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Neue Solidarität
Nr. 40, 3. Oktober 2012

„Ein Absetzungsverfahren ist keine revolutionäre Idee“

Der Abgeordnete Walter B. Jones (Republikaner aus North Carolina) veranstaltete am 22. September eine Pressekonferenz, bei der mehrere prominente ehemalige Militärs ihre Unterstützung für die von Jones eingebrachte „gleichlautende Resolution“ (HCR) 107 zum Ausdruck brachten, in der dem Präsidenten mit Absetzung gedroht wird, falls er ohne Zustimmung des Kongresses einen Krieg beginnt. Bei der Pressekonferenz sprachen der Abgeordnete Jones selbst, der Völker- und Verfassungsrechtler Bruce Fein - Staatssekretär im Justizministerium unter Präsident Reagan und Autor des Buchs „American Empire: Before the Fall“ -, Colonel (ret.) Lawrence Wilkerson, ehem. Stabschef von Außenminister Colin Powell (2002-2005), sowie Lt. Colonel (ret.) Anthony Shaffer, der in seinem Buch „Operation Dark Heart“ die als „Able Danger“ bekannte Datensammlungsoperation des Pentagon enthüllte und zwei Terrorzellen aufdeckte, die an den Anschlägen vom 11. September 2001 beteiligt waren. Außerdem wurde eine Unterstützungserklärung von General Joseph P. Hoar (USMC) verlesen, der als Stabschef und später als Kommandeur des Zentralkommandos diente. Die Moderation führte Jeffrey Steinberg. Wir dokumentieren im folgenden den Verlauf dieser Pressekonferenz.

Jeff Steinberg: Ich möchte mich bei allen bedanken, die heute morgen so kurzfristig hier sein können. Im Kongreß steht heute eine Reihe von Abstimmungen an, sodaß der Abgeordnete Jones uns bald wieder verlassen muß.

Bild: LPAC
Der Abgeordnete Walter Jones stellte im Kongreß den Resolutionsantrag HCR 107, in dem festgestellt wird, daß ein Präsident, der ohne Not und ohne Zustimmung des Kongresses einen Militärangriff startet, deshalb abgesetzt werden kann.

Im März dieses Jahres brachte der Abgeordnete Walter Jones die „House Concurrent Resolution 107“ ein, worin es heißt, daß laut Artikel 1, Abschnitt 8 der Verfassung nur der US-Kongreß die Befugnis hat, Krieg zu erklären, und daß jeder Präsident, der dieses Grundprinzip der Verfassung verletzt, nach diesem Artikel des Amtes enthoben werden kann.

Das ist mehr als ein bloß theoretisches Thema, so wichtig es als das ist, sondern eine ganz reale Frage angesichts der Ereignisse in Afrika, im Nahen Osten und anderswo, die potentiell zu einem Krieg führen können; daher ist die Rolle des Kongresses, wie sie von den Gründervätern erdacht worden ist, von zentraler Bedeutung, um sicherzustellen, daß wir nicht in einen Konflikt geraten, aus dem dann ein großer Krieg entsteht.

Hier ist heute eine außergewöhnliche Gruppe von Menschen zusammengekommen, die ihre Besorgnisse sehr offen ausdrücken. Ich möchte daher dem Abgeordneten Jones das Wort erteilen, der kurz sprechen wird, anschließend folgen Colonel Wilkerson, Bruce Fein und Lt. Colonel Shaffer. Dann werde ich vielleicht noch ein paar kurze Bemerkungen machen und es wird Zeit für einige Fragen geben. Ich danke Ihnen allen.

Walter Jones: Vielen Dank, Jeff. Ich werde mich kurz fassen, weil in etwa zehn Minuten Abstimmungen anstehen.

Seit wir mit falschen Informationen in den Irak gelockt wurden und all diese jungen Männer und Frauen starben oder verstümmelt wurden, ist es mein beständiges Anliegen, sicherzustellen, daß der Kongreß wieder das tut, was die Verfassung vorschreibt - nämlich, wenn wir unsere jungen Männer und Frauen in den Kampf und in den Tod schicken, daß wir dann den Krieg erklären müssen.

Es gibt Ausnahmen, das muß man fairerweise sagen, Ausnahmen wie den 11. September, wo der Präsident die Befugnis haben muß, unmittelbar Entscheidungen zu treffen. Hoffentlich wird er oder sie an diesem Punkt auch den Kongreß einbeziehen.

1999 war ich einer von 20 Klägern, die mit Tom Campbell vor Gericht gingen, als Präsident Clinton den Kongreß umging und den Kosovo bombardierte. Wir gingen vor das Bundesgericht; die Bundesrichter verwarfen es mit dem Argument: Ihr im Kongreß habt das Recht, das Geld dafür zu streichen, auf diese Weise habt ihr ja das Recht, einen Krieg aufzuhalten.

