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Neue Solidarität
Nr. 12, 24. März 2010

Der Unterschied zwischen einer Republik und einer Demokratie

Von Lyndon LaRouche - Vierter und letzter Teil

Der folgende Aufsatz richtet sich zunächst an die Bevölkerung der USA, ist aber von grundsätzlicher Bedeutung für alle Nationen. Die Schrift erschien im englischen Original am 23. Januar 2010; wir veröffentlichen sie in mehreren Teilen.

III. Das Genie Chinas und Indiens

Leichtfertigen Meinungen zufolge sind Nationen wie das nachsowjetische Rußland, China und Indien von Natur aus ewige Nachzügler im Vergleich zu dem Entwicklungsstand, dessen sich maßgebliche Volkswirtschaften der transatlantischen Welt vermeintlich oder tatsächlich einmal erfreut haben. Im Augenblick scheint aber eher der gegenteilige Trend zuzutreffen.

Zugegebenermaßen sind die Lebensumstände von 70 bis 80 Prozent der Bevölkerung in Indien und China sowie einem Rußland, das noch immer unter den Folgen der Ausplünderung in der Zeit unter Gorbatschow und Jelzin leidet, nicht die besten. Dennoch stehen diese drei eurasischen bzw. asiatischen Nationen gegenwärtig hinsichtlich der Aussichten auf sichtbaren zukünftigen Fortschritt auf der Welt an der Spitze.

Ein vordringliches Anliegen unter diesen Bedingungen sollte sein, die Vereinigten Staaten wieder dazu zu bringen, sich der von diesen drei Nationen angestrebten Entwicklungsrichtung anzuschließen.

Um diese Umstände zu verstehen - und meine Sicht dieser Ironie der Geschichte wird durch harte Fakten gestützt -, muß man alle „konventionellen“ volkswirtschaftlichen Meinungen, wie man sie derzeit in West- und Mitteleuropa, aber auch in einigen selbstgefälligen, oft in Drogenhandel verwickelten Nationen Süd- und Mittelamerikas antrifft, über Bord werfen. Unterdessen befinden sich auch die Vereinigten Staaten, zumindest solange Barack Obama Präsident bleibt, auf dem Weg in den Untergang, wahrscheinlich sehr bald und zusammen mit den anderen Nationen dieser Erde.

Es gibt mehrere Gründe dafür, warum Rußland, China und Indien allem Anschein nach relativ gute Zukunftsaussichten haben (vorausgesetzt, ein Zusammenbruch der USA reißt sie nicht auch mit nach unten).

Zunächst einmal sind diese drei Nationen offenbar einfach deshalb in einer vorteilhaften Lage, weil sich ironischerweise die meisten Länder der transatlantischen Gruppe derzeit kulturell selbst in den Abgrund ihres realwirtschaftlichen Untergangs stürzen. Dagegen machen Indien und China derzeit nach jedem objektiven Maßstab einen außerordentlich erfolgreichen Eindruck, und selbst das schwer angeschlagene Rußland hat teil am Aufschwung der großen Nationen am Pazifischen und Indischen Ozean.

Ein noch wichtigerer Vorteil sind die eigenen Zielsetzungen dieser Nationen, die relativ die größten der heutigen Welt sind, entweder mit dem Vorteil eines weiten Territoriums wie Rußland oder dem einer großen Bevölkerung wie Indien und China. Sie alle sind paradigmatisch fest entschlossen, mit kapitalintensiven Investitionen in großangelegte, wissenschaftsbasierte Projekte Verbesserungen der grundlegenden Wirtschaftsinfrastruktur zu erzielen. Im Vordergrund stehen dabei die Rückkehr zum modernen Schienenverkehr und eine starke Orientierung an der Kernkraft, moderner Weltraumforschung und in Verbindung damit an Stromerzeugung mit Methoden höchstmöglicher Energieflußdichte.

Um den Effekt hiervon zu verstehen, betrachte man nur den Umfang und die Rate des Wachstums der grundlegenden wirtschaftlichen Infrastruktur und Energieerzeugung pro Kopf und pro Quadratkilometer in diesen eurasischen Schlüsselnationen. Dieser Vorteil erwächst aus Faktoren in Zusammenhang mit dem derzeit modernsten Massentransportsystem der Welt und der schnellen Verbreitung der stärksten und energiedichtesten Stromerzeugungsmethoden, die heute in wirtschaftlicher Anwendung sind.

