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Neue Solidarität
Nr. 40, 30. September 2009

Wie ein politischer Aktivist Wissenschaftler neu begeistert

Jason Ross von der LaRouche-Jugendbewegung (LYM) nahm im August in Prag an der 400-Jahrfeier von Johannes Keplers Neuer Astronomie teil. Er berichtete jetzt in der LaRouche-Show, wie es gelang, die wirkliche Bedeutung Keplers gegenüber dem britisch dominierten Wissenschaftsrelativismus herauszustellen.

Jason Ross, Mitglied der LaRouche-Jugendbewegung (LYM) und der Internetredaktion des LaRouche-Aktionskomitees LPAC, war am 12. September Gast der LaRouche-Show, die jeden Samstag in englischer Sprache als Radiosendung im Internet ausgestrahlt wird (www.larouchepub.com/radio). Moderator war Lyndon LaRouches Sprecher für den Westen der USA, Harley Schlanger.

Schlanger: Hier bei mir ist jetzt Jason Ross, der zu dem ersten „Basement“-Forschungsteam der LYM gehörte, das sich ausführlich mit dem Werk von Johannes Kepler befaßt und umfangreiches Material auf die Internetseite http://wlym.com/~animations gestellt hat. Jason wurde kürzlich zu einer internationalen Konferenz in Prag eingeladen, mit der an eines der großen Werke Keplers, die Astronomia Nova erinnert werden sollte, die vor genau 400 Jahren erschienen ist. Jason, willkommen in der LaRouche-Show!

Bitte berichte uns etwas über diese Konferenz, was dort vor sich ging und was du dort selbst vorgetragen hast.

Ross: Es war, wie du schon sagtest, eine Konferenz, um an den 400. Jahrestag des ersten wirklich großen Werkes von Kepler zu erinnern. Das Thema der Konferenz lautete „Keplers Erbe im Zeitalter der Raumfahrt“. Es waren Leute aus 12 verschiedenen Ländern gekommen; es gab etwa zwei Dutzend Vorträge, 60 registrierte Teilnehmer. Die meisten Vorträge erinnerten an verschiedene Aspekte von Keplers Leben, auch an seine Beziehung zu Galileo, der als ziemlicher Dummkopf hingestellt wurde, oder an seine Beziehung zu Tycho Brahe. Vier Vorträge beschäftigten sich mit der Neuen Astronomie, darunter auch meiner.

Schlanger: Die Redner haben tatsächlich Keplers Vorrang gegenüber Galileo herausgestellt? Denn die heutige Wissenschaft zieht ja eindeutig Galileo Kepler vor.

Ross: Ja, wirklich. Einer der Teilnehmer ist Leiter der Kepler-Arbeitsgruppe der Internationalen Astronomischen Union, und er war ziemlich irritiert darüber, daß man im Jahr 2009, dem Jahr der Astronomie, Galileo gefeiert hat, obwohl dieser 1609 praktisch nichts geleistet hat, außer daß er per Post ein Fernrohr erhielt, während Kepler die Bewegungen der Planeten entdeckte.

Schlanger: Du meinst also, daß einige dieser Leute tatsächlich etwas von Wissenschaft verstehen?

Ross: Einige von ihnen hatten jedenfalls einen gewissen Respekt für Kepler, auch wenn ich feststellen mußte, daß sie Keplers Bücher nicht sehr gründlich gelesen haben. Ein Teilnehmer dort schien mir ganz interessiert zu sein. Ich fragte ihn, ob er die Neue Astronomie durchgearbeitet habe. Und er sagte: „Oh nein, ich bin Astronom!“ Er sei kein Historiker, warum solle er sich damit befassen? Was könne man von einem Genie der Vergangenheit für die Probleme von heute lernen?

Schlanger: Was ist denn in der Neuen Astronomie so wertvoll, das man es 400 Jahre nach seinem Erscheinen feiern sollte?

Ross: Sie war ein Frontalangriff auf Aristoteles und Euklid, und das ist es immer wert, es zu feiern. Das ist heute wohlbekannt. Man kann sogar bei Wikipedia nachsehen - wenn man sich nicht dafür schämt. Selbst dort findet man, daß Kepler in der Neuen Astronomie seine ersten beiden Gesetze vorgestellt hat: daß die Planeten sich in Ellipsen um die Sonne bewegen, und daß sie in ihren Bewegungen in der gleichen Zeit gleiche Flächen abdecken.

