|
|
Von Alexander Hartmann
Am 8. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg und die Naziherrschaft in Deutschland. Aber die damit verbundene Hoffnung auf dauerhaften Frieden, Zusammenarbeit der Völker und Schutz der Menschenwürde scheint heute, 80 Jahre danach, aussichtsloser denn je. Rußland feiert den Tag des Sieges im Großen Vaterländischen Krieg am 9. Mai, dem Tag (russischer Zeit) der Unterzeichnung der deutschen Kapitulation in Berlin. Dazu sind in diesem Jahr die Staats- und Regierungschefs von 29 Nationen – darunter die BRICS-Mitglieder China, Brasilien und Ägypten – in Moskau zusammengekommen, während die EU-Führung die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten unter Druck setzte, nicht an der Moskauer Feier teilzunehmen. Gleichzeitig fordern Macron, Starmer, Merz & Co. die Ukraine auf, den Krieg gegen Rußland fortzusetzen, und planen gigantische Aufrüstungsprogramme, um Europa „kriegstüchtig“ zu machen.
Die Gründerin des Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche, kommentierte diese Entwicklungen in ihrem Internetforum am 6. Mai: „Man kann davon ausgehen, daß dieser 80. Jahrestag mit sehr viel Emotionen begangen wird, mit einer großen Militärparade, vielen Gesprächen, d.h., in der russischen Bevölkerung ist mit Sicherheit die Erinnerung an den Großen Patriotischen Krieg, wie sie den Zweiten Weltkrieg nennen, extrem lebendig.“
Zahlreiche hochrangige russische Vertreter – wie der Sekretär des Sicherheitsrats Sergej Schoigu, der ehemalige Sicherheitsratschef und persönliche Berater Präsident Putins Nikolai Patruschew, der Auslandsgeheimdienst SWR unter Sergej Naryschkin, Außenminister Sergej Lawrow und seine Sprecherin Maria Sacharowa – hätten Parallelen zwischen der Aufrüstung der EU und dem Aufmarsch der Nazis gegen die Sowjetunion gezogen, wobei sie nicht zuletzt auf die treibende Rolle Großbritanniens damals wie heute hinwiesen.
„Das muß einem nicht nur zu denken geben, sondern es sollte einen wirklich zum Handeln veranlassen“, betonte Zepp-LaRouche. Wenn jetzt in Rußland anläßlich des 80. Jahrestags des Sieges über den Nationalsozialismus gesagt werde, daß die EU das gleiche tut wie damals eben die Nazis, „dann sollte man das wirklich nicht als Propaganda oder als irgendwelche verrückten Analysen wegwischen, denn das wird Konsequenzen haben“.
Der „mit Ach und Krach“ gewählte neue Bundeskanzler Friedrich Merz habe erklärt, er wolle der Ukraine Taurus-Raketen liefern. „Das ist mit Sicherheit die rote Linie, die Deutschland dann definitiv zur Kriegspartei machen würde… Wir brauchen wirklich eine andere Debatte in Deutschland, weil wir sonst im Kontext all der anderen Krisen ganz schnell in einem Treibsand untergehen könnten, wo dann auch in Deutschland wirklich Krieg stattfindet. Das macht mir im Augenblick die meisten Sorgen.“
Zepp-LaRouche kritisierte den „totalen Mangel einer wirklichen intellektuellen Auseinandersetzung um die großen Themen unserer Zeit“. Man klebe anderen (wie im Fall der AfD) einfach nur ein Etikett auf – „das ist ein Nazi, das ist ein Faschist“ –, anstatt darüber nachzudenken, was die tatsächlichen Charakteristika des Faschismus sind. In diesem Zusammenhang verwies sie auf eine Äußerung des Politikers und Musikers Dieter Dehm, der unter Berufung auf mehrere Historiker erklärt hatte, das wesentliche Kriterium für Faschismus sei nicht der Bezug auf das deutsche Volk (der ja sogar die Grundlage des Grundgesetzes bildete), sondern die Russophobie.
