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Neue Solidarität
Nr. 28, 8. Juli 2015

Bundeskanzlerin Merkel, treten Sie zurück!

Frau Merkel hat Riesenerfolge bei der Zerstörung
der Demokratie, des Euro und ihrer Kanzlerschaft!

Von Helga Zepp-LaRouche

Ganz gleich, was bei dem Referendum in Griechenland herauskommt, die sogenannten „Institutionen“ der EU sowie Bundeskanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble haben mit ihrer ebenso diktatorischen wie inkompetenten Politik irreparablen Schaden angerichtet, an Demokratie und Menschlichkeit, der Idee eines einigen Europas und dem Image der EU in der ganzen Welt, und sie haben die Lebenserwartung des Euro erheblich verkürzt. Wenn weiterer Schaden von Deutschland und Europa abgewendet werden soll, sind der schnellstmögliche Rücktritt von Bundeskanzlerin Merkel und die Besetzung des Kanzleramts mit einer Person, die nicht die Politik der Finanzoligarchie ausführt, eine existentielle Frage für den gesamten Kontinent.

Aus einer verläßlichen Quelle war zu erfahren, daß Frau Merkel vor kurzem einen Anruf von einer hochrangigen Person aus den USA erhielt, die versuchte, ihr klarzumachen, daß die Krise in Griechenland nur zu überwinden sei, wenn die Schulden des Landes nach dem Vorbild der Londoner Schuldenkonferenz für Deutschland von 1953 drastisch reduziert würden. Frau Merkel habe nur lakonisch gesagt, die Griechen sollten am Sonntag mit Ja stimmen, das sei das Ende der Regierung Tsipras, dann sei das Problem gelöst.

Nun ist die ganze Welt auch ohne solche Insiderinformationen Zeuge geworden, daß man in Brüssel, Berlin und Frankfurt mit einer Brutalität auf Regimewechsel in Athen setzte, daß es so manchem Beobachter schon den Atem verschlug. Regimewechsel als Ziel der Politik gegen Saddam Hussein, Gaddafi, Janukowitsch oder Putin - daran schien sich die Welt beinahe gewöhnt zu haben. Aber gegen ein Mitglied der EU, und ausgerechnet gegen ein Land, das die Wiege der Demokratie darstellt? Daß die Tsipras-Regierung es gewagt hatte, die demokratische Wahl gegen das Troika-Diktat zu gewinnen, und dann auch den unerhörten Versuch machte, das Mandat der Wähler umzusetzen, so etwas ist bei dieser EU nicht vorgesehen.

David Ignatius mokiert sich in der Washington Post, daß die „grausame EU-Politik am Rande des Abgrunds“ gegenüber Griechenland zumindest den Schleier der Unwirklichkeit beseitigen werde, der über der gemeinsamen Währung von Anfang an gehangen habe. Die Europäer hätten ohnehin kaum je über irgendeinen Aspekt des „Europäischen Projekts“ abstimmen dürfen - weder über den Maastricht-Vertrag, der den Euro verschrieb, noch über die Europäische Verfassung, die in Frankreich und Holland, wo darüber abgestimmt werden durfte, mit 54,9 bzw. 61,5% abgelehnt wurde, nur um dann hinterhältig als „Vertrag von Lissabon“ erneut serviert und durchgewunken zu werden. Es sei auch an den Auftritt Sarkozys im Europaparlament im November 2007 erinnert, als er eine Gruppe von Parlamentariern darauf einschwor, daß man Referenden und Volksbefragungen aller Art um jeden Preis verhindern müsse, weil sonst das Ergebnis gegenteilig zu den eigenen Vorstellungen ausfallen könne.

Unglaublich, aber wahr: Wie eine neue Wikileaks-Veröffentlichung verrät, geht aus einer NSA-Abhördokumentation von Frau Merkels Handy aus dem Jahre 2011 hervor, daß sie ihrem persönlichen Mitarbeiter schon damals gegenüber erklärte, daß Griechenland seine Schuldenzahlungen nicht werde aufrecht erhalten können. Warum hat sie dann trotzdem bei dem ganzen Schwindel der sogenannten Rettungspakete für Griechenland mitgemacht, deren Nutznießer zu über 90% die europäischen Banken waren? Warum bestehen sie, Schäuble, Gabriel, Schulz, Draghi, Dijsselbloem und Co. darauf, Schulden jahrelang in den Büchern als solche fortzuschreiben, obwohl längst klar war, daß sie nie bezahlt werden könnten? Die Antwort ist offensichtlich: aus dem gleichen Grund, aus dem der Versailler Vertrag die Schuldenhöhe und Zahlungsbedingungen so festgesetzt hat, daß Deutschland in ein Korsett gezwungen wurde - aus Gründen der politischen Kontrolle. John Perkins beschreibt diesen Mechanismus der internationalen Finanzinstitutionen ausführlich in seinem Buch Bekenntnisse eines Economic Hit Man.

