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Neue Solidarität
Nr. 39, 26. September 2012

Zwei Welten auf der Weltwasserwoche:
Entwicklung oder Tod

Von Hussein Askary

Hussein Askary berichtet von der diesjährigen Weltwasserwoche, die vom 26.-31. August in Stockholm stattfand.

Vom 26.-31. August fand in Stockholm die jährliche Weltwasserwoche (WWW) unter Beteiligung von Nationen aus aller Welt statt; Veranstalter war das schwedische Ministerium für Internationale Entwicklung und Zusammenarbeit in Kooperation mit Weltkonzernen wie Nestle und PepsiCo.

Gewöhnlich sind diese Veranstaltungen völlig dominiert von malthusianischen Propagandaeinrichtungen wie dem World Wildlife Fund (WWF), dem Stockholmer Umwelt-Institut und ähnlichen. So mußte man auf eine Orgie ideologisch verbohrter grüner Idiotie vorbereitet sein, wo Europa und die USA die afrikanischen und asiatischen Länder nur als eine unangenehme Last betrachten und sie davon überzeugen wollen, daß ihr Elend sich nicht überwinden, sondern höchstens durch Almosen etwas lindern läßt und daß sie auf keinen Fall eine großangelegte industrielle und infrastrukturelle Entwicklung in Gang setzen dürfen.

In den letzten Jahren ist an dieser alljährlichen Veranstaltung deutlich zu sehen, wie wirtschaftlich und moralisch bankrott die transatlantische Welt ist, während der Rest der Welt und ganz besonders Afrika zunehmend nach Wegen sucht, sich davon abzukoppeln.

Seit dem Kopenhagener Klimagipfel 2009 hat sich die Welt dramatisch verändert - die Nationen Afrikas und Südamerikas wären, mit Rückendeckung Chinas, Indiens und Südafrikas, beinahe aus dem Gipfeltreffen hinausmarschiert. Ihre Botschaft lautete: Nationale Souveränität und das Recht auf Entwicklung bleiben für uns geheiligte Prinzipien. Der seither voranschreitende Untergang des britisch dominierten Finanzsystems hat den Bankrott des Westens nur noch deutlicher gemacht.

Und so kamen in diesem Jahr die Afrikaner mit einer anderen Haltung nach Stockholm. Sie präsentierten stolz ihre recht ehrgeizigen Entwicklungsprogramme und sagten Europa und Amerika (wenn auch in freundlichem Ton, um keine unnötigen Ärger auszulösen): „Das sind unsere Visionen. Macht mit oder laßt uns in Ruhe!“

Die einzigen, die es wagten, die Tatsache des transatlantischen Bankrotts offen anzusprechen, waren die Aktivisten der LaRouche-Bewegung, die zwar nicht eingeladen waren, aber vor dem Veranstaltungsort mit vielen Teilnehmern diskutierten und hunderte Informationsschriften verteilten.

Bei diesen Gesprächen mit den Konferenzdelegierten zeigte sich das gleiche Bild, das auch in der Konferenz selbst zu beobachten war: Die europäischen und amerikanischen Redner waren fast ausnahmslos gegen Kernkraft und gegen große oder gar kontinentale Wasserprojekte, wie sie die LaRouche-Bewegung vorschlägt. Manchmal wurden sie geradezu rabiat, weil die Präsenz der „LaRouchies“ sie daran hinderte, in der Konferenz das geplante kontrollierte Umfeld zu schaffen. Im Gegensatz dazu begrüßten die afrikanischen und asiatischen Delegierten diese Vorschläge für Infrastruktur-Großprojekte und brachten diese Unterstützung auch zum Ausdruck.

Ein Aspekt, der die Diskussionen prägte, war die Verlagerung der wirtschaftlichen Entwicklung auf die asiatisch-pazifische Region, wo China, Rußland, Indien und ihre Verbündeten sich für einen ganz anderen Ansatz im Umgang mit der Wirtschaftskrise entschieden haben. Dieser Ansatz beruht auf den besten Methoden westlicher Staatsmänner wie Franklin Delano Roosevelt - den Schwerpunkt bilden große Infrastruktur- und Forschungsprogramme. Der Westen selbst hat diese Politik seit der Ermordung von US-Präsident John F. Kennedy aufgegeben und setzt statt dessen auf eine industriefeindliche, abergläubische „grüne“ Ideologie und auf Finanzspekulation.

