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Neue Solidarität
Nr. 28, 9. Juli 2014

Zwischen Scylla und Charybdis: BIZ und IWF widersprechen einander

Die beiden wichtigsten Finanzinstitutionen der Welt, die angeblich dazu berufen sind, den Zentralbanken zu sagen, was sie zu tun haben - die Baseler Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) und der Weltwährungsfonds (IWF) -, fordern in Bezug auf die Zinspolitik jeweils genau das Gegenteil: Die BIZ sagt, man solle die Zinsen schnell anheben, der IWF sagt, man müsse Wege finden, die Zinsen noch weiter zu senken. In beiden Institutionen herrscht offenbar Panik über den bevorstehenden Krach.

Die BIZ, die oft auch als „Zentralbank der Zentralbanken“ bezeichnet wird, legte am 27. Juni ihren Jahresbericht vor. Darin werden die Zentralbanken gerügt, weil sie zulassen, daß immer gefährlichere Schuldenblasen entstehen, die zu platzen drohen.

Die Zentralbanken, sagt die BIZ, sollten die Zinsen anheben und die Kreditvergabe sofort drosseln - und das „nicht zu spät oder zu langsam“, mahnt sie. „Die Weltwirtschaft steht weiterhin vor großen Herausforderungen. Trotz einer Erholung des Wachstums hat sie ihre Abhängigkeit vom monetären Stimulus nicht abgeschüttelt. Die Geldpolitik kämpft selbst nach diesen vielen Jahren außerordentlich großzügiger Kreditvergabe immer noch um ihre Normalisierung. Trotz der Euphorie an den Finanzmärkten bleiben die Investitionen schwach. Statt mehr produktive Kapazitäten zu schaffen, kaufen die großen Unternehmen lieber Aktien zurück oder beschäftigen sich mit Fusionen und Übernahmen. Und trotz der trüben langfristigen Wachstumsaussichten wachsen die Schulden weiter. Es ist sogar von einer langanhaltenden Stagnation die Rede.“

Die BIZ fürchtet offenbar die Derivatblase, die gegenwärtig fast um ein Fünftel jährlich anwächst und inzwischen etwa 1 Billiarde $ (eine Million Milliarden Dollar) an nominellen Derivataggregaten umfaßt.

Im Gegensatz dazu sieht der IWF, wenn er diese vor dem Platzen stehende, riesige Blase betrachtet, die zu geringe Kreditvergabe der transatlantischen Banken an die Wirtschaft. Der IWF verlangt deshalb, daß die Zentralbanken die Zinsen nicht anheben, sondern bei (oder faktisch unter) Null halten. Die Federal Reserve solle ihren schrittweisen Ausstieg aus dem Gelddrucken der „Quantitativen Lockerung“ (QE) aussetzen und auch die Europäische Zentralbank solle QE im großen Maßstab betreiben. Sonst könnten die transatlantischen Volkswirtschaften in eine Deflation und einen Kollaps stürzen, warnt der IWF.

Der bekannte Wirtschaftsjournalist Liam Halligan vom Londoner Telegraph - ein erklärter Unterstützer eines strikten Trennbankensystems - verurteilte am 30. Juni die Entscheidung der EZB, sich der QE-Politik anzuschließen, als einen weiteren verzweifelten Versuch zur Rettung der bankrotten Banken. In Wirklichkeit sei QE schon längst im Gange.

Halligan beschreibt die katastrophale Lage der Wirtschaft in der Eurozone mit ihrer hohen Arbeitslosigkeit und faktischem Nullwachstum, und erklärt: „Die Geldmenge der Eurozone ist gewachsen, wenn auch nicht so stark wie in Großbritannien und den Vereinigten Staaten, und in einer Weise, die darauf abzielt, die Wähler irrezuführen.“

Der Grund für die Deflationsgefahr in der Eurozone sei nicht, „daß das QE nicht groß genug wäre, sondern daß die lebende Leiche des Bankensektors in Europa mit faulen Schulden überhäuft ist, was zu einem Rückgang der Kreditvergabe in jedem einzelnen Monat seit Anfang 2012 geführt hat. Das ist es, was hinter der wirtschaftlichen Winterstarre der Eurozone steckt, kein Mangel an Regierungsausgaben und sicherlich auch kein Mangel an QE.“

eir