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Aus der Neuen Solidarität Nr. 4/2005

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Ein zweiter Westfälischer Friede für die kommende eurasische Welt

Von Lyndon LaRouche
- 3. Teil -

Im vorangegangenen Teil beschrieb LaRouche den Gegensatz zwischen dem "prometheischen" (oder christlich-humanistischen) Menschen, der sich dafür einsetzt, daß alle Menschen ihre Schöpferkraft entfalten können, und dem oligarchischen System, das der großen Masse der Bevölkerung ebendies verbieten will.


2. Die Nationalstaaten in Europa und die USA
Die USA gegen das Empire

2. Die Nationalstaaten in Europa und die USA

Nun ist es an der Zeit, die grundlegenden funktionellen Unterschiede zwischen den neuzeitlichen europäischen und asiatischen Kulturen abzuklären.

Die europäische Kultur der Neuzeit begann mit Veränderungen, die durch die Schriften des Kardinals Nikolaus von Kues im 15. Jh. beispielhaft verkörpert und auch weitgehend geprägt wurden. Eine der wichtigen Auswirkungen dieser Schriften war, daß sie zu den großen Entdeckungsreisen anregten: die Erforschung des amerikanischen Kontinents durch die Portugiesen und Spanier und des östlichen Seeweges nach Indien vom Südatlantik um die Südspitze Afrikas. Noch wesentlicher ist jedoch: Durch sie wurde das Werk von Männern wie Dante Alighieri und Petrarca in einer Weise wiederbelebt, daß damit die Grundlage dafür geschaffen wurde, die seit Alkuin und Karl dem Großen bestehenden Bestrebungen zur Gründung des modernen europäischen souveränen Nationalstaats zum Erfolg zu führen.

Den entscheidenden Ausgangspunkt lieferte Nikolaus' Werk Concordantia catholica, das starken Einfluß auf die Kirchenkonzile hatte, bis hin zum großen ökumenischen Konzil der ost- und westeuropäischen Kirchen in Florenz. Nikolaus von Kues, der bei den Vorbereitungen des Florentiner Konzils eine wesentliche Rolle spielte, war mit seinem Werk De docta ignorantia (Die belehrte Unwissenheit) aber auch der Begründer der neuzeitlichen Experimentalwissenschaft eines Luca Pacioli, Leonardo da Vinci und Johannes Kepler. Seine Schriften lieferten den unmittelbaren Anstoß zu den Forschungsreisen am Ende des 15. Jh., insbesondere für Christoph Kolumbus und seine erfolgreiche Atlantiküberquerung. Dabei halfen Kolumbus die Ratschläge und eine Karte von Nikolaus' Mitarbeiter Paolo del Pozzo Toscanelli; möglich war diese Karte dank früherer Entdeckungen des Eratosthenes aus der Platonischen Akademie, der u.a. den Erdumfang berechnete.

Der griechische Wissenschaftler Eratosthenes errechnete den Erdumfang, indem er den Winkel der Sonneneinstrahlung an zwei verschiedenen Orten Ägyptens - Alexandria und Syene - maß.

Zu dieser Renaissance kam es also nach dem schrecklichen finsteren Zeitalter des vorhergehenden Jh. Ihre Errungenschaften sind Ausdruck der revolutionären Wende in der Entwicklung der europäischen Zivilisation im 15. Jh.: weg von der reduktionistischen, obskurantistischen Sicht des mittelalterlichen Aristotelismus und ähnlichem, hin zur Wiedergeburt der erschütterten Institutionen der christlichen Kirche - auferstanden aus der Asche des mittelalterlichen romantischen Ultramontanismus - und zur Neubelebung von Wissenschaft und Staatskunst auf der Grundlage von Platons Werk.

Diese Entwicklungen befreiten Europa sowohl vom finsteren Erbe der beiden römischen Reiche als auch von der mittelalterlichen venezianisch-normannischen ultramontanen Tyrannei und ihren bösen, "rom-artigen" Kreuzzügen. Diese Segnungen der Renaissance wurden möglich, indem man die platonische Tradition der klassischen wissenschaftlichen Arbeit wieder aufnahm und zum platonisch-christlichen Prinzip der Agape (dem Gemeinwohl) zurückkehrte. Auf der Grundlage dieser Arbeit, bei der Nikolaus von Kues eine Schlüsselrolle innehatte, entstanden stufenweise die Voraussetzungen für die Gründung der ersten wahren Nationalstaaten in Frankreich unter Ludwig XI. sowie in England unter Heinrich VII.