Und als Präsident Obama entschied, Libyen zu bombardieren, dachte ich bei mir, jetzt geht es wieder los. Wieder hat eine Administration den Kongreß umgangen - also die Verfassung umgangen, was eigentlich viel wichtiger ist als der Kongreß. In der Verfassung steht, der Kongreß muß konsultiert werden. Es muß eine Kriegserklärung geben. Und wenn er [Obama] überhaupt jemanden konsultierte, waren das, soweit ich weiß, nur ein, zwei oder drei Leute in der Führung der Republikanischen und der Demokratischen Partei.

Daher haben wir in Zusammenarbeit mit Bruce Fein die Resolution HCR 107 eingebracht, die Jeff gerade erwähnte. Darin heißt es „ein Präsident“; also nicht „der Präsident“ [Obama], sondern „irgendein Präsident“. Es sollte eine Debatte darüber anstoßen, wer das Recht hat, Krieg zu erklären.

Leider haben wir, so sehr wir auch Druck gemacht haben, in dieser Legislaturperiode keine Anhörung über die Rolle des Kongresses in Bezug auf die Verfassung und auf die Kriegsfrage erreicht.

Deshalb bin ich heute sehr froh, hier meinen kleinen Beitrag zu leisten. Wir hören ständig die Kriegstrommeln im Nahen Osten und auch in anderen Teilen der Welt. Und ich denke einfach nur, daß der Kongreß wieder der Verfassung folgen muß. Daß es Ausnahmen gibt, habe ich schon gesagt. Jeff stellte schon Colonel Wilkerson vor; er und ich sind Freunde geworden. Nachdem mir klar wurde, daß ich mit dem Irakkrieg einen Fehler gemacht hatte, beriet ich mich mit Larry Wilkerson und anderen. Er half mir zu verstehen, daß viel zu oft Entscheidungen von Regierungen am Kongreß und am amerikanischen Volk vorbei getroffen werden und das Land in den Krieg geführt wird.

Bruce Fein ist ein enger Freund von mir. Er hat mir, wie gesagt, bei vielen verfassungsrechtlichen Fragen geholfen. Ich bin kein Jurist; ich denke, ich verstehe die Verfassung, aber ich bin kein Experte wie Bruce.

Und Lt. Colonel Tony Shaffer ist jemand, der auf Integrität und Verstand baut. Für ihn ist die Wahrheit das Maß der Politik.

Es werden also einige wunderbare Menschen zu Ihnen sprechen, und ich bin froh, hier zu sein, und ich werde auch - falls ich im November wieder gewählt werde - weiter meinen kleinen Beitrag dazu leisten, sicherzustellen, daß keine jungen Amerikaner ihr Leben hingeben müssen, wenn wir dabei nicht der Verfassung folgen.

Vielen Dank für die Gelegenheit, heute hier sein zu können. Jeff, ich danke Ihnen.

„Wir haben 300.000 Menschen getötet - ohne Kriegserklärung“

Bild: LPAC
Oberst Lawrence Wilkerson war Stabschef des damaligen US-Außenministers Colin Powell.

Colonel Wilkerson: Danke, daß ich hier sein kann. Obwohl nicht gerade Massen anwesend sind, ist diese Veranstaltung, wie viele Veranstaltungen in der Vergangenheit, sehr wichtig. Das Argument des Abgeordneten Jones, besonders in seinem Brief an den Präsidenten der Vereinigten Staaten, ist eine der wichtigsten Fragen, mit der wir heute konfrontiert sind. Und ich spreche hier aus 31 Jahren Erfahrung in allen Ebenen der Verantwortung in der US-Armee und auch vielen gemeinsamen Einsätzen mit dem Marine Corps und der US-Marine. Ich selbst wurde beispielsweise am US Naval War College [Hochschule der US-Marine] als Stratege ausgebildet.

Ich verwende den größten Teil meiner Freizeit darauf, zu studieren, an welchem Punkt in der Geschichte dieses Imperiums wir jetzt sind, damit ich es meinen Studenten erklären kann. Es geht um das, wie man es jetzt gewöhnlich nennt, „Fällen schicksalhafter Entscheidungen“ des Präsidenten. Als „schicksalhaft“ bezeichnen wir die Entscheidung, junge Männer und Frauen aus Gründen der Staatsraison in den Tod zu schicken. Und, was man besonders in diesem Land gerne vergißt, andere Menschen aus Gründen der Staatsraison zu töten. Im letzten Jahrzehnt haben wir nach konservativen Schätzungen des Pentagon mehr als 300.000 Menschen getötet. Das ist ein ernüchternder Gedanke, besonders wenn für die USA überhaupt keine existentielle Bedrohung besteht. Und es ist auch keine in Sicht, außer vielleicht wir selbst.

