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Aus der Neuen Solidarität Nr. 10/2009

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Bad News für Zocker statt Bad Bank!
Konkursverfahren für das Finanzsystem!

Von Helga Zepp-LaRouche

Trotz gigantischer „Rettungspakete“ stürzt die Realwirtschaft weltweit immer schneller ab. Würde Deutschland, wie es einige planen, Europas Schulden übernehmen, wäre dies mehr als die Reparationen nach dem Versailler Vertrag. Wir brauchen endlich ein Konkursverfahren für das Weltfinanzsystem, in dem der ganze finanzielle „Giftmüll“ ausgesondert und gestrichen wird.

Der schockierendste Aspekt der gegenwärtigen eskalierenden Krise des Weltfinanz- und Wirtschaftssystems ist die Tatsache, daß sich bislang alle führenden Regierungen und „Experten“ weigern, zu erkennen, daß es sich dabei weder um eine „Rezession“, noch um eine „Depression“, sondern um eine Zusammenbruchskrise des Systems  handelt. Weil sie weder die wahren Gründe für die Krise analysieren noch ihren Charakter erfassen, greifen sie zu völlig wirkungslosen Maßnahmen und bekommen die Krise demzufolge auch nicht in den Griff. Dabei gibt es eine Lösung: Das globale Finanzsystem muß durch ein ordentliches Bankrottverfahren reorganisiert werden, bei dem der „Giftmüll“ an unverkäuflichen „Wert“-Papieren gestrichen wird, die Finanzierung der Realwirtschaft und die Bereiche des Gemeinwohls hingegen vom Staat garantiert werden.

Solange die Regierungen und Zentralbanken jedoch versuchen, durch immer neue „Rettungspakete“, Konjunkturprogramme und Zinssenkungen den Giftmüll von mindestens 1,4 Billiarden (1.400.000.000.000.000) Dollar letztlich durch Steuerzahlergelder und Gelddrucken zu refinanzieren, wird die Zerstörung von industriellen Kapazitäten weltweit weitergehen. Gleichzeitig baut sich eine hyperinflationäre Blase von nie dagewesenem Umfang auf. Und sehr bald, wenn die Realwirtschaft platt am Boden liegt, droht sich diese hyperinflationäre Blase zu entladen - genau wie in Deutschland 1923, nur diesmal weltweit. Dabei greift ein Problem ins andere; jeder Teil der Weltwirtschaft ist vom Kollaps betroffen:

1. Alleine die USA haben in den vergangenen 18 Monaten schätzungsweise 25 Billionen Dollar an offizieller und inoffizieller Liquidität als Rettungspakete für Banken, Versicherungsfirmen und Konzerne, sowie für Konjunkturprogramme in das System gepumpt. In Europa haben die Rettungsmaßnahmen von EZB und Bank von England ebenfalls einen Umfang in Billionenhöhe erreicht. Zusätzlich befinden sich die Zinsraten der Federal Reserve, der Bank von England und der Bank von Japan in der Nähe der Nullzinsrate. Auch die EZB könnte schon bald von den gegenwärtig zwei Prozent heruntergehen. Trotzdem wurden 325.000 Arbeitsplätze im Finanzsektor weltweit vernichtet.

2. Noch schlimmer sind die dramatischen Einbrüche in der Realwirtschaft. Am meisten betroffen war der Autosektor mit Rückgängen von durchschnittlich über 30 Prozent weltweit. Asien hat sich zu einem Epizentrum der Krise entwickelt. In China z.B. kollabierte die Stahlproduktion um rund 60 Prozent. Japans Exporte gingen im Januar um 45,7% gegenüber dem Vorjahr zurück, Japans Importe um 31,7%. Japan baute im Januar 41% weniger Autos als vor einem Jahr, die industrielle Produktion schrumpfte im Januar um 10%, der Autoexport in die USA um 69%, und der Export in die USA allgemein um 81%.

Die industrielle Produktion Taiwans war im Januar um 43,11% geringer als ein Jahr zuvor. Taiwans Exporte zum chinesischen Festland und nach Hongkong reduzierten sich zum Vorjahr um 54,71%. Auf dem Festland in China wurden mindestens 20 Millionen Wanderarbeiter arbeitslos.