Die Wirkung der realwirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen China und Afrika wurde nicht offen, sondern nur am Rande der Konferenz angesprochen. Chinas eigene Entwicklungsprogramme wie z.B. der Bau von Staudämmen wurden hingegen von mehreren Konferenzrednern angegriffen (siehe unten).

Skandal um Biotreibstoffe in Afrika

Bild: International Socialist Organization
Arbeiter auf einer mit Entwicklungshilfe geförderten Zuckerrohr-Plantage in Sierra Leone, die Äthanol für Europa produziert.

Der Hauptveranstalter der Weltwasserwoche, das schwedische Entwicklungshilfeministerium, ist selbst in mehrere Skandale in Afrika verwickelt. Bauern wurde ihr Land und Wasser, das sie für ihre tägliche Ernährung brauchen, unter falschen Versprechungen weggenommen, um es für Pflanzenanbau für Biotreibstoffe zu nutzen. Die Skandale, die ein Reporter von Ekot, dem wichtigsten Radio-Nachrichtenprogramm Schwedens, aufgedeckt hat, hängen mit dem Hedgefonds Swedfund zusammen, der vom Ministerium selbst betrieben wird.

Ekot berichtete dazu ausführlich über eines von vielen Swedfund-Projekten in Sierra Leone.

Den bisher bekannten Fakten zufolge hat Swedfund dort offenbar in Zusammenarbeit mit dem Biotreibstoff-Hersteller Addax Landwirte mit betrügerischen Methoden um ihr Ackerland gebracht, um es für Biotreibstoff zu nutzen, und die betroffenen Bauern leiden nun Hunger und Durst.

In dem Dorf Woreh Yeama beispielsweise wurde mit den Bauern ein Vertrag geschlossen, den sie selbst nicht richtig verstanden, wonach Addax das Land auf 50 Jahre (!) für jährlich weniger als 8 Dollar je Hektar pachtet. Den Bauern wurde dafür Arbeit bei Addax und Schulen und Krankenversorgung für ihre Kinder versprochen, aber nichts davon wurde gehalten.

Nun wird mit dem Wasser in der Region Zuckerrohr angebaut, aus dem Äthanol für europäische Autofahrer hergestellt wird. Der Erfolg dieses schwedischen „Entwicklungsprojekts“ ist, daß die Bevölkerung in Sierra Leone Hunger und Durst leidet.

Was für ein großartiger Veranstalter für eine Weltwasserwoche!

„Objektive“ Inschutznahme der Biotreibstoffe

Dem Thema Biotreibstoffe, Wasser und Nahrungsmangel war im Rahmen der WWW sogar ein ganztägiges Seminar gewidmet. Aber was hatten die Veranstalter über die empörende Vergeudung von Land und Wasser für Biotreibstoff zu sagen? Zitat:

So behandelte das Seminar diese Frage „objektiv“, und es fiel kein Wort über die Verbrechen der staatlich geförderten Unternehmen und „gemeinnützigen“ Hedgefonds und Unternehmen in Sierra Leone und Tansania.

Die Probleme lösen - oder langsam sterben

Besonders auffällig war, daß die afrikanischen und asiatischen Teilnehmer der WWW (letztere meist vom Indischen Subkontinent und aus Südwestasien, da China und Rußland interessanterweise nicht teilnahmen oder nicht eingeladen waren) sich in ihren Vorträgen auf Lösungen für die Wasserkrise konzentrierten, während ihre europäischen und amerikanischen Kollegen meist nur über die Probleme sprachen und diese als Folge von Bevölkerungswachstum und dem Streben der Entwicklungsländer nach dem Aufbau moderner Volkswirtschaften hinstellten.

Die Vorträge der europäischen und amerikanischen Delegationen waren von der menschenfeindlichen, malthusianischen Ideologie der „Grenzen des Wachstums“ des Club von Rom und des WWF beherrscht. Die Redner aus den transatlantischen Nationen sprachen immer nur über die „Umweltkrise“ und wiederholten ad nauseam solche Phrasen wie „ökologischer Fußabdruck“, „Tragfähigkeit“, „Knappheit“, „Konflikte über begrenzte Ressourcen“, „Umweltverschmutzung durch Bevölkerungswachstum“, „Transparenz“ und „Governance“ der Ressourcen (d.h. die Beseitigung der Souveränität der nationalen Regierungen bei der Entscheidung über die Nutzung der nationalen Ressourcen und die Wirtschaftspolitik, indem man diese entweder der lokalen Bevölkerung, internationalen „Nichtregierungs-Organisationen“ oder multinationalen Konzernen überträgt) - und ähnliches Kauderwelsch mehr.