Bruce Fein wird dazu mehr sagen können als ich, aber James Madison, der vielen als der Vater unserer Verfassung gilt, sagte oft, daß es einer Tyrannei gleichkommt, wenn die Entscheidung über Kriege bei der Exekutive liegt. Und das ist exakt, was wir getan haben. Ganz genau das.

Und warum ist die Exekutive so versessen auf diese Macht? Ich habe drei Regierungen ganz aus der Nähe gedient! Weil sie die Macht benutzen können. Es ist so einfach in diesem Land. Es gibt Wege, den Kongreß zu umschiffen - man setzt einfach 200.000 Mann aus privaten Militärfirmen ein und vergrößern so die Stärke unserer Landtruppen um diese Zahl. Wir haben eine moderne Freiwilligenarmee, so daß weniger als ein Prozent der Amerikaner für die restlichen 99% bluten und sterben. Wenn ich meine Studenten frage: „Wie viele von Ihnen würden mit diesem Marine oder diesem Soldaten in Afghanistan, Irak oder anderswo die Plätze tauschen?“, dann hebt keiner die Hand! Sie sind wenigstens offen und ehrlich mit mir.

Und ich sage Ihnen: „Diese Soldaten und Seeleute, jeder einzelne von ihnen, wäre lieber an Ihrer Stelle, als dort, wo sie jetzt sind! Und doch hat der Präsident die Macht, sie dorthin zu schicken.“

Die Selbstmordrate in der Armee und den Marine Corps ist unglaublich hoch. Einer der Gründe dafür ist, daß wir die Anforderungen dermaßen heruntergeschraubt haben, daß wir 100.000 als Soldaten eingestellt haben, die mehrmals die psychologische Eignungsprüfung nicht bestanden haben, bevor wir sie in die Armee oder zu den Marines steckten.

Das ist nicht der einzige Grund. Zu schwere Einsätze, häufige [Auslands-] Einsätze; extrem schwieriges Kampfgebiet usw. Wir als Amerikaner sollten uns, denke ich - ich tue es jedenfalls -, dafür schämen, daß wir das zugelassen haben.

Und all das aus dem Grund, worauf der Abgeordnete Jones hinweist: daß der Präsident der Vereinigten Staaten dieses apathische Land so leicht in den Krieg führen und Menschen umbringen kann!

Danke.

Bild: LPAC
Der Völkerrechts- und Verfassungsrechtsexperte Bruce Fein hat eine Anklageschrift für ein Absetzungsverfahren gegen Präsident Obama veröffentlicht.

Bruce Fein: Vielen Dank. Auch ich möchte dem Herrn Abgeordneten Walter Jones meine Ehrerbietung erweisen. Er erinnert mich an eine Bemerkung des damaligen Präsidenten Andrew Jackson, als er gefragt wurde, „Was ist eine Mehrheit?“ Er sagte: „Ein Mann mit Mut.“ Und dank des Abgeordneten Walter Jones haben wir vielleicht die Möglichkeit, vom Abgrund wegzukommen.

Ich möchte etwas aufgreifen und bekräftigen, was Colonel Wilkerson gesagt hat: Diese 300.000 Tötungen sind Mord. Denn der legale Krieg legalisiert das, was normalerweise Mord wäre. Aber wenn der Krieg nicht legal ist, dann sind es Morde. Und der Grund, warum die Gründerväter so sehr darauf bedacht waren, die Meßlatte für den Eintritt in einen Krieg ganz hoch anzulegen, war genau der, daß im Krieg das Gesetz des Dschungels herrscht.

Cicero hat schon vor 2000 Jahren gesagt: „In Kriegszeiten schweigt das Recht.“ Selbst die nominellen Gesetze des Krieges werden regelmäßig mißachtet, und das praktisch straflos. Und deshalb stützten sich die Gründerväter auf die gesamte Geschichte der Menschheit, die zeigte, daß die Exekutive am stärksten dazu neigt, Kriege zu führen, weil sie alles für sich bekommen - die Ausgaben, die Ernennungen, den Ruhm, die Spur im Sand der Geschichte: „Ich verändere die Welt...“