Zu diesen Ergebnissen kam Kepler in der Neuen Astronomie aufgrund einer Hypothese, die er schon Jahre zuvor entwickelt hatte. Um die Realität zu verstehen, müsse man nämlich die Physik und nicht so sehr die Geometrie und Mathematik betrachten, und man brauche eine kreative Idee, um die Ursachen der Dinge zu erforschen. Anders als Kopernikus, der zwar die Sonne in das Zentrum stellte, weil sich die Planeten um sie bewegten, betrachtete Kepler die Sonne als die Ursache der Planetenbewegung. Das erlaubte es ihm, über die Grenzen der Mathematik hinauszugehen und den Bereich der Physik zu betreten.

Schlanger: In der Neuen Astronomie führt Kepler uns durch die Entstehung seiner Hypothese.

Ross: Ja, in dieser Hinsicht ist sie ein ganz wunderbares Werk. Sie ist der Beginn der modernen Wissenschaft. Was er entdeckte, war unglaublich mächtig. Es war der Beginn der Wissenschaft, und er war so freundlich, seinen Denkprozeß aufzuschreiben - in einer Weise, die den Leser mobilisiert. Eigentlich hätte er sich auf die „richtige Antwort“ beschränken können; Kepler hätte einfach seine Tabellen aufschreiben können, wo sich die Planeten befinden werden, und jeder hätte gesagt: „Wow, der Mann ist ein Genie! Er hat eine absolut vollkommene Tabelle gefunden.“ Aber er beschreibt, wie er dahin gekommen ist, was die Probleme waren, auf die er auf dem Weg dorthin gestoßen ist.

Ganz wichtig ist, daß Kepler in der gleichen Weise wie Sokrates in Platons Dialogen vorgeht. Fast niemals sagt Sokrates zu jemandem: „Nein, du irrst. Du bist ein Schwachkopf. So mußt du das sehen.“ Statt dessen läßt er sie mit sich selbst streiten, indem er ihre Gedanken immer weiter zieht und dadurch Widersprüche aufdeckt, die seine Gesprächspartner wirklich zum Denken zwingen.

Kepler tut dasselbe: Er greift zwei Annahmen heraus, von denen alle ausgehen, nämlich daß die Planeten sich in Kreisen bewegen und daß es einen imaginären Punkt gibt, um den sich die Planeten immer bewegen, fast so, als gäbe es irgendwo da draußen einen Leuchtturm, und der Planet muß sich immer auf dem rotierenden Strahl befinden, der von diesem Leuchtturm ausgeht. Diese beiden Annahmen trieb Kepler in einer der bis dahin wohl besten Untersuchung so weit, wie er konnte, doch immer blieb ein unvermeidlicher Fehler übrig, was bedeutete, daß die Annahmen falsch waren. Deshalb muß man im Denken offen bleiben, d.h. über die reine Geometrie hinausblicken und sich mit Physik beschäftigen, d.h. die Ursachen klären.

Schlanger: Was hast du in deinem Konferenzvortrag präsentiert?

Ross: Bevor ich losfuhr, hatte ich eigentlich vor, unsere Internetseite über die Neue Astronomie vorzustellen, die wir auf http://wlym.com/~animations/newastronomy.html eingerichtet haben. Als ich ankam, wollte ich mich mehr darauf konzentrieren, wie wir mit Hilfe der Animationen etwas erreicht haben, was bisher niemand getan hatte, nämlich einem Massenpublikum beizubringen, wie Kepler seine Entdeckungen gemacht hat.

Die Neue Astronomie ist ein Buch, das nur von wenigen Experten oder Astronomen hier und da gelesen wird, aber es war niemals Bestandteil der allgemeinen Bildung, was es aber sein sollte. Und in der LaRouche-Jugendbewegung ist es das.

Ich hatte also geplant, kurz unsere Internetseite zu beschreiben und mich dann auf LaRouches erfolgreiche Wirtschaftsmethode zu konzentrieren. Ich wollte einige Stellen aus LaRouches Papier vortragen, in dem er uns die Mission auftrug, uns Keplers Neue Astronomie wirklich zu erarbeiten. Und da das Thema der Konferenz lautete, „Keplers Erbe im Zeitalter der Raumfahrt“, wollte ich meinen Vortrag damit beschließen, die Kolonisierung des Weltraums zu beschreiben. Das wäre eine gute Art gewesen, den Geburtstag von Keplers Werk zu feiern, wenn man selbst heute zum Mars fliegen könnte, um dort Beobachtungen anzustellen, die Kepler nicht machen konnte.

