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Neue Solidarität
Nr. 12, 20. März 2013

Russischer Föderationsrat fordert globales Programm zur Verteidigung der Erde

Das Oberhaus des russischen Parlaments veranstaltete eine Sondersitzung mit Weltraumexperten zur Asteroiden-Abwehr.

Der Russische Föderationsrat, das Oberhaus des russischen Parlaments, veranstaltete am 12. März eine Konferenz zur Frage der Verteidigung der Erde gegen Objekte aus dem Weltraum. Einem Bericht der Nachrichtenagentur RIA-Nowosti zufolge stand im Mittelpunkt der Sondersitzung eine Diskussionsrunde mit Vertretern von drei Ministerien der russischen Regierung - in zwei Fällen nahm der zuständige Minister teil - den Leitern der Russischen Weltraumbehörde Roskosmos und der russischen Raketenbaufirma Energija sowie anderen führenden Experten, darunter drei Spezialisten der Russischen Akademie der Wissenschaften (RAN).

Wie RIA-Nowosti berichtet, erklärte Boris Schustow, Direktor des Astronomischen Instituts der RAN, um die Erde vor gefährlichen Himmelskörpern schützen zu können, brauche man zunächst eine Kombination erd- und weltraumgestützter Sensoren. Es seien spezielle Teleskope notwendig, wie beispielsweise eines, das derzeit bereits in der Baikal-Region existiert. Man brauche aber auch Weitwinkel-Teleskope, wie sie Rußland derzeit nicht habe, aber ebenso bauen sollte wie weltraumgestützte Systeme.

Viktor Lopota, Chef des (staatlichen) Raketenproduzenten Energija, das die weltweit größten heute einsetzbaren Trägersysteme baut, sagte, für die Abwehr von Meteoren brauche man Trägersysteme für sehr große Lasten. Die Vereinigten Staaten planten derzeit die Entwicklung einer Trägerrakete mit bis zu 70 t Nutzlast, dem später eine Rakete mit 130 t Nutzlast folgen solle. Zur Tatsache, daß diese amerikanischen Pläne unter Präsident Obamas Spardiktat kaum zu verwirklichen sind, äußerte er sich nicht, riet aber nachdrücklich dazu, daß auch Rußland größere Raketen baut.

Alexander Ipatow, Direktor des Instituts für angewandte Astronomie der RAN, führte aus, daß die NASA rund 800.000 „erdnahe Objekte“ gefunden habe; einigen Spezialisten zufolge seien dies aber wohl nur 2% der Gesamtzahl jener Objekte, die möglicherweise für die Erde gefährlich werden könnten.

Oleg Schubin, der für das Testen der Atomsprengköpfe und der militärischen Nuklearsysteme zuständige Direktor der Russischen Atombehörde Rosatom argumentierte, Asteroiden mit einem Durchmesser von mehr als 1 km könne man nur durch nukleare Explosionen aus ihrer Bahn ablenken. Dazu müsse man über die Megatonnen-Klasse der nuklearen Sprengkörper hinausgehen (d.h. in den Gigatonnen-Bereich vorstoßen, was bisher noch nie versucht wurde). Dies sei aus technischer Sicht machbar, aber es gebe dabei Probleme mit dem Atomtestvertrag und dem Atomwaffensperrvertrag.

Wladimir Popowkin, Direktor der russischen Weltraumbehörde Roskosmos, gab bekannt, daß das Verteidigungsministerium und die Akademie der Wissenschaften eine Arbeitsgruppe bilden werden, um Vorschläge für die Schaffung eines einheitlichen Systems zum Schutz vor Asteroiden und „anderen kosmischen Bedrohungen“ auszuarbeiten. Die Zeit sei gekommen, in der man die Bemühungen und Ressourcen bündeln müsse, um diese Herausforderungen zu bewältigen. Das sei nur durch internationale Zusammenarbeit möglich. U.a. müsse man die Effizienz der Beobachtungsinstrumente für kleinere Himmelskörper und „Weltraumschrott“ und deren Klassifizierung steigern und Mittel zur Abwehr der von ihnen ausgehenden Gefahren entwickeln und testen. Außerdem solle man sich auf Forschungsmissionen zu Asteroiden und Kometen, die eine mögliche Bedrohung für die Erde darstellen, vorbereiten. „Die Auswahl der konkreten Vorgangsweise sollte von der Größe, der Masse, der Zusammensetzung und den Eigenschaften des gefährlichen Objekts abhängen.“

Der Russische Minister für Notstände Wladimir Putschkow erklärte: „Die internationale Zusammenarbeit in diesem Feld der Frühwarnsysteme muß ausgeweitet werden. Es ist sinnvoll, eine internationale kosmische Arbeitsgruppe zu bilden, die über Orbitalsatelliten mit spezieller Ausrüstung verfügt.“ Man könne nur dann Kollisionen der Erde mit Asteroiden und größeren Meteoriten rechtzeitig vorhersagen, wenn die internationalen Potentiale der weltraum- und bodengestützten Systeme gebündelt werden. „Es ist notwendig, Forschungen und Beobachtungen zur Umsetzung des IGMASS-Projektes (International Global Monitoring Aerospace Systems) und zur anschließenden Entwicklung der geplanten Systeme durchzuführen. Wir im Katastrophenschutzministerium haben bereits begonnen, an diesem Entwurf zu arbeiten.“

Der stellv. russische Ministerpräsident Dmitrij Rogosin, der 2011 den Vorschlag für eine „Strategische Verteidigung der Erde“ gemacht hatte - eine Fortsetzung der in den 1970er Jahren von Lyndon LaRouche vorgeschlagenen Strategischen Verteidigungsinitiative (SDI) - sagte, kein Land der Welt habe allein die Mittel, den Einschlag eines Asteroiden zu verhindern, man brauche dazu die internationale Zusammenarbeit.

Die Sondersitzung des Föderationsrates verabschiedete anschließend eine Resolution, in der es heißt: „Nach Einschätzung zahlreicher russischer und ausländischer Spezialisten ist die Wahrscheinlichkeit gegeben, daß die Erde mit größeren kosmischen Objekten (Asteroiden und Kometen) kollidieren wird, was nicht nur zu natürlichen und technogenen Notlagen führen kann, sondern auch zu Katastrophen von globalen Dimensionen.“ Die Resolution fordert die Einrichtung eines interministeriellen Zentrums für Information und Gefahrenabschätzung. Die russische Regierung wird aufgefordert, zu prüfen, ob das bereits bestehende Programm für die russischen Weltraumaktivitäten 2013-2020 für die Forschung und Entwicklung von Weltraumtechnologien zur Frühwarnung vor Bedrohungen aus dem Weltraum genutzt werden kann. Mittelfristig werde man dann ein umfassenderes Programm ausarbeiten.

eir