Einfach gesagt läuft ihre Argumentation darauf hinaus, daß der Mensch keine neuen Ressourcen schaffen kann. Ihr ganzes Denken beruht auf dem Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik, wonach alles, das Leben und die menschliche Zivilisation eingeschlossen, früher oder später den Hitzetod sterben muß. Und die Menschen beschleunigen diesen Prozeß, indem sie versuchen, die natürliche Ordnung zu verändern, weil sie egoistisch nach immer höherem Lebensstandard streben und dazu ihre Kreativität einsetzen, um immer fortgeschrittenere Technik und immer dichtere Kraftquellen zu entwickeln.

Der einzige Ausweg ist nach dieser grünen Ideologie, die menschliche Aktivität zu „bremsen“ und das Leben so zu einem langsamen Tod zu verurteilen! Aber da sich die menschliche Natur gegen solche Ideen sträubt, werden sie in pompöse scheinwissenschaftliche Computermodelle verpackt oder schwächeren Nationen einfach mit Gewalt oder durch die Verweigerung von Technik für wirtschaftliche Entwicklung aufgezwungen.

Da die Nutzung der Kernkraft und die Schaffung neuer Wasserressourcen durch Entsalzung oder Wassergroßprojekte von vornherein ausgeschlossen werden, bleibt dann nur noch das Nachdenken darüber, wie man in einer feindlichen Welt beschränkter Ressourcen überlebt. Für Afrika, Asien und Südamerika bedeutet dies, daß man „transparent“ mit Armut und Elend leben muß und durch „gute Verwaltung“ (Governance) die Armut möglichst gerecht verteilt.

Das ist kein leeres akademisches Geschwätz, sondern beispielsweise konkret die strategische Politik der jetzigen US-Regierung unter Präsident Barack Obama. Dies zeigte der Bericht über die „Globale Wasser-Sicherheit“, der im Februar vom Büro des Direktors der Nationalen Geheimdienste veröffentlicht wurde; er beruht auf ebendieser Prämisse, daß man nur die knappen Ressourcen verwalten, aber keine neuen Ressourcen schaffen könne: „Wir gehen davon aus, daß die Wasserregulierungstechniken sich im derzeitigen Maß weiterentwickeln werden und daß im Lauf der kommenden 30 Jahre keine weitreichenden Verbesserungen entwickelt und eingeführt werden...“, heißt es in dem Bericht, und deshalb sei mit „Wasserkriegen“ und sozialen Unruhen zu rechnen.

Westen ohne jede Vision

Bild: NEFCO/Tommi Tynjälä
Baustelle eines kleineren Wasserkraftwerks in Yünnan. Chinas Entwicklungsprogramm wurde in mehreren Vorträgen der Weltwasserwoche von westlichen Rednern angegriffen.

Wenn man die verschiedenen bei der Konferenz präsentierten Reden und Papiere betrachtet,1 erhält man einen Eindruck von dem tödlichen Mangel jeglicher Vision in der transatlantischen Elite. Zwei Autoren wenden sich direkt gegen Chinas Entwicklungspläne, die in Wirklichkeit ein Vorbild für andere Entwicklungsländer sind. Das erste Papier stammt von Dr. Thomas Henning von der Marburger Philipps-Universität und behandelt „Die Folgen der aggressiven Wasserkraftentwicklung Yünnans für die regionale Nahrungsmittelsicherheit“, das andere mit dem Titel „Dämme am Mekong: Verlust an Fischprotein und die Folgen für die Ressourcen von Land und Meer“ wurde von Stuart Orr vom WWF International in der Schweiz verfaßt und richtet sich gegen China und seine Verbündeten im Becken des Mekong.