Konflikt mit britischen Axiomen

Schlanger: Was veranlaßte dich, deine Pläne zu ändern?

Ross: Mehrere Dinge. Eines war, daß ich eine sehr von sich überzeugte Mathematikerin aus Großbritannien traf. Sie gilt allerdings als eine der großen Experten für die Neue Astronomie auf der Welt. Sie hielt einen Vortrag, an dem die Schwierigkeit deutlich wurde, sowohl Brite als auch Mathematiker zu sein. Wie in einem Refrain betonte sie immer wieder, daß Kepler niemals über Ursachen gesprochen, daß er keine Physik verwendet und daß er auf rein mathematischem Wege die Ellipse gefunden habe. Das ist völliger ... - ich meine, wenn Kepler da gewesen wäre, hätte er sie wahrscheinlich gepackt; jedenfalls wäre er da ganz anderer Meinung gewesen. Aber sie drangsalierte sozusagen alle Konferenzteilnehmer mit dieser Position, die sie sehr nachdrücklich auch in ihren Fragen an andere Teilnehmer während der Diskussion usw. vertrat.

Ich beschloß daher, daß es wahrscheinlich sinnvoller wäre, den Teilnehmern die Neue Astronomie selbst zu erläutern, da mir klar wurde, daß sie wirklich nicht viel über das Buch wußten. Ich ging also das durch, was ich eben beschrieben habe, d.h. die Unmöglichkeit, daß die Bahnen der Planeten kreisförmig oder ihre Bewegungen gleichförmig sind. Anhand der Animationen auf der Internetseite gab ich eine kurze Zusammenfassung davon, wie Kepler wirklich auf die elliptische Bewegung gekommen war. Außerdem zeigte ich einige Bilder von unseren Jugend-Konferenzen.

Alle waren ziemlich erstaunt, ein Photo von einer unserer Jugendkonferenzen in Kalifornien zu sehen, wo etwa 100 junge Leute dieses Buch studierten. Wahrscheinlich haben sie sich bisher vorgestellt, daß nur Leute mit drei Doktortiteln das Buch lesen könnten.

Schlanger: Aber noch einmal zurück zu dieser britischen Mathematikerin: Sie bestritt also im wesentlichen die Methode, die Kepler in dem Buch, das auf dieser Konferenz gewürdigt wurde, verwendete.

Ross: Ja. Ich dachte, sie war wirklich unverfroren, nach Prag zu kommen, um Kepler das anzutun, und ich wollte nicht, daß sie damit unwidersprochen davonkommt.

Schlanger: Du hattest also einige Debatten mit ihr?

Ross: Das kann man wohl sagen. Alles war aber weitgehend zivilisiert, denn ich beschrieb in meinem Vortrag, was Kepler wirklich getan hat. Ich wußte natürlich, daß sie das ärgern würde, und das tat es auch.

Nachdem ich mit meinem Vortrag fertig war, wurden einige Fragen über Details der Neuen Astronomie und über LaRouche und seine Bewegung und über das Raumfahrtprogramm gestellt. Sie aber kam mit einer unglaublich speziellen mathematischen Frage, die schwer zu beschreiben ist; man muß dort gewesen sein, um ihre Stimme zu hören usw. Sie schrie mich aus dem Publikum geradezu an, ob ich bereit sei, öffentlich zuzugeben, daß ich mich irre, wenn sie es mir mit einigen Gleichungen beweisen würde. Es war eine Situation, vor der man hätte Angst haben können, wenn sie nicht so absurd lustig gewesen wäre. Viele Leute dankten mir hinterher und sagten: „Ich bin froh, daß Sie dieser Frau Paroli geboten haben. Ich war von ihren Fragen völlig eingeschüchtert.“

Das Basement-Team

Schlanger: Für unsere Hörer ist es ganz wichtig, zu verstehen, daß dies hier keine esoterische Debatte ist; sie führt geradewegs zum Kern der axiomatisch-revolutionären Methode, die Lyndon LaRouche in die Wirtschaftswissenschaft eingeführt hat, nämlich daß man in Fragen der Wissenschaft oder der Wirtschaft niemals von Sinnesgewißheit und niemals von Mathematik als solcher ausgehen darf. In Prag wurde also nicht bloß eine Debatte über einen 400 Jahre alten Text geführt.