Angesichts der Tatsache, daß in Rußland ganz offen über die Parallelen der Politik Deutschlands und der EU zur Aufrüstung gegen Rußland unter Hitler gesprochen werde, „brauchen wir vielleicht wirklich eine Faschismusdebatte in Deutschland unter all den Leuten, die sich als integre Intellektuelle verstehen. Und da ist natürlich der Militarismus ein nicht zu übersehender Faktor.“
Als Beispiel nannte sie die Kannibalisierung der Wirtschaft in den 1930er Jahren, als Hitlers Reichsbankchef und Finanzminister Hjalmar Schacht mit Hilfe der „Mefo-Wechsel“ die Aufrüstung Deutschlands für den Krieg finanzierte. Es wäre sinnvoll zu untersuchen, ob es nicht Parallelen gebe zwischen den jüngst beschlossenen „Sondervermögen“ und der Lockerung der Schuldenbremse - „nicht für produktive Investitionen, damit die Wirtschaft wieder flott wird, sondern eben in die Aufrüstung“ – und Schachts Mefo-Wechseln damals. Sie schloß: „Wir müssen wirklich die Substanz anschauen: Was ist die Politik? Was steht hinter dieser wahnsinnigen Militarisierung in Europa? Und haben die Russen vielleicht einen Punkt, wenn sie sagen, das habe Reminiszenzen zu dem, was vor 80 Jahren passiert ist? Das sind ganz ernsthafte Fragen, denen man nicht ausweichen sollte.“
Der amerikanische Staatsmann und Ökonom Lyndon LaRouche befaßte sich schon 1977 in einem Artikel („Was ist eigentlich Faschismus?“1) mit dem Wesen des Faschismus und damit, warum dieser zwar im Weltkrieg besiegt, aber nie vollständig beseitigt wurde. Wir zitieren einige wesentliche Absätze daraus:
„Der Nationalsozialismus hatte, ebenso wie die heutige ,Umweltschutz‘-Bewegung in der Bundesrepublik, zwei Gesichter. So wie die ,Umweltschutz‘-Bewegung wurde auch die Einsetzung des nationalsozialistischen Regimes Deutschland von außen aufgezwungen, und zwar von den Mitarbeitern des deutschen Zentralbankchefs Hjalmar Schacht, die hauptsächlich in den Finanzkreisen Londons und Manhattans tätig waren – nicht von deutschen Industriellen. Die zweite Tatsache in Bezug auf den Nationalsozialismus ist, daß soziale Kräfte unterschiedlicher Ausrichtung und Zusammensetzung manipuliert wurden, um als politische Hilfstruppe zur Unterstützung von Schachts Hitler-Projekt zu fungieren…
Um die treibende Kraft hinter diesem Gesamtphänomen zu verstehen, muß man seine Aufmerksamkeit auf die Führungsebene richten, auf die Hjalmar Schachts und seinesgleichen. Auf der obersten Ebene wird das wesentliche definiert.
Der relativ kleine Kreis von Verschwörern an der Spitze benötigt jedoch eine große Anzahl manipulierbarer Handlanger als soziale Basis für die Errichtung faschistischer Regime oder anderer Institutionen faschistischer Politik. Diese soziale Basis zwingt uns, uns auf den zweiten, ergänzenden Aspekt des Faschismus zu konzentrieren, wie den Ökologismus, Terrorismus und exotische synthetische Religionen im allgemeinen. Dabei müssen wir die Anfälligkeit der verschiedenen sozialen Schichten berücksichtigen, die manipuliert werden. Dieser zweite Aspekt beinhaltet die Schwierigkeit, daß große faschistische Bewegungen niemals soziologisch oder politisch homogen waren.
Die zusammenfassende strategische Bewertung zu diesem Punkt lautet, daß die Kreise in Manhattan und London, als sie Hjalmar Schachts Hitler-Projekt in Gang setzten, sowohl Deutschland als auch den Nationalsozialismus transformierten und eine merkwürdige symbiotische Abhängigkeit zwischen der Nazi-Maschinerie und den deutschen nationalen Wirtschafts- und verwandten Interessen schufen. Das Ergebnis war, daß sich die wirtschaftlichen und verwandten Interessen Deutschlands in den verzerrten Formen äußerten, die im Rahmen der von Schacht geschaffenen und vom Hitler-Apparat verwalteten Strukturen der Rentenmark und der Mefo-Wechsel möglich wurden.
