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Aus der Neuen Solidarität Nr. 34/2008

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Europa hat die Wahl: Rußland
als Kriegsgegner oder als Partner!

von Helga Zepp-LaRouche

Rußland hat mit seinem Eingreifen im Kaukasus den Westen zum Nachgeben gezwungen. Nun scheiden sich im Westen die Geister: die Vernünftigen setzen auf Kooperation mit Rußland, die Unvernünftigen steuern auf eine militärische Konfrontation hin.

Die entschlossene Reaktion der russischen Regierung auf den hinterhältigen Angriff Georgiens auf die Enklave Südossetien hat die strategische Lage auf der Welt grundlegend geändert. Die Einschätzung von Lyndon LaRouche, daß es absolut tragisch für die menschliche Zivilisation gewesen wäre, hätte Rußland gegenüber der Aggression der „Soros-Marionettenregierung“ in Georgien kapituliert, wird derzeit in vielen Nationen dieser Welt geteilt, ebenso wie seine Charakterisierung dieser Aggression als Ausdruck der britischen imperialen Politik. Rußland hat eine Grenze gezogen und klargemacht, daß es eine Fortsetzung der fast zwanzig Jahre andauernden imperialen Einkreisungspolitik, wie sie durch die Osterweiterung der Nato und der EU verfolgt wurde, nicht länger hinnehmen wird.

Der diplomatische Korrespondent des Londoner Telegraph, David Blair, schrieb am 12. August, Wladimir Putin habe die Gelegenheit genutzt, mit dem militärischen Eingreifen in Georgien eine „nachdrückliche Botschaft mit globalen Konsequenzen“ zu senden. „Der Vorhang hat sich über eine Ära gesenkt, in der sich die Nato systematisch nach Osteuropa ausgebreitet und sich immer weitere frühere Sowjetrepubliken einverleibt hat, während Rußland darauf nur mit wütenden Protesten reagieren konnte....Das Machtgleichgewicht in Europa hat sich fundamental geändert.“

Und Michael Binyon schrieb am 14. August in der britischen Times Online:

„Rußland  hat keinen Fehler gemacht. Ungeachtet der Äußerungen von Herrn Bush, verwandelte es einen dummen Übergriff eines vom Westen unterstützten Gegners in eine verheerende Demonstration der Ohnmacht, Zögerlichkeit und Doppelmaßstäbe des Westens hinsichtlich der nationalen Souveränität... Es gibt überall Lehren, die daraus zu ziehen sind. Frühere Sowjetrepubliken, denkt an eure Geographie. NATO, wollt ihr wirklich die Vendettas des Kaukasus in eure Allianz aufnehmen? Tiflis, wollt ihr einen Präsidenten behalten, der euch das eingebrockt hat? Washington, zählt Rußlands Stimme immer noch nichts? Ob es euch gefällt oder nicht, sie zählt eine ganze Menge.“

Genau hier scheiden sich die Geister: Bei einigen ist die Botschaft angekommen, bei anderen nicht. Das von Cheney so bezeichnete „alte Europa“, zu dem heute glücklicherweise im Unterschied zum Irakkrieg auch Italien gehört, hat im Prinzip kein Interesse an einer Konfrontation mit Rußland. Die Bush-Administration hingegen läßt sich von der Realität, die die russische Regierung gerade geschaffen hat, nicht irritieren und verfolgt weiterhin eine Politik am Rande des Abgrunds. Als direkte Reaktion auf das russische Vorgehen in Georgien unterzeichneten der polnische Ministerpräsident Tusk und John Rood vom US-Außenministerium das seit 18 Monaten aufgeschobene Abkommen, in Polen ein Raketenabwehrsystem zu installieren. Polen machte es zur Bedingung, 96 der modernsten Patriot-Raketen zu verbilligtem Preis zu erhalten, und setzt damit offensichtlich in seiner Verteidigung auf die USA.

Präsident Medwedjew kommentierte den Schritt Polens während der gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzlerin Merkel: „Diese Entscheidung demonstriert genau das, wovon wir die ganze Zeit gesprochen haben, nämlich, daß die Stationierung des Raketenabwehrsystems in Europa gegen die Russische Föderation gerichtet ist. Der Zeitpunkt ist dementsprechend gewählt worden. Die Vorwände, es gehe um die Verteidigung gegen Schurkenstaaten, sind offensichtlich geplatzt.“

Moskau hat wiederholt und das letzte Mal Mitte Juli verdeutlicht, daß es ein solches Raketenabwehrsystem als direkte Bedrohung für sein Territorium betrachtet, und daß entsprechende Gegenmaßnahmen ergriffen würden. Angesichts der Tatsache, daß die installierten Raketen in kürzester Zeit von defensiven in offensive Raketen verwandelt werden können, die dann in drei Minuten Moskau erreichen könnten, sollte das nicht verwundern. Das amerikanische Argument, das ABM-System in Polen und die am 8. Juli in Prag beschlossene Installation eines Radarsystems in Tschechien sei gegen mögliche Raketen aus dem Iran nötig, glaubt nur Lieschen Müller.