Das Entscheidende an diesen Veränderungen im 15. Jh. war nicht nur, daß die herkömmliche Teilung der Gesellschaft in Herrscher und Massen von "Menschenvieh" zurückgewiesen wurde, sondern daß der moderne Staat - typisch ist Frankreich unter Ludwig XI. - positiv dem Gemeinwohl verpflichtet war. Der souveräne Staat übernahm die Verantwortung dafür, die Wirtschaft zu entwickeln, indem er die Entfaltung der Produktivkräfte systematisch förderte; der Fortschritt in Frankreich unter Ludwig XI. ist beispielhaft dafür. England unter Heinrich VII. übernahm diese Politik mit dem Schwerpunkt auf technischen Neuerungen und der damit verbundenen Entwicklung der Produktivkraft. Dies war ein Bruch mit der langen Tradition seit den Verordnungen des römischen Kaisers Diokletian, in der allgemeinen wirtschaftlichen Praxis der Bevölkerung technologisches Nullwachstum festzuschreiben. Dieser Bruch mit der "Traditionsgesellschaft", wie es manchmal beschönigend genannt wird, ist ein entscheidendes Merkmal der qualitativen Veränderung mit der Entstehung der europäischen Zivilisation der Neuzeit nach dem neuen finsteren Zeitalter des 14. Jh.

Auch wenn die Entstehung der neuzeitlichen europäischen Zivilisation mit diesen Entwicklungen im 15. Jh. und danach bezeichnet ist, so ist doch auch klar: Diese Veränderung wurzelt in fast zwei Jahrtausenden innerer Kämpfe und Entwicklungen der europäischen Zivilisation, seit dem Leben und Werk von Thales, Solon und Pythagoras. Trotz aller Rückschläge, zu denen es in der europäischen Geschichte seitdem gekommen ist, verkörpert die europäische Zivilisation einen kontinuierlichen Entwicklungsprozeß der Weitergabe und Entwicklung der Kultur - zumindest im entscheidenden Sinn der Weitergabe von Kultur über Generationen der Entwicklung von Sprachkulturen. Die Entstehung der neuzeitlichen europäischen Zivilisation in Europa im 15. Jh. ist also Ausdruck eines kulturellen Entwicklungsprozesses, der seit inzwischen mehr als 2500 Jahre andauert und Wurzeln in anderen Kulturen hat, die wiederum auf noch viel ältere Kulturen zurückgehen, wie man aus den astronomischen Bauplänen der großen Pyramiden Ägyptens ableiten kann.

Hinzu kommt: Zwar gibt es auch innerhalb der europäischen Kultur eine arme Klasse oder Kaste - im Sinne der Vorstellung, daß Menschen wie menschliches Vieh gehalten werden - , doch der eigentliche große Fehler der neuzeitlichen europäischen Zivilisation liegt darin, daß wir bis jetzt noch nicht genug dafür getan haben, der Welt als ganzer zu helfen, diese in asiatischen Kulturen weitverbreitete traditionelle kulturelle Schranke zu durchbrechen. Dieses Problem in Iberoamerika, Afrika und Asien ist kein bloß quantitativer Unterschied, sondern erscheint im heutigen Leben als Folge einer nicht behobenen Schwäche, die sich in qualitativen, kastenartigen kulturellen Unterschieden ausdrückt. Die große Massenarmut in den großen Nationen Asiens, gegen die bisher noch kein Mittel in Sicht ist, muß das Gewissen der Welt erschüttern. Die Probleme Chinas und Indiens heute sind, im Licht der jüngsten Fortschritte in diesen Ländern betrachtet, beispielhaft für die ungelöste, verschwommene Herausforderung, für die bis heute noch keine angemessene Lösung in Sicht ist. Wenn der Trend der Geschichte der vergangenen 40 Jahre auf diesem Planeten andauert, wird man diese Herausforderung niemals, niemals lösen, wieviel Wunschvorstellungen von einer besseren Zukunft man auch aus diesen und anderen Teilen der Welt zu hören bekommt.

Um die Ursache solchen Elends in Asien zu verstehen, betrachte man als Beispiel die USA, wo es heute noch zwei klar definierte Fälle kastenähnlicher Unterschiede großer Bevölkerungsteile gibt: erstens ein großer Teil der Nachfahren der ehemaligen afrikanischen Sklaven; zweitens unter der spanischsprechenden Bevölkerung die kastenähnlichen Narben des Erbes der Leibeigenschaft in Spanien, die in Mexiko und anderen Ländern der einheimischen Bevölkerung aufgezwungen wurde. Obwohl wir in Amerika das Erbe eines Frederick Douglass und vieler anderer haben, trägt noch bis heute ein großer Teil unserer Bevölkerung die Narben einer selbstauferlegten Tradition kastenartiger kultureller "Minderwertigkeit".

Wir müssen die Gesellschaft überall, in den USA und auf anderen Kontinenten, von solchen Problemen befreien, um unter der Mehrheit der Bevölkerung einer nationalen Kultur eine Kultur wirklicher Staatsbürger zu schaffen. Von derselben Art wie dieser Makel der zeitgenössischen europäischen Zivilisation ist auch die systematische Ungleichheit, die heute mit Hilfe der Billiglohnpolitik der "Globalisierung" als Merkmal der asiatischen Kultur weithin fortbesteht. Nationen so zu entwickeln, daß sie diese grausame ungleiche Behandlung sehr großer Bevölkerungsteile überwinden - in diesem Ziel zeigt sich symptomatisch die heutige Herausforderung an das menschliche Gewissen, daß Asien entwickelt werden muß.

