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Aus der Neuen Solidarität Nr. 23/2004

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Über Zölle und Handel

Von Lyndon LaRouche
- 5. Teil -

Am 12. Januar 2004 veröffentlichte der amerikanische Wirtschaftswissenschaftler und Präsidentschaftskandidat die folgende grundlegende Schrift, die wir in mehreren Folgen abdrucken.


Was ist dann ein in Geld festgesetzter Preis?
Wie ändern wir es?

Im anglo-holländischen liberalen Modell - ob als mathematische Physik oder Volkswirtschaftslehre - wurde gewöhnlich geleugnet, daß es erkennbare universelle Naturprinzipien gibt, die über die statistische Auslegung der Sinneswahrnehmungen hinausgehen. Damit wurde für beide Bereiche letztendlich bestritten, daß der Mensch irgendwelche erkennbaren Fähigkeiten besitzt, in denen er sich vom Tier unterscheidet. Gleichzeitig wurde bestritten - was sich wechselseitig bedingte - , daß der Mensch universelle Prinzipien außerhalb der Reichweite seiner unmittelbaren Sinneswahrnehmung entdecken und anwenden kann. Der Mensch als fruchtbares Ideengeschöpf wurde mit dem "Ockhamschen Rasiermesser" des Sarpischen Empirismus kastriert und in einen moralischen Eunuchen verwandelt, der die früheren Errungenschaften wissenschaftlicher Vernunft vielleicht ergeben bewundert und bestaunt, aber selbst keine hervorbringen kann.

Die wesentliche politische Bedeutung des Empirismus ist, daß er das gleiche bewirkt wie der Reduktionismus im allgemeinen: Er bestreitet, ja verbietet die besondere Fähigkeit des Menschen, die ihn von den Tieren unterscheidet und über sie erhebt.

So hat beispielsweise der berüchtigte Physiokrat Dr. François Quesnay, indem er die Arbeiter auf den feudalen Landgütern auf den Status von Menschenvieh herabwürdigte, einfach behauptet, dies sei der Beweis dafür, daß der gesamte Gewinn des Landgutes den übernatürlichen Kräften des Grundbesitzrechts des Feudalherren zu verdanken sei. Für diesen üblen Betrug Quesnays steht seine Doktrin des laissez-faire, die Adam Smith als Lehre vom "Freihandel" abgeschrieben hat. Ebenso hatte zuvor schon John Locke für das Dogma vom "Shareholder Value", den Vorrang des Eigentums, argumentiert.45 Mandeville, der auserwählte geistige Schirmherr der Mont-Pelèrin-Gesellschaft von Hayeks und Milton Friedmans, führte den Reichtum darauf zurück, daß die Menschen ihre persönlichen Laster ausleben, suchte sich also Satan als seinen Lieblingsgott aus. Ähnlich argumentierten in leicht veränderter sprachlicher Verpackung Adam Smith, Jeremy Bentham und alle anderen führenden Ideologen des anglo-holländischen Liberalismus.

In anderen Worten, alle diese reduktionistischen Ideologen wollten das Rad der Geschichte vom Höhepunkt der Renaissance des 15. Jahrhunderts zurückdrehen zu einer Gesellschaftsform, in der die meisten Menschen zu Menschenvieh erniedrigt waren, das man jagte oder hütete. Die Konditionierung - man könnte auch "Gehirnwäsche" sagen - unserer Jugend an den Schulen, Hochschulen und andernorts durch Unterricht, der axiomatisch vom Reduktionismus abstammt, brachte uns eine allgemeine Verdummung im Geisteszustand der Bevölkerung und ihrer Gewohnheiten bei der Auswahl der Politik, und dadurch werden wir immer wieder in ein Massenverhalten gezwungen, das uns schon mehrere Male beinahe zugrunde gerichtet hat - wie z.B. das Erbe Coolidges und Hoovers oder die Strömungen der letzten 40 Jahre, die uns heute an den Rand des wirtschaftlichen Untergangs gebracht haben. Der Kern des Problems liegt darin, daß der Gedanke, es gebe wahrhaft schöpferische Kräfte des einzelnen menschlichen Geistes, entweder ganz abgestritten oder dermaßen verschleiert wird, daß die menschliche Schöpferkraft nicht mehr als entscheidender Faktor für das Wohlergehen und den Fortschritt der Gesellschaft gilt.