Putin hatte bei seinem Besuch in Kennebunkport letzten Jahres bei der Bush-Familie ein umfangreiches Angebot für ein gemeinsames globales Raketenabwehrsystem gemacht, einschließlich des Vorschlags, die existierende Basis in Aserbaidschan zu nutzen, deren geographische Position viel sinnvoller wäre, wenn es wirklich um potentielle Raketen aus dem Iran ginge. Rußland hat sich kürzlich bitter beklagt, daß die USA nicht die geringsten Anzeichen für ernsthafte Verhandlungen gezeigt hätten.

Der russische Außenminister Lawrow brachte es auf den Punkt, er könne zwar verstehen, daß es schmerzlich für die USA sei, weil sie so viel in Saakaschwili investiert hätten, aber sie müßten die grundsätzliche Entscheidung treffen, ob sie weiter an einem virtuellen Projekt festhalten oder statt dessen eine wirkliche Partnerschaft mit Rußland für die Zusammenarbeit bei realen Problemen in der Welt haben wollten. Genau das ist die Frage, die Frau Merkel auch beantworten sollte.

In Rußland ist man sich jedenfalls im Klaren darüber, von welchem weiteren virtuellen Projekt die nächste Provokation ausgehen könnte, nämlich der Ukraine. Duma-Mitglied Sergej Markow von der Partei „Geeintes Rußland“ ist sicher, daß Juschtschenko bereits „den Befehl erhalten habe, die russische Schwarzmeerflotte zu provozieren.“ Zuvor hatte Kiew erklärt, die Ukraine werde die russischen Schiffe, die vor der Küste Abchasiens an der Operation zur Befriedung Georgiens teilgenommen hatten, nicht nach Sewastopol zurückkehren lassen.

In erfrischendem Gegensatz zu den hysterischen Äußerungen weiterer „virtueller Projekte“, die ihre Karriere der Soros-Strategie der bunten Revolutionen verdanken, wandte sich der tschechische Präsident Vaclav Klaus sehr deutlich gegen Geschichtsklitterer, die das russische Vorgehen mit dem sowjetischen Vorgehen in Prag 1968 verglichen. Im Gegensatz zu Georgien habe die Tschechoslowakei  nicht Ruthenien in den Karpaten angegriffen, und Alexander Dubcek sei mit Saakaschwili weder in Wort noch Tat zu vergleichen.

Die oligarchischen Kräfte, die seit geraumer Zeit daraufhin arbeiten, Europa in ein expansives militarisiertes Empire zu verwandeln, sind offensichtlich entschlossen, an ihrer Politik des äußersten Risikos festzuhalten. So fühlte sich der der Bertelsmann Stiftung extrem nahestehende CDU-Europaparlamentarier Elmar Brok bemüßigt, in der FAZ zu argumentieren, man solle den Lissaboner Vertrag nun erst recht schnell unter Dach und Fach bringen - als hätte es das irische Nein beim Referendum nie gegeben.

Aber die Militarisierung der EU, die mit diesem Vertrag vorangetrieben würde, wäre der sichere Schritt in die Katastrophe. Der unsägliche Bericht der fünf ehemaligen Generalstabschefs für eine Transformation der Nato einschließlich engster Zusammenarbeit mit der EU, der u. a. den Ersteinsatz von Atomwaffen vorsieht, ist keineswegs vom Tisch. Und einer dieser fünf Ex-Generäle, Klaus Naumann, äußerte sich auch nach der georgischen Aggression dahingehend, daß die Aufnahme Georgiens und der Ukraine in die Nato eine in Bukarest beschlossene Angelegenheit sei.

Noch deutlicher ist ein Bericht der Londoner Denkfabrik „Centre for European Reform“ (CER), der im Juni veröffentlicht wurde, in dem „Verteidigungsperspektiven“ für die EU vorgeschlagen werden. Der Bericht setzt sich dafür ein, daß die EU nicht nur Friedenstruppen haben solle, sondern starke Kampftruppen für Konflikte im Ausland. Nach dem Strategiepapier der fünf Ex-Generäle und dem in die gleiche Richtung gehenden Vorstellungen des von George Soros und Joschka Fischer gegründeten „European Council on Foreign Affairs“ zeigen diese Verteidigungsperspektiven, wohin die Reise gehen soll: geradewegs in die militärische Konfrontation mit Moskau. Ein Grund mehr, nicht nur den Lissaboner Vertrag in den Papierkorb zu werfen, sondern auch alle EU-Verträge seit Maastricht aufzukündigen.

Ob die EU und die Europäische Währungsunion die gegenwärtig voll explodierende Finanzkrise aber überhaupt überstehen, ist an sich schon fraglich. Und ob das hemmungslose Liquiditätspumpen der EZB an scheiternde spanische Banken, für das letztlich auch deutsche Steuerzahler aufkommen müssen, sich überhaupt mit den Statuten der EZB vereinbaren läßt, die ja kein „lender of last resort“ (Kreditgeber der letzten Instanz) sein darf und will, bedarf der näheren Betrachtung.

Wenn wir in Europa nicht erneut geradewegs in eine Katastrophe schlittern wollen, sollten wir das Angebot Lawrows für eine wirkliche Partnerschaft mit Rußland annehmen und ansonsten die Vorschläge von Lyndon LaRouche für ein neues Bretton-Woods-System und einen New Deal umsetzen, hoffentlich mit einem amerikanischen Präsidentschaftskandidaten, der nicht von Soros kontrolliert ist, und mit Rußland.

 

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