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Neue Solidarität
Nr. 24, 10. Juni 2009

BüSo-Vertreter diskutiert über die Zukunft der Ukraine

In der Nähe von Kiew trafen sich rund 50 junge Menschen zu einer dreitägigen Konferenz, um über Entwicklungsperspektiven für ihr Land zu diskutieren. Für die BüSo nahm Stefan Tolksdorf daran teil.

Schon im April waren Repräsentanten des amerikanischen LaRouchePAC, Rachel Douglas und Sky Shields, in der Ukraine zu Gast. Sie folgten der Einladung, als Redner an einer Konferenz teilzunehmen, die unter dem Titel „Physische Ökonomie: Forschung, Methode und die globale Mission der Ukraine“ an der Nationalen Wirtschaftsuniversität in Kiew stattfand.

Als Fortsetzung dieses Dialogs folgte nun Stefan Tolksdorf als Vertreter der Bürgerrechtsbewegung Solidarität einer neuen Einladung in die Ukraine. „Die Ukraine 2050“ war das Thema einer mehrtägigen Veranstaltung größtenteils junger Menschen, die gerade an den Tagen stattfand, als erschütternde Berichte über die Entwicklung der ukrainischen Wirtschaft des ersten Quartals 2009 veröffentlicht wurden: Das BIP verlor zum Vorjahr 25%, während die Industrieproduktion um 33% einbrach. Die Krise war in aller Munde. Doch ebenso offen, wie über die sich verschlimmernden Zustände gesprochen wurde, gibt man auch zu, daß niemand weiß, was in dieser Situation zu tun ist.

Das wird sicher einer der Gründe gewesen sein, daß etwa fünfzig Jugendliche drei Tage lang außerhalb von Kiew Pläne und Modelle entwickelten, vorstellten und heftig diskutierten. Die einzelnen Projekte waren zwar der Entwicklung der Ukraine während der nächsten 40 Jahre gewidmet, befaßten sich aber mit vielen Einzelaspekten, wie z.B. Tourismus, Außenpolitik, Militär oder Wirtschaftsplanung und Industriepolitik.

So vielfältig die verschiedenen Aufgabenstellungen waren, so bunt fielen auch die Lösungsvorschläge aus. So manches Mal zeigte sich, daß es dringend nötig war, außerhalb der vorgegebenen Rahmenbedingungen zu denken, um ein bestimmtes Problem anzugehen. Mit dabei war eine Handvoll von Experten, u.a. Professoren verschiedener Universitäten, die zwar während der Diskussionen teilweise sehr scharfe Kritik an den einzelnen Jugendlichen übten, was den Elan der Teilnehmer aber überhaupt nicht bremste. Der Eifer, mit dem alle Beteiligten sich bis in die tiefen Nachtstunden an die jeweils einzelnen Aufgaben machten, war tatsächlich bemerkenswert. Die Tatsache war auch nicht zu übersehen, daß sich hier junge Menschen ernsthaft an eine gewaltige Aufgabe - die Bestimmung einer Politik für die nächsten mindestens 40 Jahre - heranwagen, während sich der Großteil ihrer Altersgenossen durch Kinos, Diskos und Kneipen wälzt und feiert, wo es wenig zu feiern gibt.

Nach drei Tagen dieser „wirtschaftlichen Planspiele”, wie sie genannt wurden, kamen dann alle Teilnehmer und zahlreiche weitere Gäste in einem Universitätshörsaal in Kiew zusammen. Jetzt sollten Projekte präsentiert werden, an denen verschiedene Teilnehmer für längere Zeit gearbeitet hatten, und in diesem Zusammenhang hatte Stefan Tolksdorf Gelegenheit, den Zuhörern Lyndon LaRouches wirtschaftswissenschaftliche Methode vorzustellen. Das Thema war jetzt die Entwicklung Afrikas. An dieser großen Vision ließen sich einige der revolutionären Ideen LaRouches sehr gut demonstrieren; die Vorstellung von Infrastrukturkorridoren traf sicherlich auf breite Zustimmung.