Dies war das verbrecherische Wirken des Empirismus und ähnlicher Formen des Reduktionismus, die das Menschenbild auf die Ebene des Tieres herabdrückten. Man wollte sicherstellen, daß die Bevölkerungsmehrheit sich selbst nur als Menschenvieh sah - selbst diejenigen, die vermeintlich zu Wissenschaftlern ausgebildet wurden. Wie brachte man Männer wie Euler und Lagrange dazu, so wie Newton nur wie Menschenvieh zu denken: nämlich zu bestreiten, daß wir zu Entdeckungen fähig sind, die unsere Kenntnis der Prinzipien außerhalb der Reichweite unserer Sinneswahrnehmungen stellen - also die Existenz der Wahrheit zu bestreiten und, wie Newton, Hypothesen für unnötig zu erklären. Denken wir an den Fall des armen Georg Cantor, vorher ein Genie, den seine Verfolger wie Kronecker in den Wahnsinn trieben und der am Ende Papst Leo XIII., wenn auch erfolglos, vorschlug, man solle Isaac Newton anbeten!46

Wegen dieser anhaltenden Gehirnwäsche durch den Empirismus wird dasjenige Handeln, das den Menschen vom Tier unterscheidet - nämlich die Abfolge der Entdeckungen grundlegender wissenschaftlicher Prinzipien - , nicht als Prinzip der Wirtschaftswissenschaft gelehrt. In einer Gesellschaft, die vermeintlich auf Gewinn durch Wucher beruht, wie dem anglo-holländischen liberalen System, das Marx als Modell übernahm, wird die Aktivität, die in Wirklichkeit Gewinn erzeugt, nämlich das Entdecken wissenschaftlicher Prinzipien, aus der Beschreibung der wirtschaftlichen Abläufe ausgeschlossen.

Diese reduktionistische "Freihandelslehre" hinzunehmen, ist das Verbrechen, für das sich meine Mitbürger immer noch oft selbst strafen wie arme, wahnsinnige Flagellanten.

Was ist dann ein in Geld festgesetzter Preis?

"Wie klug muß ein Wähler sein? Wie hoch muß zumindest die Mehrheit der Bürger geistig entwickelt sein, um wenigstens in Krisenzeiten meistens intelligente Entscheidungen zu treffen?" Die Schwierigkeit in den USA war oft ein blindwütiger Populismus, der darauf beharrt, daß man die Debatte auf die Ebene der öffentlichen Meinung herabsenkt, statt das Wissen der Bürger auf eine Ebene anzuheben, auf der sie sachgerechte Entscheidungen treffen können, womit man einen Niedergang wie den der USA und ihrer Volkswirtschaft in den letzten 40 Jahren wahrscheinlich verhindert hätte.

Bemerkenswert ist, daß die schlimmsten Entscheidungen auf diesem Weg des Niedergangs der USA von der größten Produzentennation der Welt zum ausgebrannten "nachindustriellen" Getto mit wenig Brot und viel römischen Spielen an vorderster Stelle von beispielhaften Vertretern der Gruppe getroffen wurden, die unter denen, die Mitte der 60er Jahre an die Hochschulen kamen, nominell am besten ausgebildet und am einflußreichsten waren. Diejenigen aus dieser Schicht, die den Rest der Bevölkerung erfolgreich irreführten, nutzten dafür die einfältigsten Leidenschaften ihrer Opfer aus. Das kommt dabei heraus, wenn man die Politik auf ein "volksnahes" Niveau senkt. Die Beweise sind eindeutig; die folgenden Tatsachen sind beispielhaft.

Seit dem Zweiten Weltkrieg, seit der Gründung der ursprünglichen Bretton-Woods-Institutionen, gibt es eine anhaltende, allgemeine Inflation der amerikanischen Währung - zuerst unter Präsident Truman, dann unter dem langfristigen Einfluß von Arthur Burns, der schon früh die Karriere des berüchtigten Milton Friedman förderte. Zuletzt, seit 1996, wuchs sich diese Inflation praktisch zu einer Hyperinflation aus. Dies zeigt sich in jüngster Zeit in der starken Abwertung des Dollars gegenüber dem Euro, von 0,83 Dollar auf (zum Zeitpunkt des Abfassens dieser Schrift) 1,28 Dollar, inmitten eines Anstiegs des US-Zahlungsbilanzdefizits auf eine Größenordnung von einer Billion Dollar im Jahr, während die produktive Beschäftigung immer weiter einbricht.

