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Neue Solidarität
Nr. 37, 9. September 2009

Obama mit dem Rücken zur Wand

Die Berater des Weißen Hauses denken sich allerlei verrückte Tricks und Pläne aus, wie die Gesundheitsreform vielleicht doch noch durchgesetzt werden könnte, aber nichts davon wird funktionieren.

US-Präsident Barack Obama und seine Familie reisten am 22. August in den Urlaub ab, um sich zehn Tage zu erholen, während der Volksaufstand gegen die mörderische Gesundheitsreform seine Regierung in die Enge treibt. Am Wochenende zuvor hatte Gesundheitsministerin Kathleen Sebelius eine gewaltige Kontroverse ausgelöst, als sie in einem Interview erklärte, die sog. „öffentliche Option“ sei für die Gesundheitsreform der Regierung „nicht wesentlich“. Diese „öffentliche Option“ bedeutet, daß den bisher nicht Versicherten angeboten werden soll, der staatlichen Krankenversicherung Medicare (die derzeit nur Rentner abdeckt) beizutreten.

Die Ankündigung erschien als ein großer Rückzieher der Regierung, denn bis dahin hatte Obama immer die Linie vertreten, er werde nur ein Gesetz unterschreiben, das diese öffentliche Option enthalte. Die Massenmedien berichteten in großen Schlagzeilen, die Regierung habe vor dem Widerstand der Republikaner und der Sparpolitikfraktion der Demokraten (Blue Dogs) gegen die öffentliche Option kapituliert.

Auf der anderen Seite rebellierte dann am Montag der linke Flügel der Demokraten. Die Führungen des „Progressiven Ausschusses“ und des Ausschusses der Farbigen verfaßten einen Brief an Ministerin Sebelius, in dem sie ihr vehement widersprachen. Sie kündigten an, eine „solide öffentliche Option“ sei „unverzichtbar“, und das Repräsentantenhaus werde nur ein Gesetz mit dieser Option verabschieden. Die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, äußerte sich ähnlich. Führende Gewerkschafter drohten, sich aus dem Kongreßwahlkampf 2010 herauszuhalten, sprich den Demokraten ihre Unterstützung zu entziehen, wenn der Kongreß kein Gesetz mit der öffentlichen Option verabschiede. Umgekehrt erklärte jedoch der demokratische Senator Kent Conrad aus Nord-Dakota, im Senat habe ein Gesetz mit der öffentlichen Option keine Chance.

Um die Verwirrung komplett zu machen, bestritt der Sprecher des Weißen Hauses Robert Gibbs, daß sich die Position des Präsidenten in irgendeiner Weise geändert habe. Bei den täglichen Pressekonferenzen des Weißen Hauses ging es in den nächsten Tagen ständig um diese Frage.

Man sollte sich aber bei all dem nicht täuschen. Im Grunde ist es irrelevant, ob das Gesetz die öffentliche Option enthält oder nicht. Das wesentliche an dieser „Gesundheitsreform“ ist, daß damit ein Mechanismus geschaffen werden soll, Menschen aus Kostengründen medizinische Versorgung vorzuenthalten. Viele Kongreßpolitiker möchten natürlich lieber großspurig verkünden (vielleicht auch selbst glauben), das Ziel sei, endlich allen Amerikanern eine Krankenversorgung zu bieten. Aber was nützt einem die Versicherungskarte, wenn die Leistungen brutal rationiert sind? Die Option einer oder mehrerer staatlicher Versicherungen (oder Regierungszuschüsse an private sog. HMO-Kassen, die Einkommensschwache aufnehmen) ändert nichts an der Tatsache, daß ganzen Gruppen von Versicherten medizinische Behandlungen verweigert werden sollen, um die Gesundheitskosten einzudämmen und das System „tragfähig“ zu erhalten, wie es heißt. Genau das ist auch der Inhalt der „bahnbrechenden Einigung“ Obamas mit den HMOs vom 11. Mai, wo man sich einig darin war, daß es bei der Krankenversorgung künftig um „Klasse statt Masse“, sprich Kostendämpfung gehen soll.

Obamas Koalition zerbrochen

Der Streit um die öffentliche Option signalisierte aber das Ende von Obamas „Koalition“ aus zahlreichen konkurrierenden, teilweise sogar gegensätzlichen politischen Gruppierungen, die man zusammengeschweißt hatte, um die von den Briten übernommene faschistische Gesundheitsreform durchzusetzen.