Die Zuhörer waren jedoch überrascht, als sie sahen, daß dieses Thema Wahlkampfschwerpunkt der BüSo in Deutschland war. Die Frage hatte sich schon vorher in Diskussionen immer wieder gestellt: Wie bringt man die Vorstellungen einer neuen gerechten Weltwirtschaftsordnung in den Kontext eigener politischer Tätigkeit im eigenen Land? Jetzt sahen sie Helga Zepp-LaRouche in ihrem kurzen Wahlwerbespot und warfen einen Blick auf das Wahlplakat der BüSo. Den Abschluß machte die Präsentation eines Videos, das für www.larouchepub.com in russischer Sprache produziert wurde: „Die Zukunft Afrikas”.

Die folgende Diskussion zeigte, daß viele der Teilnehmer deutlich provoziert waren. „Warum reden wir über Afrika? Was ist denn mit der Ukraine?” war eine häufig gestellte Frage. Es wurde auch klar, daß einige die Dimension der Zusammenbruchskrise deutlich unterschätzt hatten, daß wir es nicht mit einer „Phase” zu tun haben und das Leben, so oder so, nicht weitergehen wird wie bisher. Zwar wurden einerseits durchaus sehr ernsthafte Vorschläge unterbreitet, beispielsweise über agroindustrielle, wissenschaftsintensive Entwicklung der Ukraine. Ohne eine Reorganisation des Weltfinanzsystems und die dafür nötige Untersuchung der Ursachen der Krise wird es dazu aber nicht kommen.

Eine der entscheidenden Hürden, die dabei genommen werden muß, ist der lähmende und verdummende Einfluß der gegenwärtigen „Kultur” - also der Rahmenbedingungen, die oft das eigene Denken eingrenzen, ohne daß die meisten es recht merken. So drehte sich zum Beispiel eines der am letzten Tag präsentierten Projekte u.a. um die Energiegewinnung aus der Verbrennung von Müll. In einer gesunden Weltwirtschaft wäre das sicher eine lohnenswerte Diskussion gewesen. Heute aber, angesichts eines beispiellos voranschreitenden Kollapses der weltweiten produktiven, physischen Wirtschaft, muß diese Diskussion ganz anders aussehen. Bevor man sich Gedanken macht, wie ein neues Haus aussehen soll, wäre es angebracht, das Feuer zu löschen, das gerade bereits die ganze Nachbarschaft verheert.

In vielen Diskussionen mit jungen Menschen hat Lyndon LaRouche betont, daß man noch lange nicht denken kann, nur weil man ein Gehirn hat - es wird bei der Geburt quasi ohne Betriebsanleitung mitgeliefert. Oft benutzte er auch die Metapher eines Goldfisches, der im schier unendlichen Ozean lediglich die kleinen Kreise dreht, die er sich zuvor in seinem Goldfischglas angewöhnt hat.

LaRouche schlägt daher für seine Jugendbewegung einen schmalen Pfad von Entdeckungen vor, von Platon über Cusa, Leibniz, Gauß, Riemann bis zu Einstein und Wernadskij. So gewinnt man einen klaren Begriff davon, was es heißt, etwas wirklich zu wissen und nicht nur zu glauben oder zu meinen. An dieser Methode ist etwas universelles, und auch die Begeisterung, die man erlebt, wenn man der heutigen Kultur den Krieg erklärt und an ernsthaften, eigentlich menschlichen Konzepten arbeitet, ist universell. Das erklärt auch, warum ein alter Herr wie Lyndon LaRouche in der Lage ist, Jugendliche hinter dem intellektuellen Ofen hervorzulocken, die man sonst mit dem bloßen Wort „Politik” entweder zum Rennen oder zum Einschlafen bringt.

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