Deswegen scheint es mir wichtig, wenn du unseren Hörern eine Vorstellung von der Vorgeschichte der LYM und des Basement-Teams gibst, wodurch du ein gewisses Maß an Fachwissen bekamst, um an dieser Konferenz teilzunehmen. Erzähle bitte ein bißchen über die Kepler-Arbeit, die ihr damals in den Anfängen der Jugendbewegung gemacht habt.

Ross: Das und sogar noch mehr, denn wie Kepler ist auch LaRouche so freundlich, nicht nur korrekte Aussagen zu machen, sondern auch Aufsätze zu schreiben und den Menschen mitzuteilen, wie er denkt, so daß wir seine Denkmethode nachvollziehen können. Er betont nachdrücklich, daß man kein kompetenter Ökonom sein kann, wenn man nicht die Wissenschaft und die klassische Kultur versteht. Denn menschliche Kreativität sieht man in der Kultur und nicht in der Mathematik, und in der Wissenschaft liegt der Schlüssel zur wirtschaftlichen Entwicklung der Menschen. Über die Generationen machen wir keine Fortschritte, weil wir bessere Aktienmärkte entwickelt hätten, sondern weil wir Durchbrüche in der Medizin, in der Energieerzeugung, der Kernkraft, der Raumfahrt usw. machen.

Das Team, in dem ich vor etwa drei Jahren mitarbeitete, war von Lyndon LaRouche in Virginia zusammengezogen worden und stand mit ihm in engem Kontakt. Wir dachten uns, ein Programm für das Verkehrssystem der Vereinigten Staaten zu erarbeiten, doch er überraschte uns, indem er sagte: „Nein, nein, nein. Unsere Aufgabe ist, den Menschen durch ökonomische Animationen deutlich zu machen, wie Kepler seine Entdeckungen gemacht hat. Wir werden also mit der Neuen Astronomie anfangen. Geht an die Arbeit: Zeigt, wie ein kreativer Geist arbeitet!“

Diesem ersten Projekt folgte eine andere Gruppe, die Keplers Weltharmonik durcharbeitete, worin er sein universelles Prinzip der Gravitation darstellt. Anschließend arbeiteten wir auch über Gauß, Riemann und andere. Man sieht jetzt die Ergebnisse, wie sie in dem Interview letzte Woche und dem Video über den Mars und die Weltraumkolonisierung dargestellt wurden [http://larouchepac.com/lpactv?nid=11573].

Eine politische Frage

Schlanger: Da das Thema der Konferenz „Keplers Erbe im Zeitalter der Raumfahrt“ lautete, ist wichtig anzumerken, daß heute in zehn oder zwölf Nationen große, ehrgeizige Programme zur Erforschung des Weltraums betrieben werden. In den Vereinigten Staaten ist es unter dem Einfluß von Bush und Cheney und jetzt Obama leider zu massiven Einsparungen bei der NASA gekommen, womit sich der Kongreß in den kommenden Wochen befassen wird. Meine Frage: Gefiel den Teilnehmern der Prager Konferenz die Idee, daß Kepler im Mittelpunkt des politischen Kampfes steht, den die LaRouche-Bewegung weltweit führt?

Ross: [lacht] Ich glaube, die Leute wußten nicht, was sie davon halten sollten. Alle außer mir arbeiteten an irgendwelchen Universitäten. Ich begann mit der Feststellung: „Ich arbeite für eine politische Bewegung. Ich bin kein hauptamtlicher Astronom oder Mathematiker, ich bin ein politischer Aktivist.“ Allerdings war ich auch der einzige, der ganz direkt über Keplers Erbe im Zeitalter der Raumfahrt sprach!

Die Leute waren begeistert - auch über die Internetseite, wo sie eine Anleitung zum Studium des Buches bekamen - denn das Buch kann einen ziemlich einschüchtern...

Schlanger: Die Leute saßen also wirklich um deinen Computer, und du hast ihnen gezeigt, wie die Internetseite aussieht und was sie dort finden können?

