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Neue Solidarität
Nr. 37, 11. September 2013

Bankenabwicklung, legalisierter Raub?

Frankreich und Deutschland haben – in enger Koordination – vor kurzem Gesetze zur sog. Bankenabwicklung verabschiedet. Beide sind Mogelpackungen, denn weder das Moscovici-Gesetz noch Schäubles „Trennbankengesetz“ trennen effektiv Investment- von Geschäftsbankenaktivitäten. Sie schaffen nur neue Schlupflöcher für noch mehr Spekulation und öffnen die Tür für den zentralisierten EU-„Bail-in“-Mechanismus zur Enteignung von Bankkunden (Zypern-Modell).

Ausdrücklich ist im deutschen Gesetz festgelegt, daß die Gläubiger herangezogen werden sollen, um Banken im Falle einer Schieflage zu retten. Unter § 47: „Erstellung eines Abwicklungsplanes“ heißt es in (4) 4: „Nach den Anteilsinhabern sollen die Gläubiger des in Abwicklung befindlichen Instituts nach Maßgabe der Regelungen des §§ 48a bis 48s die Verluste tragen, soweit dies mit den in Absatz 2 genannten Abwicklungszielen vereinbar ist.“

In einem Video, das am 18. Juni im Internet veröffentlicht wurde, beleuchtet Solidarité & Progrès, die französischen Schwesterpartei der Bürgerrechtsbewegung Solidarität, die Hintergründe dieses „Bail-in“ – der Rettung bankrotter Großbanken auf Kosten des Gemeinwohls. Eine deutsche Version des 15minütigen Videos finden Sie unter http://www.bueso.de/node/6698 auf der Internetseite der BüSo. Sie hat den folgenden Text.

Wenn staatliches Geld nicht mehr fließt, wenn es den Zentralbanken mit ihrem Gelddrucken nicht mehr gelingt, das Vertrauen der Märkte wiederzugewinnen, gibt es nur noch eine Lösung, um das bankrotte Finanzsystem zu retten: auf das Geld in euren Bankkonten direkt zuzugreifen!

„Das ist übertrieben, sie werden nie so weit gehen, hören Sie auf die Leute zu erschrecken“, werden einige mir sagen...

Natürlich reden Politiker und Bankiers nur von der Einführung eines „Bankenabwicklungsmechanismus“. Sei es die Bankenreform von Pierre Moscovici vor der Assemblée Nationale und dem Senat, oder das Dodd-Frank-Gesetz, das am 21. Juli 2010 in den USA verabschiedet wurde, der EU-Rechtlinienentwurf von Barnier oder die laufende Diskussionen bei der EU-Kommission und im Europaparlament, das Prinzip ist immer das gleiche: Wenn eine Bank von Insolvenz bedroht ist, verwendet man die „Eigenressourcen“ der Bank, um sie über Wasser zu halten. Das heißt „Bail-in“ im Gegensatz zum „Bail-out“ (Rettung durch den Staat).

Aber keine Sorge! Das Europaparlament behauptet, Steuerzahler und Sparer werden nur als letztes Mittel herangezogen. Beruhigend, nicht wahr? Statt öffentliche Gelder zu verwenden, müssen die Aktionäre und Reichen bezahlen, wie in Zypern! Damit kann man unsere Abgeordneten überzeugen, diesen Abwicklungsmechanismus zu legalisieren, auch wenn sie dabei das Wichtigste übersehen.

Was zwischen den Zeilen steht

Das hat natürlich seinen Preis. Man mag denken, nur reiche Leute haben mehr als 100.000 Euros auf ihren Konten. Aber wie viel ist auf dem Konto eines mittelständischen Unternehmens? Wieviel Sparguthaben hat der normale Bürger sein Leben lang angesammelt? Was wird aus den unversicherten Sparprodukten, wie offenen Investmentfonds? Die können auch konfiziert werden, egal wie viel darin ist.