Wenn man sich die Geschichte der ganzen Menschheit betrachtet, dann ist es ausnahmslos immer die Exekutive, die den Krieg in Gang setzt. Manchmal, um Blutrache zu üben. Man hat mir gesagt, George W. Bush habe sich dafür rächen wollen, daß Saddam versucht hatte, seinen Vater umzubringen. Sobald Saddam gefangen war, war ihm alles andere egal. Das sind genau die Gründe, warum die Gründerväter, jeder einzelne von ihnen, beim Verfassungskonvent sagten: „Wir wollen nicht, daß irgendeine einzelne Person oder irgendeine Gruppe uns in einen Krieg hineinführen kann.“ Das reichte von den liberalsten bis hin zu den konservativsten, wie Alexander Hamilton, der für eine sehr starke Präsidentschaft war. Sie alle waren sich einig, daß Krieg mit Freiheit nicht vereinbar ist! Die Prinzipien, die aufgestellt werden, um Krieg und nationale Sicherheit zu rechtfertigen, wirken auf den inneren Schauplatz zurück.

Wir haben das erst kürzlich gesehen, beim National Defense Authorization Act, der dem Präsidenten das Recht gibt, jeden US-Bürger einzusperren, nur auf seine Anordnung hin, wenn jemand „einer mit einer terroristischen Gruppe verbundenen Kraft substantielle Unterstützung leistet“! Kürzlich wurden im Südbezirk von New York die Vereinigten Staaten in diesem Verfahren gegen Chris Hedges gefragt: Was ist denn „substantielle Unterstützung“? „Ach, das wissen wir nicht“. Was ist eine „verbundene Kraft“? „Das wissen wir nicht. Wenn wir es sehen, werden wir es erkennen.“

Das zeigt, welche breiten Befugnisse das NDAA erteilt - eine Rückwirkung der Usurpation der Kriegsbefugnis!

Und es ist tatsächlich äußerst ironisch, daß man uns anfangs gesagt hat: „Wir müssen in Afghanistan und im Irak kämpfen, 6000 oder 8000 Meilen entfernt, um zu verhindern, daß das Schlachtfeld zu uns nach hause kommt“, und nun sagen diese Verfechter des NDAA: „Das Schlachtfeld ist hier bei uns!“ Wenn wir hier irgendwelche Leute verhaften und inhaftieren, dann haben sie kein Recht mehr auf einen Anwalt. Sie haben kein Recht mehr auf einen fairen Prozeß. Wir sagen ihnen, daß das Schlachtfeld hier in den Vereinigten Staaten ist - das ist das, was diese Lindsey Grahams, diese Herren Liebermans und John McCains sagen. Und wir kämpfen 6000 bis 8000 Meilen entfernt, um genau das zu verhindern. Nun hat man sich das Schlachtfeld hierher geholt!

Gesetzgeber, Richter und Henker in einer Person

Und es geht sogar noch weiter! Die jüngsten Enthüllungen in der New York Times, die von der Regierung Obama nicht einmal dementiert wurden - sie sind sogar noch stolz darauf! - zeigen, daß der Präsident für sich das Recht beansprucht und nimmt, jedes lebende Wesen auf dem Planeten zu überwachen und zu sagen: „Du bist eine unmittelbare Bedrohung für die Vereinigten Staaten, du wirst durch eine Predator-Drohne pulverisiert.“ Irgendeine gerichtliche Prüfung? Nein! Irgendeine Prüfung durch den Kongreß? Nein! Irgendeine Offenlegung der Informationen, die diese Entscheidung rechtfertigen, daß du einer der Terroristen bist, die pulverisiert werden? Nein! Alles geheim.

Wie nennt man die Verbindung von Legislative, Exekutive, richterlicher Macht und Henker, alles in einer Person? Genau das haben die Gründerväter im Federalist 47 als Definition der Tyrannei beschrieben!

Denken Sie mal darüber nach: Was war der Grund, warum es überhaupt eine Unabhängigkeitserklärung gab und warum wir die Amerikanische Revolution erfochten haben? Um die Tyrannei von König Georg III. zu beenden! Und nun praktizieren wir genau das, wogegen wir von 225, 230 Jahren aufgestanden sind!

Und wo bleibt der Kongreß? Der wirbellose Zweig der Regierung, abgesehen vom Abgeordneten Jones? Und das Erstaunliche ist, daß man gar keine archäologischen Expeditionen braucht, um die Beweise für Vergehen zu finden, die eine Absetzung rechtfertigen: Sie stehen auf den Titelseiten! Sie werden offen zugegeben!