Ross: Ja. Während des Vortrags hatten wir einen Projektor, ich konnte also während meines Vortrags auf die Internetseite zugreifen. Außerdem verteilte ich in Prag rund 100 Exemplare des LPAC-Videos The Harvard Yard, worin die Arbeit der LaRouche-Jugendbewegung über Kepler, über die Neue Astronomie und die Weltharmonik sowie über einen Angriff auf unsere Arbeit auf einer konkurrierenden Internetseite beschrieben wird. Die Leute haben sich nach meinem Vortrag mit diesen Videos eingedeckt.

Schlanger: Und wie ging das mit dir und deiner neuen britischen „Freundin“ weiter?

Ross: Es war ja zu der erwähnten Konfrontation gekommen. Am letzten Abend der Konferenz gab es ein Essen auf einem Restaurantschiff, an dem ich eigentlich gar nicht teilnehmen wollte. Schließlich ging ich doch hin, und wir beide sind die Gleichungen durchgegangen. Ich beschrieb meine Berechnungen - nicht allzu detailliert, aber sie entgegnete, Kepler habe die Ellipse nicht deshalb entdeckt, weil sie besser paßte als eine andere Umlaufbahn, sondern weil er es mathematisch für die schönere Lösung hielt. Aber Kepler schreibt in seinem Buch, daß eine solche Umlaufbahn die Zeit tatsächlich an die richtige Stelle stellt. Und ich sagte: „Wissen Sie, genau hier steht es, daß Kepler die Berechnung gemacht hat. Ich habe das gerade heute nachmittag durchgerechnet, und ich kam zu dem gleichen Ergebnis.“ Sie antwortete: „Dann haben Sie offensichtlich etwas falsch gemacht!“ Das war wirklich lustig.

Sie fragte mich, ob ich je von einem gewissen Professor Whiteside gehört hätte, was ich verneinte. Und sie sagte: „Oh, die Leute verbeugen sich, wenn sie seinen Namen hören!“

Schlanger: Wir wissen ja, daß man im Britischen Empire eine Menge Verbeugungen macht.

Ross: Das wird wohl auch so weitergehen. Jedenfalls hatten wir unser Duell, wir gingen die Sache durch. Sie meinte, das mache keinen Sinn. In gewissem Sinne hatte sie recht, aber das hatte mit Kepler gar nichts zu tun. Es ist oft so, wenn man mit Mathematikern zu tun hat, daß sie vielleicht an irgendeinem winzigen Punkt recht haben, wo sie vielleicht an etwas gedacht haben, was Kepler nicht bedacht hat. Aber wenn sie in seine Fußstapfen treten müßten, würden sie niemals etwas entdecken. Man kann keine Entdeckungen mit der Mathematik machen, man findet keine Kreativität in der Mathematik. Damit tut sich ein gähnendes Loch auf, denn sie hatte die Kausalität übersehen. Keplers Buch enthält bereits im Titel das Wort Ursache [Die Neue Astronomie, aufbauend auf den Ursachen oder der Himmelsphysik, behandelt mit Hilfe von Kommentaren über die Bewegungen des Sterns Mars aus den Beobachtungen von Tycho Brahe, Gent.] Doch sie meint, er habe sich nicht mit Ursachen beschäftigt!

Wir hatten also unser Duell, und hinterher fragten die Leute, wer gewonnen habe.

Schlanger: Ich nehme an, du wirst einigen Leuten, die du dort kennengelernt hast, den neuen Aufsatz von Lyndon LaRouche über „Die Wissenschaft der Ökonomie“ schicken [EIR vom 18. 9. 2009, deutsche Übersetzung wird vorbereitet], damit sie dort weitermachen können, wo du mit deinem Vortrag aufgehört hast?

Ross: Ja, denn neben den unmittelbar astronomischen Diskussionen sagten viele Leute: „Über Kepler können wir später reden. Sag mir was über eure politische Bewegung. Was tut ihr?“ Das Interesse war also groß, denn unsere Bewegung ist ja auch ein ziemliches Phänomen; es ist völlig einzigartig auf der Welt, daß eine politische Bewegung weiß, was zu tun ist, nämlich eine politische Führung durch Beschäftigung mit Wissenschaft und klassischer Komposition zu entwickeln.

Es hat viel Spaß gemacht. Ich habe das Raumfahrt-Video an alle Teilnehmer der Konferenz geschickt, und ich habe schon einige Antworten erhalten. Alle haben sich gefreut, es sich anzusehen.

