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Neue Solidarität
Nr. 15-16, 14. April 2022

Der LaRouche-Plan für eine neue internationale Wirtschaftsarchitektur

Teil III. Die Sanktionen beschleunigen den transatlantischen Finanzkollaps

Schon vor dem 25. und 27. Februar (dem Datum der russischen Invasion in der Ukraine und der Verhängung drastischer Sanktionen durch die NATO-Staaten) war die Inflation in den USA beim Verbraucherpreisindex von 1,5% auf 6,9% und beim Erzeugerpreisindex auf 9,8% angestiegen. In der EU war die Inflation beim Verbraucherpreisindex von etwa 1% auf 4,8% und beim Erzeugerpreisindex auf 16% gestiegen.

Als somit der große „Sanktions-Inflationsschock“ am 4. März alle Rohstoffe traf und die Verfügbarkeit von wichtigen Nahrungsmitteln, Energie und mineralischen Rohstoffen rückläufig wurde, stand das transatlantische Finanzsystem bereits unter hohem Inflationsdruck, ausgelöst durch die Versuche der westlichen Zentralbanken, die privaten Großbanken vor dem Platzen der gigantischen Derivatblase zu schützen – eine zum Scheitern verurteilte Anstrengung.

Auf einem der größten Felder dieses Inflationsfeuers, dem US-Immobilienmarkt, der den globalen Crash von 2007-08 auslöste, läßt sich die massive Geldentwertung nicht auf die Auswirkungen des Ukraine-Krieges oder die wirtschaftliche Kriegsführung der NATO gegen Rußland zurückführen. Der US-Immobilienmarkt steuert auf einen weiteren Zusammenbruch zu und läßt in der Federal Reserve die Alarmglocken erklingen.

Was die Energiepreise in Europa anbelangt, so wurde die rasante Inflation schon lange vor dem Krieg durch das Gelddrucken der Zentralbanken und die Spekulation mit Derivaten angeheizt.

Die größte Zentralbank, die amerikanische Federal Reserve, ist inzwischen sehr besorgt, die Kontrolle über das verloren zu haben, was einer ihrer Gouverneure, Christopher Waller, am 19. März als „rasende Inflation“ bezeichnete. Drei Gouverneure bzw. Regionalpräsidenten – Rafael Bostic aus Atlanta, James Bullard aus St. Louis und Waller – fordern mehrfache Zinserhöhungen um jeweils 0,5%, denn sie sind in Panik geraten, weil die derzeit geplanten geringfügigen Zinserhöhungen keine Chance haben, die Inflation zu bremsen. Doch diese Geldverknappung wird ebenso kläglich scheitern wie die gegenteilige „quantitative Lockerung“ – denn die zugrundeliegende Spekulationsblase von Billionen von Dollar ist in jedem Szenario unbezahlbar.

Vor diesem Hintergrund hat der hyperinflationäre Schock, der sich seit Montag, dem 7. März, verbreitete, den größten Teil der Liquidität aus Produktion, Vertrieb und Handel mit den vielen oben genannten Gütern ausgelöscht. Viele Tausende von Unternehmen in diesen Sektoren sind in Zahlungsschwierigkeiten geraten, wovon auch ihre Banken betroffen sind. Keine geringere Bank als JPMorgan Chase, die größte in den Vereinigten Staaten, äußerte in der darauffolgenden Woche große Besorgnis darüber, daß die Bank das Ausfallrisiko all dieser Unternehmen tragen müsse. Die Kreditvergabe in diesen Bereichen ist praktisch zum Erliegen gekommen. Bloomberg News titelte am 18. März: „Die größten Rohstoffmärkte der Welt beginnen sich festzufressen“. Der Verband europäischer Energiehändler [der größte der Welt] forderte am 16. März die Zentralbanken auf, „zeitlich begrenzte Sofortliquiditätshilfe zu leisten, um sicherzustellen, daß die Großhandelsmärkte für Gas und Strom weiterhin funktionieren“.

Engpässe auf lebenswichtigen Rohstoffmärkten sind allgegenwärtig, und die Engpässe in Folge der Sanktionen zur Zerschlagung der russischen Wirtschaft überschneiden sich mit denjenigen, die sich bereits vor dem 25. Februar aufgrund der steigenden Inflation entwickelt hatten, wie z.B. bei Düngemitteln. Die am stärksten verknappten Rohstoffe steigen hyperinflationär im Preis.

