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Aus der Neuen Solidarität Nr. 46/2008

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Redet über das Finanzsystem, nicht über Windmühlen!

Der Landesvorsitzende der Bürgerrechtsbewegung Solidarität in Hessen, Alexander Hartmann, kommentiert die jüngsten Entwicklungen im hessischen Landtag.

Nach der Entscheidung der vier hessischen SPD-Landtagsabgeordneten Jürgen Walter, Dagmar Metzger, Carmen Everts und Silke Tesch, ihrer Landesvorsitzenden Andrea Ypsilanti bei der Wahl des Ministerpräsidenten die Gefolgschaft zu verweigern und auf diese Weise die Bildung einer von der Linken tolerierten rot-grünen Landesregierung zu verhindern, haben sicher viele Mitbürger (und nicht zuletzt auch viele SPD-Mitglieder) erleichtert aufgeatmet.

Denn der Kurs der Parteiführung, der bisher vor allem von dem Ökoguru Hermann Scheer, seines Zeichens Ökoberater des rechtsextremen kalifornischen „Gouvernators“ Arnold Schwarzenegger, bestimmt wurde, war so extrem grün, daß er im Falle seiner Realisierung binnen kurzem den letzten Überbleibseln der hessischen Industrie den Garaus gemacht hätte: Das Kernkraftwerk Biblis sollte sofort abgeschaltet und flächendeckend durch „erneuerbare“ Stromerzeugungstechnologien ersetzt werden - Solaranlagen, Biogasanlagen, Windkraft; der Ausbau der Flughäfen in Frankfurt und Kassel wäre, wie man am Koalitionsvertrag sehen kann, nach Kräften be- oder verhindert worden; usw., usf.

Angesichts dieser Ausrichtung konnte die direkte oder mittelbare Beteiligung der Grünen und der Linken an dieser Regierung den Schaden wohl kaum noch vergrößern, der dem Land durch diese Regierung entstanden wäre. Und da die Wirkung dieser Politik dem Land den letzten Rest an wirtschaftlicher Handlungsfähigkeit genommen hätte, konnte man sämtliche mit Kosten verbundenen schönklingenden Wahlversprechungen getrost von vornherein als irrelevant abhaken.

Dieser verrückte Kurs wurde in den letzten beiden Jahren, nachdem die Ökofraktion die Kandidatur Ypsilantis gegen den erklärten Willen der Parteibasis durchgesetzt hatte, parteiintern gegen jeden Widerstand durchgepeitscht, obwohl die Partei in den Umfragen inzwischen auf rund 25% herabgesunken ist.

Es mußte unter diesen Umständen überraschen, daß Ypsilanti bei der Landtagswahl im Januar 2008 gegen Ministerpräsident Roland Koch doch verhältnismäßig gut abgeschnitten hat (nachdem die Wahlstrategen der SPD anstelle des Scheerschen Ökokurses die Frage „Koch abwählen oder nicht“ in den Mittelpunkt der Kampagne gerückt hatten). Das hat sie sicher vor allem der Tatsache zu verdanken, daß die hessische Bevölkerung keine andere Möglichkeit sah, den neoliberalen Roland Koch abzuwählen. Aber vermutlich war es gerade ihre Kandidatur, die Koch sein Amt rettete, da die SPD bei einem gemäßigteren Kurs sicher noch besser abgeschnitten hätte.

Trotz dieses Mißerfolgs fühlte sich der Ökoflügel nach der Landtagswahl in seinem Kurs bestätigt, den er nun mit kaum zu überbietender ideologischer Verbohrtheit weiterverfolgte, obwohl sich seit August letzten Jahres, mit dem Fortschreiten der Weltfinanzkrise, immer deutlicher zeigte, daß die Welt - und damit natürlich auch das Land Hessen - mit ganz anderen, viel wichtigeren Problemen konfrontiert ist als der Sauberkeit der Luft (die durch Biogasanlagen wohl kaum verbessert werden dürfte).

Es war an der Zeit, daß diesen Machenschaften die „rote Karte“ gezeigt wurde, und es ist den vier Dissidenten hoch anzurechnen, daß sie den Mut hatten, dies nicht heimlich, sondern mit offenem Visier zu tun.

Was nun?

Aber nun stellt sich die Frage: Wie geht es weiter mit Hessen? Und diese Frage hängt natürlich eng mit der zusammen, wie es mit der SPD weitergeht, auf welchen Kurs die Partei sich nun begibt. Schon vor einigen Monaten wurde nämlich bekannt, daß die Steuereinnahmen in Hessen als bis dahin einzigem Bundesland sanken, was natürlich damit zu tun hat, daß Frankfurt der wichtigste Finanzplatz in Deutschland ist: Da die Banken riesige Verluste machen, zahlen sie kaum noch Steuern. So mußten die Möchtegern-Koalitionäre in ihrem Koalitionsabkommen auch sämtliche Ausgaben unter Finanzierungsvorbehalt stellen, denn für das kommende Jahr wird ein Defizit im Landeshaushalt von 1,5 Milliarden Euro erwartet.

