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Aus der Neuen Solidarität Nr. 9/2009

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Wir brauchen wieder ein Gefühl
der Verbundenheit über Generationen

Bei Lyndon LaRouches Internetforum am 11. Februar wurde nicht nur über die Wirtschaft gesprochen, sondern auch über die kulturelle Entwicklung. Ein Auszug.

LaRouche: Sie sprechen hier den eigentlichen Kern der moralischen Frage bzw. einen Aspekt davon an, den die Menschen aufgrund der kulturellen Degeneration in den Vereinigten Staaten und auch in Europa nicht mehr verstehen. Die kulturellen Trends in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg in Europa und den Vereinigten Staaten waren sehr zerstörerisch. Die klassische Kunst ist praktisch verschwunden. Die Wissenschaft ist verkommen, wenn man sie mit der wissenschaftlichen Bildung der späten dreißiger, der vierziger und fünfziger Jahre vergleicht. Damals gab es noch eine aufstrebende Bewegung zu höherer Bildung, aber deren Verfall setzte insbesondere seit Ende der sechziger Jahre ein. Und die gesamte populäre Kultur war moralisch zerstörend.

Das entscheidende hierbei ist, daß früher die Familie der Ort war, wo der einzelne seine Identität lokalisieren konnte - die Familie in einem besonderen Sinne, so wie ich sie verstehe. Mein erster Vorfahre hier in Nordamerika, Brewster, kam nach Plymouth [Massachusetts]. Die meisten meiner anderen Vorfahren im 18. Jahrhundert kamen aus England, und sie verbreiteten sich über Neuengland. Dann gab es auch die Quebec-Seite, das war eine Schiffsladung von Bauernfamilien. Ganze Dörfer wurden damals von Jean-Baptiste Colbert nach Quebec verschifft. Man nahm sie einfach aus bestimmten Orten in Frankreich, und das ganze Dorf wurde an einen Ort in Quebec verlegt. All das geschah in der Mitte des 17. Jahrhunderts.

In diesem Land entwickelte sich ein Familiensinn. Man hatte ein Gefühl für die eigene Unsterblichkeit - man wurde geboren und stirbt, aber die Persönlichkeit verging damit nicht. Denn die eigene Persönlichkeit ist eine Fortsetzung der Arbeit, die von früheren Generationen geleistet wurde.

Wenn es um die Familie ging, dachte man immer gleich an drei Generationen, die am Eßtisch oder bei Familientreffen zusammenkamen, und man dachte in längeren Zeiträumen. Ich kann mich beispielsweise noch an Angehörige erinnern, die vor den 1860er Jahren geboren wurden. Ich habe ein aktives Wissen über Menschen, die zwei Generationen zuvor, am Ende des 18. Jahrhunderts, ihre Vorfahren waren. Und das war nicht untypisch für die Familien, die damals in die Vereinigten Staaten kamen.

Das gleiche gilt für die Einwandererfamilien. Eine erste Generation kam als arme Immigranten ins Land. Die nächste Generation machte aufgrund der Opfer und der Bemühungen der Eltern einen Schritt aufwärts - das war die Idee des ganzen. Dann kam die dritte Generation. Die ersten waren einfache Arbeiter, und der Enkel wurde Arzt oder Wissenschaftler oder so etwas.

Es gab also ein moralisches Empfinden. Und dieses moralische Empfinden verbinde ich mit sozialer Dynamik. Ich habe mich im Laufe der Jahre schon oft auf den letzten Abschnitt in Shelleys „Verteidigung der Poesie“ bezogen - ein typischer Ausdruck für das Gefühl von Unsterblichkeit in der geistigen Beziehung zwischen aufeinanderfolgenden Generationen. Einige kreative Menschen in der jeweiligen Generation führen die Gesellschaft, und die übrigen Menschen reagieren auf die Führung dieser Generation.