Henning schreibt (Original Englisch): „China baut aggressiv seinen Energiesektor aus, in dem Wasserkraft eine wesentliche Rolle spielt. Innerhalb Chinas spielt die Provinz Yünnan eine Schlüsselrolle in der Wasserkraftentwicklung, was sie sogar global zu einer Schlüsselregion für die Wasserkraft macht. In etwa 15 Jahren wird sie eine Wasserkraft-Kapazität von mehr als 90 GW installiert haben. Sie basiert entweder auf oft umstrittenen Großprojekten (LHP) an großen Flüssen sowie auf kleineren Projekten (SHP), die beide künstliche Seen schaffen. SHPs gelten oft a priori als eine ökologisch und sozial tragfähige erneuerbare Energie. Aber in Yünnan fallen sie in eine der reichsten Regionen biologischer, geologischer und ethnischer Vielfalt. Es herrscht ein auffälliger Mangel an Kenntnissen durch Untersuchungen der kumulierten Folgen der SHPs, wie den Konsequenzen für die Nahrungsmittelsicherheit, die Veränderung der Landnutzung und die Lebensbedingungen der verschiedenen ethnischen Gruppen.“

Der WWF, der sich sonst immer um die Wildtiere sorgt, fürchtet plötzlich eine Verschlechterung der Proteinversorgung für die Menschen in der Region des Mekong durch mögliche Veränderungen der Lebensräume und der Migration von Fischen im Fluß, wenn China und seine Nachbarländer ihre Pläne zur Entwicklung von Wasserkraft, moderner Landwirtschaft und Industrien in der Region verwirklichen. Orr schreibt:

„Die meisten der 12 Millionen Haushalte im unteren Mekongbecken wären von der veränderten Verfügbarkeit von Fischen betroffen, weil Fische die Hauptquelle von Protein in der Nahrung sind. Die Einschätzung des Wasser- (,Wasser-Fußabdruck’) und Landverbrauchs (,Land-Fußabdruck’), der sich unvermeidlich vergrößern würde, um das beim Fischfang verlorene Protein auszugleichen, ist eine der wichtigsten Herausforderungen bei der Bewältigung der entscheidenden Auswirkungen der Staudämme im Mekong-Becken.“

Der WWF schließt Aquakultur (Fischfarmen) - eine in Nordeuropa weit verbreitete Praxis - als am Mekong „unmöglich“ aus. Aber er lehnt es auch ab, mehr Land für eine moderne Landwirtschaft und zur Viehhaltung zur Erzeugung von mehr Protein für die Bevölkerung zu erschließen, weil das eine Vergrößerung des ökologischen „Fußabdrucks“ mit sich brächte.

Wie schon Thomas Malthus bei seinem Versuch, seine berüchtigte Bevölkerungstheorie mathematisch zu untermauern, schließen auch seine modernen Nachfolger in ihrer Argumentation technischen Fortschritt im Produktionsprozeß, der die Nahrungsmittelerzeugung steigert, aus ihren Gleichungen und Computermodellen aus. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Aber auch dies ist keine akademische Frage: Wenn man zuläßt, daß solche Leute den Kurs der Politik der westlichen Welt prägen, und das realwirtschaftlichen Aufbau der Entwicklungsländer verhindert, ist das eines der größten Verbrechen gegen die Menschheit.

Pessimistische Prognosen

Ein weiterer Fall von Panikmache ist ein Papier von Dr. Dieter Gerten vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung - dem Institut jenes Prof. Hans Joachim Schellnhuber, der nicht nur die Kernkraft, sondern auch die Nutzung der fossilen Energieträger abschaffen will. Der Titel von Gertens Papier hört sich zunächst positiv an: „Wasserbedarf für die zukünftige globale Nahrungsmittelerzeugung, Potentiale des grün-blauen² Wassermanagements auf den Farmen zur Steigerung der Nahrungsmittelproduktion“. Aber alle Argumente, die er in dem Papier vorbringt, widersprechen diesem Ziel. Er schreibt (Original Englisch): „Klimawandel, Bevölkerungswachstum und veränderte Ernährungsgewohnheiten zusammengenommen werden durch höhere Nachfrage nach Produkten von Ackerbau und Viehzucht starken Druck auf die weltweiten Wasserressourcen erzeugen.“ Gerten beschreibt dann die Ergebnisse der Computermodelle seines Instituts, in denen Kernkraft, Wasserkraft und Meerwasserentsalzung zur Erzeugung von Trinkwasser ausgeklammert sind. Daraus schließt er dann mit pseudowissenschaftlicher Präzision: „Dieses Modell quantifiziert im globalen Maßstab, wieviel Wasser benötigt wird, um eine ausgewogene Ernährung zu schaffen. Durch den Vergleich dieses Bedarfs mit dem verfügbaren blauen und grünen Wasser auf den derzeitigen landwirtschaftlichen Produktionsflächen der jeweiligen Länder läßt sich der Wassermangel detaillierter als bei bisherigen Mangelmodellen bestimmen.“ (Hervorhebung hinzugefügt, H.A.)

