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Von Alexander Hartmann
„Ich appelliere an alle, die in der Welt politische Verantwortung tragen, nicht der Logik der Angst nachzugeben, die verschlossen macht, sondern die verfügbaren Ressourcen zu nutzen, um den Bedürftigen zu helfen, den Hunger zu bekämpfen und Initiativen zu fördern, die die Entwicklung vorantreiben… Die ,Waffen‘ des Friedens sind diejenigen, die Zukunft schaffen, anstatt Tod zu säen!“
Die Tatsache, daß Papst Franziskus diese Worte in seiner Osterbotschaft „Urbi et Orbi“ sagte, seiner letzten Äußerung vor einem Weltpublikum am Tag vor seinem Tode, macht sie zu seinem Vermächtnis, seinem politischen und mehr noch seinem moralischen Testament.
Papst Franziskus bettete den Appell ein in seine religiöse Botschaft der Hoffnung anläßlich des Osterfestes:
„Die Liebe hat den Haß besiegt. Das Licht hat die Finsternis besiegt. Die Wahrheit hat die Lüge besiegt. Die Vergebung hat die Rache besiegt. Das Böse ist nicht aus unserer Geschichte verschwunden, es wird bis zum Ende bleiben, aber es hat nicht mehr die Vorherrschaft, es hat keine Macht mehr über diejenigen, die das Gnadengeschenk dieses Tages annehmen.“
Er beklagte den „Todeswillen“, der in den Konflikten auf der ganzen Welt zu beobachten ist, betonte jedoch, daß wir „wieder zur Hoffnung und zum Vertrauen in unsere Mitmenschen zurückfinden“ sollten. „Denn wir alle sind Kinder Gottes! Ich möchte, daß wir unsere Hoffnung auf Frieden erneuern! Denn Frieden ist möglich! Die Hoffnung enttäuscht nicht! Spes non confundit!“ (So lautet der Titel seines päpstlichen Erlasses, des Schreibens, das am 9. Mai 2024 als „zentrale Botschaft“ für das Jubiläumsjahr 2025 veröffentlicht wurde.) Papst Franziskus fuhr fort:
„Ich wünschte, wir könnten wieder zurückfinden zu der Hoffnung, daß Frieden möglich ist! Vom Heiligen Grab in der Auferstehungskirche [in Jerusalem] aus, wo Katholiken und Orthodoxe dieses Jahr am selben Tag Ostern feiern, möge das Licht des Friedens ausstrahlen über das gesamte Heilige Land und die ganze Welt. Den leidenden Christen in Palästina und Israel wie dem gesamten israelischen und palästinensischen Volk bekunde ich meine Nähe…
Gleichzeitig sind meine Gedanken bei den Menschen und insbesondere bei der christlichen Gemeinde im Gazastreifen, wo der schreckliche Konflikt weiterhin Tod und Zerstörung bringt und eine dramatische und unwürdige humanitäre Situation verursacht. Ich appelliere an die Kriegsparteien, das Feuer einzustellen, die Geiseln freizulassen und den Menschen zu helfen, die hungern und sich nach einer friedlichen Zukunft sehnen!“
Papst Franziskus sprach auch vom Libanon, von Syrien, vom gesamten „geliebten Nahen Osten“, vom Jemen, von der Ukraine, vom Südkaukasus, vom Balkan, von der Demokratischen Republik Kongo und vom Sudan, und er mahnte: „Der Grundsatz der Menschlichkeit darf als Angelpunkt unseres täglichen Handelns nie verlorengehen. Angesichts der Grausamkeit von Konflikten, bei denen wehrlose Zivilisten, Schulen, Krankenhäuser und humanitäre Helfer angegriffen werden, dürfen wir nicht vergessen, daß dabei nicht einfach Ziele getroffen werden, sondern Menschen mit einer Seele und Würde.“1
Inmitten der anhaltenden Medienberichterstattung über den Tod von Papst Franziskus wird seinen klaren Worten der Hoffnung und des Friedens und seinen sehr konkreten Ermahnungen, die er in seinen letzten Stunden mit tiefer Großherzigkeit ausgesprochen hat, leider immer noch zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Die Gründerin des Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche, würdigte am 22. April im Gespräch mit Mitarbeitern die Rolle des Papstes als Mahner für den Frieden:
„Das große Thema, das einen Großteil der Nachrichten, Diskussionen, Kommentare und Reflexionen dominiert, ist der Tod von Papst Franziskus, der meiner Meinung nach wirklich ein sehr wichtiges Ereignis ist, weil er eine Stimme des Friedens war. Auch wenn man einige seiner politischen Entscheidungen kritisieren mag, denke ich, daß es insgesamt sehr wichtig war, daß er sich immer wieder für die Palästinenser im Gazastreifen in ihrer Not eingesetzt hat, die Kriegspartei mit schärfsten Worten verurteilt hat und die Ungerechtigkeiten des Wirtschaftssystems angegangen ist, indem er sich auf die Seite der Opfer dieses Systems gestellt hat…
Ich finde es sehr bewegend, daß er schwerkrank war, in den Wochen zuvor bereits mehrmals dem Tod nahe im Krankenhaus lag, und daß er irgendwie seine letzten Kräfte mobilisierte, um den letzten ,Urbi et Orbi‘-Segen vom Vatikan über den Petersplatz zu sprechen… Ich denke, seine Stimme wird als eine Stimme der Moral weiterleben.“
Viele Menschen auf der ganzen Welt werden den Papst vermissen, nicht zuletzt in Palästina, zu dem er eine besondere Verbindung hatte. „Die Menschheit hat heute eine besondere Seele verloren“, sagte Reverend Munther Isaac, protestantischer Pastor in Bethlehem. Die häufigen Appelle des Papstes an die Christen in Gaza und sein feierliches Gebet an der von Israel errichteten Trennmauer in Bethlehem zeugten von seiner Sorge um die Palästinenser.