Genau das ist verloren gegangen. Unsere Gesellschaft ist auf Individuen reduziert worden. Viele Eltern sagen: wir haben ein Kind bekommen, das war ein Fehler, aber wir müssen das Ding irgendwie durchfüttern. Und das Kind entwickelt eine ähnliche Haltung gegenüber der Elterngeneration. Das ist eine scheußliche Situation. Es fehlt das moralische Empfinden der Verantwortung, der Unsterblichkeit, das Gefühl, daß das Leben etwas bedeutet, und zwar nicht nur innerhalb der physischen Grenzen von Geburt und Tod, sondern daß man Teil eines Prozesses ist, daß man an einem Entwicklungsprozeß der Gesellschaft beteiligt ist. Das ist weitgehend verloren gegangen.

Das Problem liegt auch in der Bildung; der Verlust wirklicher Bildung verstärkt all das. Meine eigene Erfahrung hierbei reicht bis in die 1920er und 1930er Jahre zurück: Damals gab es öffentliche Bildungsprogramme in den Grund- und Oberschulen, die darauf abzielten, den Kindern ein Gefühl für die Geschichte, ein Gefühl für ihren eigenen Platz in der Geschichte zu vermitteln. Dabei ging es vor allem darum, dem Kind ein Gefühl für die historische Bedeutung der eigenen Existenz zu vermitteln. Wer waren die Großeltern? Wo kamen sie her? Solche Dinge. Und es gab noch klassische Formen der Bildung. Was heute als Unterhaltung durchgeht, ist ein zerstörerischer Prozeß, in dem es in der Qualität der Kultur keinerlei Kontinuität mehr gibt. Keine!

Es gibt nur noch „Dekultur“. Was heute in den Vereinigten Staaten verbreitetet als „Kultur“ bezeichnet wird, ist tatsächlich eine „Dekultur“. Man kommt mit irgendwelchen Neuerungen, irgendwelchen Dummheiten, irgendwelche verrückten Formen der Masturbation daher. Eine neue Mode verdrängt die alte, für die man nur noch Verachtung übrig hat. Das Neueste, das Heißeste - nichts hat mehr einen Wert, der über mehrere Generationen reichen würde.

Da liegt meiner Meinung nach das Problem. Wir haben unser Kulturgefühl verloren, das Gespür dafür, in unserem Volk, unserer Kultur einen persönlichen kulturellen Identitätssinn auszubilden, der ein Gefühl der Unsterblichkeit entstehen ließe, daß unsere fleischliche Existenz zwischen Geburt und Tod zwar wichtig, aber nur eine Art Vermittler eines permanenteren, dauerhafteren Wertes, eines Gefühls der Unsterblichkeit ist. Das ist verloren gegangen. Nur wenn man ein Gefühl der Unsterblichkeit hat, kann man in die Vergangenheit zurückdenken und sich mit ihr und mit der Zukunft verbunden fühlen.

Die meisten Investitionen in die Gesellschaft sind Investitionen für 50 Jahre. Das betrifft Industriebetriebe und solche Dinge. Noch längerfristigere Investitionen in die Gesellschaft erstrecken sich über 100 Jahre - das sind heute vier Generationen. Wenn man so denkt, fühlt man sich auch einer Spanne von zwei bis vier Generationen verpflichtet. Man denkt an das Ergebnis seines eigenen Lebens, wenn man es gelebt hat - an das, was man in seinem Leben getan hat, um ein Ergebnis zu hinterlassen, und man respektiert, daß man selbst das Ergebnis des Lebens anderer Menschen ist. Dadurch entsteht ein Gefühl der besonderen Verbundenheit.

Das ist verloren gegangen, und das müssen wir in diesem Prozeß meiner Meinung nach wieder in Ordnung bringen.

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Schriften von Lyndon H. LaRouche 1981-2006
- Internetseite des Schiller-Instituts
Was Lyndon LaRouche wirklich sagt
- Internetseite der Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo)
Internetseite des LaRouche-Aktionskomitees
- in englischer Sprache

 

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