In den USA schrumpfte die Wirtschaft im 4.Quartal um 6.2%. Der amerikanische Staat hat seinen Anteil an der ehemals mächtigen Citigroup auf 36% erhöht, trotzdem brachen deren Kurse erneut um 39% ein. Die Financial Times Deutschland kommentierte: „Ein Alptraum ohne Ende... ein Ende ist nicht in Sicht.“

3. Jetzt rächt sich, daß die neuen EU-Mitglieder in Osteuropa gewissermaßen als „Mini-China“ zur Billigproduktion von Konsumartikeln und im Autosektor benutzt wurden. Vor allem Banken aus Österreich, Schweden, Frankreich, Griechenland, Italien und Deutschland engagierten sich in Osteuropa mit Krediten von insgesamt 1,740 Billionen Dollar, die nun mit dem Kollaps der Märkte im Westen in großen Schwierigkeiten sind. Dem japanischen Finanzunternehmen Nomura zufolge sind schätzungsweise 25% davon „toxisch“. Wenn jetzt die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD), die eigentlich für Infrastrukturentwicklung zuständig wäre, diesen Ländern mit einer Finanzspritze von mindestens 350 Milliarden zu Hilfe kommen soll, geht es nicht nur um den drohenden Staatsbankrott dieser Länder, sondern auch um das Überleben der westlichen Banken.

4. Jetzt rächt sich auch, daß die EZB, obwohl sie nach ihren eigenen Statuten kein „lender of last resort“ - Kreditgeber der letzten Instanz - ist, maroden Banken in mehreren Staaten umfangreiche Kredite zur Verfügung gestellt hat und dafür deren Giftmüll als Sicherheiten akzeptiert hat. Noch scheint es die Absicht der EZB zu sein, diese „Sicherheiten“ irgendwie in den Büchern zu behalten, weil ein „übereilter Verkauf“ große Verluste bringen würde. Die EZB ist also nicht besser dran als viele Banken.

5. Die Europäische Währungsunion steht vor der Zerreißprobe. Bis vor kurzem lehnte die deutsche Regierung europäische Rettungspakte ab, wohl wissend, daß dann Deutschland der Zahlmeister für die vom Staatsbankrott bedrohten Staaten werden würde. Auf dem Treffen der G8-Finanzminister in Rom fuhr Minister Steinbrück wohl der Schreck in die Knochen, so daß er plötzlich meinte, den armen Staaten Europas müsse doch geholfen werden. Allerdings verstößt es gegen Artikel 103 des EG-Vertrags („No-Bail-Out-Regel“), nach dem ein Land nicht für die Schulden eines anderen aufkommen soll. Nun wird der Trick versucht, dagegen Artikel 100, Absatz 2 ins Feld zu führen, der diese Art von Hilfe erlaubt, wenn Staaten „ernstlich bedroht“ sind. Das sind sie zwar, aber das gilt auch für die deutschen Steuerzahler und die Weltwirtschaft.

Ambrose Evans-Pritchard schrieb am 23. Februar im Daily Telegraph richtigerweise, wenn die deutschen Steuerzahler gezwungen sein würden, für die Schulden von halb Europa aufzukommen - also für die Schulden Italiens (im kommenden Jahr 111% des BIP), die österreichischen Kredite an Osteuropa (70% des BIP), die Abenteuer Irlands (400 Milliarden), den Kollaps des Immobilienmarktes in Spanien (eine Million unverkäuflicher Häuser) - würden die Belastungen für die deutschen Steuerzahler größer werden als die Reparationskosten, die Deutschland nach dem Versailler Vertrag zu zahlen hatte. Das ist genau der Punkt, wie ich in einem Artikel am 13. Februar 2008 warnte, nachdem die EU-Staatschefs versucht hatten, den Lissabonner Vertrag ohne jegliche öffentliche Diskussion durchzuwinken. Man solle sich dabei an die Konsequenzen des Versailler Vertrages erinnern: die Hyperinflation von 1923, die die Sparguthaben der kleinen Leute vernichtete, die Depression der dreißiger Jahre und schließlich die Machtergreifung Hitlers.

Admiral Dennis Blair, der neue Direktor der Nationalen Geheimdienste der Regierung Obama, traf den Nagel auf den Kopf: Er sagte, die globale Wirtschaftskrise sei die größte kurzfristige Sicherheitsbedrohung für die USA, noch vor dem Terrorismus. Steigende Arbeitslosigkeit und sinkende Einkommen seien die größere Bedrohung. Dasselbe gilt auch für Deutschland.