Die wirtschaftliche Seite des Nationalsozialismus war schon vor 1933 in vollem Gange, nicht durch Hitler oder Gregor Strasser, sondern durch Schacht. Mit der Verschärfung der internationalen Währungskrise, insbesondere nach dem Zusammenbruch der Wiener Kreditanstalt und dem Absturz des britischen Pfunds 1931, reichte die bestehende Austerität Schachts in Deutschland nicht mehr aus, um die wackelige deutsche Schuldenstruktur [der Reparationszahlungen, d. Red.] zu stützen. Ein Zusammenbruch der deutschen Schuldenstrukturen zu diesem Zeitpunkt hätte die Macht der wichtigsten Finanzinstitute in London und Manhattan vollständig zerstört. Nach Einschätzung Schachts und seiner Verbündeten in London und Manhattan waren drastischere Maßnahmen erforderlich.
Unter den bestehenden Strukturen der Weimarer Republik war eine solche Verschärfung der Austerität nicht möglich. Der Reichstag mußte ausgeschaltet werden, ebenso wie die Parteistrukturen, die als Mobilisierungszentrum für einen Gegenangriff gegen die von außen auferlegte Austerität dienen könnten. Dafür, so betonte Schacht, brauchte man Hitler.“
Die Menschheit ist jetzt erneut mit der häßlichen Fratze des Faschismus konfrontiert, ob es sich um die Anhänger des Hitler-Verbündeten Stepan Bandera in Kiew handelt oder um die Anhänger von Wladimir Zeev Jabotinsky, den der israelische Staatspräsident Ben-Gurion wegen seiner offenen Verteidigung der Nazis einst als „Wladimir Hitler“ bezeichnete. In der israelischen Regierung unter Netanjahu betreiben solche Kräfte die Auslöschung Gazas und seiner Bevölkerung. Ähnlich läßt sich hinter den brutalen Terrorakten gegen Zivilisten – wie auf dem Indischen Subkontinent – die Absicht erkennen, geopolitische regionale Kriege zu entfachen.
Die Finanzinteressen der Londoner City und ihre Verbündeten setzen jetzt wieder auf Schachts Politik – Aufrüstung und Vorbereitung für den Krieg, verbunden mit einer Rettung des bankrotten Finanzsystems –, um ihre sterbende Weltordnung zu retten. Die historischen Vorläufer sollten uns als Mahnung dienen, daß wir diesen Bestrebungen einen Riegel vorschieben müssen, bevor es zu spät ist.
Anmerkung
1. What Actually Is Fascism?, Lyndon LaRouche, 19.08.1977, Nachdruck in EIR, 7. März 2025.
Weitere Leitartikel der vergangenen Wochen
Wie andere Zeitungen auch leidet die Neue Solidarität unter steigenden Kosten und sinkenden Abonnentenzahlen. Angesichts dieser Entwicklung ist das Weiterbestehen unserer Zeitung – jedenfalls in der bisherigen Form – gefährdet. Damit ginge dem deutschsprachigen Raum eine wichtige Stimme der Vernunft verloren.
Ein Aufruf zur Unterstützung unserer Zeitung im vorigen Jahr half uns, das Defizit für das vergangene Jahr auszugleichen, wofür wir uns bei allen Unterstützern herzlich bedanken. Aber um dieses strukturelle Defizit wirklich zu überwinden, brauchen wir vor allem eines:
mehr Abonnenten für unsere Zeitung, was auch das beste Mittel ist, das geistige Defizit im politischen Diskurs der deutschsprachigen Welt zu bekämpfen.
Nutzen Sie unsere Zeitung als ein Instrument, dies zu erreichen! Helfen Sie
uns, neue Leser zu finden, und empfehlen Sie unsere Zeitung weiter. Man kann
Abonnements auch verschenken. Manche unserer Leser haben Mehrfach-Abonnements,
damit Sie die Zeitung an Interessierte weitergeben können. Und natürlich kön-
nen Sie uns auch weiterhin mit Förderbeiträgen helfen.
Vielen Dank!
Alexander Hartmann, Chefredakteur
Bankverbindungen – Empfänger: E.I.R. GmbH, Wiesbaden
Nassauische Sparkasse Wiesbaden
IBAN: DE79 5105 0015 0114 0044 99 – BIC: NASSDE55
Postbank Frankfurt
IBAN: DE93 5001 0060 0330 0216 07 – BIC: PBNKDEFF
Stichwort: Weiter so, Neue Solidarität!