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Aus der Neuen Solidarität Nr. 37/2008

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Französische Sozialisten weiter als die SPD

Frankreich. Bei der „Sommerakademie“ der französischen Sozialisten wurde über die Notwendigkeit der Verdoppelung der weltweiten Nahrungsmittelproduktion diskutiert, und Parteichef François Hollande forderte ausdrücklich ein „Neues Bretton Woods“.

Die diesjährige Sommerakademie der französischen Sozialistischen Partei (Parti Socialiste, PS) vom 29.-31. August im Fischereistädtchen La Rochelle am Golf von Biskaya zeigte, daß sozialistische oder sozialdemokratische Parteien in Europa nicht unbedingt als „müde Haufen“ den großen politischen Entwicklungen hinterherhinken müssen. Im Gegenteil können sie sich, versehen mit Mut und der entsprechenden Klarheit des Denkens, an die Spitze der Entwicklung stellen.

Solidarité & Progrès (S&P), die französische Schwesterpartei der BüSo, hatte, wie schon in den vergangenen Jahren, einen Stoßtrupp von 15 Jugendlichen und Freunden der Organisation vor Ort, der sich gegenüber den 2000-3000 sozialistischen Teilnehmern mit vielen Aktivitäten bemerkbar machte. So erhielt z.B. jeder Teilnehmer eine Ausgabe von Nouvelle Solidarité, der Parteizeitung von S&P.

Bei den vielen Gesprächen und Kontakten, zu denen es im Laufe der drei Tage kam, zeigte sich, daß die Aktivitäten der letzten 12 Monate in ganz Frankreich wie auch bei der Sommerakademie in den letzten Jahren zu der Bildung einer „kritischen Masse“ in der PS bzgl. der von S&P vertretenen Ideen geführt hat. Das machte sich in „alten Bekanntschaften“ bemerkbar wie „Hey, Sie da! Können Sie sich noch an mich erinnern? Wir haben hier schon vor zwei Jahren miteinander gesprochen“, und ähnliche Reaktionen, oder auch eine Wiedererkennung der jüngsten Wahlplakate von S&P wie „Neues Bretton Woods gegen Spekulanten und Inflation“. In La Rochelle hatte S&P u. a. eine ironisch-polemische Stelltafel aufgestellt mit dem Satz „Sozialisten: Laßt uns wirklich opportunistisch sein - nehmt unsere Ideen!“, an der viele Sozialisten nicht schweigend vorübergehen konnten, sondern sich zu einer Reaktion und Bekundung von Interesse herausgefordert fühlten.

Verschiedentlich gestanden auch recht prominente Vertreter der PS, daß sie die Ideen und Lösungen von S&P, von Cheminade und LaRouche für die großen anstehenden Fragen nicht nur kannten, sondern auch für die richtigen hielten. Das Problem (nicht nur in Frankreich) zeigte sich in der Schizophrenie, daß die gleichen Repräsentanten dann vor der Presse (also in der breiteren Öffentlichkeit) etwas völlig anderes zum besten gaben.

Von den zahlreichen Podiumsdiskussionen sei nur eine erwähnt, und zwar die, die als Thema Landwirtschaft und Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU hatte. Sie stach insofern hervor, als die PS hauptsächlich aus Lehrern und 68ern besteht und die Wahlergebnisse der Partei auf dem Lande immer recht niedrig sind.

Zunächst ging die Debatte um ziemlich unwichtige Details, bis die Zuhörer selbst intervenierten und den Ton setzten. Ein Landwirt entwickelte die richtige Perspektive, indem er betonte, daß die Frage der Ernährung der Menschheit primär sei, und die durchzuführende Landwirtschaftspolitik sich von daher bestimmen müsse und nicht umgekehrt. Der ehemalige Landwirtschaftsminister Henry Nallet, gewöhnlich ein recht ruhiger Vertreter, gab daraufhin eine leidenschaftliche Rede, in der er das Zurückfahren der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU als „Aushändigung der Märkte“ an die anglo-amerikanischen Nahrungsmittelkartelle brandmarkte. Stéphane Lefol, Mitglied des Europäischen Parlaments, betonte die Entschlossenheit der sozialistischen Gruppe im Parlament, um den Erhalt des von der GAP definierten Interventionsmechanismus’ zu kämpfen: „Warum sollen wir nicht das Recht auf Lagerbestände an Getreide haben, mit denen wir die Spekulation brechen können?“