Nun meinen viele: „Absetzung - das klingt wie ein Staatsstreich, nur Bananenrepubliken machen Absetzungsverfahren.“ Auf dem Verfassungskonvent sagte Benjamin Franklin: Nein, ein Absetzungsverfahren ist der Ersatz für einen Mord, um einen Tyrannen loszuwerden; es ist ein Ersatz für Brutus und Cassius, die sich gegen Julius Cäsar verschwören. Es ist also der zivilisierte Weg, bei dem wir keine Strafe verhängen. Es ist lediglich eine Amtsenthebung: „Wir können Ihnen die Macht nicht länger anvertrauen.“ Deshalb ist es nach meinem Urteil ziemlich stumpfsinnig, zu unterstellen, es sei eine revolutionäre Idee, über eine Absetzung nachzudenken. Nein! Es ist der erste Schritt zur Zivilisierung, zur Zähmung der Konvulsionen, die gewöhnlich damit verbunden sind, wenn man ein Regime wechselt, weil es seine Macht mißbraucht.

Und das Seltsame an der Passivität des Kongresses und an der Notwendigkeit dieser speziellen Resolution ist, daß sich praktisch die Hälfte des Verfassungskonvents, die Hälfte der Ratifikationsdebatten auf der Ebene der Bundesstaaten, mit der Sorge und der Furcht vor einem stehenden Heer befaßten. Wir wollen keine stehenden Armeen. Tatsächlich ist die Bewilligung von Mitteln für das Verteidigungsministerium, für das Militär, in der Verfassung immer auf zwei Jahre beschränkt, um den Kongreß zu zwingen, sich alle zwei Jahre wieder mit der Frage zu befassen: „Wollen wir ein stehendes Heer?“

Damit einher geht eine Vorstellung, die in den 2. Verfassungszusatz eingearbeitet ist - das Recht, Waffen zu besitzen und zu tragen, damit es eine gut geordnete Miliz gibt. Der Grund, warum eine Pflicht für alle Bürger gab, sich an der Miliz zu beteiligen, war es, eine stehende Armee überflüssig zu machen! Das war die Idee!

Und nun haben wir ein stehendes Heer, Billionen Dollar an Ausgaben für die nationale Sicherheit, und können nicht einmal die Bücher des Pentagon prüfen, um festzustellen, ob die Ausgaben sich an die zweijährige Ausgabenbegrenzung halten. Und der Kongreß sitzt untätig da.

Sind Bombardierungen kein Krieg?

Die jüngste und frechste Usurpation in der gesamten Geschichte der Vereinigten Staaten war der Libyenkrieg! Ganz offen, notorisch: „Wir wollen nicht mit den Kongreß reden, wir sind dem Kongreß keine Rechenschaft schuldig...“ Und dann gibt es diese erstaunliche Aussage des Rechtsberaters des Außenministeriums, Harold Koh, der früher, als er noch Dekan der Juristischen Fakultät von Yale war, ein großer Kritiker der Macht der Exekutive war. Es ist so ähnlich wie bei Dr. Jekyll und Mr. Hyde - nur brauchte er keinen Zaubertrank. Nun ist er Rechtsberater des Außenministeriums und macht eine Aussage, warum der Libyenkrieg und die Tomahawk-Raketen und die Bombardierungen - kein Konflikt sind. Das seien keine Feindseligkeiten im Sinne des Kriegsermächtigungsgesetzes (War Powers Act), sagt er. „Wundervoll. Unsere Piloten fliegen so hoch, daß ihnen keine Gefahr droht, abgeschossen zu werden.“

Na, das ist eine tolle Analyse. Wenn wir also Interkontinentalraketen mit Nuklearsprengköpfen einsetzten, um in Libyen alles zu zerstören, was dort lebt und atmet, und diese Raketen von den Vereinigten Staaten aus dorthin schössen, dann wären das also keine Feindseligkeiten, kein Krieg? Unsere Leute sind ja nicht in Gefahr. Man könnte die ganze Welt in die Luft jagen, 1,5 Milliarden Chinesen umbringen, und das wäre kein Krieg? Also wenn etwas Orwellsche Sprache ist, dann doch das? Sie wissen schon: das hier ist das Friedensministerium, kein Kriegsministerium.

Und statt beleidigt zu sein, nimmt der Kongreß es hin. Der Kongreß akzeptiert es.

Und bevor ich schließe, möchte ich noch erklären, warum das nicht bloß akademische Ideen sind, über die wir uns Sorgen machen müssen, denn die Herrschaft des Rechts an sich wird in Brand gesteckt, zerfetzt, wenn man sie nicht überall peinlich genau einhält.