Die Schlußfolgerung aus Gertens 17 Computermodellen für die Entwicklung des Klimas lautet, daß sich bis 2070-2099 bei einer steigenden CO2-Konzentration und Wachstum der Weltbevölkerung das Wasserproblem weiter verschärfen wird. „Die Wasserknappheit wird sich in vielen Ländern verschärfen, was bedeutet, daß mehrere Länder ihre Fähigkeit zur Selbstversorgung verlieren könnten.“

Und wo bleibt der positive Impuls, der im Titel des Papiers angedeutet wurde? Da schreibt Dr. Gerten: „Aber durch ein verbessertes Wassermanagement auf den Farmen kann diese Lage beträchtlich entspannt werden: Durch Methoden zur effizienten Erhöhung des Wasserverbrauchs, wie etwa die Reduzierung unproduktiver Bodenverdunstung und Nutzung von Abflußwasser in Dürrezeiten, läßt sich die Ernte weltweit um bis zu etwa 20% steigern.“ Aber, so Gerten, „die schädlichen Folgen des Klimawandels lassen sich durch ein solches Management nicht vollständig ausgleichen, und selbst wenn eine maximale Effizienz der Wassernutzung erreicht würde, würden die grün-blauen Wasserressourcen nicht ausreichen, um die erforderlichen Nahrungsmittel für mehr als neun Milliarden Menschen zu erzeugen.“

Die Schlußfolgerung hieraus ist offensichtlich, daß man sich mit einer Verringerung der Weltbevölkerung und mit einem Bremsen der wirtschaftlichen Entwicklung in aller Welt abfinden müsse.

Das war alles, was das hochentwickelte Deutschland und Europa den Afrikanern zu bieten hatte, die nach Stockholm gekommen waren, um zu sehen, wie man die schwere weltweite Wasser-, Nahrungsmittel- und Armutskrise überwinden kann!

Ähnlich deprimierende Beispiele sind ein äußerst zynisches Papier von Prof. Jürgen Schmandt von Houston Advanced Research Central (USA) und Prof. Gerald North von der Texas A&M University mit dem Titel „Wie nachhaltig sind regulierte Flüsse in Trockengebieten?“ Sie behaupten, angesichts von Klimawandel und Sedimentierung seien Flußregulierung, Staudämme und Bewässerungssysteme sinnlos, was man an den USA sehen könne. Als Beispiel nehmen sie den Rio Grande, den sie untersucht haben, um zu beweisen, daß die Rückhaltekapazität der Reservoirs an diesem Fluß jährlich um 6% sinken werde, was zu gewaltigen Umweltschäden führen werde. Ohne eine Erschließung neuer Wasservorkommen bleibe nur die Möglichkeit, Wasser „zu sparen“ und zu „weniger wasserintensiven Feldfrüchten“ überzugehen. Möglichkeiten wie die, riesige Wassermengen aus Westkanada und Alaska in den Süden der Vereinigten Staaten und nach Mexiko zu leiten und die Probleme auf diese Weise zu lösen, wie es mit dem Projekt NAWAPA-21 vorgeschlagen wurde, lassen die Autoren unerwähnt.

Noch schlimmer als solche Theorien, die darauf hinauslaufen, daß man sich am besten selbst ein Loch gräbt und hineinlegt, um dann langsam zu sterben, ist der Umstand, daß diese beiden ehrenwerten Professoren durch die ganze Welt reisen wollen, um zu predigen, daß die Regulierung von Flüssen, der Bau von Staudämmen und moderne Bewässerungssysteme nicht helfen werden. Wir wissen noch nicht, ob Schmandt und North auf ihre Vortragsreise auch einen Weltuntergangsprediger mitnehmen werden, der ihre wissenschaftlichen Arbeiten durch Bibelzitate aus der Offenbarung des Johannes bereichert.