Verzweifelt versuchte das Weiße Haus, die Debatte wieder unter Kontrolle zu bringen. Für Mittwoch wurde ein großes Pensum für Obama angesetzt. Auf dem Terminplan stand bereits ein Konferenzgespräch mit führenden liberalen und progressiven Klerikern. Kurzfristig wurde dann noch ein weiteres Konferenzgespräch mit tausend Rabbinern angesetzt. Weiter wurde bekanntgegeben, Obama werde am nächsten Tag in einem Live-Interview aus dem Weißen Haus mit dem konservativen Radiomoderator Michael Smerconish für seinen Plan werben. Anschließend spreche er im Hauptquartier der Demokratischen Partei auf einem gesundheitspolitischen Forum der Gruppe „Organizing for America“ (der Nachfolger seiner Wahlkampforganisation, heute ein Projekt des Parteivorstands der Demokraten DNC). Nachdem es in den Wochen zuvor nicht gelungen war, mit „informellen Bürgerversammlungen“ die Initiative zurückzugewinnen, sah die neue Strategie statt dieser Versammlungen Reden vor, in denen er das „moralische Gebot, allen Amerikanern eine Krankenversicherung zu geben“, noch stärker in den Vordergrund rückte.

Bei dem Konferenzgespräch mit den Rabbinern am Mittwoch waren nach Aussage von Rabbi Jack Moline, einem Teilnehmer des Gesprächs, viele der jüdischen Geistlichen schockiert, als Obama erklärte: „Wir sind Gottes Partner in Fragen von Leben und Tod.“ Der Präsident berief sich dazu auf dem Rosch Haschana-Gebet, in dem es heißt, an den Feiertagen entscheide sich, „wer leben soll und wer sterben soll“. Sie fragten sich, wie er die Bedeutung dieses Gebets so mißverstehen konnte.

Offenbar waren sie nicht die einzigen, die über seine Äußerungen beunruhigt waren. Obwohl Obamas Konferenzgespräch mit führenden Kirchenvertretern seit mehr als einer Woche groß angekündigt war, trat er nur sehr kurz persönlich auf und beantwortete keine Fragen.

Einige Beobachter mutmaßten, angesichts der rapide absackenden Umfragewerte habe der Präsident die Flucht nach vorne angetreten. Aber hochrangige Insider sind überzeugt davon, daß der Geisteszustand des Präsidenten weit mehr damit zu tun hat, daß die auf Video festgehaltene Konfrontation zwischen der LaRouche-Aktivistin Rachel Brown und dem demokratischen Abgeordneten Barney Frank bei einer Bürgerversammlung in Massachusetts am Abend zuvor großes Aufsehen erregte und das erste Thema in den Nachrichten und auf Internetseiten war. (Siehe nebenstehenden Kasten.)

Daß das Weiße Haus von LaRouche wie besessen ist, ist in der Hauptstadt wohlbekannt. Das geht zwar zum Teil schon auf den Vorwahlkampf der Demokraten im letzten Jahr zurück, doch es ist auch kein Geheimnis, daß LaRouches Vergleich von Obamas Gesundheitsreform mit dem Euthanasieprogramm der Nazis den Anstoß zu der heutigen Massenbewegung gegeben hat und daß das Bild Obamas mit dem Hitlerbärtchen das bekannteste Erkennungszeichen dieser Bewegung ist. Als LaRouche am 11. April in einem Internetforum erklärte, Barack Obama leide an einem schweren Nero-Komplex, fürchteten viele führende Politiker, damit gehe LaRouche zu weit, auch wenn sie ihm inhaltlich durchaus zustimmten. Aber inzwischen sind die psychologischen und emotionalen Probleme des Präsidenten nicht mehr zu bestreiten.