Im zweiten Teil der Sitzung legte Jacques Diouf, Leiter der FAO und ehemaliger Vertreter der Sozialistischen Partei des Senegal, erneut die Notwendigkeit der Verdopplung der Weltnahrungsmittelproduktion dar, indem die Bewässerung und Infrastruktur verbessert und die Verlusten nach der Ernte vermindert werden, und generell durch eine Politik nach dem Beispiel der „Grünen Revolutionen“ in verschiedenen Ländern. Konträr zu den „grün-umweltschützerischen“ Phantasien einiger 68er betonte Diouf, daß produktive Landwirtschaft (wie in den USA oder der EU) 250 bis 300 kg Dünger pro Hektar brauche, während armen Ländern z. B. in Afrika nur 9 kg pro Hektar zur Verfügung stünden. Er führte das Beispiel Malawi an, das jüngst in nur wenigen Jahren seine Nahrungsmittelproduktion verdreifacht hatte, indem es durch staatliche Subventionen finanziertes Qualitätssaatgut und Dünger einsetzte.

Als dann Karel Vereycken von S&P intervenierte und sich als „Mitarbeiter von Jacques Cheminade“ vorstellte, hellte sich Dioufs Miene sofort mit einem breiten Lächeln auf. Vereycken betonte, daß arme Nationen dasselbe Recht zur Subventionierung ihrer Produktion haben wie reiche, und wies darauf hin, daß Malawis Subventionspolitik durch Freihandel und WTO verboten sei und das Land auch keine Unterstützung durch die Weltbank oder Großbritannien bekommen habe. Außerdem seien die Preise für Düngemittel wegen der Bindung an den hochspekulierten Erdölpreis im letzten Jahr um 176% in die Höhe geschnellt. Vereycken bestand auf der Notwendigkeit einer Reform des internationalen Finanzsystems nach den Maßstäben eines „Neuen Bretton Woods Systems“, um die Realwirtschaft vor der Spekulation zu schützen.

Das anfangs erwähnte Heranreien einer „kritischen Masse“ in der PS bezüglich der von S&P vertretenen Ideen LaRouches und Cheminades läßt sich auch namentlich festmachen. So bilden der ehemalige Premierminister Michel Rocard und der Europaabgeordnete Pierre Larrouturou den Bezugspunkt für alle in der Partei, die die Forderung nach einem neuen Bretton-Woods-System unterstützen. Beide hatten sich in der Vergangenheit wiederholt für diese Forderung ausgesprochen. Rocard hatte mit zu den Unterzeichnern eines Aufrufs für eine Währungskonferenz gehört, der von deutscher Seite von Helmut Schmidt, Hans Eichel und Otto Graf Lambsdorff unterzeichnet worden war und der von den deutschen Medien bis heute skandalöserweise totgeschwiegen worden ist (s. Neue Solidarität, 23/2008).

Als dann zum Abschluß der PS-Sommerakademie in La Rochelle der Parteivorsitzende François Hollande das Wort ergriff, horchten die versammelten Sozialisten, Gäste und  Journalisten auf, denn er gab den Parteimitgliedern mit auf den Weg, worum es in den kommenden Wochen und Monaten gehe: „Die Abhaltung einer Konferenz über ein Neues Bretton Woods“, um mit dem systemischen Kollaps des Finanzsystems fertig zu werden. „Es ist eine allgemeine Krise“, betonte er, eine „globale Krise des globalisierten Kapitalismus, die in all ihren Dimensionen durchschlägt. Das Chaos, das wir durchmachen, ist die Konsequenz politischer Entscheidungen: Deregulierung der Märkte, Monetarisierung der Wirtschaft, der Rückzug staatlicher Stellen, Privatisierung...“ Als Antwort auf diese Lage betonte er drei Punkte: 1. Abhaltung einer internationalen Konferenz zu Finanz- und Währungsfragen, die in die Einführung eines „Neuen Bretton Woods“ münden könnte mit dem Ziel der „Koordinierung der Währungspolitik und der Regulierung des Finanzsystems...“ 2. Unterstützung der landwirtschaftlichen Produktion im Entwicklungssektor und Reform der GAP in die richtige Richtung, und 3. ein Plan zur Entwicklung alternativer Energien. Für Frankreich selbst verlangte Hollande ein Programm zur Unterstützung von kleineren und mittleren Industriebetrieben, die sich mit Hochtechnologie beschäftigen, und einen Plan für große Infrastrukturprojekte.

    hpm

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