Die physischen Folgen der unterschiedlichen Ausrichtung der Nationen an der Westküste des Pazifik und am Indischen Ozean, verglichen mit den immer dekadenteren Nationen der transatlantischen Regionen, sind atemberaubend. Aber wenn man die prinzipiellen Aspekte der Weltgeschichte, besonders in der Neuzeit, versteht, sind die von mir beschriebenen Ironien der heutigen Lage vollkommen gesetzmäßig. Und es gibt Lösungen, wenn wir weise genug sind, diese zu ergreifen.

Die Wurzel dieser Ironie

Zwei unterschiedliche Überlegungen müssen ins Spiel gebracht werden, um die Ironien der Lage Chinas und Indiens zu erklären. Der Fall Rußland muß ein wenig anders behandelt werden, aber unter Berücksichtigung dieser Besonderheiten Rußlands profitieren alle drei Nationen von den speziellen, konvergierenden Umständen des Augenblicks.

Man kann billigerweise sagen, obwohl es nicht schrecklich viel nützt, daß sich die Transatlantikregion seit Mitte der sechziger Jahre, seit der Ermordung von US-Präsident John F. Kennedy, in einer ständigen Abwärtsentwicklung befindet, während China und Indien und in anderem Sinne auch Rußland einen Teil der Welt verkörpern, der sich eindeutig auf einem Weg aufwärts befindet. Weitaus nützlicher ist es zu sagen, daß das Britische Empire seit April 1945 sehr viel Aufmerksamkeit darauf konzentriert hat, die relative Macht der Vereinigten Staaten und Westeuropas durch Subversion und andere Mittel zu zerstören. Gleichzeitig dachten die imperialistischen Strömungen in der weltweit verbreiteten britischen Finanzoligarchie, wenn sie West- und Mitteleuropa und die USA ruinieren, könnten sie eine so große Überlegenheit erringen, daß sie später auch ganz Asien, Afrika und Südamerika in die Knie zwingen könnten.

Das war und ist die langfristige britische Weltherrschaftspolitik seit dem 13. April 1945, dem Tag nach Präsident Franklin Roosevelts Tod.

Heute ist ein Teil des Problems, daß Rußland derzeit leider unter dem Einfluß der potentiell verhängnisvollen Annahme einiger Russen leidet, es gebe gar kein britisches Weltimperium, das sie bedroht. Dies ist ein Ausdruck davon, daß bestimmte Führungskreise in Rußland die wahre Natur und Ausdehnung des britischen, praktisch weltweiten monetaristischen Imperiums noch nie verstanden haben.

Schauen wir zurück. Von Zarin Katharina durch das 19. Jahrhundert hindurch und sogar noch bis in die frühe Zeit der Sowjetregierung unter Lenin und dann Stalins Haltung zu Präsident Franklin Roosevelt, war es der traditionelle Standpunkt Rußlands, in gemeinsamer Abneigung gegen das bösartige Britische Empire die Freundschaft mit den Vereinigten Staaten anzustreben. Diese Haltung ließ sich unter der Oberfläche noch bis zur Zeit von Andropow und Gorbatschow bemerken und behielt sogar danach noch einen gewissen Einfluß, trotz US-Präsident George Bush senior und zu bestimmtem Grad unter George W. Bush junior bis zu den Folgen des Gipfels von Kennebunkport. Doch es gab auch andere Zeiten, in denen die böse alte britische Hexe hervorgekrochen kam, und dann waren die Folgen für Rußland gewöhnlich sehr schlecht.

Insgesamt war die Geschichte des Imperialismus seit der Zeit des Peloponnesischen Kriegs geprägt von der relativen Überlegenheit eines Imperiums, das sich auf Seemacht mit einem monetaristischen, globalisierten Weltsystem stützte - eine Art Wasserturm zu Babel.

Seit dem Pariser Frieden von 1763 besteht dieser sich entwickelnde europäische monetaristische Imperialismus, der in einer oder anderer Form seit dem Peloponnesischen Krieg bestand, aus dem maritimen, monetaristischen Imperialsystem des Britischen Empire; das ist das monetaristische Imperialsystem, das noch heute die ganze Welt beherrscht.