Die Mechanismen, die für diese Folgen verantwortlich sind, sind eine Kombination aus erstens schlichter Geldinflation, von Regierungen oder unter Beteiligung von Regierungen betrieben, und zweitens einem immer schlimmeren Betrug bei den Schätzungen des Nationaleinkommens mit so unverschämten Tricks des Federal-Reserve-Systems und der Präsidentschaft wie dem sog. "Qualitätsanpassungsindex" oder den "hedonischen Faktoren" der Grenznutzentheoretiker. Ohne den Schwindel mit der Qualitätsanpassung in den amtlichen Zahlen wäre es der Regierung unmöglich gewesen, die Wirtschaft so weit herunterkommen zu lassen, wie es unter den Präsidenten Clinton und Bush jun. geschah.

Wir dürfen aber nicht die Tatsache übersehen, daß man diesen inflationären Betrug mit solchen Monetaristentricks nur deshalb aufrechterhalten konnte, weil auch der einfache Bürger hinsichtlich der Natur des Geldwertes ungeheuer leichtgläubig war. Weil man Geld als Zahlungsmittel (und zur Bezahlung von Schulden) braucht, wurden sehr viele einfache Bürger zu dem Glauben verleitet, das Geld (oder dessen Mangel) beherrsche ihr Leben, und das "beweise" auch, daß der wirtschaftliche Wert im nur symbolischen Ausdruck des Geldes an sich liege. Dieser weit verbreitete und immer noch zunehmende Wahnsinn zeigt sich in der galoppierenden Ausbreitung einer "Spielsucht", die immer mehr einfache Bürger und führende Politiker in Börsenzombies verwandelt. Die Vernunft verlangt, daß wir in der Wirtschaftswissenschaft zwischen zwei Formen scheinbaren Gewinns unterscheiden: einem wirklichen Gewinn und dem, was die Mehrheit fälschlich dafür hält.

Wenn eine Volkswirtschaft mit realwirtschaftlichen Verlusten arbeitet, kann man den Anschein von Rentabilität schaffen, indem man große Mengen an Geld oder Kredit in die Finanzmärkte lenkt. Dazu wird eine verbreitete Illusion in zwei Stufen "aufgeblasen". Erst lenkt man Geld in der einen oder anderen Form in diejenigen Bereiche der Regierung und Privatwirtschaft, die Hebelwirkung für die Kreditschöpfung ausüben können. Dann lenkt man den so geschaffenen Kredit - wie unter Fed-Chef Greenspan - in ausgesuchte Bereiche wie Aktienbörse, Anleihenmarkt oder die Immobilienblase. Deshalb bietet sich uns heute das Schauspiel - selbst wenn man von offenem Betrug einmal absieht - , daß der Dow Jones oder der Nasdaq-Index kurzfristig ansteigt, während die reale US-Wirtschaft und der Wert des Dollars immer schneller zusammenbrechen.

Das Preis-Gewinn-Verhältnis auf solchen Märkten erzeugt den Anschein wachsenden Reichtums in Bereichen der Geldanlage, die mit den im wesentlichen nominellen finanziellen Gewinnen der Geldmärkte verbunden sind. Die Folge ist, daß Präsident George W. Bush jun. und ähnliche Besucher aus Gullivers Laputa vor Ehrfurcht erstarrt auf die ungeheuren Krebsgeschwüre zeigen, die aus ihren Narrenohren herauswachsen, und dabei ausrufen: "Seht! Wir wachsen!"