Schon gab es wegen der Wirtschaftskrise soziale Unruhen, u.a. in den folgenden Staaten, mit teilweise erheblichen Konfrontationen: Island, Irland, Griechenland, Frankreich, Bosnien, Großbritannien, Bulgarien, Rumänien, Lettland, Litauen, Montenegro, Rußland, Ukraine, Ungarn, Haiti, Bolivien, China - und natürlich die Demonstrationen in Deutschland. Wenn die Krise sich verschärft - und das wird sie -, drohen massive Destabilisierungen, Chaos, bewaffnete Aufstände, Militärputsche und eventuell sogar Kriege.

Schon jetzt zeichnet sich ab, daß die Rate der Insolvenzen in den Industrienationen die der großen Depression überschreitet. Für die sogenannte Dritte Welt sind die Folgen schon jetzt katastrophal, jeden Tag sterben mehr als 100.000 Menschen (!) am Hunger oder seinen Folgen. Über eine Milliarde (!) Menschen ist massiv unterernährt, alle fünf Sekunden verhungert ein Kind unter zehn Jahren. Wird die Krise nicht überwunden, werden Hunderte von Millionen, ja Milliarden Menschen sterben.

Wenn der neue Wirtschaftsminister Guttenberg sagt, die wirtschaftliche Erholung sei schon für den Herbst zu erwarten, weil dann das Konjunkturprogramm der Regierung Wirkung zeigen werde, dann ist das vielleicht ein Ausdruck seiner naiven ländlichen Gläubigkeit, mit den Realitäten der Systemkrise hat dies herzlich wenig zu tun. Vielleicht schon eher mit dem, was die Wähler bis zu den Bundestagswahlen im September glauben sollen. Was ist die Wirkung des deutschen Konjunkturprogramms auf den Kollaps in den USA, Japan, China oder Rußland? Sie droht zu verpuffen.

Das einzige, was diese beispiellose Krise überwinden kann, ist ein ordentliches Insolvenzverfahren des Weltfinanzsystems. Die wertlosen „Wert“-papiere, der sogenannte Giftmüll, müssen einfach gestrichen werden. Statt „Bad Banks“, in denen dieser Giftmüll deponiert und durch Steuerzahlergelder honoriert wird, sollten wir eine „Bad News“-Abteilung einrichten. Die Spekulanten, die sich verzockt haben, haben eben Pech gehabt. Gegenwärtig sind es nämlich diese Megaspekulanten, die massiven Druck auf die Regierungen ausüben, damit diese immer neue „Pakete schnüren“, wie es scheinbar so ordentlich in den Nachrichten immer heißt.

Was wir statt dessen brauchen, ist eine Reorganisation in der Tradition von FDR, der mit Hilfe eines Bankfeiertages eine Konkursreorganisation des Bankensystems vornahm und durch neue Gesetze wie den Glass-Steagall Act, die Reconstruction Finance Corporation, den New Deal, die Tennessee Valley Authority (TVA) und andere Mechanismen das Instrumentarium schuf, um die USA aus der Depression herauszuführen. In den USA wächst derzeit die Unterstützung für den Gesetzesvorschlag, den Lyndon LaRouche bereits im August 2007 unterbreitet hat, das „Gesetz zum Schutz der Eigenheimbesitzer und Banken“, das bereits in fünf Landtagen, Dutzenden von Stadträten und soeben im Abgeordnetenhaus von New York von der Mehrheit unterstützt wurde.

Der Wiederaufbau Deutschlands nach 1945 war sehr stark von diesem Geiste Roosevelts bestimmt, nicht zuletzt durch die Politik der Kreditanstalt für Wiederaufbau, die nach dem Modell der Reconstruction Finance Corporation konzipiert war. Deshalb: Keinen weiteren Cent für die Pleitebanken und die Spekulanten, die sich verzockt haben! Hyperinflation durch Gelddrucken wäre die schlechteste aller Lösungen. Wenn wir eine ordentliche Konkursreorganisation vornehmen und wieder die Kontrolle über die eigene Währung und eine Kreditschöpfung, die der Realwirtschaft dient, übernehmen, steht einem Wiederaufbau wie nach dem Zweiten Weltkrieg nichts im Wege.

Helga Zepp-LaRouche

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