Die Verhältnisse, die ich beklage, existieren in asiatischen wie in europäischen Kulturen. Doch auch wenn die Geschichte jedes Gebietes ihre Besonderheiten hat: Diese fortbestehenden Probleme in allen entsprechenden Teilen der Welt sind ein Ausdruck der andauernden Übel der derzeitigen Weltordnung, die auf das IWF-Weltbank-System der Zeit nach 1971 - tatsächlich ein Trend, der schon 1964-67 anlief - zurückgehen.

Jeder, der eigene entsprechende Erfahrungen in Asien (zum Beispiel) gemacht hat, weiß, was wir meinen, wenn wir unserer Besorgnis in dieser Hinsicht Ausdruck verleihen. Mit anzusehen, in welcher Weise verhältnismäßig große Bevölkerungsteile in verschiedenen Teilen der Welt von Generation zu Generation zu leben gezwungen sind, das ist etwas, was ein zivilisiertes Gewissen nicht so leicht hinnehmen kann. Sofortige Lösungen mögen nicht verfügbar sein, aber diejenigen unter uns, die mehrere Generationen vorausdenken, sind verpflichtet, dieses Ziel wirksam anzustreben. Die Verbesserungen, die wir den jetzt Lebenden verschaffen können, sind schmerzlich klein, doch was wir ihren Nachkommen versprechen können und müssen, das muß in absehbarer Zeit verwirklicht werden. Wir sind eine Gattung unsterblicher Wesen und können daher geduldig sein, wo es die Tiere nicht können. Als unsterbliche Wesen können wir über die Errungenschaften unserer Nachfahren Befriedigung empfinden, doch das heißt nicht, daß diese Errungenschaften nicht real sein müssen, nicht bloß tröstliche Illusionen oder leere Worte: Wir wollen Grund haben, damit zufrieden sein, während wir heute leben. Es wäre unmoralisch, Renten für die Zukunft zu versprechen, wenn die Habgier gerade die Hand ausstreckt, diese Renten zu stehlen, wie es in den USA, aber auch in Europa und anderswo derzeit der Fall ist.

Weiter oben habe ich es schon beschrieben: In der Zeit von 1492 - der Vertreibung der Juden aus Spanien durch den fanatischen antisemitischen Großinquisitor Tomás de Torquemada (der Präzedenzfall für Adolf Hitlers Vorgehen)17 - bis zum Westfälischen Frieden 1648 wurde der Kampf für eine Ordnung moderner souveräner Nationalstaaten in Europa in einer von Venedig inszenierten Orgie von Religionskriegen erstickt. Diese Kriege sollten das Werk des ökumenischen Konzils von Florenz und die Institution des souveränen Nationalstaates auslöschen. Daß die Idee des dem Gemeinwohl verpflichteten Nationalstaates überlebte und im Westfälischen Frieden ausdrücklich festgehalten wurde,18 stellte daher eine Revolution für die ganze Zivilisation dar: Nachdem man eineinhalb Jahrhunderte lang versucht hatte, ihn durch Religionskriege zu ersticken, erwachte der souveräne Nationalstaat der Neuzeit zu neuem Leben.

Vor diesem allgemeinen Hintergrund von Vergangenheit und Gegenwart auf diesem Planeten war der Kampf innerhalb der sich weltweit ausbreitenden europäischen Zivilisation seit dem großen ökumenischen Florentiner Konzil - insbesondere seit Venedig aus strategischen Gründen die osmanische Eroberung Konstantinopels einfädelte - also ein Kampf zwischen den Kräften der neuzeitlichen, souveränen, nationalstaatlichen Republik auf der einen Seite und den reaktionären Kräften Venedigs und ihren Geschöpfen auf der anderen Seite. Die wucherische venezianische Finanzoligarchie wollte den Nationalstaat zerschlagen, um stattdessen eine Weltregierung, eine Art neues Römisches (bzw. Babylonisches) Reich zu errichten. Ein typisches Ergebnis war das Britische Empire, dem die anglo-holländische "Venezianische Partei" des 18. Jh. mit dem Pariser Vertrag vom 10. Februar 1763 den Weg bereitete. Lord Shelburnes Lakai Gibbon hat in seiner utopischen Doktrin beschrieben, wie dieses Weltreich aussehen sollte.

Seit 1763 war die Weltgeschichte im wesentlichen ein Kampf zwischen den Kräften, die wollten, daß eine Ordnung souveräner nationalstaatlicher Republiken entsteht und blüht - das beste Beispiel dafür ist die Gründung der Vereinigten Staaten - , und denen, die wie der äußerst bösartige Bertrand Russell fest entschlossen waren, den souveränen Nationalstaat für immer auszurotten. Alle Kriege und verwandtes Unheil auf diesem Planeten nach 1492 ist im wesentlichen ein Ausdruck dieses großen Kampfes der Neuzeit zwischen Gut und Böse.