Aber wenn man dem Präsidenten das einseitige Recht verleiht, einen Krieg anzufangen, ist die Konsequenz eine Katastrophe. Denn die Präsidenten marschieren ein und kämpfen, ohne daß sie überhaupt definieren können, worin der Sieg bestehen soll. Ist das nicht wahrlich kriminell, daß diese tapferen Männer und Frauen, von denen Colonel Wilkerson gesprochen hat, in Afghanistan sterben, und der Präsident und Herr Holbrooke vor seinem Tode konnten nicht einmal den Sieg definieren! Sie sagen, und das ist geradezu obszön - wir werden es wissen, wenn wir es sehen.

Für etwas so Amorphes, so Unklares, so Ungreifbares läßt man Menschen sterben? Man weiß gar nicht, warum man kämpft - man kämpft um des Kämpfens willen. Und was sind die Konsequenzen? Afghanistan, eine Billion Dollar, 350 Millionen Dollar am Tag?

Und da sind nicht nur diese erschreckenden Ausgaben, das Töten und die Toten, und nicht bloß unsere eigenen Männer und Frauen, sondern auch die Zivilisten und andere in Afghanistan. Wir lesen es schon fast regelmäßig in den Zeitungen - vielleicht kann uns Colonel Wilkerson sagen, ob sie da einen neuen Job haben für afghanische Soldaten: daß sie den zivilen Familien mitteilen, daß ihre lieben Angehörigen getötet wurden, und sagen: „Wir entschuldigen uns zum 88. Mal, es war nicht unsere Absicht, daß ihr Kollateralschaden werdet.“ Immer und immer wieder. Und irgendwann nutzt sich die Aufrichtigkeit ab, weil es sich immer wieder nach ein oder zwei Tagen wiederholt.

Aber letztendlich noch gefährlicher an all dieser vergeblichen Mühe ist vielleicht, daß unvermeidlich das kommt, was man umgangssprachlich „Rückstoß“ nennt. Wir schaffen uns selbst unsere Feinde. Wir selbst bewaffnen unsere Feinde, und ich denke, das wurde bei der gestrigen Pressekonferenz über Afghanistan gut erklärt. Das ist ein Beispiel - wo wir den Mudschaheddin Waffen und Geld gegeben haben, damit sie gegen die Sowjets kämpfen. Der Film Charlie Wilson’s War1 berichtet darüber, wie großzügig man der Haqqani-Fraktion Geld gegeben hat, Hekmatyar hat Geld und Waffen bekommen. Und was geschieht dann? Sie drehen sich um und benutzen es gegen uns - Sie wissen schon, wie beim Zauberlehrling.

Und diese Dinge sind unvermeidlich, weil wir die Entwicklungen der politischen Kriege in anderen Ländern nicht steuern können - es sei denn, wir besetzen sie für alle Zeiten! Das gilt also nicht nur für Afghanistan. Denken Sie an Vietnam, Sie wissen ja, alle die Waffen, die wir Südvietnam gegeben haben - vier oder fünf Milliarden Dollar. Wir zogen ab. Die Waffen bekommt alle Nordvietnam, unsere Feinde! All die Waffen, die wir dem Schah des Iran verkauft haben, was wird daraus? Sie landen bei Ajatollah Chomeini und den Mullahs. Wir hatten sogar angefangen, dem Schah Uran zu liefern. Und jetzt beschweren wir uns: „Ach, jetzt bauen die eine Atombombe.“

Was haben die Interventionen gebracht?

Wenn man dann zurückschaut, was eigentlich die großen nützlichen Resultate dieser präsidialen Interventionen waren, verglichen mit den offensichtlichen Konsequenzen auf der negativen Seite, dann ist es wirklich schwer, überhaupt etwas zu finden. Manche sagen, Bosnien sei ein großartiges Beispiel für einen Erfolg; da gab es alle möglichen inneren Kämpfe zwischen den Serben und den Kroaten und den Moslems. Aber es sind immer noch Truppen in Bosnien! 17 Jahre nach Dayton immer noch die gleichen Spaltungen, sie wurden niemals abgeschwächt. Wenn überhaupt, wurden sie nur noch ausgeprägter. Sollen wir also für immer dort bleiben? Haben wir wirklich irgendwas erreicht?

Der Kosovo ist eine andere angebliche große Erfolgstory. Aber es gibt immer noch üble innere Kämpfe mit einer kleinen serbischen Enklave. Einige der Gruppen im Kosovo stehen wegen Kriegsverbrechen vor dem Internationalen Strafgerichtshof. Haben wir wirklich irgendwas erreicht, das für die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten wirklich von Bedeutung ist?

Und ich möchte schließen mit dem Beispiel Libyen. Wir haben ja alle diese Schlagzeilen gelesen über die Tragödie, daß vor einigen Tagen unser Botschafter ermordet wurde. Und da wird suggeriert, Al-Kaida oder irgendwelche fehlgeleiteten Kräfte hätten sich eingemischt und stören die wunderbare demokratische Entwicklung, von der wir alle hofften, daß sie nach Gaddafis Sturz aufblühen würde. Das ist nicht wahr!

