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Neue Solidarität
Nr. 44, 31. Oktober 2019

Wirtschafts-Nachrichten

Die Kernschmelze hat begonnen – sogar der IWF sieht den Crash kommen

Der am 1. Oktober veröffentlichte Global Financial Stability Report des Internationalen Währungsfonds (IWF) enthält eine drastische Warnung: bis zu 40% aller Unternehmensschulden an der Wall Street und der City könnten ausfallen, sobald eine Wirtschaftsrezession einsetzt.

In einer weltweiten Rezession mit einem Wirtschaftsrückgang von 2-3% in acht führenden Ländern (USA, China, Japan, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Spanien) würden mehr als ein Drittel der Unternehmensschulden in diesen Staaten in Wellen ausfallen, prognostiziert der Bericht, was die Banken zum Einsturz bringen würde. Es würde also nicht eine Finanzpanik eine schwere Wirtschaftsrezession auslösen, sondern umgekehrt schon eine geringe Wirtschaftsrezession eine Finanzpanik. Die Industrie und das verarbeitende Gewerbe vieler großer Nationen befinden sich bereits in einer Rezession, und der Dienstleistungssektor, der sich bislang noch hält, kann jederzeit folgen.

Andere Aspekte des IWF-Berichts weisen auf das Ausmaß der bevorstehenden Finanzkrise hin. Die IWF-Autoren bringen dies direkt mit einer industriellen Rezession und sinkenden Kapitalinvestitionen in Verbindung. Der Fonds warnt: „Rentenfonds mit einem Vermögen von rund 1,7 Billionen US-Dollar könnten Schwierigkeiten haben, Anleger auszuzahlen.“ Genau das war es, was im Spätsommer 2008 bei Investmentfonds, ihren Anlegern, Zentralbanken und Regierungen Panik auslöste. In der Financial Times hieß es dazu, dies „könnte möglicherweise das globale Finanzsystem destabilisieren“, was noch eine Untertreibung ist.

Vereinfacht gesagt warnt der IWF: Da inzwischen bereits ca. 15 Bio.$ an Anleihen weltweit Null- und Negativrenditen haben, müssen große institutionelle Anleger mit ihren Anleihebeständen handeln und spekulieren, um Einnahmen zu erzielen – und die Anleihefonds, in die sie investieren, verdienen mit Anleihen kein Geld, mit denen sie diese Investoren auszahlen könnten, wenn diese es wünschen. Daher verlegen sich die Fonds bei der „Jagd nach Rendite“ auf ungedeckte Spekulationsgeschäfte und Vermögenswerte weit geringerer Qualität, und es mangelt ihnen an liquiden Mitteln. Anleihen gehören weltweit zum Kernbestand von Finanzinstituten.

Der IWF untersuchte eine Stichprobe von 1760 Rentenfonds (rund 60% der weltweiten festverzinslichen Vermögenswerte). Es stellte sich heraus, daß ein Sechstel davon (die Hälfte aller Fonds mit hohen Renditen, die in minderwertige Unternehmensanleihen investieren) bereits die bestehenden Auszahlungsforderungen nicht erfüllen kann. „Die Gesamtlücke im festverzinslichen Sektor wird auf 160 Mrd. Dollar geschätzt“, wenn alle Fonds gleichzeitig Liquiditätsbedarf hätten.

Der „Extremfall“ des IWF ist leicht vorhersehbar: Notverkäufe von „guten“ Vermögenswerten, um Forderungen auf illiquide und schlechte Vermögenswerte einzulösen, und eine Wiederholung des Debakels der Investmentfonds von 2008. Der „Repo“-Markt (Übernachtkredite für Banken) befindet sich möglicherweise schon in einem frühen Stadium davon.

Derweil versucht die Federal Reserve, eine „Liquiditätskrise“ im Bankensystem aufzuhalten, indem sie seit vergangenem Monat täglich kurzfristige Kredite von 50-100 Mrd.$ in die großen Banken pumpt, aber die Wall Street fordert immer mehr. Dies läßt großes Unheil ahnen, und deshalb ist es dringend notwendig, daß die Banken ihre Spekulationssparten abtrennen, damit das reguläre Kreditgeschäft geschützt werden kann. Dazu muß die Glass-Steagall-Bankentrennung wieder eingeführt werden.

* * *

Ursache der Wirtschaftskrise: die Produktivität wächst nicht

In einem Bericht der Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P Global) vom 11. Oktober wird betont, daß in der US-Wirtschaft im 21. Jahrhundert die Produktivität kaum noch wächst, ganz besonders unter der Nullzinspolitik seit dem Finanzkrach 2008. Der Bericht befaßt sich zwar nur mit der US-Wirtschaft, aber dasselbe gilt auch für die europäischen Volkswirtschaften, die seit 2011 fast ständig in der Rezession stecken.

Dies ist ein grundlegendes Problem, und wenn man es anpackt, kann man die Wirtschaft vor einer weiteren, noch schlimmeren Finanzkrise als 2008 retten, die sich jetzt ankündigt. Die Voraussetzung ist allerdings, die Banken einer Glass-Steagall-Bankentrennung zu unterziehen, damit die Geschäftsbanken weiter Kredite an die Wirtschaft vergeben können.

Während des letzten Jahrzehnts lag schon die einfache Produktivität der US-Wirtschaft (ohne Landwirtschaft), nämlich Produktion dividiert durch geleistete Arbeitsstunden, deutlich unter 1% pro Jahr. 1956-75 dagegen war sie, wie der Bericht zeigt, noch um 2,5% pro Jahr gestiegen, davor von 1935-50 sogar noch deutlich schneller. Das waren die Zeiten großer öffentlicher Projekte mit technischen Durchbrüchen, was 1962-72 im Apollo-Programm für die Mondlandung gipfelte.

Heute belaufen sich die Neuinvestitionen in Infrastruktur, die Mitte der 1960er Jahre noch bei 2,5% des BIP lagen, nur noch auf 1,3% des BIP. In dem Bericht wird auch festgestellt, daß die Gesamtinvestitionen zwar unmittelbar nach dem Crash 2008 auf 1,6% des BIP stiegen, die Produktivität dadurch jedoch nicht anstieg. Ein Grund dafür wird dort nicht genannt, aber es ist bekannt, daß die zusätzlichen 90-100 Mrd.$ an Investitionen aus Präsident Obamas Konjunkturgesetz von 2009 nur in „grüne“ Infrastruktur flossen.

Ein hochrangiger asiatischer Bankenaufseher betonte gegenüber EIR, es könne keinen wirklichen Fortschritt geben, solange die Regierungen nicht großangelegte öffentliche Bauprojekte mit modernster Technik starten. Der Staat müsse das „Risiko“ auf sich nehmen, auf diese Weise eine Nachfrage nach Produktivitätswachstum zu erzeugen. Ohne die Schaffung einer solchen neuen Nachfrage würden die großen Volkswirtschaften immer weiter schrumpfen. „Quantitative Lockerung“ (sprich Geldgeschenke an Großbanken) und ähnliche Maßnahmen würden nichts lösen, sagte er, und die geforderte Umstellung auf „grüne Finanzen“ und grüne Infrastruktur sei „wirklich verrückt und ohne Bedeutung“. Der „Aufschwung“ der US-Industrie sei nur ein Strohfeuer gewesen, da er auf großen ausländischen Investitionen in Immobilien nach den Steuersenkungen 2018 basierte. Jetzt sinke die US-Produktion. Die dringendste Aufgabe sei nun, so das Fazit dieses Experten, die Politik zu bewegen, solche großangelegten öffentlichen Infrastrukturprojekte zu beschließen.