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Neue Solidarität
Nr. 24, 14. Juni 2018

Machtverlust der westlichen Eliten schreitet voran:
Wir stehen vor bedeutenden Änderungen

Von Alexander Hartmann

Die Anhänger der vom westlichen Establishment vertretenen, harten geopolitischen Linie gegenüber Rußland und China unter den Teilnehmern des G-7-Gipfels am 8. und 9. Juni in Charlevoix in Kanada werden sich vielleicht wie die „Zehn kleinen Negerlein“ aus dem bekannten Kinderlied vorgekommen sein: War man sich zu Obamas Zeiten noch weitgehend einig, daß Rußland ausgegrenzt und aus der G-8, wie sie damals noch hieß, ausgeschlossen werden müsse, sodaß aus der G-8 wieder die G-7 wurde, ist nun in den Pressekommentaren schon die Rede von der „G-6+1“, weil die „Führer des freien Westens“ nun auch gemeinsame Front gegenüber den von US-Präsident Donald Trump geführten Vereinigten Staaten machen müßten, um den freien Handel auf den Weltmärkten zu verteidigen. Sollte es tatsächlich zu einer solchen „gemeinsamen Front“ kommen, dürfte das gemeinsame Kommuniqué des G-7-Gipfels (das bei Redaktionsschluß noch nicht vorlag) recht dürftig werden, denn von Trump ist wohl kaum zu erwarten, daß er ein gemeinsames Papier unterschreibt, in dem die Politik seiner Regierung verurteilt wird. Oder werden die übrigen Regierungen eine eigene Erklärung ohne Trump verfassen und so aus der G-7 die G-6 machen?

Schaut man sich jedoch die Positionen der übrigen sechs Regierungen an, so wird deutlich, daß diese „gemeinsame Front“ gar nicht so fest geschlossen ist, wie man sich dies in Berlin, London oder Paris wünschen würde. So hat der neue italienische Ministerpräsident Giuseppe Conte bereits deutlich gemacht, daß er die Rußland-Sanktionen für falsch hält und für deren Aufhebung eintritt. Auch der japanische Ministerpräsident Abe verfolgt schon lange eine Politik der intensiven wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit Rußland und China, und auch von US-Präsident Trump ist bekannt, daß er mit dem russischen Präsidenten Putin gerne enger zusammenarbeiten will und nur durch die Beschlüsse des US-Kongresses daran gehindert wird.

So beschränkt sich also die „gemeinsame Front des freien Westens“ inzwischen im Grunde auf Großbritannien, Deutschland, Frankreich und Kanada – wirkliche Großmächte sind da schon nicht mehr dabei. Also nur noch „vier kleine Negerlein“?

Vielleicht um die Optik zu verbessern, nehmen am G-7-Gipfel in Kanada auch EU-Präsident Tusk und Kommissionspräsident Juncker teil, als Vertreter der EU. Aber auch in der EU zeigen sich immer deutlichere Risse – und das nicht erst seit Contes Regierungsantritt. Während die EU-Führung versucht, Chinas Einfluß in Europa einzudämmen, setzen immer mehr EU-Mitgliedstaaten, vor allem in Ost-, Mittel- und Südeuropa, auf eine intensivere Zusammenarbeit mit China insbesondere im Infrastrukturbereich, in dem die EU in den letzten Jahrzehnten kaum etwas getan hat.

Auch in der Frage der Rußland-Sanktionen regt sich in den Reihen der EU-Mitgliedstaaten immer mehr Widerspruch. Schon als die britische Regierung die NATO- und EU-Mitglieder zu „Solidaritäts-Sanktionen“ gegen Rußland wegen des (angeblich von Rußland durchgeführten) Giftanschlags auf den früheren russischen Spion Skripal aufrief, verweigerte ein Drittel der EU-Mitglieder die Gefolgschaft.

Als sich dann in Italien die Bildung einer europakritischen Regierungskoalition aus Lega und Fünf-Sterne-Partei abzeichnete, setzte „Europa“ alle Hebel in Bewegung, um das Zustandekommen dieser Regierung zu verhindern – nur um zu erleben, daß diese Regierung unter Ministerpräsident Conte dann doch ihr Amt antreten konnte.

