara-Senke liegt nur 225 km westlich von Kairo, der Strom könnte also leicht dorthin geleitet werden. Der Strom aus Wasserkraft ließe sich auch einsetzen, um Meerwasser zu entsalzen und eine riesige, ständig wachsende Oase zu schaffen.

Neue Entsalzungsmethoden

Etwa 60% aller Anlagen zur Wasserentsalzung auf der Welt stehen im Nahen und Mittleren Osten. Um Salzwasser in Trinkwasser zu verwandeln, muß man den Anteil an gelösten Feststoffen (davon 80% Natriumchlorid, d.h. Salz) von 35.000 ppm (Millionstel) auf unter 500 ppm reduzieren, das ist eine Verringerung von 70:1. Dafür existieren drei Methoden: 1. Destillation (Verdunstung mit Wasserdampfhitze), 2. die Umkehrosmose, 3. Elektrolyse. Für die meisten heutigen Anlagen verwendet man verschiedene Varianten der ersten Methode mit mehrstufigen Verfahren mit Wasserdampf. Die meisten Anlagen im Nahen Osten haben keinen sehr hohen Wirkungsgrad, was nur akzeptabel ist, weil die Energie vor Ort sehr billig ist - es handelt sich z.B. um Gas aus Gasfackeln auf Ölfeldern, das sonst ungenutzt bliebe.

Wenn man jedoch in der Region Kernkraft nutzt und gleichzeitig effizientere Entsalzungsmethoden entwickelt, läßt sich sehr viel mehr Trinkwasser pro Kopf bereitstellen. Die Forschung und Entwicklung in dem Bereich sollte die optische Biophysik einbeziehen, um zu studieren, wie Wasser sich unterschiedlich „verhält“, wenn es Salz in lebenden Organismen erhält, statt es an die Umwelt abzugeben.

Lesen Sie hierzu bitte auch:
Das erweiterte NAWAPA-Projekt: Die Möglichkeiten für Afrika
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