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Neue Solidarität
Nr. 43, 26. Oktober 2011

Cheminade eröffnet seine Präsidentschaftskampagne 2012

Eine Konferenz bei Paris am 15.-16. Oktober mit 350 Teilnehmern war der Startschuß für den Präsidentschaftswahlkampf von Lyndon LaRouches Freund Jacques Cheminade in Frankreich.

Mit einer großen Konferenz bei Paris unter dem Motto „Ein Großprojekt für die Welt von morgen ohne City oder Wallstreet“ eröffnete Jacques Cheminade am 15.-16.10. seinen Präsidentschaftswahlkampf 2012. In seiner Rede, die von zwei Fernsehsendern aufgenommen wurde, betonte er, Erziehung zur Republik sei der Stützpfeiler einer gesunden Staatspolitik, denn das wichtigste Ziel einer jeden menschlichen Gesellschaft sei die Entwicklung seiner Bürger. Die Veranstaltung war durch eine AFP-Meldung angekündigt worden, die mehrere andere Medien aufgriffen, u.a. der Nachrichtensender France Info, Europe I und Journal de Dimanche.

Nach der Veranstaltung sagte Cheminade, er sehe besonders drei Gründe für Optimismus: 1. daß (trotz eines gleichzeitigen nationalen Sportereignisses) 350 Teilnehmer kamen, 2. daß der Großteil davon die Konferenz von Anfang bis Ende aufmerksam verfolgte, und 3. die sehr gute Qualität der zahllosen Fragen und große Zahl derjenigen, die sich als freiwillige Helfer meldeten.

Eine Kriegserklärung

Cheminade eröffnete seine Rede mit einer Kriegserklärung an das Finanzempire:

„Ich werde mit einigen harten Worten beginnen: Wir befinden uns im Krieg. Man sieht ihn nicht, aber dieser Krieg ist erklärt, hinterhältig und zerstörerisch. Ein Konglomerat von Finanzinteressen, das aus der Londoner City und der Wallstreet operiert, beherrscht die heutige Welt. Das Gesetz, dem sie folgen, ist der kurzfristige Profit, Besitz, Gier, soziale Zerstörung und Manipulation des Geistes...

Ich werde Ihnen heute ein Programm für den Kampf und den Wiederaufbau vorstellen... Wir können aus der Krise herauskommen, indem wir unsere besten Ressourcen und das beste, was unsere Geschichte beigetragen hat, mobilisieren. Aber heute werden diese Ressourcen  nicht mobilisiert, und deshalb kandidiere ich, um die Dynamik des Präsidentschaftswahlkampfs zu ändern, indem ich eine Herausforderung stelle, die den Gang der Ereignisse ändern kann, wenn Sie mir helfen. Ich habe nur sehr wenig finanzielle Mittel, nur wenig etablierte Netzwerke. Meine Mittel sind beschränkt - auf Sie. Jeder von Ihnen hier im Saal, und alle, die Sie mobilisieren können.“

Cheminade beschrieb dann die zahlreichen Methoden, wie die Bevölkerung korrumpiert und demoralisiert wird, bis sie „ihre Selbstachtung und die Achtung für die Gesellschaft, in der sie leben, verloren hat“. Eine republikanische Bildung sei das Fundament einer soliden Staatspolitik, und das wichtigste Ziel einer Gesellschaft müsse sein, die Bürger zu entwickeln: „Der Hauptfeind ist das Empire, seine Struktur und Arbeitsweise. Wir müssen also diesen Feind bekämpfen und dadurch all denjenigen wieder Kraft geben, die von dem System niedergedrückt wurden - jenen, die empört sind und revoltieren, weil sie spüren, was Gerechtigkeit sein sollte, die aber kein Programm haben, weil ihnen die Kultur vorenthalten wurde und weil sie sich haben konditionieren und auch etwas korrumpieren lassen.“

Cheminades Projekt

Dann beschrieb Cheminade sein „Projekt“: „Es ist ein großes Aufbauprogramm für morgen, eine Welt ohne die Londoner City und ohne die Wallstreet... Frankreich braucht ein Projekt, das das Geld mobilisiert und in produktive Investitionen, in die Bildung, Forschung, in das Gesundheitssystem, öffentliche Einrichtungen umleitet und auf diese Weise qualifizierte Arbeitsplätze schafft. Dieses Projekt muß verbunden sein mit einer Innenpolitik auf der Grundlage der Entwicklung der kreativen Fähigkeiten aller und einer Außenpolitik auf der Grundlage der Entwicklung aller Länder und Völker.

