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Aus der Neuen Solidarität Nr. 10/2008

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Die multiplen Persönlichkeiten des Herrn Amato

Der folgende Beitrag ist ein Auszug aus einem Artikel im Nachrichtenmagazin EIR vom 11. August 2000. Giuliano Amato war damals Vizepräsident des Europäischen Konvents, der die europäische Verfassung ausarbeitete, die nach ihrem Scheitern 2005 umformuliert wurde und jetzt in Form des souveränitätsfeindlichen Vertrags von Lissabon ratifiziert werden soll. Heute ist Amato als italienischer Innenminister eine der Schlüsselfiguren in Europa, die für den Lissaboner Vertrag werben.

Giuliano Amato ist einer der Technokraten in Italien, die in letzter Zeit Ministerpräsident wurden, ohne irgendeiner Wählerschaft verpflichtet zu sein. Amato wurde 1992 als „parteifeindlicher“ Politiker ins Amt geholt und stellte sicher, daß der Angriff auf die Lira, der an Bord der königlich-britischen Yacht Britannia geplant und dann vom britisch beeinflußten Megaspekulanten George Soros ausgeführt wurde, auf keinen nennenswerten Widerstand traf. (Zu diesen Ereignissen läuft immer noch eine Untersuchung der Staatsanwaltschaft Neapel, die durch ein Rechtsgutachten der italienischen LaRouche-Bewegung angeregt wurde.) Nach der Lirakrise des Sommers 1992 verfügte Amato ein rücksichtsloses Sparprogramm, wie man es in Rom seit den Tagen von Kaiser Diokletian nicht mehr gesehen hatte.

Im April 2000 wurde Amato infolge einer Machtintrige gegen Regierungschef Massimo d’Alema erneut zum Ministerpräsidenten ernannt, diesmal vom Staatspräsidenten Carlo Azeglio Ciampi (der im Sommer 1992 Amatos Kollege in der italienischen Zentralbank gewesen war). Mit Amato hatte die internationale Oligarchie wieder ihren Mann am Steuer.

Am 12. Juli [2000] enthüllte Amato in einem erstaunlich offenherzigen Interview in der Tageszeitung La Stampa seine Absichten: Seiner Ansicht nach sei es unvermeidlich, daß die Macht sich vom souveränen Nationalstaat weg verlagere, und er werde alles beseitigen, was sich dem in den Weg stellen würde. Herauskommen werde aber nicht eine supranationale europäische Institution, sondern ein Zustand der Anarchie. Amato nennt das eine „post-Hobbessche Welt“ oder „mittelalterliche“ Welt.

Wer meint, Lyndon LaRouche übertreibe, wenn er die internationale Oligarchie einer bewußten Rückkehr zum Mittelalter bezichtigt, als 90% der Bevölkerung unter quasi tierischen Bedingungen leben mußten, der sollte sehr genau lesen, was Amato, der auch Vorsitzender des Aspen-Instituts gewesen ist, zu sagen hat.

Er bekennt sich

Barbara Spinelli von La Stampa hat sich darum verdient gemacht, daß wir Amatos wahre Gedanken erfahren. Spinelli glaubt an die Utopie einer supranationalen europäischen Regierung, und so fühlte sie sich provoziert, als Amato behauptete, so etwas werde nie zustande kommen.

„Der italienische Premierminister“, schreibt sie, „deutet an, daß Projekte ehrgeizig sein können, aber um die politischen Hindernisse zu überwinden, müsse man sie verstecken, verheimlichen. In Europa muß man so tun ‚als ob’..., als blieben die Staaten souverän, um sie zu überzeugen, ihre Souveränität aufzugeben. Die Brüsseler Kommission z.B. muß so tun, als ob sie ein rein technischer Verwaltungskörper sei, um wie eine Regierung handeln zu können. Und so weiter, man muß die Dinge verbergen und ungesagt lassen. Amato... gab zu verstehen, daß das eine Taktik sei, um besser [durch die enge Tür] durchzukommen. Die enge Tür ist die Dezemberkonferenz in Nizza... Bis zu dem Tag muß man so handeln, ‚als ob’... Amato sieht in Wirklichkeit eine sich entwickelnde Welt, die sich dem im Westen noch vorherrschenden Machtgleichgewicht entzogen hat: eine Welt, die er als post-Hobbesisch, post-souverän bezeichnet, eine Welt ohne Hierarchien. Diese Spekulation schien ihn zu faszinieren und zwar so sehr, daß er ihr Gefangener wurde. Daher seine Kritik an den Föderalisten, die immer noch glauben, daß aus einem Machttransfer von den alten Souveränen auf einen übergeordneten, supranationalen Souverän die Vereinigten Staaten von Europa entstehen werden. Amato zufolge... geht die auf nationaler Ebene verlorene Souveränität nicht auf irgendein neues Subjekt über, sondern wird gesichtslosen Gebilden übertragen: der NATO, der UNO und zuletzt der Europäischen Union. Die Union gehört zur Vorhut der sich entwickelnden Welt: Sie weist auf eine Zukunft von Fürsten ohne Souveränität. In diesem Sinne verdrängt sie sogar die Vereinigten Staaten, die der alten Vorstellung vom Fürsten anhängen... Die neue ist ohne Oberhaupt, und der Staatslenker kann weder dingfest gemacht noch gewählt werden.“