Die afrikanische Perspektive

Im Gegensatz zu dieser abstoßenden menschenfeindlichen Sicht standen beim Fokus-Afrika-Tag am 28. August, an dem mehrere für die Wasserversorgung zuständige Minister afrikanischer Staaten teilnahmen, wirkliche Lösungen im Mittelpunkt. Afrika will seine Wasser- und Nahrungsmittelknappheit überwinden, auch wenn ihm die Mittel fehlen, dies aus eigener Kraft zu schaffen, und viele führende Vertreter des Kontinents immer noch von den Institutionen und Agenten des Britischen Empires beeinflußt sind. Die Vorträge und Diskussionen, die ich persönlich mitverfolgen konnte, verliefen in einer erfrischend normalen, menschlichen Atmosphäre.

Afrikas gewaltige Probleme erfordern gewaltige Investitionen und eine ganz andere Herangehensweise in der Zusammenarbeit zwischen Nord und Süd und Ost und West als bei der inzwischen üblichen Politik kleiner Almosen. Die Vertreter Afrikas, insbesondere von der Afrikanischen Kommission der Minister für das Wasser (AMCOW), die vom ägyptischen Minister für Wasservorkommen und Bewässerung Mohammad Bahaa el-Dil Saad geleitet wird (Lesen Sie dazu bitte das nebenstehende Interview), brachten wichtige und realistische Visionen für die Lösung der afrikanischen Probleme in die Konferenz ein.

Auch wenn in diesen Plänen bestimmte wichtige Elemente noch fehlen - so die Kernkraft und große transkontinentale Wasserprojekte, wie das Transaqua-Projekt zur Wiederauffüllung des Tschadsees durch Wasser aus dem Kongo, oder ein transkontinentales Netz von Hochgeschwindigkeitsbahnen -, so standen ihre Gespräche doch im klaren Gegensatz zu den grünen Weltuntergangspropheten aus Europa und den USA.

Wenn der Verfasser oder die Aktiven der LaRouche-Bewegung draußen vor dem Konferenzzentrum solche wichtigen Fragen wie die Kernkraft, die Integration Afrikas durch Eisenbahnen, die Erschließung neuer Wasservorkommen durch den Transfer von Wasser oder Meerwasser-Entsalzungsanlagen mit Kernenergie ansprachen, lautete die Antwort der afrikanischen und asiatischen Teilnehmer stets: „Ja, natürlich!“

Bild: www.salini.it
Modell des Millenium-Damms, der am Blauen Nil gebaut werden soll.

In einer der Ausstellungshallen hatte die Initiative für das Nilbecken (NBI) einen Stand, an dem sie stolz ihre Pläne für den Bau von Wasserkraftwerken, insbesondere am Blauen Nil in Äthiopien, vorstellten. Dr. Abdulkarim Seid, ein Experte der NBI für Ressourcenplanung und Regulierungsprojekte in der Region, führte mich durch die Ausstellung der Staudamm- und Wasserregulierungsprojekte in der Region. Im Mittelpunkt stand der „Millenium-Damm“ in Äthiopien, der derzeit am Blauen Nil in der Nähe der Grenze zum Sudan gebaut wird.

Dieser Damm wird nach seiner Fertigstellung eine Stromerzeugungskapazität von 6000 MW haben, was ihn zum größten Wasserkraftprojekt Afrikas macht. Zusammen mit ergänzenden Maßnahmen zur Wasserregulierung wird er die Sedimentierung der flußabwärts gelegenen Staubecken deutlich reduzieren, insbesondere im Sudan. Dies wurde vom Bundesminister des Sudan für die Wasservorkommen, Seif Eldin Abdallah, bestätigt, der beklagte, daß die Staubecken im Sudan infolge der Bodenerosion insbesondere im Äthiopischen Hochland während der Regenzeit von August bis Oktober stark unter der Sedimentierung leiden. Wegen der hohen Ausbaggerungskosten in den Kanälen sei das Al-Dschasira-Projekt in einer der wichtigsten Agrarregionen des Sudan durch dieses Problem gefährdet.

Aber Dr. Seid konzentrierte sich, wie die übrigen afrikanischen Teilnehmer, auf die Lösung. Als Beispiel, wie man mit dem Problem umgehen könne, führte er die Zusammenarbeit Äthiopiens mit China bei der Erhöhung des Roseires-Dammes am Blauen Nil zur Steigerung von dessen Speicherkapazität an. Entgegen Berichten über Interessenskonflikte zwischen den Staaten des Nilbeckens über den Bau von Staudämmen am Oberlauf traf sich der sudanesische Präsident Omar Hasan Al-Baschir im April mit dem äthiopischen Präsidenten Meles Zenawi, um die Unterstützung des Sudan für den Bau des Millenium-Damms in Äthiopien zu demonstrieren.