Wenn der Anteil der Geldmenge, die als finanzieller Gewinn verbucht wird, zunimmt und gleichzeitig die eigentliche produktive Tätigkeit in der Wirtschaft zusammenbricht, dann haben wir alle Voraussetzungen für einen Bankrott der amerikanischen und der Weltwirtschaft - nicht nur einen Bankrott, sondern einen Zusammenbruch des ganzen Systems. Dies nennt man einen systemischen Zusammenbruch: Der Zusammenbruch entsteht nicht aus einzelnen Fehlern, die unangenehme, von außen kommende oder zeitweilige Schwierigkeiten verursachen, sondern er ist ein organischer Bestandteil in der Anlage des Wirtschaftssystems. Die Ursache des Problems liegt gleichermaßen in den Köpfen der Mächtigen wie denen der leichtgläubigen Armen. In einem solchen Fall wird die Lage um so schlimmer, je länger man den endgültigen Zusammenbruch dieser Wirtschaft hinausschiebt - wie bei der amerikanischen Volkswirtschaft heute.

Um diesen Wust an Selbsttäuschung in den Köpfen der meisten Bürger zu durchbrechen, müssen wir ihre Aufmerksamkeit von nominellen Geldwerten auf physische Werte lenken. Wir dürfen dabei aber die physischen Werte einer Volkswirtschaft nicht als diskrete Einzelobjekte auffassen, sondern in Begriffen der physikalischen Abläufe, mit denen man die potentielle relative Bevölkerungsdichte erhöht. Wir dürfen nicht den naiven Fehler der Reduktionisten machen, die unter "physisch" die einzelnen "physischen Gegenstände" verstehen. Entscheidend ist der Prozeß, nicht die einzelnen Dinge. Indem man das Wirken des Geistes jenseits der Reichweite unserer Sinneswahrnehmungen fördert - beispielhaft sind Entdeckungen universeller Naturprinzipien - , entstehen in der Produktion bessere Produkte und bessere Produktionsabläufe, deren Vorhandensein eine reale, physische Gewinnspanne für das einzelne Unternehmen wie für die Wirtschaft als ganze bedeutet.

Deshalb findet man einen wirklich fairen Preis, den man der Gesellschaft für alles, was es zu produzieren wert ist, in Rechnung stellen muß, nur im komplexen Bereich, wie ihn Gauß im Gegensatz zu Euler, Lagrange u.a. definiert hat. Er steht einerseits für die offensichtliche Arbeit in der Produktion und die dabei verbrauchten Teile und andererseits für die Geschwindigkeit, mit der die Schaffung produzierten Wohlstands im Zuge dieser fortgesetzten Arbeit zunimmt.

Dieser Prozeß hat, im ersten Teil, mehrere Bestandteile an Kapital: laufende Kosten und Ausgaben, Kapital für die Arbeitsvorgänge der Produktion, Kapital für die notwendigen Rahmenbedingungen der produktiven Arbeitsabläufe an sich, wirtschaftliche Grundinfrastruktur wie Strom, Wasser, Verkehr, Gesundheit, Bildung etc., die diese und andere Tätigkeiten als ganzes stützt. Der zweite Teil steht für das "nicht greifbare" Wirken der entwickelten schöpferischen Geisteskräfte der Beschäftigten. Diese letztere, die scheinbar "imaginäre" Komponente der funktionalen Variablen, die für das schöpferische Wirken des menschlichen Geistes steht, stellt die Aktivität dar, die eine wirkliche, physische Gewinnspanne ermöglicht.47

Die Gegenstände der ersten Gruppe sind Erzeugnisse vorangegangener schöpferischer Handlungen, sie bestimmen den gegebenen Entwicklungsstand des Produktionsablaufs. Die zweite Gruppe, die schöpferischen Handlungen des Geistes sind es, die eigentlich den Wohlstand erzeugen. Die erste Gruppe besteht aus greifbaren Gegenständen der Sinneswahrnehmung, die zweite aus den Erkenntnissen des Menschen, die von außerhalb der Reichweite der Sinne wirken. Diese schöpferischen Handlungen sind es, die den Menschen von Tieren und Maschinen unterscheiden - das ist der menschliche Teil wirtschaftlicher Vorgänge. Daß dieser entscheidende funktionale Unterschied innerhalb des Wirtschaftsprozesses nicht verstanden wird, ist die wichtigste Ursache für die offenkundige Untauglichkeit der Volkswirtschaftslehren, die sich aus den empiristischen Schulen ableiten.

Wie sollte nun vor diesem Hintergrund die Regierung die Preisgestaltung lenken, um dadurch Fortschritt so zu fördern, wie es diese wirtschaftliche Funktion verlangt? Wie soll sie Währung definieren, ausgeben und regulieren?