„Die Wahrheit ist“, sagt Amato, „daß die souveräne Macht sich durch den Wandel auflöst. Machtbefugnisse werden auf höhere Ebenen verlagert, ohne daß diese Ebenen Souveränität erhalten, und deshalb spreche ich von sich verändernden Funktionen, nicht von sich verändernden Machtbefugnissen.“

In Wirklichkeit löst sich Souveränität genausowenig in Luft auf wie Macht. Was Amato verschweigt, ist, daß die Macht „privatisiert“, d.h. in die Hände der Oligarchie gelegt werden soll, die dann auf den „höheren Ebenen“ die Fäden zieht. In diesem Rahmen werden dann auch die Bürgerrechte privatisiert.

Amato fährt fort: „Was Gestalt annimmt - und die Europäische Union verkörpert das auf vollkommene Weise -, ist eine neue, post-Hobbesische Ordnung, eine Ordnung ohne Staat… Heutzutage ist niemand mehr souverän… wie im klassischen Staat mit Fürsten, die über außerordentliche Machtbefugnisse verfügten. Diese Machtbefugnisse sind heute völlig verstreut, jedoch ohne in einer neuen souveränen Figur lebendig zu werden, wie die Föderalisten dachten.“

Als radikaler Positivist glaubt Amato oder tut so „als ob“ er glaubt, daß der moderne Nationalstaat mit Hobbes begann. Was er wirklich meint, ist eine „post-Leibnizsche“ Welt. Auch lügt er, wenn er später hinzufügt: „So wurde Europa geschaffen.“ In Wirklichkeit wurde der ursprüngliche gemeinsame europäische Markt als Gemeinschaft von Nationen geschaffen. Erst später wurde die europäische Idee durch eine supranationale Verschwörung unterwandert. Die Methode dieser Verschwörung wird von Amato allerdings sehr treffend beschrieben: „...durch Bildung von Körperschaften der Gemeinschaft, die dort, wo sie sich mit den Staaten überlappten, den Eindruck vermittelten, als wären sie von einer höheren Macht eingesetzt. Der Europäische Gerichtshof als supranationale Körperschaft wurde auf diese Weise geboren.“ Genauso müsse die Europäische Kommission so handeln, „als ob“ sie nur eine technokratische Institution sei, gleichzeitig aber Politik durchsetzen.

Mutter England

„Offen gesagt, ich will nicht bloß ein Kontinentaleuropa ohne das immense Erbe Englands und der mit England verbundenen Skandinavier. Auch würde ich nicht gern Spanien verlieren, das der Avantgarde skeptisch gegenübersteht… England unter uns zu haben, wäre nicht schlecht. In vieler Hinsicht ist London bereits dort, wo wir gerne hinkommen würden. Es wäre nicht schlecht, wenn England mit seiner Erfahrung bei Wirtschaftsreformen im Gremium der Staaten vertreten wäre, die der Eurozone angehören… Deshalb ziehe ich es vor, behutsam vorzugehen, die Souveränität Stück für Stück herauszubrechen, ruckartige Veränderungen von nationalen zu föderalen Machtbefugnissen zu vermeiden… Ich glaube nicht an einen föderalen Souverän, denn unser globalisiertes Universum ist post-Hobbesisch.“

Amatos Bekenntnis zur Anarchie ist der Interviewerin offensichtlich zuviel, und sie fordert ihn heraus: „Die Welt, die sie beschreiben, scheint die vor Hobbes zu sein. Sie scheint vor dem Nationalstaat zu liegen.“

„Und warum sollten wir nicht in die geschichtliche Periode vor Hobbes zurückgehen?“ antwortet Amato. „Das Mittelalter hatte eine reichere Menschheit und eine Vielfalt von Identitäten, die heute ein Vorbild sein kann. Das Mittelalter ist schön: Es hatte politische Zentren, ohne sich ganz auf eines zu stützen. Es lag jenseits der Grenzen des Nationalstaats. Heute tauchen, wie damals, wieder Nomaden in unseren Gesellschaften auf. Auch heute haben wir Mächte ohne Territorium… Ohne Souveränitäten werden wir keinen Totalitarismus haben. Demokratie braucht keinen Souverän.“

Amato will die Rückkehr zum Feudalismus - das ist das eigentliche Wort für sein System. In seinem Wahn nennt er eine politische Ordnung „schön“, die sich durch Versklavung des größten Teils der Bevölkerung, das Fehlen individueller Freiheiten und eines Rechtssystems und durch kurze Lebenserwartung auszeichnete. Leider hat er Recht, wenn er sagt, daß wir uns im Vorstadium eines solchen Systems befinden. Der Schwarze Tod (in Form von AIDS) ist wieder da und bedroht schon ein Drittel der afrikanischen Bevölkerung; das ist das „Opfer“, um das internationale Finanzsystem am Leben zu erhalten. Vielleicht glaubt Amato, daß es durch die Reduzierung der Weltbevölkerung mehr Reichtum für die Oligarchie, ihre Geldmanager und ihn selbst geben wird. Das ist es, was er eine „reichere Menschheit“ nennt.

Claudio Celani

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