Schlanger: Hast du ihn auch an deine britische Freundin geschickt?

Ross: Natürlich! - Am zweiten Tag der Konferenz übrigens wurde das Kepler-Museum in Prag feierlich eröffnet. Es ist tatsächlich das ursprüngliche Haus, in dem er lebte und wo er die Neue Astronomie fertiggestellt hat. Und es tat mit nur weh, zu sehen, daß sie dort einige Animationen von keplerdiscovery.com verwendet haben - der Internetseite, die alles von unserer Internetseite abgekupfert hat und dabei so schlechte Arbeit machte, daß sie praktisch alles, was sie von uns stahlen, durcheinander gebracht haben.

Das Kepler-Museum in Prag verwendet also diese furchtbaren Animationen, die einfach falsch sind. Das war eines der Dinge, bei denen meine britische Mathematiker-Freundin und ich einmal einer Meinung waren. Sie sagte: „Sie haben recht, das hier ist Unsinn!“ Ich habe deshalb dem Direktor des Museums per E-Mail die richtigen Animationen geschickt, und er hat versprochen, daß er sie austauschen wird. Die ganze Konfusion tat ihm leid.

Schlanger: Das ist gut! Genau auf dieser Ebene müssen wir weltweit Krieg führen, denn die Frage der Wahrheit muß wieder in den Mittelpunkt der Wissenschaft und des Regierens gestellt werden. Kommen wir in dieser Frage auf Sokrates zurück: Es geht darum, die Wahrheit, nicht die Zustimmung der Mächtigen zu suchen. In der Wissenschaft herrschen heute überall genau solche Ideen vor, wie sie Kepler bekämpfte: die aristotelisch-euklidische Herangehensweise an die physikalische Raumzeit. Diese Leute sagen, die Arbeiten von Kepler und später von Leibniz, Gauß, Riemann, Einstein und Wernadskij seien ja alle sehr interessant, aber „wir müssen unseren Berufsstand in Ordnung halten“.

Ross: Ja! Man sieht hieran sehr gut, wie Autorität benutzt wird: Man wird eine angebliche Autorität, nicht indem man recht hat, sondern indem man so unglaublich fies zu den anderen ist, daß sie es aufgeben, sich dagegen zu wehren. Und das ungefähr war es, was ich bei dieser Frau bemerkte.

Um nicht zuviel Gewicht auf sie als Person zu legen, sei gesagt, daß es sich genauso mit der britischen Außenpolitik verhält: Sie fallen dir in den Rücken, sie wissen, daß du sie gesehen hast, aber sie sagen: „Nein, wir waren das nicht!“

Schlanger: Sie sagen dann: „Du bist paranoid!“

Ross: Ja, richtig. Es ist lächerlich.

Schlanger: Die nächste Frage, die ich an dich habe, ist meiner Meinung nach wichtig: Was war die Reaktion der Konferenzteilnehmer auf LaRouches Methode als Ansatz in der Wissenschaft?

Ross: Die meisten Leute haben sich offenbar daran gewöhnt, anzunehmen, daß es nicht möglich sei, Wissenschaft zu durchdenken und wirklich von innen zu verstehen. Ich denke daher, daß es für sie wirklich inspirierend war - für sie schien es wahrscheinlich fast so, als sei das mein Hobby. Ich bin kein Professor oder irgend so etwas. Aber ich denke, es hat sie begeistert, zu sehen, daß wir bei der LYM konzertiert daran arbeiten, ins Innere der Wissenschaft vorzudringen, und das in großer Zahl.

Ich habe sie aufgefordert, sich dafür einzusetzen, eine Marsmission in Gang zu setzen und die Neue Astronomie an allen höheren Schulen der Welt auf den Lehrplan zu setzen. Aus den Blicken dieser professionellen Astronomen, die das Buch nicht einmal gelesen hatten, schließe ich, daß sie das für eine ziemlich große Herausforderung hielten. Aber ich denke, daß die Möglichkeit dafür besteht, und die Leute waren sehr angetan davon, ganz anders an die Sache heranzugehen - besonders an eine Marsmission.

Schlanger: Nach deinen Erfahrungen mit der Arbeit an der Neuen Astronomie braucht man auch gar kein Mathematiker zu sein, um zu verstehen, wovon Kepler redet.