Dieser Umstand ist so offensichtlich, daß in den Tagen vor dem Referendum eine ganze Schar von renommierten Ökonomen dringende Appelle veröffentlicht haben, die Griechen sollten mit „Nein“ stimmen und es müsse eine Schuldenkonferenz geben - Stiglitz, Krugman, Rogoff, Galbraith. Selbst der IWF vertrat plötzlich diese Ansicht bezüglich eines Schuldenschnitts.

James Galbraith erklärte das Verhalten der EU in dieser Frage so:

Anläßlich der plötzlichen Erkenntnis des IWF, daß Griechenland ohne einen Schuldenschnitt nicht die geringste Chance hat, erschienen eine Reihe von Artikeln, u.a. von AP, die darauf hinweisen, daß Deutschland heute Griechenland genau den Schuldenschnitt verweigert, den es selbst 1953 auf der Londoner Konferenz eben auch mit Hilfe der damaligen griechischen Regierung erhalten hat. Ohne diese Hilfe wäre das berühmte deutsche Wirtschaftswunder niemals möglich gewesen. „Die gleiche Chance, die Deutschland 1953 erhalten hat, sollte Griechenland heute gegeben werden“, wird Eric LeCompte zitiert, Chef der Organisation „Jubilee USA“.

Weit davon entfernt. Gesine Schwan verriet in einem Interview gegenüber der Zeitung Der Freitag, ein wichtiges Mitglied der SPD-Bundestagsfraktion habe ihr gesagt, Angebote für eine Umschuldung lägen längst auf dem Tisch, wenn die Griechen die Regierung abwählten, indem sie beim Referendum für Ja stimmten, würden sie die Umschuldung bekommen. Das zeige, daß es bewußt um Regimewechsel gehe.

Diese Art von Skrupellosigkeit, die die gesamte Geschichte der EU seit Maastricht kennzeichnet, mag für eine gewisse Periode „erfolgreich“ sein. In Wahrheit zerstört sie alles, was an Europa wertvoll ist - die europäische Kultur, die europäischen Werte -, und es droht letztlich auch Europa selbst zu zerstören. Denn der üble Geist, der die Maastricht-Eurokraten motiviert, Griechenland ihrem System der Profitmaximierung zu opfern, ist derselbe, der auch die Ostausweitung von Nato und EU vorantreibt und die Konfrontation gegenüber Rußland bis zum Punkt der thermonuklearen Selbstzerstörung eskaliert. Die Maastricht-EU hat sich genau als das Monstrum erwiesen, als das wir es seit 1992 bezeichnet haben.

„Scheitert der Euro, scheitert Merkels Kanzlerschaft“, titelt die Print-Ausgabe des Spiegel dieser Woche. Beides ist nur eine Frage einer sehr kurzen Zeit. Je schneller sich Kräfte in Deutschland finden, die für beides eine vernünftige Nachfolge finden, desto größer ist die Chance, daß Deutschland sich rechtzeitig der selbstmörderischen Konfrontation der transatlantischen Finanzoligarchie gegenüber Rußland und China entgegenstellt. Die neue Doktrin des Pentagon, die Rußland und China ausdrücklich als Gegner der USA definiert, beleuchtet die erhöhte Gefahr, daß es zu einem Krieg zwischen beiden Lagern kommen kann. Noch hat der Moment des Showdown nicht begonnen, aber dies kann jeden Augenblick geschehen, und dann wird es voraussichtlich zu spät sein.

Es gibt eine Alternative. Deutschland und die anderen Nationen in Europa können auf das Angebot Chinas eingehen, bei einer „Win-win-Strategie“ beim Ausbau der Neuen Seidenstraße zu kooperieren. Bei den kommenden Gipfeln der BRICS-Staaten und der SCO in Ufa/Rußland wird deutlich werden, daß es ein auf völlig anderen Prinzipien basierendes Wirtschafts- und Finanzsystem gibt, bei dem alle Nationen dieser Welt mitarbeiten können. Entweder es gibt genügend intelligente Kräfte in Deutschland und den anderen Staaten in Europa, die diese Alternative erkennen und sie auch in Deutschland umsetzen - oder wir sind zu feige und zu dumm und unterwerfen uns den „oberflächlichen, weltabgeschiedenen Führungskräften“, die uns in ihrer Beschränktheit in die Katastrophe treiben.