Allerdings kann man all das nur wirklich verstehen, wenn wir die Entwicklung der europäischen Zivilisation auf lange Sicht betrachten, angefangen mit der entsprechenden Entwicklung im alten Griechenland, auf die ich verwiesen habe. So bezeichnet Solons Brief mit der Ermahnung seiner Mitbürger die Geburt der Idee der Republik, wie sie später mit der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung von 1776 und der Verfassung der USA 1787-89 verwirklicht wurde. Solons "Brief" ist der erkennbare Anfang eines kohärenten Vorganges, den wir die europäische Zivilisation nennen, der bestimmt war vom Widerstreit zwischen den Kräften, die in Übereinstimmung mit der erklärten Absicht Solons eine wahre Republik schaffen wollten, und den Kräften, die eine solche Gesellschaftsform verhindern wollten. Das ist der Grund, warum Friedrich Schiller in seinen Jenaer Vorlesungen den Schwerpunkt auf den Gegensatz zwischen den beiden Gesetzgebungen von Lykurgs Sparta und Solons Athen legt.19

Solon (640-561 v.Chr.):
An das Volk von Athen
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Die von Italien ausgehende Renaissance, die es uns ermöglichte, einem langen Alptraum zu entkommen und in die neuzeitliche Zivilisation einzutreten, war das Ergebnis dieses Widerstreits, der die treibende Kraft der ganzen langen europäischen Geschichte bis dahin gewesen war. Diese Renaissance war ein entscheidender Wendepunkt der ganzen Weltgeschichte. Mit ihr entstand eine neue Gesellschaftsform, die allerdings in sich die dauernde Unruhe aller angesammelten Bestandteile der Keime des Zwists enthielt, den es seit diesen Entwicklungen des 15. Jh. gab; dennoch hat diese Gesellschaftsform die Weltgeschichte völlig verändert, und man kann diese Veränderung nicht rückgängig machen, ohne die Erde in ein tiefes und langdauerndes neues finsteres Zeitalter zu stürzen.

Tatsache ist, daß die Entwicklung in Asien in den vergangenen Jahrzehnten, wie etwa in Indien und China, keine Alternative zur europäischen Zivilisation darstellt. Diese Nationen sind ein integraler Bestandteil der derzeitigen, anglo-holländisch-liberal beherrschten Weltordnung, und wie ich im Verlauf dieses Berichtes noch zeigen werde, können sie außerhalb des Rahmens einer dringend notwendigen, großen, weltweiten Reform der neuzeitlichen europäischen Zivilisation nicht als stabile Nationen weiterbestehen. Tatsache ist, daß alle Teile der Welt Unterabteilungen eines einzigen Weltwährungs- und Finanzsystems sind, zumindest im Augenblick - sodaß u.a. auch der relative Preis realer und fiktiver Handelswaren ein untrennbarer, untergordneter Bestandteil dieses Währungs- und Finanzsystems ist.

Falls der heranstürmende allgemeine Zusammenbruch dieses Systems tatsächlich stattfindet, würden alle die mannigfaltigen Elemente eines auf vielfältige Weise vernetzten Weltsystems, die wichtigsten Nationen Asiens eingeschlossen, im Chaos versinken - auf eine Art und Weise, die an den Absturz in das finstere Zeitalter des 14. Jh. erinnert.

Die meisten Geld- und Regierungskreise der Welt, die eigentlich gut informiert sein müßten, sehen diese Wirklichkeit nicht, weil sie zwanghaft an der Wunschvorstellung festhalten, einen solchen Finanzkrach, wie er jetzt bevorsteht, werde es niemals geben. Tatsächlich wird dieser Crash, den die meisten heute für undenkbar halten, sehr bald geschehen, wenn nicht gewisse radikale Veränderungen, wie ich sie vorschlage, vorgenommen werden.

Die USA gegen das Empire

Wie ich oben betont habe, verhinderte die Kombination aus den Religionskriegen von 1492-1648, dem Aufstieg des anglo-holländischen liberalen Systems und der Französischen Revolution mitsamt ihren Folgen, daß in Europa ein wirklich souveräner Nationalstaat dauerhaft entstehen konnte. Die Folgen der Ereignisse des 14. Juli 1789 (Sturm auf die Bastille) zerrissen die engen Verbindungen Frankreichs zu den USA,20 und setzten vorher vernünftige und glänzende amerikanische Patrioten wie Thomas Jefferson und James Madison in Verwirrung. Bis zur Revolution von 1848 bemühten sich die USA, in dem Streit zwischen dem britischen System und der Herrschaft der Habsburger in Europa und der Welt eine einseitige Parteinahme zu vermeiden.21 Der Sturz Metternichs und die gegenseitige Verwüstung der west- und mitteleuropäischen Nationen durch zwei Weltkriege sicherte dem britischen Weltfinanz- und Währungssystem eine verhältnismäßig starke weltweite Vorherrschaft, mit Ausnahme einer Zeit eindeutiger amerikanischer Vorherrschaft vom Beginn des Zweiten Weltkrieges bis zum selbstverschuldeten Niedergang Amerikas als Führungsmacht seit nunmehr 40 Jahren. In Europa herrschen heute also immer noch die Überreste eines Systems parlamentarischer Regierungen unter der Oberherrschaft eines finanzoligarchischen Systems der Venezianischen Partei.