Auch der russische Präsident Putin würdigte Papst Franziskus und dessen Lebenswerk mit warmen Worten. Putin antwortete am 21. April in Moskau auf die Bitte eines Journalisten um einem Kommentar zum Tod des Papstes:
„Ich habe ihn bei vielen Gelegenheiten persönlich getroffen, und wir standen über verschiedene Kanäle in Kontakt. Ich möchte noch einmal betonen, daß er eine sehr positive Einstellung zu Rußland hatte. Das werden wir nicht vergessen.
Ich weiß nicht, wie es bei den Katholiken ist, aber die Orthodoxen haben eine innere Tradition, ein traditionelles Verständnis, daß es ein besonderes Zeichen ist, wenn Gott einen Menschen zu Ostern in den Himmel ruft – daß dieser Mensch sein Leben nicht umsonst gelebt hat, daß er viel Gutes für die Menschen getan hat und daß Gott ihn in diesen festlichen Ostertagen in den Himmel ruft. Ich glaube, daß das so ist. Ich glaube, daß der Papst viel Gutes getan hat, nicht nur für seine Gläubigen, sondern für die ganze Welt.“
Tatsächlich müssen viele Konflikte und Mißstände auf der Welt abgestellt werden, um Frieden möglich zu machen – beispielsweise die monetaristischen Praktiken, die die Welt derzeit in eine finanzielle Katastrophe führen, der anhaltende Völkermord in Gaza und die Kriege in anderen Teilen der Welt sowie das Wiederaufleben der „Aufrüstung“ in Richtung Faschismus.
Aber es gibt auch klare Indizien, die Hoffnung auf eine Neuausrichtung der Politik im Sinne des Papstes geben: Der spektakuläre wirtschaftliche Erfolg Chinas und seine wachsenden wissenschaftlichen und technologischen Fähigkeiten beweisen der ganzen Welt, daß Fortschritt, ja sogar sehr schneller Fortschritt möglich ist. Die Neigung von US-Präsident Trump zu einer friedlichen Lösung sowohl des NATO-Rußland-Konflikts in der Ukraine als auch der Iran-Krise ist eine Chance, auf der aufgebaut werden kann. Und die antidemokratische Annullierung von Wahlen und zunehmende Einschränkung der Meinungs- und Gedankenfreiheit in Europa lassen andere Teile der Welt zunehmend Alternativen in Betracht ziehen.
Helga Zepp-LaRouche zitierte in ihren Ausführungen den Appell des Papstes an die verantwortlichen Politiker, „die verfügbaren Ressourcen zu nutzen, um den Bedürftigen zu helfen, den Hunger zu bekämpfen und Initiativen zu fördern, die die Entwicklung vorantreiben.“ Das sollte man als Unterstützung für den „Oasenplan“ der LaRouche-Bewegung für Frieden durch Entwicklung in Südwestasien und „für unseren globalen Entwicklungsplan im allgemeinen“ auffassen.
Wesentlich für einen solchen Kurswechsel ist eine weltweite Anstrengung zur Schaffung einer neuen Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur, die auf einem Verständnis der Menschheit und ihrer Geschichte beruht und im Einklang mit unserer Identität als einzige bekannte kreative Gattung steht.
Drei konkrete Schritte zur Erreichung dieses Ziels sind erwähnenswert: die von Helga Zepp-LaRouche gegründete Internationale Friedenskoalition, die vor drei Jahren vom chinesischen Präsidenten Xi Jinping ins Leben gerufene Globale Sicherheitsinitiative sowie die Bemühungen um die Wiederherstellung der Beziehungen zwischen den USA und Rußland.
Es wäre daher wünschenswert, wenn sich möglichst viele unter den zahlreichen Staats- und Volksvertretern, die zum Begräbnis des Papstes in Rom zusammenkommen, seine Mahnungen zu Herzen nähmen. Diese Zusammenkunft bietet die Gelegenheit, konkrete Schritte hin zum Frieden abzusprechen, und es wäre mit Sicherheit ganz im Sinne des verstorbenen Papstes, wenn der Anlaß dazu genutzt würde, gewissermaßen „Waffen des Friedens“ zu schmieden.
Anmerkung
1. Weitere Auszüge aus der Osterbotschaft des Papstes finden Sie in dieser Ausgabe, den vollständigen Text auf der Internetseite des Vatikan.
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