Helga Zepp-LaRouche kommentierte diese Entwicklung am 7. Juni in ihrem wöchentlichen internationalen Internetforum: „Es vollziehen sich ganz klar sehr wichtige Veränderungen. Gestern wurde die Regierung Conte vom Senat und von der Abgeordnetenkammer abgesegnet. In der ersten Rede, die Premierminister Conte hielt, kündigte er an, daß er eine Wende in der Sanktionspolitik gegenüber Rußland herbeiführen will und daß seine Regierung sich für die Bankentrennung einsetzen wird.“

Sie warnte vor der Stimmungsmache gegen die neue italienische Regierung, die auf antiitalienische Ressentiments in der Bevölkerung setzt, und betonte:

Putin in Wien

Am 5. Juni wurde dann der russische Präsident Wladimir Putin zum 50. Jahrestag der Kooperation zwischen den staatlichen Gaskonzernen OMV und Gazprom mit allen Ehren zu einem offiziellen Staatsbesuch in Österreich empfangen – ein hochsymbolischer Art, ist doch gerade der Energiehandel mit Rußland den westlichen Geopolitikern ein Dorn im Auge. Am Rande des Besuchs verlängerten OMV und Gazprom ihre Vereinbarungen bis zum Jahr 2040.

Bei Putins Staatsbesuch in Wien stand das Thema des Dialogs im Vordergrund. Österreichs Staatspräsident Alexander Van der Bellen betonte in seiner Begrüßungsrede: „Frieden in Europa ist nur mit Rußland möglich. Und eine Reihe regionaler und globaler Probleme läßt sich nur unter Einbeziehung Rußlands lösen.“ Und Bundeskanzler Sebastian Kurz sagte vor Journalisten: „Wir hoffen, daß es durch einen intensiveren Dialog Fortschritte in den Beziehungen zwischen der EU und Rußland geben wird.“

Präsident Putin seinerseits sprach die Frage der Sanktionen an. „Diese Sanktionen schaden allen – sowohl denen, die sie initiiert haben, als auch denen, gegen die sie gerichtet sind. Ich denke daher, daß alle ein Interesse daran haben, sie aufzuheben.“

Kurz erklärte dazu, Österreich werde sich nicht über die Sanktionen der EU hinwegsetzen, er sagte aber auch: „Österreich wird sich in der Zeit seines Ratsvorsitzes dafür einsetzen, daß sich die Beziehungen zwischen Rußland und der EU verbessern. Ich hoffe, daß wir Fortschritte im Dialog machen können, um auch die Sanktionen schrittweise abzubauen.“

Helga Zepp-LaRouche betonte, Putins Österreich-Besuch sei sehr wichtig. „Denn alle Bemühungen der neoliberalen und neokonservativen Massenmedien, Putin zu verteufeln und ein Bild zu zeichnen, daß er völlig isoliert sei, wurden vollkommen widerlegt. Er wurde in Wien exzellent aufgenommen. Kanzler Kurz sagte, er werde sich auch dafür einsetzen, daß die Sanktionen beendet werden – Österreich wird am 1. Juli den Vorsitz der EU übernehmen, Kurz wird also einige Möglichkeiten haben, Schritte einzuleiten. Und angesichts der Tatsache, daß es einen solchen Stimmungswandel gibt – die Visegrad-Länder, die ost- und zentraleuropäischen Länder, die Balkanländer, die südeuropäischen Länder und Österreich sind fast alle gegen die Sanktionen –, ist leicht zu sehen, daß es dort Raum für Veränderungen gibt… Ich denke, daß es einige bedeutende Änderungen in der EU geben wird, die vielleicht nicht so angenehm sind für diejenigen, die den Status quo erhalten wollen.“

Eurasien rückt zusammen

Während sich abzeichnet, daß beim Gipfeltreffen der G-7 aufgrund der unterschiedlichen Auffassungen der Teilnehmer keine bedeutenden Entscheidungen fallen werden, dürfte das anstehende Gipfeltreffen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) sehr viel wichtiger werden. Zu den Mitgliedern dieser Organisation gehören neben Rußland und China und den zentralasiatischen Staaten Kasachstan, Kirgistan, Tadschikistan und Usbekistan seit 2017 auch Indien und Pakistan. Zusammen vertreten sie rund 40% der Weltbevölkerung.

Helga Zepp-LaRouche sagte dazu in ihrem Internetforum, es habe, insbesondere von Seiten der Briten, der EU und der Regierung Obama, Versuche gegeben, Indien gegen China auszuspielen und in ein Bündnis mit Australien, Japan und Neuseeland zu ziehen, was auch von geopolitischen gesinnten Kreisen in Indien unterstützt wurde.