Vor allem: Die Logik des Bail-in zu akzeptierten, heißt, einen Grundpfeiler unserer Verfassung zu vernichten – das Recht auf Eigentum und das Recht darauf, die Früchte seiner Arbeit zu genießen. Deshalb wird dieses Abwicklungsmodell das nur noch in geringem Maße vorhandene Vertrauen in das europäische System vernichten. Bisher gehörte das Geld, das Sie auf ihr Bankkonto einzahlen, Ihnen. Mit dem Bankenabwicklungsmechanismus werden ihre Einzahlungen – egal welcher Betrag – als geliehenes Geld an die Bank betrachtet. Deshalb werden Sie auch ein Gläubiger der Bank.

Mindestens, denkt man sich, werden die kleinen Einlagen durch Einlagegarantiefonds versichert bleiben! Auf dem Papier, ja. In Wahrheit, im Falle Frankreichs, verfügt dieser Fond über 2 Mrd. Euro... um damit Einlagen in der Höhe von 1776 Mrd. Euro abzudecken. Außerdem beabsichtigt nun das Moscovici-Gesetz (wie auch Dodd-Frank in den USA), den Garantiefond und den Abwicklungsfond zusammenzuführen, was bedeutet, daß diese 2 Mrd. auch verwendet werden können, um die Banken zu retten.

Wir werden alle Zyprioten

Sie haben es schon kapiert: Dieser Abwicklungsmechanismus öffnet die Tür zu einer massiven Plünderung der Bankeneinlagen. Sie hat in Europa sogar schon begonnen, und zwar mit der Beihilfe unserer Politiker.

In Zypern wurde das Bail-in angewendet, um die zweitgrößte Bank des Landes, Laiki, in Konkurs gehen zu lassen, und um die größte, die Bank of Cyprus, wiederzubeleben. Die Troïka war bereit, auf alle Einlagen zuzugreifen - auch die unter 100 000 Euro -, aber aufgrund der Ablehnung durch das Parlament mußte sie sich mit den unversicherten Einlagen zufrieden geben. Das Ergebnis ist verheerend: Laut einem IWF Bericht verschwanden durch dieses Bail-in 70 % des Einlagenmarktes. Die russischen Oligarchen, die wiederholt in der Presse erwähnt wurden, waren vorher informiert worden und hatten ihr Geld mehrheitlich rechtzeitig abgezogen.

Die zypriotischen Bürger und Unternehmen waren am schwersten betroffen. Lebensmittelläden, Supermärkte, Restaurants, Baufirmen mußten aufgeben oder Arbeitskräfte entlassen werden. Ein Artikel in Le Figaro erwähnt z.B. den Fall von Charalambos. Ein Schafzüchter sagte : „Unser Verein von 239 Züchtern hat 7 Mio. Euro in die Laiki eingezahlt. Wir haben alles verloren.“

In Spanien hat der Preferentes-Betrug schon mehr als eine Million spanischer Familien beraubt. Dezember 2010 wurde im Rahmen der Restrukturierung sieben regionaler Sparkassen, die durch die Immobilienkrise belastet waren, die spanische Bank Bankia gebildet. Die Troika zwang dann die spanischen Banken, einen Teil der Kundeneinlagen in Aktien umzutauschen, um ihr Kapital zu erhöhen und den Eindruck zu erwecken, sie könnten die „Stresstests“ durchstehen. Im Juli 2011, wurden dann 200.000 Sparer bedrängt, ihr Sparguthaben in Vorzugsaktien (preferentes) umzutauschen, die als „sichere Anlage“ verkauft wurden. Am 11 Mai 2012 ordnete die Troïka dann eine 38% Abwertung dieser Aktien an, und ihr Börsenkurs wird für ein Jahr lang ausgesetzt.

Als die institutionellen Anleger am 21. Mai 2013 ihre Aktien wieder verkaufen dürfen, liegt der Preis bei 1,35 Euro, wie von den Behörden versprochen. Eine Woche danach, als auch die kleinen Anleger ihre Aktien verkaufen dürfen, liegt der Preis bei nur 0,57 Euro. Seit Juli 2011 sind es insgesamt 11,5 Milliarden Euro Ersparnisse die in dieser Weise geraubt wurden, um die Bank zu rekapitalisieren, sprich durchschnittlich 57.500 Euro pro Person!