Viele Konferenzbeiträge der afrikanischen und asiatischen Teilnehmer waren zwar im grünen Jargon der europäischen und amerikanischen Teilnehmer gehalten, damit sie von den Organisatoren der Konferenz angenommen wurden, dennoch waren sie allgemein lösungsorientiert. So argumentierte beispielsweise Abby Muricho Onencan von der Nile Discourse Group in Uganda unter dem Titel „Begrünung des Nilbeckens: Die Verbindung von Wasser, Energie und Nahrung als Schlüssel zur Zusammenarbeit“ für eine Ausweitung der regionalen Zusammenarbeit beim Bau moderner Mehrzweck-Wasserkraftwerke als etwas absolut Selbstverständliches.

Onencan schreibt: „Durch die kooperativen Arrangements im Rahmen der Initiative für das Nilbecken hat sich gezeigt, daß umfassende Eingriffe in den Wasserhaushalt für Energieversorgungs- und Bewässerungsdienstleistungen allen nützen und eine große Rolle bei der Verbesserung nachhaltiger und würdiger Lebensbedingungen spielen. Durch unterschiedlich gestaltete Mehrzweckprojekte wie das gemeinsame Mehrzweckprojekt hat die NBI deutlich gemacht, daß es besser ist, an ein Projekt mit dem Ziel heranzugehen, eine Vielzahl von Vorteilen gleichzeitig damit zu erreichen... Wenn die Wasservorkommen knapp werden, wird man das Wasser über große Distanzen leiten oder auf alternative Weise, z.B. energieintensive Entsalzungsprozesse, erzeugen. Ein modernes Wassermanagement einschließlich der Schaffung von Beobachtungsnetzwerken und Datenzentren setzt eine zuverlässige Stromversorgung voraus. Um Wassersicherheit zu schaffen, was bedeutet, Wasser in ausreichender Menge und Qualität für Gesundheit, tägliche Versorgung, Ökosysteme und Produktion bereitzustellen, muß Energie zur Verfügung stehen.“

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Nein zu den „Vier apokalyptischen Reitern“ der  Oligarchie!

Die Wasser-, Nahrungsmittel- und Energieversorgung Afrikas und der übrigen Welt ist offensichtlich in Gefahr, und die Lösung für diese Krise liegt genauso wie ihre Ursache in einer veränderten Sicht der Rolle des Menschen in der Natur und im Universum. Das bedeutet auch eine Veränderung der politischen und wirtschaftlichen Praxis, sowohl auf nationaler wie auf globaler Ebene. Wenn wir die malthusianische Religion des Britischen Empire akzeptieren, dann brauchen wir im Grunde nichts weiter zu tun, als darauf zu warten, daß die vier Reiter der Apokalypse über die Welt hereinbrechen. Aber als freie Menschen und Bürger souveräner Nationen sollten wir solche oligarchischen Vorstellungen zurückweisen und stattdessen die prometheische, humanistische Sichtweise annehmen, daß wir als Ebenbild einer kreativen, universellen Seele geschaffen sind, und Herren unseres eigenen Schicksals - und nicht Sklaven der Launen der Natur und einer imperialen Oligarchie mit ihren heuchlerischen Quackademikern.

Um diese Vision in praktische Politik für die Nationen, Regionen und Kontinente umzusetzen, braucht man nur die Ideen zu studieren, die Lyndon LaRouche und seine Mitstreiter in den letzten Jahrzehnten vorgelegt haben.


Anmerkungen

1. „Abstract Volume, World Water Week in Stockholm, August 26-31, Water and Food Security“.

2. Mit solchen Bezeichnungen im Zusammenhang mit dem „Wasser-Fußabdruck“ wollen der WWF und andere Grüne Knappheit des Wassers suggerieren. „Blaues“ Wasser ist dabei verfügbares Grund- und Oberflächenwasser in Flüssen, Kanälen und Wasserleitungen. „Grünes“ Wasser ist das vornehmlich aus dem Regen stammende, im Erdboden vorhandene und von den Pflanzen aufgenommene Wasser. Man spricht auch von „grauem“ Wasser - Abfallwasser, das wieder aufbereitet werden kann.