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Aus der Neuen Solidarität Nr. 10/2008

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Faschismus und das „Projekt Weltunternehmen“

Das von George Ball, dem Chefbankier von Lehman Brothers, schon 1968 in Gang gesetzte Konzept imperialer „Globalisierung“ soll jetzt in Form einer neuen korporativistischen Wirtschaftsstruktur umgesetzt werden.

Es vergeht fast keine Woche, ohne daß neue Schreckensmeldungen über die Weltfinanzlage auftauchen: Bisher unbekannte Finanzinstrumente machen Schlagzeilen, immer neue Milliardenverluste führender Geldinstitute werden bekannt, auch bei solchen, die angeblich vor derartigen Ereignissen gefeit seien, und immer lauter werden die Forderungen nach Notmaßnahmen gegen eine sich ausweitende Krise, die nach allseitigen Versicherungen eigentlich unter Kontrolle sein sollte.

Mit erstaunlicher Geschwindigkeit haben sich angeblich isolierte Krisenbereiche - Subprime-Hypotheken, immobilienbesicherte Anleihen, CDOs, SIVs, die Monoline-Versicherer bis zu den jüngsten auction-rate securities - aneinandergereiht, als ob das Finanzsystem aus einer Reihe von Dominosteinen bestünde und ein Problem das nächste nach sich ziehe. Die Finanzaufsichtsbehörden haben die Probleme auf gleiche Weise behandelt und einzelne Dominosteine am Fallen zu hindern versucht, um so die Kettenreaktion zu stoppen. Ganz offensichtlich hat das bisher nicht funktioniert und kann auch nicht funktionieren, da das wirkliche Problem damit nicht gelöst wird, denn das weltweite Finanzsystem selbst ist zusammengebrochen. Man könnte meinen, die Dominosteine selbst lösten sich auf, während sie sich gegenseitig umstoßen, doch auch das wäre noch eine Untertreibung.

In diesem Artikel wollen wir nicht weitere Details der sich entfaltenden Finanzkatastrophe beschreiben, weil die Einzelheiten offen gesagt nicht von so großem Interesse sind. Wir sind keine Finanzanalytiker wie „CSI Finance“, zumal die Verwesung des abgestorbenen Finanzsystems weit weniger wichtig ist als der Kampf, welches neue System das alte ersetzen soll.

Wenige, wenn überhaupt irgend jemand in der Finanzwelt, scheinen verstanden zu haben, daß ihr hochgeschätztes Finanzsystem, das ihnen zu enormem Geldreichtum und großer Macht verholfen hat, auf einem einfachen Betrug beruht: Sie vermuten unter einem wachsenden Müllhaufen unbezahlbarer Schulden eine große Quelle des Reichtums. Doch obgleich sich der Nebel ihrer Illusionen jetzt auflöst und der Müllhaufen sichtbar wird, wird die Realität weiter verleugnet. Es handle sich nur um eine zyklische Krise, heißt es, das Fundament sei solide, und man müsse nur abwarten, bis wieder Normalität einkehre. Man kann sich bildlich die letzten Dinosaurier vorstellen, die genauso dachten, während sie ausstarben.

Ohne jede Kontrollmöglichkeit reagieren die Finanziers lediglich auf Ereignisse, die ihr Begriffsvermögen übersteigen. Sie handeln instinktiv, und ihr Instinkt sagt ihnen, daß sie sich selbst retten sollen, koste es, was es wolle. Diese Absicht offenbart sich in der Vielzahl von Rettungsaktionen, die von London und der Wall Street vorgeschlagen werden; alle beruhen auf der Annahme, dies sei eine vorübergehende Krise, ihre Illusionen seien Wirklichkeit, nur die Realität des Zusammenbruchs sei die Fantasie. Normalerweise wäre dies die klinische Beschreibung einer Psychose.

Kartelle und Faschismus

Bei allen finanziellen Rettungsaktionen bleibt stets unerwähnt, daß ihr alleiniger Zweck darin besteht, die Spekulanten zu retten und die Verluste auf die Steuerzahler abzuwälzen. Letztlich soll die öffentliche Hand die Zeche bezahlen, sei es durch Zunahme der Staatsschulden, höhere Steuern, weiteren Leistungsabbau oder durch die jüngsten Pläne in den USA, die Bevölkerung durch die Privatisierung der Infrastruktur auszuplündern.