Bis die Vereinigten Staaten unter Präsident Abraham Lincoln den Vorstoß des Empires zu ihrer Vernichtung zurückschlugen und die erste transkontinentale Eisenbahn bauten, konnte Britannien sein Weltreich aufrechterhalten, indem es vor allem unter den Nationen des kontinentalen Eurasiens Kriege anzettelte. Auch ab 1890 war der britische Plan, neue „Siebenjährige Kriege“ anzustiften, wie es Reichskanzler Bismarck damals bezeichnete. Dies hatte dann die Form der beiden sogenannten „Weltkriege“ und anschließend des Kalten Krieges, die alle vom Britischen Empire ab der Zeit der Ermordung des französischen Präsidenten Sadi Carnot und des US-Präsidenten William McKinley in Gang gesetzt wurden - und so weiter bis zu dem sinnlosen Krieg in Afghanistan heute.

Diese Pläne, deren Umsetzung mit dem von der britischen Monarchie angestifteten Sturz von Reichskanzler Bismarck 1890 begann, waren ein erster Schritt zu einer neuen Weltordnung nicht nur mit zwei „Weltkriegen“, sondern mit einem ständigem imperialen Gebaren, darunter der lange, grundlose anglo-amerikanische Konflikt mit der Sowjetunion und China. Alle großen Kriege und Gefahren großer Kriege auf diesem Planeten seit 1890 waren einzig und allein das Resultat eines unverhohlenen britischen Imperialismus, eines Imperialismus, der einfältige Nationen dazu verleitet - darunter auch mehrmals die Vereinigten Staaten durch den verlogenen früheren britischen Premierminister Tony Blair -, sich gegenseitig umzubringen, nur um die imperialistischen Gelüste des Buckingham-Palasts und verwandter Brutstätten zu befriedigen.

Dieses imperiale monetaristische System beherrscht die europäische Zivilisation, seit der Kult von Delphi entscheidend dazu beitrug, den Peloponnesischen Krieg in Gang zu setzen, und bis zum Tod des delphischen Hohenpriesters Plutarch - einem gewohnheitsmäßigen Lügner, der Zeit seines Lebens im Römischen Reich viele Fäden zog - seinen Einfluß behielt. Dieses imperialistische, monetaristische System der Seemacht fädelte nicht nur den sogenannten Peloponnesischen Krieg ein, es hat damit auch Griechenland praktisch immer durchgehend bis auf den heutigen Tag ruiniert. Dieses System imperialistischer Tyrannei war im Grunde immer ein System weltweiter maritimer und monetaristischer Herrschaft. Innerhalb dieses imperialistischen Systems gab es zwar Nationen, doch über diesen Nationen steht immer die imperiale Macht - daher der Abscheu europäischer Monetaristen vor einem anti-monetaristischen Kreditsystem, wie es in der amerikanischen Bundesverfassung angelegt ist.

Um das Britische Empire, wie es noch heute existiert, zu verstehen, muß man hervorheben, in welchen entscheidenden Punkten es sich vom amerikanischen politischen Verfassungssystem unterscheidet. Jenes stützte sich mit Unterbrechungen immer wieder auf die Idee eines anti-imperialistischen, anti-monetaristischen Kreditsystems, seit dieses sich im 17. Jahrhundert in der Massachusetts Bay Colony unter Führung der Winthrops und Mathers entwickelt hatte.

Kompetente Historiker, wie die inzwischen fast ausgestorbene Gattung kompetenter Historiker des Amerikanischen Systems, sind immer von dem Gegensatz zwischen dem imperialen England und den entstehenden Vereinigten Staaten ausgegangen. Dieser Bruch begann schon mit der Besiedlung von Massachusetts im 17. Jahrhundert und war besonders ausgeprägt seit der Spaltung zwischen den patriotischen und imperialistischen Fraktionen in Nordamerika nach dem Pariser Frieden von 1763. Durch den Pariser Frieden entstanden sowohl das Britische Empire, damals unter Lord Shelburnes Führung, als auch die Partei des Verrats in Amerika, angeführt von Agenten der Britischen Ostindiengesellschaft wie Richter Lowell von der Fraktion der Sklaven- und Opiumhändler der „Wall Street“, wie sie seit den Tagen des britischen Agenten und Verräters Aaron Burr genannt wird. Kurz: Das Amerikanische System und das Britische System sind seit jeher Feinde gewesen, nur verbunden durch den gemeinschaftlichen Mißbrauch einer gemeinsamen Sprache.