Ross: Nein, überhaupt nicht. Ich meine, das ließe sich schon jetzt an den höheren Schulen umsetzen. Da ist keine Differentialrechnung darin - er hat das Werk geschrieben, bevor all das, womit man die Mathematiker heute foltert, überhaupt existierte! Das Buch wurde 1609 gedruckt, da gab es noch nicht viel Mathematik. Es gab vor allem Geometrie; die wirklichen Entwicklungen in der Mathematik als eine Art Sprache - etwa Leibniz’ Entwicklung der Differential- und Infinitesimalrechnung - wurden erst durch Keplers Anstöße in Gang gesetzt. Ihm stellte sich ein physikalisches Problem, das mit der damaligen Mathematik nicht gelöst werden konnte, und er forderte eine Weiterentwicklung dieser Art Fachsprache. Und das ist ein legitimer Gebrauch der Mathematik. Von heute betrachtet ist das so, als wenn Grammatiker über Worte reden, ohne die wirklichen Dinge in der Welt zu benennen.

Schlanger: LaRouche sagte gestern in einer Diskussion mit einigen seiner Mitarbeitern, daß Leute, die eine definitive Antwort haben wollen, glauben, daß die Mathematik sie ihnen geben könne. Sie haben Angst, zuzugeben, daß immer noch weitere Fragen gestellt werden müssen, bevor man eine endgültige Antwort erhält.

Ross: Richtig. Und jede Antwort auf etwas Neues kann mit den bestehenden Begriffen gar nicht ausgedrückt werden. Deshalb betont LaRouche immer wieder Percy Shelley und seine Verteidigung der Poesie; es sind die Poeten, die neue Richtungen des Denkens ermöglichen - sie sind die Gesetzgeber der Menschheit. Nur das bringt uns voran, und man sieht das in der Sprache der Mathematik, in der sich die Lösung für etwas Neues nicht in den alten Worten ausdrücken läßt! Wenn etwas neu ist, dann ist es etwas Neues. Die ganze Tradition von Bertrand Russell in der Mathematik hat die Kreativität abgetötet. Ich meine, man kann sich nicht intensiv mit Mathematik befassen und dann auch noch kreativ sein.

Schlanger: Die Sterblichkeitsrate der Mathematiker, d.h. der Punkt, an dem ihre Kreativität endet und die Psychose beginnt, liegt irgendwo zwischen 25 und 30 Jahren, bald nach ihrem Universitätsabschluß.

Ross: Ja! LaRouche sagt in seinem Papier über „Die heidnische Verehrung des Isaac Newton“, daß die fundamentale Emotion aller Mathematiker die Wut ist. Das habe ich bei dieser Konferenz definitiv gemerkt!

Schlanger: Die wichtige Konferenz, an der du teilgenommen hast, verweist auf etwas, worüber wir in den letzten Monaten in der LaRouche-Show oft gesprochen haben, nämlich: In dieser verheerenden Krise unserer Zivilisation fangen die Leute an, zu erkennen, daß die alten Ideen nicht mehr funktionieren und man die Axiome revolutionieren muß. Das wahrscheinlich Wichtigste, was man von dieser Konferenz mitnehmen kann, ist, daß die besten der alten Ideen immer noch funktionieren, aber das bezieht sich auf die Prinzipien dahinter und nicht auf die Einzelheiten, und darin liegt die Herausforderung für die heutige Wissenschaft.

Ross: Absolut. Deswegen wollen wir uns in den nächsten Videos über die Raumfahrt, die das Basement produzieren wird, mehr auf die Frage der Kreativität als solche konzentrieren.

Schlanger: Woran wird im Moment gearbeitet?

Ross: Wir bringen im Schnitt jede Woche etwas Neues heraus, entweder eine Diskussion oder einen neuen Film. Bleiben Sie also am Ball, wir werden regelmäßig neue Sachen hochladen. Ich weiß, daß die Gruppe, die sich mit der Frage beschäftigt hat, wie Gauß die Bahn des Ceres entdeckte, einen Film zusammenstellt, der auf einigen weiterführenden Gedanken über die Rolle des physikalischen Tensors und über das relativistische Fliegen beruht. Ich bin daran nicht direkt beteiligt, aber es sieht so aus, als wenn das wieder sehr spannend sein wird.

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