Produktive Kreditschöpfung 
  Neues Bretton Woods
  Glass-Steagall
  Physische Wirtschaft
  Kernenergie
  Eurasische Landbrücke
  Transrapid
  Inflation
  Terror - Cui bono?
  Südwestasienkrise
  11. September und danach
  Letzte Woche
  Aktuelle Ausgabe
  Ausgabe Nr. ...
  Heureka!
  Das Beste von Eulenspiegel
  Erziehungs-Reihe
  PC-Spiele & Gewalt 
  Diskussionsforum
  Wirtschaftsgrafiken
  Animierte Grafiken
» » » Internetforum mit Helga Zepp-LaRouche « « «
Neue Solidarität
Nr. 21, 20. Mai 2009

Keine Triage im deutschen Gesundheitswesen!

Der  Irrsinn führender Vertreter der sog. „Elite“ kennt scheinbar keine Grenzen: Statt politisch für eine andere Wirtschaftspolitik zu sorgen, den Giftmüll zu beseitigen und die Steuer- und Beitragstöpfe des Sozialsystems durch die Schaffung produktiver Arbeitsplätze wieder zu füllen, kommt allerorts eine brutale Kürzungs- und Triagepolitik (Nichtbehandlung der schwersten Fälle) auf Kosten von Menschenleben auf den Tisch - weil man das bankrotte System um jeden Preis verteidigen will.

So fordert jetzt ausgerechnet Bundesärztepräsident Hoppe, der sich früher im Kampf gegen Euthanasie und aktive Sterbehilfe einen Namen machte, jetzt, in Zeiten knapper Kassen, solle eine „Rangliste für Gesundheitsleistungen“ aufgestellt werden, bei der nur noch die allerwichtigsten und lebensbedrohlichen Krankheiten bezahlt werde sollten. Hoppe hatte gesagt, er mache einen Vorschlag, „wie man den Mangel am besten und das heißt auch klar und ehrlich verwaltet - mehr nicht“.

Richtigerweise wies er darauf hin, daß es bereits eine politisch gewollte, heimliche Rationierung und eine massive Unterfinanzierung im Gesundheitswesen gebe. Sein Vorschlag sei deshalb, „einen „Gesundheitsrat“ zu gründen, der eine Prioritätenliste erstellen und sie regelmäßig überprüfen solle. Krankheiten, die durch einen „gesunden Lebensstil vermieden werden können“, würden an die unterste Stelle gesetzt. Das riecht stark nach den Methoden der „Verhaltensökonomen“, wie sie sich in den USA um Präsident Obama scharen. Und wer entscheidet, an welcher Krankheit oder Beschwerde „man selbst schuld ist?“

Hoppes Vorstoß ist um so unverständlicher, da er sich ansonsten gegen den Gesundheitsfonds als Einheitsmedizin zu Dumpingpreisen ausspricht und die Wettbewerbsorientierung im Gesundheitswesen, den Abbau flächendeckender Versorgungsstrukturen und ökonomisch geprägte Therapievorgaben kritisiert.

Dann gibt es noch diejenigen aus dem Regierungslager, die einfach frech behaupten, es gebe gar keine „Unterfinanzierung im Gesundheitssystem“ und auch keine „heimliche Rationierung“, wie Hoppe in seiner Stellungnahme gesagt hatte. Zu diesen scheinheiligen Aposteln gehört der SPD-“Gesundheitsexperte“ Karl Lauterbach, der selbst Leistungsabbau und Standardisierung im Gesundheitssystem massiv mit vorangetrieben - und extrem wenig eigene ärztliche Praxis aufzuweisen hat. Wie immer wirft er gleich mit Zahlen um sich, um dann einen noch weiteren Abbau gesundheitlicher Kapazitäten zu propagieren! Schließlich sei „jedes dritte Krankenhausbett“ leer, es gebe „zu viele Fachärzte“ und „zu viel teure Untersuchungen, wie Röntgen- und Herzkatheteruntersuchungen“.

Das ganze ist ein Trauerspiel, das möglichst schnell beendet werden muß. Wir befinden  uns mitten im größten Finanz- und Wirtschaftskollaps aller Zeiten. Die Menschen werden schnell immer  ärmer und damit auch anfälliger für Krankheiten. Neue Pandemien wie die Schweinegrippe breiten sich aus, die WHO befürchtet, daß ein Drittel der Menschheit davon befallen werden kann, und man akzeptiert, daß gleichzeitig das Gesundheitssystem immer weiter abgebaut wird!

Schon fast kriminell in dieser Hinsicht ist auch das Beispiel von Herrn Leonhard Hansen, dem Chef der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, der am 12.5. eine Verschärfung der Praxisgebühr forderte und laut Presseberichten hinzufügte, die Deutschen hätten „ein fehlendes Empfinden dafür, daß sie Kosten verursachten“. Dann beklagt er, die Hemmschwelle, zum Arzt zu gehen, sei „immer noch niedrig“! Was rät er dann zum Beispiel in Zeiten einer Grippeepidemie??

Die Ärztevertreter sollten sehr genau bedenken, ob sie sich zum Büttel einer mörderischen Kostensparpolitik machen wollen, indem sie Vorschläge zu Triage machen und dazu, wie „der Mangel am besten verwaltet“ werden kann - oder ob sie das menschliche Leben wirklich verteidigen wollen? Dazu muß jemand wie Herr Hoppe den richtigen „Roß und Reiter“ angreifen.

Aber auch die Bürger müssen sich auf die Hinterbeine stellen und für eine andere Politik eintreten. Erst kommen die Menschen! Wir brauchen statt hyperinflationärer Finanzrettungspakete für bankrotte Banken eine Politik, die am Gemeinwohl orientiert ist. Nur in einem höheren Steuer- und Beitragsaufkommen durch die Schaffung produktiver Arbeitsplätze können die Sozialsysteme finanziert werden.

Die Wiederherstellung des früher vorbildlichen deutschen Gesundheitssystems muß höchste Priorität haben, das unselige Paradigma von Privatisierungen, Kostensenkungen, Profitoptimierungen endlich gestoppt werden! Die Patienten haben ein Recht auf medizinisch optimale Versorgung, und Ärzte sowie andere medizinische Personengruppen haben ein Recht auf vernünftige Bezahlung und Arbeitsbedingungen. Wenn es irgendwo Kürzungen im Gesundheitssystem geben muß - dann in dem aberwitzigen Bürokratieapparat, der Ärzten und Krankenschwestern in den letzten Jahrzehnten aufgezwungen wurde!

Elke Fimmen, BüSo-Bundesvorstand

Lesen Sie hierzu bitte auch:
Nur Vollbeschäftigung kann das Gesundheitssystem retten
- Neue Solidarität Nr. 21/2005
Ärzteprotest gegen "Geiz ist geil"-Mentalität
- Neue Solidarität Nr. 4/2006