In dem Zusammenhang ist es relevant, zu betonen, daß die Schwierigkeiten, auf die Russen bei der Definition des Imperialismus gestoßen sind, zu einem beträchtlichen Teil auf systematische Fehleinschätzungen etwa von Karl Marx und später W.I. Lenin zurückgehen. Demgegenüber hatten Rosa Luxemburg und Herbert Feis vom US-Außenministerium ein weiseres Verständnis der Natur des britischen Imperialismus (als monetaristischem System internationaler Finanzanleihen).14

Marx und die deutsche Sozialdemokratie des 20. Jahrhunderts folgten der inkompetenten Lehre des üblen Adam Smith, wo Luxemburg und Feis sich an die Fakten hielten: Der Imperialismus war und ist bis heute im wesentlichen ein räuberisches, monetaristisches System internationaler Kredite. Dieser Irrtum der britisch beeinflußten Kreise prägt noch heute die strategische Ausrichtung einiger führender politischer Kreise in Rußland - das System der Finanzderivate, worin sich die Banco Santander als imperialistischer Agent Londons tummelt, ist dafür ein anschauliches Beispiel.

Mit dem, was ich bisher in diesem Kapitel dargestellt habe, sind wesentliche Tatsachen der derzeitigen Weltlage umrissen. Nachdem das gesagt ist, befassen wir uns nun mit der Frage, warum das transatlantische System, hinter dem das scheinbar so mächtige, monetaristische Wirtschaftssystem des britischen Imperialismus steht, jetzt akut zusammenbricht, während große Nationen der derzeit noch ärmeren asiatischen Welt auf dem Weg zur Prosperität sind (vorausgesetzt, wir können die heraneilende Zusammenbruchskrise lebend überstehen, ohne daß beispielsweise ein Atomkrieg ausbricht)?

Percy Shelleys Prinzip

Für mich hat die langfristige Wirtschaftsprognose zwei grundlegende Aspekte. Einer, bei dem ich seit 1956-57 mehr oder weniger ein Meister bin, ist die Wirtschaftsprognose als solche. Die andere, komplementäre Seite der Vorhersage, ist das Symbolische, womit sich entsprechende russische Kreise, aber auch andere befassen. Es gab einen berüchtigten Fall symbolischer Prognose, als jemand versuchte, Wirtschaftstrends mit den wechselnden Längen und Kürzen der Damenröcke in Verbindung zu bringen. Hier ist vieles so unzuverlässig, wie es gewöhnlich bei reinem Mystizismus der Fall ist, aber hinter dem scheinbaren Mystizismus steckt etwas, das durchaus begründet ist. Ich habe mich seit den vierziger Jahren wiederholt damit befaßt, wobei ich mich auf den Schlußabsatz von Percy Bysshe Shelleys Verteidigung der Poesie oder auf verwandte, klassische Themen im Werk Friedrich Schillers beziehe.

Der scheinbar exotischere, „symbolische“ Aspekt bei der Wirtschaftsprognose ist kein Aberglauben. Er hat eine wissenschaftliche Grundlage, die aber selten richtig erkannt wird, selbst von denjenigen, die ein gewisses Gespür in der Sache haben.

Ich fahre entsprechend fort.

Soweit entsprechende Fakten bekannt sind, hat die Gesellschaft, die sich mit dem Einsetzen der Schmelze nach der letzten großen Eiszeit entwickelte, die Vorstellung von Wissenschaft mit entsprechenden Bezeichnungen für das, was wir heute „Universum“ nennen, von den alten Seefahrerkulturen geerbt, die sich bei der Navigation auf den Ozeanen an den Planeten und Sternsystemen orientierten. Der große Umlauf des Planetensystems, der mit dem Namen Platons verbunden ist und auf den sich der große Bal Gangadhar Tilak (der zu seiner Zeit den britischen Imperialismus am besten verstand) bezogen hat, drückt dieses Denken aus.

Ein Blick auf die Ursprünge der europäischen Naturwissenschaft ermöglicht eine genauere Sicht dieser Fragen, wenn wir den Bau der großen Pyramiden in Ägypten, die Lehre der Sphärik und das Werk des großen Pythagoräers und Platon-Freunds Archytas aus heutiger, besser informierter Warte betrachten.