Während dieses Zeitraums - seit dem Unabhängigkeitskampf der amerikanischen Republik, der an Intensität nach der Herausbildung des Britischen Empire nach dem Pariser Vertrag 1763 zunahm - tobt dieser ständige tödliche Kampf zwischen der amerikanischen Republik und ihren wichtigsten Feinden, den anglo-holländischen Imperialisten und Englands zeitweise größtem europäischen Rivalen und zugleich Verbündeten gegen die amerikanische Republik, dem damals bereits im Untergang befindlichen Habsburgerreich des frühen 19. Jh.. Von dem von den Briten eingefädelten Sturm auf die Bastille in Paris an bis zu Abraham Lincolns Sieg 1863-65 waren die USA von der Unterstützung, die sie im Freiheitskampf gegen die britische Herrschaft genossen hatten, weitgehend abgeschnitten.

Beispielhaft für das Bündnis der nationalstaatsfeindlichen Kräfte Europas gegen die USA und ihren Einfluß war, daß London später, in der Endphase des Amerikanischen Bürgerkrieges 1861-65, seine französische Marionette Napoleon III. und einen Habsburger als Werkzeuge in einer versuchten Flankenoperation in Lord Palmerstons Beistand für Londons Konföderierte einsetzte. Dies änderte sich zum besseren in der Zeit nach dem Sieg über die Konföderierten bis zur Periode vor Theodore Roosevelts Präsidentschaft. Obwohl beide Mächte im Krieg im Bündnis gegen Hitler standen, haßten die britische Regierung und ihre amerikanischen Helfer, besonders um die Finanzwelt, Franklin Roosevelt. Das stimmt mit dem überein, worauf sich der amerikanische General Billy Mitchell in seiner berühmten Aussage vor dem Kriegsgericht bezog: daß der japanische Angriff auf Pearl Harbor 1941 die Ausführung eines Planes war, den das US-Militär in der Zeit davor unter die geheimen Kriegspläne "Rot" und "Orange" eingeordnet hatte; Großbritannien und Japan hatten diesen Angriff in der Zeit der internationalen Verhandlungen über die Marinestärke in den 20er Jahren als Option entworfen. Die Kräfte, die für die oligarchische Tradition in Europa stehen, sind heute immer noch der Ursprung eines oft äußerst irrationalen Antiamerikanismus, manchmal sogar aus ganz überraschenden Ecken.

Nach dem Sieg der USA über die mit London verbündete Südstaatenkonföderation hatte sich die britische imperiale Politik von weiteren Versuchen direkten oder verdeckten militärischen Vorgehens gegen die USA auf systematische Unterwanderung durch die anglo-holländische liberale Ideologie verlegt. Bei der Fraktion der liberal-imperialen Fabianer um H.G. Wells und Bertrand Russell zeigte sich der britische Haß auf die Vereinigten Staaten in extremer Weise. Die behutsamere Unterwanderung lief über Verbindungen liberaler Kreisen zu einflußreichen anglophilen Kreisen der amerikanischen Finanzoligarchie wie William Yandell Elliotts "Kindergarten" an der Universität Harvard; das Ziel war, eine "gezähmte" und korrumpierte USA in den britischen Commonwealth einzubinden. Das Bonmot "Die USA und England sind zwei Nationen, die durch eine gemeinsame Sprache getrennt sind," ist tatsächlich ziemlich treffend (eine gemeinsame Sprache erleichert den Austausch von Beleidigungen und das gegenseitige Ausspionieren zweier rivalisierender Mächte).

Um den entscheidenden Punkt zusammenzufassen: Seit Beginn des amerikanischen Unabhängigkeitskampfes 1763-89 war die europäische Zivilisation der Neuzeit im wesentlichen in zwei widerstreitende Kräfte geteilt: die Verpflichtung der USA auf eine Ordnung souveräner nationalstaatlicher Republiken gegen die imperialen Impulse und Ziele der Venezianischen Partei, für die das anglo-holländische liberale System der Herrschaft der Finanzoligarchie steht.

Das Amerikanische System der politische Ökonomie, das sich der Förderung der politischen Freiheit des einzelnen verschrieb, war von diesen beiden feindlichen Kräften immer die moralisch und materiell überlegene. Das belegte der Sieg der von Präsident Abraham Lincoln geführten Vereinigten Staaten über die von London unterstützten Konföderierten. In der Periode von 1861-76, die mit der Weltausstellung in Philadelphia abschloß, entwickelten sich die USA zur führenden nationalstaatlichen Volkswirtschaft der Welt, mit der nur die vereinten imperialen Mittel der britischen Monarchie mithalten konnten.