Leute wie Felix Rohatyn oder der New Yorker Bürgermeister Bloomberg wollen einen Korporativismus nach Mussolinis Vorbild, durch den Regierungen zu reinen Handlangern der Finanzkartelle werden. Da der Korporativismus aber in schlechtem Ruf steht, gab man dieser Variante des Faschismus einen neuen Namen: „Globalisierung“. Hinter der neuen Verpackung verbirgt sich jedoch das uralte Übel des Imperialismus.

Lyndon LaRouche sieht in den kulturellen und politischen Wandlungen, die sich 1968 Bahn brachen, die Schwachstelle, mit der die 68er-Generation für imperiale Manipulationen empfänglich wurde. Neben den kulturellen und politischen Angriffen dieser Periode geriet auch die Wirtschaftsstruktur der USA ins Visier der imperialen Drahtzieher. Dieser Plan trug damals den Namen „Projekt Weltunternehmen“, das von George Wildman Ball, Chefbankier von Lehman Brothers, erstmals im April 1968 beim Bilderberger Treffen in Mont Tremblant, Kanada, vorgestellt wurde.

Wie Ball erläuterte, ging es ihm darum, die „archaischen Nationalstaaten“ durch globale Unternehmenskartelle zu ersetzen, die fähig wären, über Grenzen hinweg von nationalstaatlichen Regierungen unbehelligt zu operieren. „Das Weltunternehmen besitzt ein großes positives Potential als Instrument zur effizienten Verwendung von Rohstoffen", erklärte er, was das malthusianische Denken hinter seinem Vorhaben verdeutlichte. Sein Wunsch, zu imperialen Formen zurückzukehren, drückte sich auch darin aus, daß er auf die „sich überlappenden Souveranitäten der Regierungen Europas und des Hauses Rothschild" verwies, wodurch er die Finanziers auf die gleiche Ebene wie die Regierungen stellte. Zudem forderte Ball die weitere politische Integration Europas als Voraussetzung dafür, daß sich der europäische Apparat des Weltunternehmens ausdehnen könne. Zu diesem Zweck suchte er die enge Zusammenarbeit mit Jean Monnet und Robert Marjolin, um den Rahmen der späteren EWG zu definieren.

Nach seiner Bilderberger-Rede verbreiteten Ball und seine Anhänger ihr Projekt in einer ganzen Reihe weiterer Vorträge. Die Beiträge einer solchen Veranstaltung, eines Seminars der American Assembly im Jahr 1974, die auf dem alten Harriman-Sitz nahe New York untergebracht ist, erschien 1975 als Buch mit dem Titel World Companies: The Political Economy of World Business (Die Weltkonzerne: Die politische Ökonomie des Weltunternehmens). Es enthält die dort gehaltenen, von Ball editierten Reden, die alle das Konzept der nationalen Souveränität angreifen und eine Vormachtstellung der Konzerne in der Welt fordern.  

In einem dieser Vorträge zeichnete Jacques Maisonrouge von IBM ein geradezu apokalyptisches Bild von „pandemischer Inflation, schwindelerregenden Ölpreisen, Rohstoffknappheit, internationalen Zahlungsungleichgewichten, Mißernten, wachsender Arbeitslosigkeit, hohen Zinsraten und Angstzuständen der Bevölkerung vor einer globalen Depression“. Für ihn lag das Hauptproblem „in der ungleichen Verteilung der materiellen wie der menschlichen Ressourcen der Erde. Wir brauchen Mechanismen, womit diese Ressourcen identifiziert, verwaltet und gerechter verteilt werden können. Einen solchen Mechanismus gibt es bereits - das Weltunternehmen. Ich bin davon überzeugt, daß bisher kein besseres Werkzeug zur Verwirklichung der oben genannten Ziele ausgedacht wurde als das Weltunternehmen.“ Im Vorgriff auf die heute von Felix Rohatyn, Michael Bloomberg und Judith Rodin von der Rockefeller Foundation vorgebrachten Argumente behauptete Maisonrouge, daß „politische Lösungen nicht funktionieren, sondern eine stärkere Kontrolle seitens der Unternehmen erforderlich ist, um diesem Schicksal zu entgehen.“