Ich habe es schon weiter oben in diesem Bericht betont: Um speziell die europäische Zivilisation kompetent zu verstehen, muß man sie auf Kulturen zurückführen, deren Hauptmerkmal die Seefahrt war. Dies änderte sich erst, seit Karl der Große in West- und Mitteleuropa mit der Schaffung eines großen Fluß- und Kanalnetzes für die Binnenschiffahrt begann. Im 19. Jahrhundert folgte dann der große Entwicklungssprung in der wirtschaftlichen Organisation der Gesellschaft mit der transkontinentalen Eisenbahn in Amerika, was dann in Europa, vor allem in Bismarck-Deutschland, in Rußland und in den Plänen des großen Gegners des Britischen Empire in China, Sun Jat-sen, seinen Widerhall fand. Diese transkontinentale wirtschaftliche Erschließung durch den Bau der Eisenbahnen versetzte das Britische Empire in einen Rausch von Krieg und Subversion, der die gesamte Weltgeschichte des europäischen Imperialismus auszeichnet, seit Bismarck 1890 auf Geheiß der britischen Monarchie entlassen wurde.

Die genannten historischen und verwandten Tatsachen verdeutlichen nur einen Punkt: daß die Menschheit nicht in einer rudimentären Struktur zwischenmenschlicher Beziehungen organisiert ist, sondern daß man davon ausgehen muß, daß sie als ein System von oben nach unten organisiert ist - allerdings in einer ganz bestimmten Art und Weise, die Percy Shelley so nützlich und segensreich in seiner Verteidigung der Poesie verdeutlicht hat. Shelleys Prinzip ist das gleiche, das Leibniz zuvor als Dynamik erkannt und beschrieben hatte.

Das Dynamik-Prinzip

Mit den Arbeiten von Gottfried Wilhelm Leibniz in den 1690er Jahren, die sich gegen Schwindler wie René Descartes richteten, ist die neuzeitliche europäische Wissenschaft durch die Wiederbelebung des großartigen Konzepts der dynamis aus dem klassischen Griechenland, das Leibniz unter der Bezeichnung Dynamik vorlegte, eine Stufe höher gestiegen. Einen weiteren großen Sprung nach vorne für die Naturwissenschaft bedeutete das Dynamik-Konzept aus Bernhard Riemanns revolutionärer Habilitationsschrift von 1854, ein Werk, das mit seinem Prinzip menschlicher Kreativität in entscheidender Hinsicht von Lejeune Dirichlet, Gönner Riemanns in Berlin und Schützling Alexander von Humboldts, beeinflußt war. In der Zeit zwischen Leibniz und Riemann, u.a. im Zuge des Einflusses von Friedrich Schiller auf das klassische Drama und die klassische Poesie, hat Percy Shelley in seiner Verteidigung der Poesie den Dynamikbegriff in einem breiterem Sinne als nur für die mathematische Physik und außerordentlich wirkungsvoll dargestellt.

Leider wird dieser Dynamikbegriff von den Bannerträgern des europäischen Liberalismus, d.h. den Anhängern des Empirismus (oder „Behaviorismus“) des geradezu satanischen Paolo Sarpi und dessen verlogenen Lakaien Galileo, noch heute systematisch ausgegrenzt. Ein wichtiger Ausdruck des Dynamikprinzips im Leibnizschen Sinne findet sich auch in Albert Einsteins Behandlung von Johannes Keplers ureigener Entdeckung des Gravitationsprinzips - Einsteins Begriff eines endlichen, aber unbegrenzten Universums.

Das heißt, alle speziellen Vorstellungen von der Entdeckung universeller physikalischer Prinzipien sind durch einen positiven Begriff anti-entropischer Seinsformen des Universums an sich definiert. Allerdings gibt es ernstzunehmende widersprüchliche Ansichten über die Natur dieser Universalität.

Die Lösung für die Konflikte, die aus den Debatten über den Universalitätsbegriff entstehen, liegt im Rahmen eines richtigen Verständnisses der menschlichen Natur. Es geht auf der einen Seite um die Macht des Menschen im Universum, auf der anderen um die Art und Weise, wie diese Macht des Menschen durch ein universelles, höheres Prinzip grenzenloser universeller Kreativität begrenzt ist. Die Frage ist, welche grundlegenden Veränderungen der Mensch seinerseits in der Organisation seines Universums durchsetzen kann und welche Begrenzungen das Universum seinerseits diesen Veränderungen auferlegt. Das erklärt Einsteins Sicht von Keplers Werk.

