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Aus der Neuen Solidarität Nr. 18/2004

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Eintritt in die Wirtschaft der Noosphäre

Von Lyndon LaRouche

Die folgende Rede hielt der amerikanische Wirtschaftswissenschaftler und Präsidentschaftskandidat LaRouche am 14. April 2004 im Staatlichen Geologischen Wernadskij-Museum der russischen Akademie der Wissenschaften in Moskau.

Hoffentlich zwingen uns die immer härteren weltwirtschaftlichen und verwandten Krisen, dringend erforderliche Änderungen der Weltordnung durchzusetzen, damit die Zusammenarbeit zwischen souveränen Staaten wieder dem großen Prinzip des Westfälischen Friedens von 1648 folgt, statt am heute weit verbreiteten Hobbesschen Konzept festzuhalten, Nationalstaaten müßten grundsätzlich ewig tödliche Konflikte untereinander austragen. Wenn es zu diesen dringend erforderlichen Verbesserungen kommt, werden unsere grundsätzlichen Herausforderungen ganz anderer, edlerer Art sein, wissenschaftliche Herausforderungen der Art, mit denen sich diese Konferenz hier und heute beschäftigt.

Es wird berichtet, daß gegenwärtig mehr als sechs Milliarden Menschen auf der Erde leben. Ein Großteil davon konzentriert sich an den küstennahen Gebieten Ost-, Südost- und Südasiens. Wenn kein neues finsteres Zeitalter die Erde erfaßt, wird die Entwicklung der Nationen und Bevölkerungen dieser Regionen Asiens einer der großen Motoren werden, der revolutionären wissenschaftlichen Fortschritt auf der ganzen Erde vorantreibt. Aus Gründen, die den hier Versammelten mehr oder weniger selbstverständlich sind, lassen sich die wachsenden Bedürfnisse der Menschheit nicht ohne eine wissenschaftliche Revolution erfüllen, die wir mit dem verbinden sollten, was der große Wladimir I. Wernadskij als die Noosphäre definierte.

Unter solchen Bedingungen wird der Löwenanteil der Entwicklung ganz Eurasiens mit großen, langfristigen Investitionen in die grundlegende wirtschaftliche Infrastruktur verbunden sein - etwa Erzeugung und Verteilung von Energie, umfassende wasserwirtschaftliche Maßnahmen und Ressourcenentwicklung, revolutionäre Fortschritte im Massengüter- und Personenverkehr, technologisch innovative Programme der Entwicklung neuer urbaner Zentren und nicht zuletzt die Entwicklung neuer Methoden der Nutzung mineralischer Rohstoffe, von denen der Anstieg der Bevölkerung und deren Entwicklung abhängen werden. Wir sollten an alles denken, was wir als grundlegende wirtschaftliche Infrastruktur nutzen können, um Leben und Arbeiten auch in entlegenen Regionen zu ermöglichen.

Betrachten wir dies auf zwei Ebenen: erstens der quantitativen und zweitens der qualitativen.

Deutschlands Bemühen um wachsenden Technologieaustausch mit China ist ein Symptom dafür, in welcher Weise West- und Mitteleuropa sich Ost-, Südost- und Südasien zuwenden muß. Es bedeutet die Entwicklung qualitativ neuer Massenverkehrsverbindungen vom Atlantik zum Pazifik. Diese werden nicht bloß über das Staatsgebiet Rußlands und Kasachstans verlaufen, die Gebiete, durch die dieser transkontinentale Verkehr verläuft, wird dadurch auch entwickelt.

Ein Beispiel: Das erste transkontinentale Eisenbahnnetz wurde in den Vereinigten Staaten aufgebaut. Dieses amerikanische Vorbild regte Mendelejew an, auf den Bau der Transsibirischen Eisenbahn hinzuarbeiten. Ein solches Verkehrsnetz zu bauen und zu erhalten war nur möglich, wenn man entlang dieser Verkehrswege die Wirtschaftstätigkeit in Landwirtschaft und Industrie und den Bau neuer Städte und Ortschaften förderte. Der Nutzen besteht darin, daß ein solches Verkehrssystem die Nation real weniger als nichts kostet. Die Produktion und der Handel, die durch diese Verkehrswege möglich werden, erwirtschaften die wesentlichen realen Kosten für den Unterhalt solcher Verkehrssysteme. Tatsächlich läßt sich mit solchen Eisenbahnnetzen fast alles bezahlen außer der Last räuberischer Finanziers aus London und New York - manchmal als unsere "Raubritter" bezeichnet - , die sie ausgeplündert haben und selbst da, wo es sie nicht mehr gibt, noch heute weiter ausplündern.

Das, was meine Mitarbeiter und ich die Eurasische Landbrücke nennen, erfordert die integrale Entwicklung der Regionen, durch die sie verläuft, um bestehen zu können; die Funktion der Landbrücke als Verkehrsweg von Europa zum Rande des Pazifischen und Indischen Ozeans läßt sich nur im Rahmen einer solchen Entwicklung aufrechterhalten. Solche Verkehrswege und die Siedlungen entlang ihres Verlaufes sind auch notwendig für die Erschließung und Nutzung der wichtigsten Rohstoffe der Regionen, durch welche die Landbrücke verläuft. Die Entwicklung Chinas und anderer Länder am Rande Asiens in den kommenden zwei Generationen wird uns vor eine qualitativ neue Herausforderung stellen: die Erschließung und Nutzung der mineralischen und anderen Rohstoffe Mittel- und Nordasiens. Dies erfordert eine Neudefinition von Rohstoffen, ihren Anwendungen und ihrer Ersetzung und Auffüllung. Die Entwicklung und Ausweitung der Landbrücke wird für diese Nutzung der mineralischen und verwandten Rohstoffe der ganzen Großregion Mittel- und Nordasien wesentlich sein.