Dafür haben wir eine Trumpfkarte. Nutzen wir die innere Schwäche unserer Feinde, des monetaristischen britischen bzw. anglo-amerikanischen Empires mit seinen Komplizen und Untertanen in Kontinentaleuropa und insbesondere in Frankreich. Letztendlich ist die Geldpumpe ihre einzige Zuflucht... Diese Pumpe hat die Bedingungen für eine Hyperinflation geschaffen.“

Dieses System lasse sich nur noch mit einer supranationalen Finanzdiktatur in Europa erhalten. „Wenn Sie genau hinhören, dann hören Sie hinter dem Wort ,Föderalismus’ das Wort ,Feudalismus’. Es bedeutet Sparpolitik, Knappheit, in anderen Worten, die Zerstörung der Grundlagen der Gesellschaft. Eine solche Sparpolitik und Knappheit wurde zwischen 1930 und 1932 von Kanzler Brüning in Deutschland durchgesetzt, was die Bedingungen dafür schuf, daß Hitler mit der finanziellen Unterstützung eines Vorfahren der Familie Bush an die Macht kam.“ Diese Schwäche müsse man ausnutzen, genauso wie die Tatsache, daß „niemand dieses System unterstützt, wenn er nicht korrumpiert, desorientiert oder konditioniert ist.“

Cheminade weiter: „Unsere zweite Trumpfkarte ist, daß wir hier in Frankreich zusammen mit denen, die auf uns warten, etwas mobilisieren können, was tief in unserer Geschichte verwurzelt ist... Dann sind da die jungen Leute, die entschlossen sind, Gerechtigkeit zu erkämpfen, und die auf Bezugspunkte, Horizonte und Politiker warten, die bereit sind, ohne Heuchlerei und Karriereziele mitzukämpfen.“

Die erste Waffe in diesem Kampf ist Glass-Steagall, „die Trennung der Zocker der Investmentbanken von den Geschäfts- und Kreditbanken, die den Sparern dienen und die Wirtschaft finanzieren bzw. finanzieren sollten. Das ist keine technische Maßnahme, es ist eine Entscheidung, eine politische Waffe. Es würde den Investmentbanken die Fähigkeit nehmen, Geld zu schöpfen... Mit anderen Worten, die Investmentbanken werden sehr schnell bankrott gehen. Und es ist vorzuziehen, daß dies in einer geordneten, zivilisierten Form geschieht, statt in einer chaotischen Weise, worauf wir jetzt zusteuern... Glass-Steagall ist also eine große Säuberung, um den Augiasstall auszumisten.

Nach dieser großen Ausmistung durch Glass-Steagall werden wir nicht genug solvente Banken und nicht genug Liquidität zur Finanzierung von Projekten haben. Wir werden daher ein System produktiven Staatskredits aufbauen müssen, denn wenn wir den Spekulanten das Handwerk legen, wird das nicht automatisch zu einem Gesetz der Produzenten führen....

Der Staat muß seine Rolle zurückgewinnen, anstatt daß er geplündert wird wie in den letzten 30 Jahren, und Großprojekte zu starten, die ein günstiges Umfeld für Unternehmen schaffen, die auf Hochtechnologie in der Produktion setzen. Das ist der Weg, um die Arbeitslosigkeit zu überwinden, indem wir qualifizierte Arbeitsplätze in Forschung, Entwicklung und Produktion schaffen. Das System des produktiven Kredits erfordert eine neue Denkweise, außerhalb der derzeitigen liberalen, monetaristischen Matrix in einer Gesellschaft, die besessen ist von Haben und Besitzen.“

Cheminade betonte auch die Notwendigkeit der Beendigung des stillschweigend geduldeten, korrupten Neokolonialismus in Afrika - bekannt als „Françafrique“. Statt dessen bildet der Bau von Großprojekten auf dem Kontinent einen Hauptpunkt seines Programms. Während mit „Françafrique“ z.B. in einer afrikanischen Hauptstadt ein protziger Präsidentenpalast oder ein aufwendiges Sportstadion gebaut wird, setzt er sich für die Wiederauffüllung des Tschadsees, den Jonglei-Kanal und den Roudaire-Plan in Nordafrika ein.

Eine wirkliche Debatte

Die Sitzung am Nachmittag vereinte drei bekannte, unabhängig denkende Ökonomen, die sich jeder auf seine Weise gegen die Idiotien des jetzigen Finanzsystems gestellt haben und ein Ende des Diktats der Märkte und mehr Regulierung für das Gemeinwohl der Menschen fordern. Es waren der Wirtschaftsprofessor François Morin, früheres Mitglied im Rat der französischen Zentralbank und Autor des erfolgreichen Buches „Eine Welt ohne Wallstreet“, wo er im Vorwort Cheminades Bedeutung in diesem Kampf anerkennt, Prof. Henri Sterdyniak von der Abteilung Globalisierung des Wirtschaftsforschungsinstituts OFCE, einer der Initiatoren des „Manifests erschreckter Ökonomen“ vom September 2010 gegen die Austeritätspolitik der EU-Regierungen, das von Tausenden unterzeichnet wurde, sowie Prof. Eric de Keuleneer von der Solvay-Wirtschaftshochschule in Brüssel, der auch im Juli auf der Konferenz des Schiller-Instituts in Deutschland gesprochen hatte.