Als Folge davon übernahmen führende Nationen Eurasiens wie Deutschland, Rußland und Japan neben anderen Staaten auf dem amerikanischen Kontinent entscheidende industrielle und andere Aspekte des Amerikanischen Systems von Franklin, Hamilton, den Careys und Friedrich List.

Um das Hochkommen moderner Volkswirtschaften nach amerikanischem Vorbild zu verhindern, organisierte die britische Monarchie unter Eduard VII. den "Großen Krieg" 1914-17 nach dem Vorbild des Siebenjährigen Krieges, dank dessen Großbritannien im Februar 1763 triumphiert hatte. Zwei närrische Präsidenten, Theodore Roosevelt und der Ku-Klux-Klan-Fanatiker Woodrow Wilson, die sich von angenehmen Erinnerungen an die Konföderation begeistern ließen, zogen uns in diesen Krieg hinein, während ihn die kluge patriotische Tradition der USA niemals unterstützt hätte. Ein Fehler der USA, der die Grundlagen für die strategischen Gefahren schuf, denen wir seitdem unterworfen waren oder uns selbst unterwarfen.

In ähnlicher Weise neigten die entsprechenden britischen Planer in den 20er und 30er Jahren dazu, die USA aus ihren Planungen für den sich anbahnenden neuen Weltkrieg in Europa herauszuhalten, weil sie befürchteten, die mächtige amerikanische Wirtschaft könne das Sagen in Europa bekommen und die britischen imperialen Interessen verdrängen. Dies änderte sich erst merklich, als London gewahr wurde, wie Stalin Rußlands unmittelbaren Todfeind, das Dritte Reich, mit diplomatischen Manövern anspornte, statt im Osten zuerst im Westen loszuschlagen. Daraufhin wurde Eduard VIII. zur Abdankung gezwungen, und vor allem nach Chamberlains Auftritt in München sahen die Briten in Hitler zunehmend eine unmittelbar größere strategische Gefahr als in einer zeitweisen Vorherrschaft der USA, obwohl einige, deren Namen hier nicht aufgelistet werden müssen, noch im Mai 1940 eine Abmachung mit Hitler - oder vielleicht auch Hermann Göring - vorzogen.

Man muß hier betonen, daß trotz sentimentaler Äußerungen von Europäern gegenüber Amerikanern und umgekehrt die äußeren Ähnlichkeiten der Wirtschaftsformen, die man aus asiatischer Sicht in Europa und Amerika sehen mag, zum großen Teil nur oberflächlich sind und bedeutende Unterschiede existieren. Dennoch haben Entwicklungen der letzten Zeit dazu geführt, daß sich trotz der gegensätzlichen Verfassungsziele des amerikanischen und des britischen Systems das Unvermischbare zu einem hohlen Pudding vermischten: eine sogenannte "anglo-amerikanische" Ausprägung des anglo-holländischen liberalen Systems.

In dem Maße, wie es den anglo-amerikanischen utopischen Gegnern der Tradition Franklin Roosevelts gelang, eine zeitweise Vorherrschaft im transatlantischen strategischen und finanziellen Machtgefüge zu sichern, auch innerhalb der USA selbst, herrschen auf der Welt die Organe der moralisch und wirtschaftlich verkommenen anglo-amerikanischen finanzoligarchischen Kabale des anglo-holländischen Liberalismus. Seit vier Jahrzehnten leitet sie den inzwischen tödlichen Niedergang ihres immer mehr globalisierten Weltsystems - praktisch ihres Weltreiches.

An dieser Stelle muß dringend angemerkt werden, daß die einzige Chance der USA, ihren allgemeinen Zusammenbruch zu verhindern, darin besteht, ihre Außenpolitik darauf auszurichten, ein neues Weltfinanz- und Währungssystem zu schaffen, dessen Ziele dem entspricht, was Franklin Delano Roosevelt als Perspektive für den Planeten in der unmittelbaren Nachkriegszeit beabsichtigte. Eine solche dramatische Veränderung kann natürlich nur unter dem Druck ganz außergewöhnlicher Ereignisse erfolgen, und nur, wenn den entsprechenden führenden Kreisen klar ist, daß eine Wende hin zu einem Nachhall von Roosevelts Plänen für die Welt die einzige realistische Alternative zu einem allgemeinen, hoffnungslosen Zusammenbruch der Weltwirtschaft ist. Objektiv sind diese Voraussetzungen zur Lösung der Krise schon vorhanden, aber man müßte diese unheilvolle Gefahr auch subjektiv offen wahrnehmen.