Genesis

Das extrem schlechte Einsichtsvermögen, welches die meisten Versuche politischer und verwandter Prognose seit etwa dem 13. April 1945 beweisen, ist die Folge des Verfalls der europäischen Kultur durch radikalen Empirismus wie den der „Frankfurter Schule“ und des Kongresses für Kulturelle Freiheit. Dies beeinflußte insbesondere die Generation, die in der Phase von 1945 bis 1968 in der transatlantischen Kultur geboren und aufgewachsen ist. Durch diesen kulturellen Verfall, der für das Verständnis der Unmoral in der heutigen transatlantischen Kultur von besonderer Bedeutung ist, verkümmerten die schöpferischen Geisteskräfte, besonders in der Generation, die man heute „die 68er“ nennt.

Diese gesellschaftliche Entwicklung ist deshalb so bedeutsam, weil die klassische Kultur in der europäischen Zivilisation immer die „Mutter“ der Entfaltung der schöpferischen Fähigkeiten des einzelnen gewesen ist, so daß umgekehrt die Gegenkultur, die den Charakter des „68ers“ prägt, bei allen, deren Charakterbildung sie beeinflußte, eine Zerstörung der schöpferischen Vernunft bewirkt hat. Um das noch einmal zu betonen: Die Fähigkeit zu wissenschaftlicher Kreativität beruht auf der Entfaltung der schöpferischen Geisteskräfte, die nur der klassisch geprägten Kunst- und Wissenschaftskultur eigen sind, nicht aber der Mathematik - und erst recht nicht der reduktionistischen Mathematik moderner Positivisten wie Bertrand Russell und seiner Anhänger.

Die schöpferischen Fähigkeiten des menschlichen Individuums entfallen gleichermaßen auf die experimentelle Naturwissenschaft und auf die klassische künstlerische Komposition in den Bereichen der Malerei, der klassischen Musiktradition von Johann Sebastian Bach, des klassischen Dramas und der klassischen Dichtung. Die qualitative Entwicklung des schöpferischen Potentials der Bürger kann sich somit in den Bereichen naturwissenschaftlicher und klassisch-künstlerischer Kreativität gleichermaßen ausdrücken.

Man muß besonders hervorheben, daß sämtliche wahre menschliche Kreativität in diesem Bereich der klassischen Tradition liegt. Der grundsätzliche Ausdruck dieses Prinzips ist gleichermaßen präsent in Leibniz’ Dynamikbegriff wie in den Werken beispielsweise von Bach, Mozart, Beethoven, Schiller und Shelley.

Betrachtet man klassische künstlerische und wissenschaftliche Kreativität aus der Sicht wichtiger Beiträge - wie denen von Nikolaus von Kues, Leonardo da Vinci, Johannes Kepler und Albert Einstein bzw. den Aussagen im Schlußabsatz von Shelleys Verteidigung der Poesie oder in John Keats’ berühmter Ode auf eine griechische Urne -, so muß man zu dem Schluß gelangen, daß die Kreativität selbst ein Prinzip ist, welches das ganze Universum umfaßt wie ein spezifisches Prinzip in der strengen Bedeutung. Genau das ist es auch, was Shelley hinreichend klar im Schlußabschnitt seiner Verteidigung der Poesie betont.

Betrachten wir diese Natur der Dinge vom gleichen Standpunkt, wie Albert Einstein die Entdeckung eines endlichen, aber unbegrenzten Universums beschreibt. Nennen wir das, was ich hier beschreibe, Dynamik in einem breiteren Sinn wie bei Leibniz.

Das Prinzip, das ein sonst unbegrenztes Universum begrenzt, ist nichts anderes als die Kreativität an sich - eine Qualität, die sich auch als spezifisch menschliche Kreativität ausdrückt.

Das ist das gleiche wie Albert Einsteins Begriff endlich, aber unbegrenzt. Das ist der wahre Bedeutungsumfang von Leibniz’ Dynamik und von Bernhard Riemanns Habilitationsschrift von 1854. Es ist auch das Prinzip, auf das sich Percy Bysshe Shelley im Schlußabschnitt seiner Verteidigung der Poesie bezieht. Es ist auch das großartige Prinzip des schöpferischen Optimismus, der auf besondere Weise im ersten Kapitel der Schöpfungsgeschichte und auch in Philo von Alexandrias schonungslosem Angriff auf das Denken des Aristoteles zum Ausdruck kommt.