Denn der Grund, warum er getötet wurde, war doch unsere Intervention! Wir haben die Bühne für ein Land bereitet, das jetzt halb anarchistisch ist, wie Somalia. Wir haben die gesamte soziale und kulturelle Infrastruktur zerrissen, die unter Gaddafi wenigstens eine gewisse Stabilität hatte und für die wir nicht verantwortlich waren. Wir intervenieren und machen alles kaputt, und dann verstehen wir nicht, warum in diesem Land nicht über Nacht ein ganz neues Land entsteht mit einer großen Vorliebe für die Vereinigten Staaten und wo man überall George Washingtons und James Madisons findet! Das sind doch schon Träume wie im Drogenrausch.

Es ist der naive Glaube, wir könnten einfach Kulturen umkrempeln, die politisch sehr primitiv sind. Das sind ethnische Stammeskulturen. Man muß sie nicht gleich verspotten oder verachten, aber es liegt außerhalb unserer Kräfte, sie in eine Demokratie zu verwandeln, selbst wenn es unsere Rolle in der Welt wäre, alles andere zu einer Blaupause, einem Klon der Vereinigten Staaten zu machen, was sie nicht ist.

Und das Resultat, das wir jetzt sehen, ist, daß dies auf uns zurückschlägt und die Vereinigten Staaten schädigt.

Wo ist der Kongreß?

Und das Erstaunliche daran ist wiederum, daß keine Anhörungen im Kongreß stattfinden, wo man sagt: „Machen wir eine Beurteilung, was diese Intervention gebracht hat.“ Wie ist das möglich, daß es 17 Jahre nach dem Dayton-Abkommen noch keine Anhörung des Kongresses gibt, die fragt: „War es das wirklich wert? Was haben wir erreicht? Wo stehen wir beim Kosovo?“ Nichts!

Ich meine, jetzt wäre sogar ein guter Zeitpunkt, daß John Kerry [damals ein bekannter Vietnamkriegsgegner] noch einmal Anhörungen über Vietnam veranstaltet. Warum geben wir ein Versprechen, Vietnam im Südchinesischen Meer gegen China zu verteidigen? Schließlich haben wir dort gekämpft, es gibt ein Denkmal für die Opfer des Vietnamkriegs, das war unser Feind, ein „Dominostein“.2 Soll das heißen, daß das ein Irrtum war und daß wir vielleicht etwas mißtrauischer sein sollten, wenn uns die Exekutive sagt, etwas sei ein Gebot der nationalen Sicherheit?

Und schließlich: Für mich ist das schon fast obszön, daß es US-Präsidenten gibt, die behaupten, sie könnten einen Krieg führen, ohne den Kongreß zu konsultieren und seine Zustimmung einzuholen, wenn sie mit dem UN-Sicherheitsrat, mit der Arabischen Liga, mit Herrn Netanjahu, mit AIPAC und wer weiß wem noch darüber reden. Keine dieser Institutionen muß sich gegenüber dem amerikanischen Volk verantworten - aber die werden konsultiert?

Die werden konsultiert? Der Kongreß wirkt in diesem Szenario wie eine Zugabe in einer Monumentalshow von Cecil B. DeMille.3

Danke.

Bild: LPAC
Anthony Shaffer enthüllte in seinem Buch „Operation Dark Heart” die als „Able Danger” bekannte Datensammlungsoperation des Pentagon und enttarnte zwei Terrorzellen, die an den Anschlägen vom 11. September 2001 beteiligt waren.

Lt. Colonel Anthony Shaffer: Guten Morgen. Auch ich möchte - ich kann es nicht anders sagen - meine Unterstützung und Dankbarkeit dafür aussprechen, daß der Abgeordnete Walter Jones in dieser Frage Führung übernimmt. Er packt diese Frage an in einer Zeit, die für unser Land ganz entscheidend ist, und ich glaube nicht, daß die Menschen ganz verstehen, wie groß die Herausforderung und wie groß das Führungsdefizit in dieser Frage bei seinen Kollegen hier auf dem Capitol Hill ist.

Lassen Sie mich einige Punkte dazu ansprechen. Ich bin einfach ein Geheimdienstoffizier, ein Geheimdienstoffizier außer Dienst, der aber davon überzeugt ist, daß sein Amtseid mit dem Ausscheiden aus dem Dienst nicht erlischt. Und als ein privater Bürger, der gut informiert ist und eine wohlbegründete Meinung hat, möchte ich zu all dem, was meine Kollegen hier heute gesagt haben, meine Stimme hinzufügen.