Nach einer langen Diskussion mit den Senatoren Reid und Baucus am Mittwochabend begriff selbst der Präsident, der sich so gerne an seine Illusionen klammert, daß im Senat kein Konsens mit den Republikanern über einen Gesundheitsplan mehr möglich ist. Andererseits werden aber auch nicht genug Demokraten für den Plan stimmen, was vor allem LaRouches landesweiter Mobilisierung zu danken ist. Obama war dem Vernehmen nach so niedergeschlagen, daß er sich vorzeitig aus der Telefonkonferenz verabschiedete. Seine Beraterclique um Rahm Emanuel & Co. machte aber deutlich, daß sie das Gesundheitsreform-Gesetz auf jeden Fall noch im Herbst zur Abstimmung bringen wollen - mit oder ohne Unterstützung aus dem republikanischen Lager. Am nächsten Tag schwächte das Weiße Haus dann jedoch seine Haltung soweit ab, daß man weiter mit den Republikanern verhandeln konnte.

Weit hergeholte Strategien

Nach dem verheerenden Gespräch mit Reid und Baucus brachte das Weiße Haus (d.h. Obamas Berater Axelrod und Stabschef Emanuel) alternative Pläne ins Gespräch, die teilweise ans Absurde grenzen. Eine dieser Ideen, die in die Presse durchsickerten, war es, das Gesetzvorhaben in zwei Teile aufzuspalten: ein Gesetz mit den haushaltsrelevanten Passagen - für das die parlamentarischen Hürden weniger hoch sind - und ein zweites Gesetz mit den politischen Neuerungen, wie der Reform des Versicherungsmarktes. Das Argument war dabei, daß das erste Gesetz vom Senat schon mit einer einfachen Mehrheit von 51 Stimmen verabschiedet werden könne (die Demokraten haben derzeit 59 Sitze, die Republikaner 40). Für das zweite bräuchte man 60 Stimmen, um ein Filibuster (Blockade der Abstimmung durch einen Redemarathon) der Republikaner zu überwinden. Weil das unwahrscheinlich ist, würde dieses zweite Gesetz vermutlich scheitern, aber Obama könne dann immerhin noch einen Teilerfolg geltend machen.

Die andere Strategie, die erwogen wurde, war es, ein Gesetz einzubringen, das alles enthält, was das Weiße Haus wünscht, und so ein Filibuster der Republikaner zu erzwingen. Dann würde Fraktionschef Reid die demokratische Senatsfraktion darauf einschwören, das Filibuster der Republikaner abzublocken, aber gleichzeitig den Senatoren freizustellen, in der eigentlichen Abstimmung gegen das Gesetz zu stimmen - in der Hoffnung, dann trotzdem die notwendigen 51 Stimmen zusammenzubringen. Das Aus für diesen Plan kam jedoch kurz darauf am 25. August, als Senator Edward Kennedy starb, denn nun haben die Demokraten nur noch 59 Stimmen, und ein Nachfolger kann in Massachusetts erst in fünf Monaten gewählt werden.

Nüchternen Beobachtern war klar, daß beide Pläne nichts anderes sind als wilde Phantasien, die aus der Verzweiflung geboren sind. Trotzdem erklärte Obama am Donnerstag gleich zweimal, er stehe dafür ein, daß der Kongreß der Gesundheitsreform zustimmen werde, und betonte dabei mehr als jemals zuvor, er halte es für richtig, das Gesetz auch ohne Unterstützung aus dem republikanischen Lager im Senat einzubringen. Bei zwei verschiedenen Anlässen sagte Obama, die Gesundheitsreform werde Gesetz werden, auch wenn Liberale und Medien „die Hände ringen“. Er sei auch bereit, sich auf die Sonderregelung für Haushaltsbeschlüsse zu berufen, um die Gesundheitsreform mit nur 51 Stimmen statt der sonst notwendigen 60 Stimmen durchzubringen. Mit diesem Verfahrenstrick bräuchte man keine Unterstützung von Seiten der Republikaner.

Aber trotz dieser öffentlichen Auftritte wurden die Demokraten im Senat angewiesen, die Gespräche mit den Republikanern in Gang zu halten. Verhandlungen führender Mitglieder des Senats-Finanzausschusses am Donnerstagabend brachten keine Einigung, aber auch keinen totalen Stillstand. Das Konferenzgespräch zwischen den demokratischen Senatoren Max Baucus, Kent Conrad und Jeff Bingaman und ihren republikanischen Kollegen Chuck Grassley, Mike Enzi und Olympia Snowe dauerte etwa 90 Minuten, wobei dem Vernehmen nach Kostensenkung und Versorgung zu erschwinglichen Beiträgen im Mittelpunkt standen. Die Senatoren wiesen ihre Mitarbeiter an, „die Ideen zu verfeinern, um diese Ziele zu erreichen“. Die kurz vor Mitternacht verbreitete Mitteilung des Finanzausschusses enthielt keine weiteren Einzelheiten zum Inhalt der Gespräche, doch Baucus erklärte, die Unterhändler hätten versprochen, einen überparteilichen Entwurf zustande zu bringen.