Laut Verfassung erfolgt die Ausgabe der Währung der Vereinigten Staaten als Monopol der souveränen Nation ausschließlich durch den Schatzminister der Regierung auf Beschluß des Kongresses. Das Recht, Geld in Umlauf zu bringen, wird dann für Staatskredit wahrgenommen, der als Schulden der US-Regierung für genehmigte Zwecke verliehen werden kann.

Dieses souveräne Monopol bedeutet auch die Befugnis, Pflicht und Verantwortung der Bundesregierung, den Wert der Währung zu verteidigen (z.B. gegen systemische Inflation) und ihren Umlauf zu regulieren, indem sie z.B. ihr Recht wahrnimmt, Steuern zu erheben. Auch wenn wir ein Federal-Reserve-System haben, das in Wahrheit eine korrupte, aber geduldete Unterwanderung der klaren Vorgaben der Bundesverfassung der USA durch amerikanische Agenten des britischen Königs (und Imperators) Edward VII. war, untersteht im Sinne der Verfassung der normale Geldumlauf einer Nationalbank, deren Natur und Zweck der erste amerikanische Finanzminister Alexander Hamilton gegenüber dem US-Kongreß beschrieben hat.

Jetzt, eine Lawine von Zusammenbrüchen im Bankenwesen steht bevor, hängt das Überleben der Nationen davon ab, ob die Regierungen den Mut aufbringen, gemeinsam das im wesentlichen bankrotte Zentralbankensystem einem Konkursverfahren unter der Aufsicht der Regierungen zu unterziehen. Es wäre aussichtslos, die heteronome Räuberbande unserer heutigen Privatbanken und Zentralbanken irgendwie bewegen zu wollen, selbst mit einem brauchbaren Abkommen zur Reorganisation des gegenwärtigen Weltfinanzsystems aufzuwarten. Man muß also den IWF unter die Zwangsverwaltung der Regierungen stellen, um ihn nach dem Vorbild des Bretton-Woods-Systems der Nachkriegszeit umzugestalten. Das bedeutet auch, mindestens für die Dauer der Krise, Nationalbanken einzurichten.

Bei der erforderlichen Reorganisation dieser Banken- und Währungssysteme muß man in dem Bewußtsein vorgehen, daß eine Lenkung der Wirtschaft durch die Regierung von Natur aus immer unbeholfen ist. Die Regierung muß ihren Beitrag dazu so auffassen und umsetzen, daß sich diese Unbeholfenheit nicht in größerem Maße auswirkt. Sie muß sich auf das beschränken, was eine Regierung gut tun kann, um so einen Rahmen für schöpferisches Handeln in Einzelinitiativen zu schaffen, d.h. sie muß sich - wenigstens weitgehend - darauf beschränken, die Spielregeln festzulegen und das Spiel in Gang zu setzen. Da die Lage der Vereinigten Staaten und der Welt heute viel schlimmer ist als 1932-33, müssen wir auch mehr tun als Präsident Franklin Roosevelt damals, als er die USA aus der Depression, die ihm die Politik von Coolidge, Andrew Mellon und Hoover hinterlassen hatte, herausführte - aber wir dürfen nicht erwarten, daß wir es als Regierung viel besser machen können. Wir werden unsere Ziele nur mit einer gewissen Unbeholfenheit erreichen und müssen darauf warten, daß das von uns eingerichtete System "greift" und sich auf seine Weise selbst an die von uns geschaffenen Rahmenbedingungen und Regeln anpaßt.

Wenn das, was ich hier als notwendige Maßnahmen beschrieben habe, bei der Umsetzung teilweise unbeholfen wirkt, widerlegt das also keineswegs, daß die Regierung dies tun muß - es ist mit der notwendigen, ja unverzichtbaren Einführung neuer Regeln durch die Regierung nur unvermeidlich verbunden. Stören Sie sich nicht daran, wenn der sich erholende Patient noch etwas unbeholfen auf den Beinen steht - Hauptsache ist, er läuft wieder. Was ich vorschlage, ist also keiner der "großen Pläne" eines typischen Politikers im Wahlkampf. Es ist eine Abkehr von der Politik, die unsere Republik (und einen großen Teil der Welt) in den Ruin geführt hat, damit wir da, wo wir scheinbar hilflos gefallen sind, wieder aufstehen und, wie unbeholfen auch immer, wieder laufen können.

