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Neue Solidarität
Nr. 3, 18. Januar 2012

„Nicht die Taxifahrer sind das Problem, sondern die Banken“

Wortlaut. Claudio Giudici war am 12. Januar zu Gast in der Talkshow des bekannten Moderatoren Michele Santoro, die unabhängig von den großen Fernsehsendern über Kabel, Internet und Lokalsender verbreitet wird und durchschnittlich zwei Millionen Zuschauer hat.

Moderator: Wir haben hier einen Taxifahrer, einen ganz besonderen. Warum, was hat er getan? Er hörte, daß man über die Taxis sprach, nicht wahr? Und er sagte sich: „Sie fangen wieder bei den Taxis an. Ich weiß nicht, bei denen scheint man am ‚schnellsten’ mit der ,Modernisierung’ zu sein. Wenn das Land verändert werden soll, dann ist der Taxidienst als erstes dran.“ Und er sagte, ich schreibe einen Brief - an wen?

Giudici: An die Financial Times. Ich denke, wir sind das Ziel eines „großangelegten Ablenkungsmanövers“ - wie die Zeitungsverkäufer, Apotheker, alle Mitglieder der kleinen und mittleren Unternehmen, die derzeit wirklich hartnäckig verfolgt werden. Das Ziel ist, die niederen Instinkte der Bevölkerung auszunutzen, um einen wirklichen Krieg unter den Armen herbeizuführen. Aber das wirkliche Problem wird nicht angepackt - Dr. Travaglio hat es vorhin angesprochen, die Frage der Banken.

Übrigens wurde Mario Draghi heute bei der Pressekonferenz der EZB auf meinen Brief an die Financial Times angesprochen...

Moderator: Nun, Sie haben ihn geschrieben, aber das wichtige ist, daß die wichtigste Zeitung der Welt ihn abgedruckt hat...

Giudici: Ja, sie haben ihn veröffentlicht. Interessant ist, was Massimo Mucchetti gestern in Corriere della Sera geschrieben hat. In seiner Besprechung des neuen Buchs des früheren Präsidenten Carlo Azeglio Ciampi sagt er uns: Die Finanzwelt stiehlt uns die Zukunft. Und er macht eine Analyse. An einer Stelle spricht er über das Bankensystem von 1936 bis 1993. Was geschah 1993? Da hatten wir das Draghi-Gesetz, in dem er das Prinzip des Glass-Steagall-Standards abgeschafft hat. Das ist das Prinzip der Trennung zwischen Investmentbanken und Geschäftsbanken. Die Geschäftsbanken sind die Banken, die unser Geld dazu verwenden, es an Unternehmen und Familien zu geben; die Investmentbanken sind die Banken, die spekulieren. Heute sind sie alles in einem.

Moderator: Sie haben seltsame Namen Hedgefonds, alle diese Dinge: das sind die Investmentbanken...

Giudici: Heute sollten wir über eine Reform des Bankensystems reden! Das ist etwas, was Tremonti...

Moderator: Mit Reform meinen sie eine Trennung...

Giudici: Richtig, er hat das wiederholt gesagt. Wir müssen zu Franklin Roosevelt zurück. Aber leider wirbt man für Adam Smith!

Moderator: D.h., diejenigen, die das Geld verleihen, müssen es auch haben! Das ist das Elementare, nicht wahr?

Giudici: Sicher. Ich schlage Ihnen vor, Herr Santoro, wenn das geht, daß sie einmal - alles, was ich über die Wirtschaft weiß, habe ich von einem amerikanischen Ökonomen gelernt, Lyndon LaRouche - daß sie ihn interviewen. Er wurde 2001 von [dem bekannten Fernseh-Journalisten] Minoli interviewt, und hat die ganze Krise, in die wir steuerten, vorhergesagt.

Dieses Jahr, 2012, werden Mario Monti und Mario Draghi die Maja-Prophezeihungen Realität werden lassen! [Applaus.]