Das Phänomen der „Selbstsanktionierung“ zahlreicher Unternehmen in Europa, Nordamerika und Ozeanien für russische Energieprodukte, die gar keinen staatlichen Sanktionen unterliegen, hat diesen Begriff zu einem geflügelten Wort gemacht. Rohstoffhändler schätzen, daß die russischen Ölexporte nach Europa tatsächlich um 1,5 Mio. Barrel pro Tag (bpd) gesunken sind, obwohl sie nicht sanktioniert sind. Die gesamten russischen Ölexporte weltweit sollen um 2 Mio. bpd gesunken sein. Der IEA zufolge werden es im Laufe des Jahres 2022 3 Mio. bpd sein.

Bereits am 7. März beschrieb Zoltan Poszar, Analyst bei der Credit Suisse, den durch die Rohstoffe ausgelösten finanziellen Schock sehr treffend.

Eine Zahlungsunfähigkeit Rußlands wird auch von seinen westlichen Gläubigern bewußt provoziert, indem etwa 300 Mrd.$ der 640 Mrd.$ an russischen Währungsreserven eingefroren (d.h. gestohlen) wurden. Ein Zahlungsausfall wird Nachschußforderungen auf Credit Default Swaps auslösen, deren Preis so stark gestiegen ist, daß sie für Rußlands Gläubiger nicht mehr verwendbar sind. Moskau war bisher in der Lage, diese Schulden zu bedienen, wie es durch die Zahlung von 117 Mio.$ am 16. März und 66 Mio.$ am 21. März aus den eingefrorenen Reserven bewiesen hat – ein Verfahren, das durch ein Schlupfloch des US-Finanzministeriums in den Sanktionen, die Ende Mai 2022 auslaufen, erlaubt ist.

Dieses Schlupfloch wurde gelassen, um internationalen Anleihegläubigern die Möglichkeit zu geben, den russischen Markt sicher zu verlassen, indem sie ihre stark verbilligten russischen Anleihen an Goldman Sachs und andere verkaufen, die wiederum solche „notleidenden Schulden“ an Geierfonds verkaufen. Diese Fonds werden dann hingehen und ihre beträchtlichen finanziellen, rechtlichen und politischen Kapazitäten einsetzen, um Rußland zu zwingen, den vollen Nennwert der Anleihen zu zahlen, die die Geierfonds für einen Bruchteil erworben hatten – so wie es im Krieg gegen Argentinien vor zwei Jahrzehnten bereits praktiziert wurde.

Die Auslandsschulden russischer Unternehmen sind ein Fragezeichen von 75 Mrd.$. Diese Anleihen wurden vom Markt bereits mit einem Abschlag von 70% neu bewertet, d.h. mit einem Verlust von etwa 50 Mrd.$. Wall Street on Parade schrieb am 7. März: „Die große Frage an der Wall Street ist, welche Banken 41 Mrd.$ für Credit Default Swaps auf Rußland schulden.“

„Es sind 41 Mrd.$ an Credit Default Swaps (CDS) auf russische Schulden bekannt“, heißt es in der bekannten Finanzkolumne. „Darüber hinaus gibt es weitere Milliarden an Credit Default Swaps auf Anleihen staatlicher und nichtstaatlicher russischer Unternehmen…. Es sieht nach einer Wiederholung der Bankenkrise von 2008 aus“, schrieb Wall Street on Parade weiter, „als die Banken die Kreditvergabe an andere Banken einstellten, weil sie nicht wußten, wer als nächstes von den toxischen Subprime-Krediten betroffen sein würde. Das führte zu einer Liquiditätskrise und dem beispiellosen Engagement der Federal Reserve, die heimlich Billionen von Dollar in die Megabanken der Wall Street und ihre ausländischen Derivatpartner pumpte.“

Am 11. März veröffentlichte die Financial Times auf der Grundlage von Daten der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich eine Liste der am stärksten exponierten westlichen Banken. Das Gesamtengagement wird mit 121 Mrd.$ angegeben, wovon der größte Teil, 84 Mrd.$, in den Händen europäischer Banken liegt, wobei die Société Générale an der Spitze der Liste steht (21 Mrd.$), gefolgt von Paribas (3 Mrd.$), Credit Suisse (1,7 Mrd.$) und Deutsche Bank (1,5 Mrd.$). Unter den US-Banken ist die Citibank mit 10 Mrd.$ am stärksten exponiert.