Wie ändern wir es?

Ich wiederhole: Wir wissen nichts wirklich, bis wir entdeckt haben, wie wir es verändern können. Um das Problem der heutigen US-Wirtschaft zu verstehen, müssen wir entdecken, wie wir einen allgemeinen Aufschwung so gestalten können, daß wir damit alle Torheiten der Bankiers, Politiker und kleingeistigen Populisten der letzten 40 Jahre ausrotten.

Man sollte das Nationalbankwesen auch noch heute nach dem Vorbild Franklin D. Roosevelts bei der Gestaltung der Bretton-Woods-Konferenz von 1944 verstehen. Die Nöte, die wir durch die schlechte Ordnung unserer Angelegenheiten etwa seit dem Beginn des Indochinakrieges erlitten haben, zeigen uns heute, wie dumm es war, daß die Vereinigten Staaten das Weltwährungs- und Finanzsystem der festen Wechselkurse, das bis kurz nach dem Tode Präsident John F. Kennedys galt, aufgegeben haben.

Jetzt ist das gegenwärtige Weltwährungs- und -finanzsystem der freien Wechselkurse hoffnungslos bankrott. Es muß einem Konkursverfahren unter Aufsicht der Regierungen zur nötigen Verwaltung und Neuordnung unterzogen werden. Es gibt heute praktisch kein größeres Geldinstitut in Westeuropa oder den Amerikas (neben weiteren Fällen), das nicht so oder so bankrott ist. Deshalb muß das erste und unmittelbare Ziel des Eingreifens souveräner Regierungen die Erhaltung der normalen Funktionen der Gesellschaft sein; das zweite, kurz- bis mittelfristige Ziel muß sein, die produktive Beschäftigung so auszuweiten, daß die Leistungsbilanzen der Nationen wieder ausgeglichen sind; das dritte Ziel ist der Abschluß ineinander verschachtelter langfristiger, protektionistischer Handelsabkommen über Kredite, Zölle und Handel zwischen führenden Nationen. Die Laufzeit dieser Abkommen sollte zwischen einer und zwei Generationen liegen, was Kapitalzyklen von 25 bis 50 Jahren entspricht.

Eine wirtschaftliche Erholung aus den gegenwärtigen Bedingungen, die uns durch die Kombination des IWF-Systems der freien Wechselkurse mit dem verrückten Gebaren der Zentralbanken der Nationen eingebracht hat, ist nur möglich, wenn man umfangreichen langfristigen Kredit zur Kapitalbildung liefert, wobei das Schwergewicht zuerst auf der wirtschaftlichen Grundinfrastruktur liegen muß. Um ein solches Wachstumsprogramm über zwei Generationen aufrecht zu erhalten, was wir tun müssen, braucht man ein System, in dem die einfachen Kreditkosten einen Zinssatz von 1-2 Prozent nicht überschreiten. Dies erreicht man nur unter den Bedingungen eines Währungs- und Finanzsystems mit festen Wechselkursen. Gemeint ist also ein "Goldreservesystem", nicht etwa ein Goldstandard nach britischem Vorbild (oder wie es der verrückte Ezra Pound wollte). Außerdem braucht man geordnete langfristige Handels- und Zollabkommen zwischen den Nationen, deren Wirkung mit dem Ziel der langfristigen Kapitalbildung übereinstimmt.

Nur eine Regierung oder mehrere zusammenarbeitende Regierungen sind stark genug, sich den Forderungen der "Sonderinteressen" nach "Sonderbehandlung" zu widersetzen, was notwendig ist, damit das neue System nicht gleich bei der Geburt wieder erstickt wird. Nur Regierungsmacht, die sich dem Geschrei der privaten Sonderinteressen widersetzt, kann eine erfolgreiche Arbeit eines solchen neuen Weltwährungs- und Finanzsystems sichern. Die entsprechenden Sonderinteressen werden lernen müssen, sich zu benehmen. Unser aller gemeinsames Wohl verlangt es.