Das gemeinsame Merkmal dieses derzeitigen Weltsystems, wie es sich seit dem Bruch mit dem regulierten Währungssystem fester Wechselkurse 1971/72 zu einem weitgehend deregulierten System freier Wechselkurse entwickelte, ist die Oberherrschaft dieses Währungs- und Finanzsystems in seiner jetzigen räuberischen Form an sich. Doch unter diesem Dach des heutigen weitgehend globalisierten Systems gibt es wichtige, historisch geprägte, grundsätzliche Varianten funktioneller Unterschiede in dem, was viel zu viele irregeleitete Staatsmänner und andere für scheinbar konvergierende Systeme halten, aus denen sich das Weltsystem zusammensetzt.

Wenn man versucht, das derzeitige Weltsystem oder einzelne seiner Teile anhand der Fakten von Währung und Finanzen zu erklären, treten Komplikationen auf, die darauf zurückgehen, daß diese unterschiedlichen Systeme, aus denen sich das Weltsystem zusammensetzt, sich in ihrer Entfaltung - auf unterschiedliche Weise und in unterschiedlichem Maße - gegenseitig beeinflußt haben. Diese Vermischung ist zum Teil real, in der letzten Deutung aber auch trügerisch.

So stammen beispielsweise alle europäischen Systeme neuzeitlicher Nationalstaaten, die auf dem amerikanischen Kontinent eingeschlossen, von einer gemeinsamen Wurzel ab: In der Renaissance im 15.Jh. mit der Gründung der neuen Institution der souveränen, nationalstaatlichen Republik, die sich dem Gemeinwohlprinzip verpflichtet oder dies zumindest vorgibt. In philosophischer Hinsicht hat der amerikanische Patriot keinen grundsätzlichen Streit mit dem französischen König Ludwig XI. oder dem englischen König Heinrich VII., Sir Thomas Morus oder William Shakespeare. (Mit Heinrich VIII. wird es schon komplizierter und mit Francis Bacon und Thomas Hobbes viel schlimmer.)

Der grundsätzliche Unterschied liegt zwischen dem britischen System und dem Amerikanischen System der Politischen Ökonomie, das sich im wesentlichen aus dem gemeinsamen Erbe der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung und der Verfassung der USA als wahrhaft souveräne nationalstaatliche Republik ableitet. Das Amerikanische System ist anders als die europäischen Systeme. Diese sind parlamentarische Systeme mit nur scheinbarer Unabhängigkeit und wurden so reformiert, daß sie den übergreifenden Erfordernissen der Wucherherrschaft eines Weltsystems sog. "unabhängiger" Zentralbanken (mit der Londoner City als Zentrum) entsprechen.

Aber trotz transatlantischer Unterschiede, die oft ebenso axiomatischer wie gefühlsmäßiger Natur sind, haben sich Nordamerika und Europa gegenseitig beeinflußt; jeder Teil dieses verbundenen Systems entwickelte sich so, daß er viele der inneren Eigenschaften des anderen beeinflußt hat. Man muß unbedingt erkennen, daß diese systemischen scheinbaren Ähnlichkeiten im wesentlichen in den realwirtschaftlichen Verhältnissen liegen, während die Verfassungsgrundlage des jeweiligen Währungs- und Finanzsystems anders und weitgehend gegensätzlich ist.

Der wesentliche Unterschied zwischen dem europäischen und dem amerikanischen System betrifft die Verfassung und ist prinzipieller Natur. Die anderen hauptsächlichen Unterschiede spiegeln die Tatsache wieder, daß das Wirtschaftssystem der USA auf dem Amerikanischen System der Politischen Ökonomie beruht, das von einer verfassungsmäßigen nationalen Souveränität über das eigene Währungs- und Finanzsystem ausgeht, auch wenn es derzeit durch das Federal Reserve-System verdorben ist. Die europäischen Systeme (wenn wir das sowjetische System einmal ausklammern) dagegen stammen aus einer venezianischen Tradition der Finanzoligarchie, was sich heute darin ausdrückt, daß die Regierungen der Macht angeblich unabhängiger Zentralbanken unterstellt sind, hinter denen sich im wesentlichen die räuberischen privaten Interessen der Finanzoligarchie verbergen.

Trotz derartiger traditioneller Unterschiede in der politischen Kultur übernahm beispielsweise Deutschland beim wirtschaftlichen Wiederaufbau nach dem Krieg weit wirksamer als andere europäische Nationen bestimmte Aspekte der Erfahrungen der Regierung Franklin Roosevelts - wichtige Teile des Amerikanischen Systems der Politischen Ökonomie, etwa im Beitrag der Kreditanstalt für Wiederaufbau, die heute noch existiert. Der bedeutendste Unterschied zwischen den europäischen Systemen und dem Amerikanischen System besteht darin, daß Präsident Franklin Roosevelt auf die Depression reagierte, indem er das Bankenwesen einem Konkurverfahren unterzog, womit er das amerikanische Regierungssystem rettete, während in Europa der Jahre 1920-45 die Finanzoligarchie die Regierungen einem Konkursverfahren unterzog, so daß am Ende der Faschismus herauskam.22

Es ist heute weder notwendig noch wünschenswert, daß die europäischen Staaten die furchtbaren Folgen ihrer damaligen Unterordnung unter die Zentralbanksysteme der privaten Geldinteressen noch einmal durchleben. Wenn sie jetzt diese Unterordnung verweigern, was sie tun sollten, stünden die Chancen zur Rettung dieser Nationen und der ganzen Zivilisation weitaus besser. Wenn sie es nicht verweigern, stirbt diese Tradition zusammen mit der Nation, welche die notwendigen Veränderungen im Denken nicht machen wollte.