Felix und die Faschisten

Parallel zu Balls Kampagne suchte seine Hausbank Lehman Brothers die enge Zusammenarbeit mit der synarchistischen Investmentbank Lazard Freres, um diese Konzepte umzusetzen. Beide Bankhäuser waren führend beim Aufbau von Firmenkonglomeraten, den Vorläufern der heutigen supranationalen Konzerne. Der Aufbau von Kartellen, beschönigend als „Fusionen und Übernahmen“ bezeichnet, war die Lebensaufgabe Felix Rohatyns, des langjährigen Lazard-Bankers, der nach kurzer Tätigkeit für Rothschild seit 2006 für Lehmann Brothers tätig ist. Anfang der 70er Jahren leitete er das sogenannte Krisenkomitee der New Yorker Börse, das der Wall Street eine neue Struktur verpaßte, um die Kartellbildung voranzutreiben, und er selbst wurde einer der prominentesten Banker in Sachen „Fusionen und Übernahmen“. Seine schmutzige Rolle bei den Machenschaften von ITT, angefangen beim illegalen Aktienparken bis hin zur Einsetzung des faschistischen Pinochet-Regims in Chile, brachte ihm den Spitznamen „Felix the Fixer“ ein, eine Bezeichnung, die zwar zutrifft, aber viel zu harmlos ist. Berichten amerikanischer und französischer Nachrichtendienste zufolge war Lazard Frères einer der Kontrolleure der Synarchie, der französischen Variante des Faschismus, und Rohatyn war ihr Mann in den Vereinigten Staaten.

Seit Jahren spielt Rohatyn eine führende Rolle beim Aufbau globaler Kartelle, die zunehmend die Weltwirtschaft im Griff haben. Heute will Rohatyn, der hinter den Kulissen der Demokratischen Partei großen Einfluß hat, das „Projekt Weltunternehmen“ mit der endgültigen Abschaffung des Nationalstaats zu Ende führen. Seine Absicht ist, die Finanzkrise und die damit einhergehende politische Lähmung in Washington als „Beweis“ dafür zu präsentieren, daß der „archaische“ Nationalstaat unfähig sei, mit den komplexen Problemen der Welt fertig zu werden; man müsse „über die Politik hinausgehen“ und eine effiziente, korporativistische Struktur schaffen. Das steht hinter der angestrebten Privatisierung der öffentlichen Infrastruktur und den Plänen, den technokratischen New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg ins Weiße Haus zu hieven. Die Politik habe versagt, und jetzt sei die Zeit für einen Wandel gekommen, heißt es. Als Alternative wird jenes britische Imperialsystem angeboten, gegen das sich die Amerikanische Revolution richtete.

Sollten wir zulassen, daß dieses System umgesetzt wird, versänke die Welt in kurzer Zeit in noch schärferer Sparpolitik und sozialem Chaos. Denn die Finanzimperialisten wollen mit Hilfe heutiger Big-Brother-Technologien das Raubtiersystem in der Tradition der britischen Ostindiengesellschaft und der venezianischen Levante-Gesellschaft wiederherstellen, sich die Kontrolle über die Rohstoffe und die umstrukturierten Finanzmärkte sichern, damit sie die Preise für lebensnotwendige Waren beliebig manipulieren können. Vieles davon wurde schon ereicht, aber noch besteht die Möglichkeit, die nationale Souveränität wiederherzustellen und den imperialistischen Geist zurück in die Flasche zu verbannen. Das Finanzsystem ist bereits tot. Jetzt geht es um die Zivilisation.

John Hoefle


Weiteren Hintergrund zu den Umtrieben der „Transatlantischen Bürgermeisterinitiative“ in Deutschland finden Sie in „Felix Rohatyn, John Kornblum und die deutschen Städte“, in Neue Solidarität Nr. 30/2006. Elke Fimmen deckt dort auf, wie Rohatyn und Co. die „unvermeidliche Globalisierung“ vorschieben, um die Gemeinwohlverpflichtung der Kommunen auszuhebeln, und diese auffordert, ihre „eigene Außenpolitik“ zu betreiben.

 

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