Es gibt keine sachliche Begründung dafür, irgendeine öffentliche oder private Dienstleistung oder Einrichtung zu schließen, wenn ihr Beitrag unverzichtbar ist, um zusätzlichen Schaden am Gemeinwohl abzuwenden. Den Haushalt von Staaten oder regionalen politischen Staatengemeinschaften zu verkleinern, ist moralisch und wirtschaftlich nicht tragbar. Die Abhilfe liegt darin, die Grundsätze der "Fiskalausterität", die den Nationen und dem Gemeinwohl ihrer Völker schon so viel geschadet haben, über Bord zu werfen. Man muß grundsätzlich alles, was für das Gemeinwohl nicht von Belang ist, aufgeben oder auf Eis legen; gleichzeitig muß man die produktive Beschäftigung zahlenmäßig ausweiten, aber die Beschäftigung auch immer mehr auf Tätigkeiten verlagern, die realwirtschaftlich betrachtet produktiver sind.

Bekanntlich rührt ein Teil unserer heutigen wirtschaftlichen Schwierigkeiten daher, daß die Beschäftigung in nützlichen Tätigkeiten zunehmend entweder ganz in die Arbeitslosigkeit oder in weniger nützliche Beschäftigung verlagert wurde. Es hat sich eine Unmenge an sinnlosen Beschäftigungen angesammelt - wie es nach einem 40jährigen Wandel in Europa und in Amerika von der alten produzierenden Gesellschaft zur heutigen "Brot und Spiele"-Kultur mit zunehmend verkommener Massenunterhaltung nicht anders zu erwarten war. Die notwendige Verlagerung von kranker zu produktiver Beschäftigung bildet in Verbindung mit der Aufnahme der Arbeitslosen (einschließlich der hohen statistisch versteckten Arbeitslosigkeit) die wichtigste Quelle für eine Ausweitung der produktiven Arbeit und des Ausstoßes der Volkswirtschaften.

Wir haben einige klar definierte Optionen für mehr und produktivere Beschäftigung. Die eindrucksvollste davon ist eine zunehmende langfristige Zusammenarbeit des kontinentalen Westeuropa mit einem Gebiet um das eurasische "strategische Dreieck" Rußland-China-Indien. Mit einer massiven langfristigen Kapitalbildung bei Zinsen von 1-2% in einem System fester Wechselkurse könnte dauerndes Wirtschaftswachstum auf dem ganzen eurasischen Erdteil für die nächsten 50 Jahre finanziert werden - eine solide Verhandlungsbasis für die Nationen.

Einer der bemerkenswertesten Gesichtspunkte bei dieser Aussicht ist die unverzichtbare Rolle großangelegter Systeme der wirtschaftlichen Grundinfrastruktur, wie Erzeugung und Verteilung von Strom, Massenverkehr, umfangreiche Wasserwirtschaft, neue Städteanlagen und eine umfassende Generalüberholung der Gebiete Mittel- und Nordasiens, der Hauptquelle der notwendigen Rohstoffe für mehrere zukünftige Generationen.

Ähnliche Aussichten haben wir für den amerikanischen Kontinent.

Eine Zusammenarbeit zwischen der planmäßigen Entwicklung Eurasiens und Nord- und Südamerikas bedeutet herrliche Aussichten für die Nationen, ihre Bevölkerung und ihre Unternehmer für mehr als zwei kommende Generationen. Durch die Zusammenarbeit zwischen diesen Erdteilen lassen sich auch die nötigen Mittel dazu schaffen, dem südlichen Afrika zu helfen, den Teufelskreis von Völkermord, in dem es gegenwärtig gefangen ist, zu überwinden.

Um den Erfolg solcher Unternehmungen sicherzustellen, müssen wir ein Gefüge internationaler Zoll- und Handelsabkommen schaffen, um die für die jeweiligen Länder bedeutsame Kapitalbildung in öffentlichen und privaten Vorhaben schützen. Das bedeutet beispielsweise, die Folgen des Deregulierungswahns, der unter der Herrschaft des Sicherheitsberaters Zbigniew Brzezinski über die unglücklichen Amerikaner und ihre Wirtschaft hereinbrach, wieder rückgängig zu machen. Im Fall der Vereinigten Staaten kann man allgemein davon ausgehen, daß die Änderungen der Regierungen im wirtschaftlichen Bereich seit 1968 fast alle ähnlich schlimm waren wie die Wirkung der Revolution der Rock-Drogen-Sex-Gegenkultur nach der Raketenkrise 1962, dem Mord an Präsident Kennedy und dem offiziellen Kriegsbeginn in Indochina. In einigen Fällen war es noch schlimmer.