Aus Gründen, die sich in den dieser Konferenz vorgelegten Papieren widerspiegeln, verleiht Rußlands Wissenschaft und Erfahrung, verbunden mit seinem Charakter als eurasische Nation, eine ganz besondere Kompetenz bei der Bewältigung der Herausforderung der Entwicklung und Rohstoffnutzung in den Teilen Mittel- und Nordasiens, die im Verlauf der beiden kommenden Generationen von wachsender Bedeutung sein werden. Wenn wir angemessen abschätzen, wie die Erfordernisse des Handels und gegenseitigen Technologietransfers zwischen Europa und den Nationen am Rande Asiens im Verlauf der beiden nächsten Generationen zunehmen werden, dann ist die Entwicklung einer Landbrücke nicht nur möglich, sondern wesentlich.

Bis hierhin sind meine Bemerkungen vor allem quantitative Vorhersagen. Aber das sich ändernde Verhältnis menschlicher Tätigkeit zu den natürlichen Rohstoffen, die zur Versorgung dieser Tätigkeit scheinbar verfügbar sind, lenkt unsere Aufmerksamkeit zwangsläufig auf das Qualitative. Wenn wir einfach nur die geschätzte Menge bestimmter Rohstoffe mit der Wachstumsrate des Verbrauches dieser Rohstoffe ins Verhältnis setzen, müssen wir zu dem Schluß kommen, daß die entsprechenden Verbesserungen der Lebensumstände der Menschheit entweder unmöglich aufrecht erhalten werden können, oder daß wir wissenschaftliche Revolutionen schaffen müssen, mit denen wir die scheinbaren Beschränkungen überwinden.

Die große Torheit der meisten bisherigen Kulturen war und ist, daß unsere Gesellschaften sich - mit Ausnahme weniger außergewöhnlicher Menschen unter uns - auf mehr oder weniger allgemein akzeptierte Grundannahmen stützen, die mehr oder weniger wie die Definitionen, Axiome und Postulate einer euklidischen Geometrie funktionieren. Einige dieser Grundannahmen sind wahr; andere sind in Wirklichkeit sinnlos; andere Prinzipien des Universums sind uns noch nicht bekannt und werden deshalb auch in unserem Verhalten nicht berücksichtigt. In dieser Hinsicht habe ich vorherrschende Glaubenssysteme, wie das in meinem eigenen Land, oft mit einer "Goldfischglas"-Kultur verglichen. Der Geist der Menschen schwimmt innerhalb der Grenzen, die ihm seine Grundannahmen vorgeben, so daß die größere Wirklichkeit von Zeit zu Zeit das Goldfischglas mitsamt Inhalt auf den Abfallhaufen der Geschichte ausleert oder dies zumindest droht - etwa in Form einer allgemeinen Wirtschaftsdepression oder eines närrischen, ruinösen Krieges, der hätte vermieden werden können.

So geschieht es oft, daß eine Nation oder Gruppe von Nationen, kaum daß sie eine schwere Wirtschaftsdepression überwunden hat, wieder zu genau den falschen Grundannahmen zurückkehrt, die diese Wirtschaftskrise hervorgerufen hatten. Nachdem etwa die Vereinigten Staaten unter Präsident Franklin Roosevelt im Sommer 1944 die Depression überwunden hatten und Hitler so gut wie besiegt war, wandten sich die USA wieder zunehmend der Politik zu, die sie und andere Nationen 1928-33 in die Wirtschafts- und Faschismuskrise geführt hatte.

Bis heute agieren die Menschen und ihre Regierungen im allgemeinen weitgehend auf der Grundlage einer Art "Goldfischglas"-Ideologie. Sie handeln auf der Grundlage der Zustimmung zu den gerade allgemein akzeptierten Grundannahmen, wie denen, die ein "Goldfischglas" definieren. Und sie reagieren meistens so, daß an einem bestimmten kritischen Zeitpunkt entweder die Hauptgefahrenquelle ignoriert wird oder eine große prinzipielle Chance, ein Problem ein für allemal zu lösen, ignoriert wird. Wenn wir heute daran denken, wie sich die Richtung der Veränderungen in Asien in den kommenden zwei Generationen praktisch auswirken wird, sollten wir erkennen, daß wir nicht länger beim "business as usual" bleiben können, nicht mehr bei demselben alten "Goldfischglas", das in früheren Generationen die Konventionen der politischen Entscheidungen festlegte. Wir treten in ein neues Zeitalter der Menschheit ein, ein Zeitalter, das die Bedeutung von Wernadskijs Begriff der Noosphäre noch tiefer und praktischer erkennen muß.

Wir als Prinzipiengemeinschaft souveräner nationalstaatlicher Republiken müssen unser Denken darauf einstellen, welche Krisen uns drohen können, wenn wir nicht berücksichtigen, welche Erfordernisse eine wachsende und sich entwickelnde Bevölkerung - wie die asiatische Bevölkerung in den kommenden zwei Generationen - für die praktische Politik bedeutet. Wir müssen unser Denken von den Grenzen des "Goldfischglases" befreien.

Dies gilt auch für die erforderliche Entwicklung von Systemen zur Nutzung der mineralischen Rohstoffe, die sich auf die Erfordernisse einer wachsenden und sich entwickelnden eurasischen Bevölkerung vorbereiten - ein Bereich, in dem Rußlands Wissenschaft über eine von der Geschichte bestimmte Qualifikation verfügt. Wir müssen in Begriffen der Nutzung des Sonnensystems denken, um es schließlich in den Bereich unserer Noosphäre hereinzuholen.

 

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