Ganz zu schweigen von den Sparern bei anderen Banken, die denselben Betrug erlitten.

300 km/h auf der Finanzautobahn

Seit der Subprimekrise haben die europäischen und amerikanischen Megabanken immer weiter die größte spekulative Blase der Geschichte aufgepumpt. Die Gesamtsumme der Finanzwetten weltweit, verschiedenen Einschätzungen zufolge, beläuft sich auf 1600 Billionen Dollar. Das weltweite Bruttoinlandsprodukt hingegen liegt bei ungefähr 70 Billionen Dollar. Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich rechnet mit insgesamt 700 Billionen (700.000 Milliarden) Dollar an Derivatkontrakten. Diese ursprünglich als eine Art Versicherung konzipierten Produkte wurden von den Financiers in spekulative Werkzeuge umgewandelt, womit man auf jedes und alles wetten kann: einen Warenpreis, einen Börsenkurs, den Wechselkurs zwischen zwei Devisen, einen Finanzindex, Zinsraten, die Wahrscheinlichkeit einer Naturkatastrophe... Am Ende kann man mehrmals seinen Spieleinsatz gewinnen oder verlieren. Um sich gegen einen potentiellen Verlust zu abzusichern, muß man neue Derivate auf der Grundlage der Ersten schaffen, und so weiter...

Wissen Sie was geflüstert wird in der Finanzwelt? Aber leise... ! Derivate sind eigentlich wertlos... !

Großes Kopfzerbrechen machen den Beschützern der City und der Wall Street die 28 systemrelevanten Banken. Diese „too big to fail“-Kolosse haben sich so tief verschuldet, um spekulieren zu können und Derivatprodukte aufzulegen, daß die geringste Finanzerschütterung zu einer kettenreaktionsartigen Auflösung des gesamten Systems führen kann. Da das von Zentralbanken und Regierungen bereitgestellte Geld nicht ausreicht, um die Banken über Wasser zu halten, sieht dieser Abwicklungsmechanismus daher einen organisierte Bankrott vor.

Bankrott zu wessen Gunsten?

Während das Europaparlament bereit ist, zuzulassen, daß auf die Einlagen zurückgegriffen wird, sieht es hingegen vor, die Mehrheit der Finanzprodukte mit hohem Risiko aus dem Insolvenzverfahren auszuschließen, insbesondere die berüchtigten Derivate. Hat hier vielleicht die Lobby der Internationalen Swaps und Derivatives Association ihre Finger im Spiel? Diese Vereinigung vertritt die Interesse der Derivatbesitzer und hat bereits den US-Kongreß dazu gebracht, Derivate im Bankenabwicklungsgesetz zu schützen.

Sie haben sicherlich kapiert: die Bankenabwicklung bedeutet, daß die Einlagen geopfert werden, so wie auch die für die Bevölkerung wichtigsten Dienstleistungen der Bank, um die Kontrolle der Finanzwelt über die Wirtschaft und die Gesellschaft zu erhalten!

Was ist daran neu im Vergleich zu den 2008 unter Krisenbedingungen durchgeführten Rettungsaktionen? Heute richtet man ein massives Plünderungssystem ein, das von einem Handvoll Finanzexperten geplant, organisiert und kontrolliert wird. Und diese Finanzexperten unterliegen gegenüber den Bürgern keinerlei Rechenschaftspflicht. Wer würde es wagen, so weit zu gehen?

Die Fratze des Verrats

Die Mitschuld unserer Politiker ist Verrat. Allerdings sind nicht sie es, die dieses Bankenabwicklungsmodell entwarfen. Die Gesetzentwürfe vor dem jeweiligen Parlament sind nur die Ausgestaltung der Vorschläge des Finanzstabilitätsrats.

Diese internationale Finanzinstitution wurde 2009 während des G20-Treffen in London geschaffen. Als Chef wurde Mario Draghi, ehemaliger Direktor von Goldman Sachs Europe und jetziger Chef der EZB, ausgewählt.