Dabei ist jedoch noch gar nicht mit eingerechnet, wie sich die Einnahmen weiter entwickeln werden. Denn wenn die etablierten Parteien (auch in Berlin) ihren derzeitigen Kurs beibehalten, dann ist es eher wahrscheinlich, daß es in Frankfurt ganz dramatische Einbrüche, Bankschließungen und Massenentlassungen gibt. Was bedeutet es für das Land, wenn sich dort die Zahl der Beschäftigten im Finanzsektor halbiert, und sich in Frankfurt 30.000-50.000 der 70.000 bisher recht gut bezahlten Arbeitnehmer im Finanzsektor arbeitslos melden müssen? Wenn der Automobilsektor und andere produktive Branchen unter der Krise einknicken? Dann reden wir vielleicht bald über ein Defizit von 5 Mrd. Euro!

Geht man von der bisherigen, neoliberalen Ausrichtung Roland Kochs aus, die im übrigen leider in vielen Aspekten von Finanzminister Peer Steinbrück und anderen Vertretern des „Wirtschaftsflügels“ der SPD geteilt wird, dann wird man versuchen, dieses Defizit zu reduzieren, indem man die Ausgaben des Landes zusammenstreicht - ein aussichtsloses Unterfangen, das von vornherein zum Scheitern verurteilt ist.

Schluß mit der Öko- und der Freihandelsmanie!

Die Landtagsparteien müssen begreifen, daß man sich in einer solchen Krisenlage radikal von jenen Ideologien verabschieden muß, die uns in diese Krise hineingeführt haben. Und dazu gehört nicht nur die rot-grüne Ökomanie, sondern auch die Manie des Freihandels, der Deregulierung und der Globalisierung.

Insofern ist dem Land kaum gedient mit einer wie auch immer gearteten Fortsetzung der Ära Koch. In einer solchen Krise ist eine „amtsführende“ Minderheitsregierung genauso zum Scheitern verurteilt wie eine „tolerierte“. Wir brauchen eine handlungsfähige Landesregierung, und zwar eine, die in der Lage und willens ist, alle ideologisch motivierten Fehlentscheidungen der letzten drei Jahrzehnte rückgängig zu machen und den Wiederaufbau nach den 68ern einzuleiten.

Natürlich werden wesentliche Entscheidungen hierfür nicht auf Landesebene getroffen: Sogar die Bundesregierung kann eine Neuordnung des Weltfinanzsystems nicht alleine vornehmen. Aber in anderen Staaten, wie in Frankreich, Italien oder Rußland, wird ganz offen über die Notwendigkeit eines „Neuen Bretton Woods“ gesprochen - in Deutschland tut dies bisher eigentlich nur die BüSo. Und das muß sich ändern.

Auch die hessischen Landespolitiker können dazu beitragen, daß die Notwendigkeit der Neuordnung des Weltfinanzsystems, eines Neuen Bretton Woods, des Ausstiegs aus der Finanzspekulation, das Annullieren der finanziellen Wettgeschäfte und ein Wiederaufbau der produktiven Wirtschaft insbesondere durch große Infrastrukturprojekte und durch eine Rückbesinnung auf den wissenschaftlichen und technologischen Fortschritt endlich auch in Deutschland in der Politik und in den Medien diskutiert wird.

Die SPD wird in den kommenden Jahren nur dann eine wichtige Rolle spielen können, wenn sie eine solche Wende vollzieht. Sie ist mit ihrem Kurs der letzten Jahre „vor die Wand gefahren“, aber auch von Jürgen Walter und seinen Mitstreitern in der Partei kamen bisher keine Impulse, die der Partei oder dem Land den Weg aus der Krise gewiesen hätten. Nun muß sich die SPD neu aufstellen, und wenn sie klug ist, nutzt sie die Gelegenheit zum Bruch mit den Ideologien, die unser Land in die Krise geführt haben. Sonst droht ihr der Absturz in die Bedeutungslosigkeit.

Geht man allein von den bisherigen Erfahrungen mit der Denkweise der „Etablierten“ aus, dann besteht wenig Hoffnung auf eine solche Wende. Aber ohne eine solche Wende werden sämtliche Landtagsparteien die nächsten Landtagswahlen verlieren - nicht zuletzt diejenigen, die sie scheinbar „gewinnen“.

Unter diesen Umständen bliebe es dann der BüSo überlassen, diese Fragen zu thematisieren. Sie wird, sollte es in Hessen zu einer Neuwahl kommen, zu dieser Wahl antreten. Dann liegt es beim Bürger: Veranlaßt er die etablierten Parteien zu dem notwendigen radikalen Kurswechsel? Wählt er diese Parteien ab und an ihrer Stelle die BüSo? Oder toleriert er eine Fortsetzung des jetzigen Kurses und verliert dann die Wahl, und noch viel mehr, egal, welche Partei oder Parteienkoalition sie gewinnt?

            Alexander Hartmann, Landesvorsitzender Hessen der BüSo

Lesen Sie hierzu bitte auch:
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Die Internetseite der BüSo zum hessischen Landtagswahlkampf 2008 (externer Link)

 

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