In der anschließenden Diskussion, moderiert von der Chefredakteurin der Zeitung Nouvelle Solidarité Christine Bierre, lösten die Fragen aus dem Publikum eine lebhafte Debatte zwischen den Rednern aus, welche Lösungsvorschläge Erfolg brächten und welche nicht. Es war ein gutes Beispiel dafür, welche ernsthaften Diskussionen über reale Themen Cheminade mit seinem Wahlkampf fördern wird. Man war sich allgemein einig, daß Spekulation mit Staatspapieren und Kreditausfallderivaten (CDS) verhindert werden muß, aber es herrschte noch Verwirrung über den Unterschied zwischen staatlicher Kreditschöpfung und keynesianischen Methoden. Cheminade unterstützte später ausdrücklich die Vorwürfe von Prof. Morin gegen die Neoliberalen, wie die Mont-Pelerin-Gesellschaft und die Von-Hayek-Schule, die jegliche staatliche Intervention in die Wirtschaft ablehnen.

Es folgte eine Themenrunde über einige der Großprojekte in Cheminades Programm. Karel Vereycken beschrieb Pläne für den massiven Ausbau der Binnenschiffahrt und ein landesweites Netz des Aérotrain, einer in den sechziger und siebziger Jahren entwickelten Schwebebahn mit Strahltriebwerk. Benoit Chalifoux sprach darüber, wie man Kernreaktoren der vierten Generation über die bisher übliche Verwendung hinaus für Meerwasserentsalzung, Wohnungsheizung und Wasserstofferzeugung einsetzen kann. Der junge Forscher Rudolph Bierent sowie Sébastien Drochon beschrieben, wie Frankreich seine Anstrengungen in der Raumfahrt rasch auf eine Mondbasis und die Erkundung des Mars ausweiten kann.

Zurück zum Europa der Vaterländer

Die interne Diskussion des Parteitags am Sonntagvormittag drehte sich darum, wie Cheminades Kampagne an Durchschlagskraft gewinnen kann, z.B. über das Internet und die Aktivierung von Netzwerken.

Dann gab Helga Zepp-LaRouche als Gast einen breiten Überblick über die Gesamtlage mit vielen historischen Bezügen. Sie beschrieb, wie den Nationen Europas in den letzten 40 Jahren durch die „grüne“ kernkraft- und industriefeindliche Politik und durch die unfreiwillige Einführung des Euros eine wirtschaftliche und soziale Selbstzerstörung aufgezwungen wurde. „Europa kann nur überleben, wenn wir zu einem Europa nationaler souveräner Republiken zurückkehren, einem ,Europa der Vaterländer’. Aber wie soll das geschehen? Wir können nicht bis 2012 warten, die Krise ist jetzt.“ Lyndon LaRouche schlage dazu vor, „daß wir als echte strategische Flanke ein neues Bündnis brauchen - nämlich einen Übergang von der transatlantischen Allianz zu einer transpazifischen Allianz, auf der Grundlage der Zusammenarbeit zwischen den USA, China, Rußland, später auch Indien und jedem anderen Land, das mitmachen will.“

In den USA arbeiteten einerseits die Kräfte hinter Präsident Barack Obama auf einen Putsch gegen die Verfassung hin. Auf der anderen Seite gebe es dort Forderungen nach Untersuchungen und einem Absetzungsverfahren gegen Obama und eine wachsende Bewegung für die Wiederinkraftsetzung des Trennbankengesetzes Glass-Steagall. „Das ist eine gewaltige Dynamik, ein Krieg. Auch der Kampf für Glass-Steagall ist gewaltig, ganz anders als momentan hier in Europa. Das ist der Gesetzesantrag HR 1489 der Abgeordneten Marcy Kaptur. Heute hat der 47. Abgeordnete den Entwurf unterzeichnet, John Lewis, der ein enger Mitarbeiter von Martin Luther King war. Er unterzeichnete es an dem Tag, als das Martin-Luther-King-Denkmal in Washington enthüllt wurde.“ Sie berichtete, daß mehr als 200 nationale und regionale Organisationen das Gesetz unterstützen und die Zahl täglich wächst.

Dann beschrieb sie die schnellen Fortschritte in der Zusammenarbeit zwischen Rußland und China bei der Erschließung und wirtschaftlichen Entwicklung des russischen Fernen Ostens und seiner Ressourcen. Sie erinnerte an Chinas Reformer Sun Yat-sen, der die Ideen des deutschen Ökonomen Friedrich List aufgriff, um Entwicklungspläne für China auszuarbeiten. Nun würden diese Ideen wiederbelebt, und es werde den Vereinigten Staaten angeboten, sich an dieser Entwicklung zu beteiligen. Sie fuhr fort:

Zum Abschluß ihrer Rede beschrieb Helga Zepp-LaRouche das Konzept des „extraterrestrischen Imperativs“, das von dem Weltraumpionier Krafft Ehricke entwickelt wurde, mit einer äußerst optimistischen Perspektive für die Zukunft, wenn das gegenwärtige Paradigma überwunden wird:

An diese Rede schloß sich dann eine anderthalbstündige Diskussion an. Cheminade beendete die Veranstaltung schließlich mit einem lebhaften Aufruf an die Teilnehmer, in diesem außergewöhnlichen Augenblick der Krise aktiv zu werden und für seinen Wahlkampf und darüber hinaus zu mobilisieren.

eir

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