Um den Punkt zusammenzufassen: Das politische Establishment der USA (besonders) der vergangenen 40 Jahre und die rechtsextremen Utopier sind seit dem Tode Franklin D. Roosevelts darauf ausgerichtet, sich mit dem britischen imperialen Establishment die imperiale Weltmacht zu teilen. Die heutige Erscheinungsform dieser barbarischen Absicht ist die Globalisierung.

wird fortgesetzt


Anmerkungen

17. Ich habe den Beginn der Zeit der Religionskriege häufig mit dem durch Verrat herbeigeführten Scheitern der Liga von Cambrai angesetzt, das die Religionskriege im eigentlichen Sinn einleitete. Aber das Vorbild für die fanatischen Massenmorde bis zum Westfälischen Frieden war 1492 die Ausweisung der Juden aus Spanien - mit Methoden, deren Wiederholung wir in Hitlers Vertreibung und Massenmord (insbesondere) an den deutschen Juden sehen müssen.

18. Vgl. Kardinal Nikolaus von Kues, De Pace Fidei, a.a.O.

19. A.a.O.

20. Der Agent Londons und langjährige Erzfeind Benjamin Franklins, Philippe Égalité, lieferte den Plan und die Waffen für den Sturm auf die Bastille als Wahlveranstaltung für den britischen Agenten Jacques Necker, der französischer Premierminister werden wollte. Dies war die erste größere Unternehmung mit dem Ziel, einen Bruch zwischen Frankreich und den seit dem Amerikanischen Revolutionskrieg mit ihm verbündeten Vereinigten Staaten herbeizuführen; sie richtete sich zunächst unmittelbar gegen den Marquis de Lafayette und den Wissenschaftler Sylvain Bailly. (Vgl. Pierre Beaudry, Das Scheitern der 'amerikanischen Revolution' in Frankreich, Neue Solidarität 26-28/2003).

21. Entgegen der Legendenbildung selbst angesehener US-amerikanischer Historiker, die es besser wissen sollten, sorgten die Ereignisse in Europa von 1789-1814 in der von Benjamin Franklin geschaffenen Kerngruppe der Führung der USA für eine verheerende Verwirrung. Präsident John Adams ließ sich durch einen Betrug, das Buch Beweise einer Verschwörung des britischen Spions Sir John Robison, irreleiten, während Abigail Adams, die Ehefrau des Präsidenten, durch ihr Gezeter über Präsident George Washingtons engsten Mitarbeiter Alexander Hamilton einen zersetzenden Einfluß ausübte. Jefferson entschied sich für die andere Richtung und unterstützte die französischen Revolutionäre. Präsident Washingtons Warnung in seiner Abschiedsrede vor "verstrickenden Bündnissen" mit dem Ausland war nicht als politischer Grundsatz für alle Zeiten gemeint, sondern bezog sich speziell auf die damalige Lage in Europa und die Verwirrung einst klarsichtiger Patrioten wie Jefferson, Adams und Madison. Erst das Aufkommen der Whigs um Henry Clay, Monroe und die zunehmende führende Rolle von John Quincy Adams schuf die Grundlage für die bedeutenden Leistungen der USA in nunmehr fast zwei Jahrhunderten.

22. Franklin Roosevelts Gegner aus der Finanzoligarchie in London und New York von Anfang bis Mitte der 30er Jahre waren bereit, erst mit Mussolini und dann - selbst noch im Mai 1940 - mit Hermann Görings Hitler gemeinsame Sache zu machen. Tatsächlich waren sie es, die Mussolini und Hitler an die Macht gebracht hatten. Roosevelt war für den Erfolg auf seinen erbitterten Gegner Winston Churchill angewiesen; Churchill stand für diejenigen in Großbritannien, denen Hitler eigentlich lieber gewesen wäre (als Roosevelt), die aber nicht zulassen wollten, daß Hitler das Britische Empire auffraß. Und selbst dann noch wäre der Krieg völlig anders verlaufen, hätte Hitler nicht in der Hoffnung auf eine Einigung mit seinen aristokratischen Bewunderern in England die Wehrmachtpanzer vor Dünkirchen anhalten lassen. Der ursprüngliche anglo-französische Plan war der, Hitler zunächst nach Osten losschlagen zu lassen, um dann Deutschland, sobald seine Kräfte dort gebunden wären, vom Westen anzugreifen - wie es Walter Lippmann nachträglich "fachmännisch" vorschlug. Da Stalin diese Absicht ahnte, kam es zum Hitler-Stalin-Pakt und infolgedessen dazu, daß Hitler erst im Westen losschlug.

 

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