Moderator: Entschuldigen Sie, bleiben Sie noch hier. Ihre These ist: In die Lage, in der wir uns befinden, wurden wir durch die Schulden gestürzt, nicht wahr? Und die Schulden haben uns in diese Lage gebracht, weil es eine Vermischung gab zwischen den Geschäftsbanken und den Investmentbanken. Weil die Geschäftsbanken früher einige Regeln hatten und deshalb nur Geld verleihen konnten, das sie auch hatten, usw. Stattdessen haben wir Schulden gemacht, durch die Luftschlösser, die die Investmentbanken gebaut haben.

Aber wenn es darum geht, die Welt in Ordnung zu bringen, dann fangen wir bei den Taxifahrern an. Ist das so?

Giudici: Bei den Taxifahrern, den Apothekern, richtig. Ich wiederhole, das ist ein großangelegtes Ablenkungsmanöver...

Moderator: Was wollen die aus Ihnen machen?

Giudici: Den Sündenbock. Sie wollen uns alle in die Armut stürzen, das ist offensichtlich. Aber mein Argument ist, daß es sich meiner Meinung nach um einen wirklichen Angriff handelt. Sie sprechen manchmal über die Arbeitnehmer...

Moderator: Als sie Ihren Brief abgedruckt haben, haben sie ihn da ganz abgedruckt?

Giudici: Sie haben ihn zweimal veröffentlicht, denn zuerst haben sie nur einen kurzen Auszug veröffentlicht, vor [der führenden Industriellen] Emma Marcegaglia...

Moderator: Ihren zuerst, und dann den von Emma Marcegaglia?

Giudici: Richtig, mit allem gebotenen Respekt, natürlich. Und dann haben sie ihn ganz abgedruckt. Aber sie haben zwei Bemerkungen weggelassen.

Moderator: Welche?

Giudici: Meiner Meinung nach zwei strategisch wichtige Bemerkungen. Wahrscheinlich hat Mario Draghi sie darum gebeten, sie zu streichen. [Heiterkeit, Applaus.] Die eine war ein Verweis auf die Britannia, auf das Britannia-Abkommen von 1992. Man sagt - Präsident Cossiga hat es einmal gesagt -, daß Mario Draghi auf dieser Jacht dabei war. Und was haben die bei dieser Gelegenheit beschlossen? Sie haben beschlossen, einen großen Finanzmarkt in Italien zu schaffen und den Ausverkauf unserer nationalen Industrie und unserer nationalen Banken einzuleiten.

Vergessen wir nicht: Heute beherrschen die Banken Italien, aber früher waren sie die Juwelen des Staatskapitalismus. Man hat sie privatisiert! Sie waren Banken, die es erlaubten, einen starken Sozialstaat zu erhalten, und damit auch das Rentensystem und das Gesundheitssystem. Aber heute können wir all das nicht mehr aufrecht erhalten...

Moderator: Und die zweite Streichung?

Giudici: Das war, sagen wir, eine epistemologische Bemerkung, ein Verweis auf das Gewissen als Element des menschlichen Wesens, das uns innewohnt.

Moderator: Nun, wer in Ihr Taxi steigt...

Giudici: Verbreite ich Langweile?

Moderator: Nein, es interessiert uns, aber - [wendet sich an das Publikum im Studio] das ist sicher eine interessante These, nicht wahr? Eine sehr interessante These...

Gast [Michele Emiliano, Bürgermeister von Bari und nationaler Politiker]: Sicher, das ist eine These, die einige unter uns im Land verbreiten möchten, aber mit großen Schwierigkeiten...

Moderator [weist auf Giudici]: Auch weil die Zeitungen sich für diese Dinge nicht sehr interessieren...

Emiliano: Nicht nur die Zeitungen, auch die „Freunde“ interessiert es nicht sehr. Wenn ich selbst solche Bemerkungen mache und schlecht rede über - einen Gentleman wie Monti, dann ist das kein persönlicher Angriff. Wir wecken langsam unser Gewissen und fangen an, wieder Politik zu machen und über die politische Qualität einer Regierung zu sprechen. Aber man rennt gegen eine Wand, denn der Berlusconi-Schock war so, daß es manchen schon reicht, einen „normalen“ Permierminister zu haben.