Später berichtete die Washington Post: „Die Unterhändler des Senats in der Gesundheitsreform kamen am späten Donnerstagabend überein, die immer lautere Rhetorik führender Republikaner und Demokraten zu ignorieren und weiter auf ein Gesetz hinzuarbeiten, das breite Unterstützung an der Basis der beiden Parteien gewinnen kann, heißt es aus Kreisen im Umfeld der Verhandlungen.“ Die Zeitung meldete weiter: „In einem Konferenzgespräch einigten sich die drei demokratischen und drei republikanischen Mitglieder des Finanzausschusses darauf, ihre Bemühungen um eine weniger kostspielige Alternative zu den bisher dem Kongreß vorgelegten Billionen-Dollar-Initiativen zu intensivieren. Sie sprachen auch über die Möglichkeit, den Umfang des Programms zu begrenzen. Die Senatoren lehnten es ab, sich für ihre Verhandlungen eine Frist zu setzen, und vereinbarten, am 4. September wieder miteinander zu sprechen - vier Tage, bevor die Abgeordneten wieder aus der August-Pause nach Washington zurückkehren. Der Konsens war, so einer der Teilnehmer, ,sich Zeit zu lassen, um nichts falsch zu machen’.“

„Ein bißchen Sendepause“

Am Freitag wurde dann der frühere Senatssprecher Tom Daschle herangeholt, der eigentlich die Gesundheitsreform durch den Kongreß steuern sollte (Daschle sollte Obamas Gesundheitsminister werden, mußte aber wegen eines Finanzskandals aufgeben), um den Präsidenten an die Kandare nehmen. Wie berichtet wird, riet Daschle Obama, „in Urlaub zu gehen und sich und seine Leute aus den Schlagzeilen herauszuhalten“, um die Debatte abzukühlen und den Unterhändlern im Senat mehr Zeit zu geben, einen für beide Seiten annehmbaren Kompromiß auszuhandeln. „Ein bißchen Sendepause schadet nicht“, wie ein Berater sagte.

Das scheint die vernünftigste Strategie zu sein, die bisher vorgeschlagen wurde, aber auch sie wird nicht aufgehen. Es werden weiter zahllose verärgerte und mißtrauische Amerikaner die Versammlungen ihrer Kongreßabgeordneten aufsuchen, bis der Kongreß nach dem Tag der Arbeit (7. September) wieder in Washington zusammentritt - egal was das Weiße Haus dazu sagt oder nicht.

Außerdem wird auch die Verschärfung der Finanzkrise zum bevorstehenden Ende des Haushaltsjahres die Pläne der Beteiligten umwerfen. Allein am 21. August - während Notenbankchef Ben Bernanke seinen Hörern in Jackson Hole/Wyoming vorlog, die Wirtschaft sei dabei, sich zu stabilisieren - mußten weitere vier US-Banken schließen. In der Zeit bis zum Tag der Arbeit wird es mit Sicherheit mehr solche Fälle geben, und Obama kann sich dann nicht nur verstecken. Die Krise wird ihn zwingen, zu reagieren. Die Dynamik des Massenstreiks in Amerika, von der Lyndon LaRouche spricht, hat sich sicherlich noch gar nicht voll entfaltet.

Die Idee, daß der Präsident zwei Wochen auf Tauchstation geht, damit sich die Aufregung legt, und er danach in Washington weitermachen  kann, als sei nichts geschehen, wird sich am Ende als genauso verrückte Phantasie erweisen wie die Pläne von Axelrod und Emanuel im Senat. Die Realität ist, daß die Krise sich intensivieren wird, daß das Vertrauen in diese Regierung weiter einbrechen wird, und daß der erste Punkt auf der Tagesordnung, wenn der Kongreß am 8. September wieder zusammentritt, sein wird, was Lyndon LaRouche in seinem Internetforum zu sagen hat.

Deborah Freeman

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