Sein Team fing dann an, ein internationales Bankenabwicklungssystem zu arbeiten. Die Idee ist einfach, nämlich, die Bankensysteme aller Länder unter die Aufsicht einer von Finanztechnokraten geführten, supranationalen Einrichtung zu stellen – eben jenen Finanzstabilitätsrat. Er soll die nationalen Behörden koordinieren, die ebenfalls aus Technokraten zusammengesetzt und befähigt sind, sehr schnell zu intervenieren, um den Bail-in der bankrotten Banken durchzuführen. Sie werden langwierige politische Diskussionen umgehen und die Entscheidung treffen, wer für die Rettung der Banken bezahlen muß, um die internationale Finanzstabilität zu erhalten.

In der Praxis ist der Finanzstabilitätsrat nur ein Anhängsel der BIZ. Diese Privatbank, die sich die Zentralbank der Zentralbanken nennt, hat eine bewegte Vergangenheit. Auf eine Initiative von Hjalmar Schacht und Montagu Norman wurde sie 1930 gegründet. Hjalmar Schacht war seit 1923 Präsident der Reichsbank und später Wirtschaftsminister unter Hitler. Montagu Norman, ein Mitglied des Kronrats der britischen Könige, organisierte die Finanzierung der Hitlerpartei durch die Bank of England, deren Direktor er war.

Warum wurde die BIZ geschaffen? Um die Verhandlungen über Deutschlands Kriegsschulden aus den Händen der Politiker in die Hände von Experten zu übergeben, die vollkommene rechtliche Immunität genossen und von keinem nationalen Parlament belangt werden konnten. Die BIZ koordinierte die Durchführung des Young-Plans in Deutschland, ein echtes nationales Bail-in, wobei fast das gesamt Guthaben der Deutschen herangezogen wurde, um die Schulden zu begleichen. Der Young-Plan scheiterte sehr bald, und Teile der Schulden mußten 1931 und 1932 abgeschrieben werden. In der Zwischenzeit hatten sich leider viele in die Armut getriebene und von dieser Behandlung abgestoßene Deutsche der NSDAP zugewandt.

Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs organisierte die BIZ zwar nicht mehr die Treffen der Zentralbankiers, aber sie führte weiterhin – in Namen der Finanzstabilität – Ausgleichszahlungen, auch zwischen Allierten und faschisten Ländern, durch. In der Tradition von Hjalmar Schacht, der in einer 2007 Veröffentlichung der BIZ groß abgebildet ist, sind mehrere Unterstützer Hitlers Leiter der BIZ geworden: Walther Funk, Emil Puhl, Hermann Schmidt und Kurt von Schröder.

Die Alternative: Glass Steagall!

Werden Sie jetzt akzeptieren, wenn unsere Politiker Ihnen mit tränenden Augen sagen:

In der Tat, genau wie in den 1930 Jahren, gibt es wohl eine Alternative. Auch das Glass-Steagall-Gesetz, das Roosevelt 1933 durchsetzte, bedeutet ein organisiertes Insolvenzverfahren – allerdings durch das Prinzip geleitet, das Gemeinwohl zu retten und zu entwickeln. Um das zu schaffen müssen wir die Finanzoligarchie und ihre Kreatur, das fiktive Kapital, auslöschen. Das bedarf einer strikten Trennung zwischen Kredit- und Einlagenbanken, die staatlich geschützt werden, und Investmentbanken, die wir ohne Reue untergehen lassen.

Das ist der Kampf, den wir weltweit führen. In Amerika trägt die Mobilisierung unserer Freunde in den LaRouche-Bewegung Früchte. 75 Abgeordnete haben den Gesetzentwurf HR 129 für die Wiedereinführung GS von Roosevelt unterschrieben, und im Senat gibt es zwei ähnliche Gesetzesvorlagen.

In Frankreich hat bisher keiner der Abgeordneter den Mut gehabt unseren Gesetzvorschlag aufzugreifen.

„Kein Wunder“, werden Sie mir sagen, „sie sind alle korrupt!“

Das ist noch ein Grund, den PC auszuschalten, aufzustehen und aktiv zu werden!