Der Hauptunterschied zwischen dem zivilisierten Menschen und den Tieren ist, daß der Mensch ein Ebenbild des Schöpfers des Universums ist und als menschliches Wesen seine Existenz durch Kreativität schlechthin ausdrücken muß. Wir leben nicht im, sondern auf dem Universum. Alle Dinge und Geschöpfe sind ihrer eigentlichen Natur nach Ausdruck von Kreativität, aber der Mensch ist verpflichtet, Kreativität bewußt auszudrücken, nicht als Untertan, sondern in einer Mission, die den eigentlichen Sinn seiner Existenz verkörpert - ob als lebendes Wesen oder sogar als Kraft im Universum nach seinem Ableben.

Der Wille, kreativ zu sein, ist die eigentliche moralische Natur und Praxis der Gesellschaft und des in ihr lebenden menschlichen Individuums - in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

Es gibt in der menschlichen Kultur lobenswerte Umstände, worauf Shelley sich im Schlußabschnitt seiner Verteidigung der Poesie bezieht, unter denen man an einem mehr oder minder großen Teil eines Volkes in einem bestimmten Zeitraum beobachten kann, wie die uneigennützige Liebe zur Menschheit ihre Regungen ergreift und als eine große, moralisch erhebende Kraft wirkt. Die Dichtung ist dafür ein Beispiel, das Shelley besonders hervorhebt.

Große klassische Kunst oder eine Periode leidenschaftlicher Beschäftigung mit einer neuen wissenschaftlichen Entdeckung sind nur Ausdruck eines allgemeineren Prinzips, das dem entspricht, was Leibniz als Dynamik definierte und was Albert Einstein in Keplers Entdeckung als die Natur eines Universums erkannte, das unmittelbar endlich, aber, weil kreativ, auch unbegrenzt ist.

Genauso wie Leibniz physikalische Systeme als von einer universellen Kreativität begrenzt definierte, so äußert sich die menschliche Schöpferkraft allgemein nicht nur im Bereich der Naturwissenschaften, sondern auch in den Bereichen klassischen künstlerischer Kreativität, ausgedrückt in einer Leidenschaft für die Früchte menschlicher Kreativität an sich und für eine Zusammensetzung und Prinzipien der Gesellschaft, welche dieser großen Zielsetzung der Menschheit entsprechen.

***

Der nahe Untergang des Empire - eine abschließende Bemerkung

Ich habe bereits betont:

Die Krise der Europäischen Union, die nominell wegen der griechischen Verschuldungslage ausgebrochen ist, war nie eine griechische Krise als solche. Sie ist eine Krise des gesamten europäischen Systems der Zeit seit Sokrates und Platon, und ihre akuten Symptome liegen derzeit gar nicht in Griechenland, sondern auf der Iberischen Halbinsel und in den internationalen Geschäften der nur nominell spanischen, faktisch aber britischen Banco Santander. Solange die Politik des jetzigen europäischen Systems und der Regierung Obama in den USA fortgeführt wird, muß man davon ausgehen, daß in der unmittelbar bevorstehenden Periode die Lunte an der globalen Zusammenbruchskrise brennt.

Diese Krise kann schon morgen oder erst in einigen Monaten ganz Europa treffen. Wenn sie noch einige Monate aufgeschoben wird, wird sie weitaus schlimmer ausfallen als in dem Fall, daß sie schon morgen früh mit voller Wucht explodiert.

Aus diesen und verwandten Gründen habe ich soeben die Forderung nach sofortigem Rücktritt oder Amtsenthebung von US-Präsident Barack Obama erhoben. Seine jüngsten Torheiten lassen keine andere Wahl, als zu so drastischen Maßnahmen zu greifen, wenn die Vereinigten Staaten selbst und mit ihr die Zivilisation insgesamt gerettet werden sollen.


Anmerkung

14. Herbert Feis, Europe: The World’s Bankers, 1870-1914.

Lesen Sie hierzu bitte auch:
Der Unterschied zwischen einer Republik und einer Demokratie - 3. Teil
- Neue Solidarität 11/2010
Der Unterschied zwischen einer Republik und einer Demokratie - 2. Teil
- Neue Solidarität 10/2010
Der Unterschied zwischen einer Republik und einer Demokratie - 1. Teil
- Neue Solidarität 9/2010
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