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Neue Solidarität
Nr. 40, 2. Oktober 2013

Der skandalöse Betrug am Wähler

Von Helga Zepp-LaRouche, Bundesvorsitzende der Bürgerrechtsbewegung Solidarität

Angesichts der beinahe vollständigen Kontrolle der Medien in Deutschland, die weniger dem Recht des Bürgers auf Information und schon gar nicht der Wahrheit oder überhaupt Ideen verpflichtet sind, sondern sich als Interessenverwalter der Mächtigen verstehen, war die Gestaltung des Wahlkampfs nicht so einfach. Da den sogenannten „kleinen“ Parteien gerade mal lächerliche 90 Sekunden für einen Wahlwerbespot im Fernsehen zugestanden werden, mußte man von den vielen äußerst wichtigen Themen dasjenige aussuchen, auf das die Wähler unbedingt hingewiesen werden mußten.

Dieses Thema war zweifellos die geplante Enteignung der Bevölkerung in der kurzfristig erwarteten Neuauflage der Bankenkrise, die Anwendung des „Zypern-Modells“, die mit der Richtlinie für das sogenannte „Bail-in“ für ganz Europa und die USA vorbereitet ist. Demzufolge widmete ich die kostbaren 90 Sekunden des Fernsehspots der BüSo dieser „Zypern-Blaupause“, wie der Chef der Eurogruppe Disselbloem den entsprechenden „Haarschnitt“ für die Bevölkerung Zyperns genannt hatte, und natürlich auch der tatsächlichen Lösung für die Finanzkrise, das Trennbankensystem in der Tradition des Glass-Steagall-Gesetzes von US-Präsident Franklin D. Roosevelt.

Obwohl diese „Bail-in“-Richtlinie schon längst von der EU-Kommission ausgearbeitet und vom Europa- Parlament schon fast vollständig beschlossen ist, und alle Bundestagsparteien dies wissen und mittragen, hat keine dieser Parteien das Wort „Bail-in“ während des Wahlkampfs auch nur mit einer Silbe erwähnt. Eine ganze Reihe von Aktivisten der BüSo trug diese Thematik jedoch in zahlreiche Podiumsdiskussionen und Diskussionsrunden, ebenso wie natürlich die Tatsache der wachsenden Unterstützung für das Glass-Steagall-Gesetz vor allem in den USA. Dabei wurde kristallklar, daß die Vertreter der Bundestagsparteien alle entweder genau Bescheid wußten, daß dieses Enteignungsgesetz existiert, es aber um jeden Preis aus der Diskussion heraushalten wollten, oder aber sie spielten Unkenntnis darüber vor - was sie natürlich ebenfalls als Interessenvertreter des Volkes disqualifiziert.

Es dauerte exakt vier Tage nach dem Wahlsonntag, bis das „HR-Info“-Programm des Hessischen Rundfunks eine dreiteilige Sendung über die Macht der Banken in Europa brachte und dabei im dritten Teil gewissermaßen so nebenbei am Beispiel des schon verabschiedeten Positionspapier der schweizerischen Finanzmarktaufsicht FINMA das Konzept des Bail-ins und seine Funktionsweise erklärte. Im Fall der Schieflage einer Bank erfolge das Bail-in gemäß einer Kaskade (auch Gläubigerhierarchie genannt), bei der zuerst die Aktionäre, dann die Drittbanken, die der betroffenen Bank Geld geliehen haben, dann die Obligationäre, dann die Halter von Festwandelanleihen, und wenn das alles nicht reichen sollte, kämen die Sparer dran. Guthaben bis 100 000 blieben geschützt.

Und genau dies ist auch gelogen. Erstens übersteigen die ausstehenden Derivatkontrakte der internationalen „TBTF-Banken“, die angeblich zu groß sind, um sie pleite gehen zu lassen, mit schätzungsweise 1,4 Billiarden - das sind 1400 Billionen oder 1.400.000 Milliarden - die Guthaben um ein Vielfaches, und zweites sieht man am Beispiel Zypern, daß die gesamte Bevölkerung durch das Bail-in verarmt. Wenn das Betriebskapital eines Firmeninhabers von über 100.000 Euro kassiert wird, kann dieser seine Angestellten und seine Rechnungen nicht mehr bezahlen, und der Kahlschlag setzt sich durch die gesamte Wirtschaft fort. Wie lange derjenige, der vielleicht 3000 oder 20.000 auf dem Konto hat, dann noch davon leben kann, kann man sich ausrechnen.

Aber natürlich sagte auch dieser HR-Beitrag nicht explizit, daß das Bail-in für ganz Europa und die USA vorbereitet ist. Der Bürger, der seine Stimme ja nun abgegeben hatte, soll vielmehr in homöopathischen Dosen an sein kommendes Schicksal gewöhnt werden. Angesichts der für die baldige Zukunft drohenden Enteignungsmaßnahme wächst der Skandal ständig weiter. Immerhin ist die Lage auf dem Finanzmarkt so angespannt, daß die Fed es bei der jüngsten Sitzung des Offenmarktausschusses nicht wagte, das zuvor angekündigte „Verlangsamen“ der Geldlockerung durchzusetzen, aus Angst, damit den Systemkollaps herbeizuführen. Mit anderen Worten: die hyperinflationäre Liquiditätsvermehrung geht unvermindert weiter.

Falls es bei den gegenwärtigen Koalitionsverhandlungen zu einer Großen Koalition mit dann knapp 80% Mehrheit im Bundestag kommen sollte, hätte diese Regierung die erforderliche Zweidrittel-Mehrheit, um jegliche Verfassungsänderung durchzusetzen, die der Finanzelite angemessen erschiene. Aber auch andere Koalitionskombinationen geben keinen Grund zur Entspannung - bei bisherigen Abstimmungen zu Europa kam es nicht selten zu Mehrheiten von 80% oder sogar noch mehr.

Der Journalist Thomas Trares hat kurz vor der Wahl in einem kritischen Artikel auf das Buch des britischen Politologen Colin Crouch mit dem Titel „Postdemokratie“ hingewiesen, weil seiner Meinung nach dort exakt der Zustand beschrieben würde, der in Deutschland heute mit Frau Merkel herrsche:

Es wurden im jüngsten Bundestagwahlkampf nur über solche Probleme diskutiert, die von PR-Experten ausgesucht waren. Kita-Plätze oder Betreuungsgeld, Adoptionsrecht für homosexuelle Paare, PKW-Maut etc. mögen für die Betroffenen wichtige Themen sein, aber die Frage, ob es einen wirtschaftlichen Kahlschlag à la Zypern im Interesse der Zocker und Banken gibt, der den gesamten transatlantischen Raum in Elend und Chaos stürzt, oder ein Glass-Steagall-Gesetz den Beginn eines wirtschaftlichen Aufbaus ermöglicht, ist ja wohl um einiges wichtiger. Und dieses existentielle Thema wurde nur von der BüSo thematisiert.

Nach der Wahl ist vor der Wahl. Die BüSo ist entschlossen, den Übergang von der Postdemokratie zur vollendeten Diktatur nicht zu akzeptieren, sondern das Momentum für Glass-Steagall, das gerade in den USA massiv zunimmt, nach Deutschland hineinzutragen und unser Land wieder zu einem Volk der Dichter und Denker zu machen. Mitstreiter sind willkommen.