Wenn wir zu den Veränderungen, die ich hier angegeben habe, immer noch nicht bereit sind - nicht einmal angesichts des nun auf uns zurasenden allgemeinen Zusammenbruchs des jetzigen Weltsystems - , dann werden wir und unsere Nachkommen für ein solches Zögern einen schrecklichen Preis bezahlen müssen: wahrscheinlich ein langanhaltendes, weltweites neues finsteres Zeitalter der Menschheit.

wird fortgesetzt


Anmerkungen

45. Diese Lehre vom Vorrang des Eigentums, wie sie Locke, Quesnay, Mandeville, Adam Smith u.a. vertraten, bildet das im wesentlichen Landesverräterische in der Präambel der Verfassung der Konföderation der Südstaaten: Die damaligen Vertreter der Synarchistischen Internationalen, wie wir sie heute nennen, beriefen sich darin auf Locke, um mit seinem Begriff des "Rechts auf Eigentum" die Einrichtung der Sklaverei zu verteidigen. Die spanische und portugiesische Monarchie stützten sich schon seit dem frühen 16. Jh. auf diesen Grundsatz des "Eigentums", um die Einführung des transatlantischen Sklavenhandels unter ihrer Leitung zu rechtfertigen. Als die Holländer und Briten im späten 17. und im 18. Jh. große Teile der Welt unter ihre Herrschaft brachten, übernahmen sie in diesem Punkt die spanische "Logik". In den 90er Jahren des 18. Jh. nutzte die Britische Ostindiengesellschaft ihre Schiffe (und die des verräterischen Essex Junto aus den USA) statt dessen lieber für den einträglicheren Opiumhandel; sie überließ seither die schmutzige Arbeit des Handels mit den afrikanischen Sklaven der Marionette Englands - der spanischen Monarchie des 19. Jh.

46. Diese gegen Leibniz gerichtete Lehre von Euler, Lagrange, Cauchy u.a. fußte auf der Abfolge der antisokratischen Behauptungen von Aristoteles, Galileo, Descartes und Newton. Das zeigte sich darin, wie J. Clerk Maxwell antwortete, als man ihm vorhielt, er wolle nicht zugeben, daß sein Werk großenteils auf großen, aber nicht anerkannten Entdeckungen beruhte, die er von Gauß, Weber, Riemann u.a. abgeschrieben hatte; Maxwell antwortete, "wir" weigern uns, irgendeine andere Geometrie anzuerkennen als unsere eigene, wobei er mit "unsere eigene" die aprioristischen Elfenbeinturm-Behauptungen von Aristoteles, Galileo, Descartes, Newton usw. meinte. Auf den gleichen Standpunkt hatten sich schon die fanatischen Leibniz-Gegner Euler und Lagrange gestellt.

47. Nehmen wir als Beispiel die sowjetische Wirtschaft. Gemäß ihrer im wesentlichen empiristischen, radikal anarcho-syndikalistischen Variante der Lehre von Marx und Engels kommt das Schöpferische in der Wirtschaft von der "schwieligen Hand" der arbeitenden "Massen", während die "Intelligenzija" (z.B. Wissenschaftler) ein unvermeidbarer, leider notwendiger Quell konterrevolutionärer Übel sei. Trotz der bemerkenswerten Errungenschaften der wissenschaftlichen Intelligenzija der Sowjetunion versank die sowjetische Wirtschaft in dem dogmatischen Pessimismus und wirtschaftlichen Niedergang, der aus den einfältigen Ansichten des Briten Thomas Huxley und Friedrich Engels' über die Abstammung des Menschen vom Menschenaffen folgen mußte. Diese selbstmörderische Lehre der anarcho-syndikalistischen, sozialistischen Ideologen über die "Arbeiterklasse" bildete auch die axiomatische Grundlage der Argumente der Sozialdemokraten Kautsky und Plechanow, aber auch einer Gruppe in Lenins eigener Bolschewistenfraktion, gegen eine "voluntaristische" Geschichtsauffassung.

 

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