Zunächst etwas Geschichtliches. Ich denke, wir vergessen oft die Lehren aus der Geschichte. Trajan - Kaiser Trajan - war einer der fünf guten Kaiser des Römischen Reiches. Ich glaube, er war wirklich ein großartiger Kerl, er hat Großes für das Römische Reich getan, und dazu gehörte, daß er als guter Kaiser die Grenzen des Reiches auf den größten je erreichten Umfang ausdehnte. Und indem er diese Grenzen erweiterte, tat er zwar große Dinge, was die öffentlichen Arbeiten anging, aber er starb, weil er bei einer seiner letzten Eroberungen krank geworden war. Nun, wenn dies das Gute ist, dann will ich das Schlechte gar nicht sehen, aber so war es damals eben.

Und in vieler Hinsicht sind wir heute sehr ähnlich: Wir haben das Joch des britischen Imperialismus abgeworfen; wir waren die erste Kolonie, die abtrünnig wurde, und trotzdem sind wir in vieler Hinsicht genau das geworden, was wir damals abgeworfen haben, und das ist etwas, was wir im größeren Kontext all dessen, was wir tun, betrachten müssen.

Wo wir von König Georg und den Briten reden: Da gab es im Mittelalter etwas, was man die Sternenkammer [Star Chamber] nannte. Und eine der wunderbaren Eigenschaften dieser Sternenkammer war, daß es ein geheimes Gericht war, in dem es nicht wirklich auf Tatsachen ankam; es kam bloß darauf an, was dem Souverän gefiel. Wäre das nicht schön, wenn wir immer bloß das tun könnten, was uns gefällt, nur auf der Grundlage unserer Gefühle? So weit sind wir gekommen!

Wir haben ein System der Urteilsfindung, der Tötungen, auf höchster Ebene, das es dem Souverän erlaubt, alles zu tun, was ihm gefällt. „Aber natürlich haben wir Anwälte, die sich das anschauen, also macht euch keine Gedanken!“ Da sollten alle ganz beruhigt sein. „Macht euch keine Sorgen, ich lasse mir von meinen besten Anwälten sagen, ob das in Ordnung ist!“ So weit sind wir gekommen.

Interventionen schaffen Feinde

Und durch den Aufbau dieser Kapazität erzeugen wir selbst die nächste Generation unserer Feinde. Das sogenannte Drohnenprogramm ist ein Vorwand, militärische Kräfte einzusetzen, ohne die Folgen zweiter und dritter Ordnung zu begreifen. In vielerlei Hinsicht. Ich habe mit einigen pakistanischen Kollegen darüber gesprochen, ich habe mit pakistanischen Medien gesprochen. Einer der Reporter, mit denen ich gestern abend sprach, sagte: „Versteht ihr denn alle nicht, daß ihr die nächste Generation von Terroristen erzeugt, die gegen unsere wie auch gegen eure Regierung kämpfen werden?“

Nein, anscheinend verstehen wir das nicht. Denn wir haben keine Leute, die verstehen, daß der blinde Einsatz militärischer Gewalt Nebenwirkungen haben kann, die dem Ziel, das man erreichen will, genau zuwiderlaufen. Darum geht es meiner Meinung nach letztendlich: wirklich noch einmal über das nachzudenken, warum wir mit militärischen Kräften das tun, was wir tun, wenn wir es tun! Deshalb bin ich ein starker Befürworter der HCR 107.

Es besteht kein Zweifel daran, daß der Präsident bestimmte Befugnisse erhalten und behalten muß, um auf akute Bedrohungen sofort reagieren zu können. Das verstehe ich, das verstehen wir, da gehen wir alle mit. Aber was wir nicht haben dürfen, ist dieser endlose Einsatz militärischer Gewalt, wenn es einem gerade gefällt. Es gab keinerlei größere Debatte über die Berechtigung militärischer Gewalt, seit wir sie 2001 genehmigt haben. Warum?

Ich denke, daß Al-Kaida gegenüber dem, was es einmal war - unser großer Gegner -, ziemlich reduziert ist. Sind sie verschwunden? Nein, keineswegs! Tatsächlich glaube ich, daß Al-Kaida beträchtlich mitverantwortlich und beteiligt war an der Ermordung unseres Botschafters Stevens in der vergangenen Woche. Trotzdem haben wir selbst dazu beigetragen, die Bedingungen für seinen Tod zu schaffen! Durch die Tatsache, daß wir Libyen destabilisiert haben. Egal wie sehr einem Muammar Gaddafi mißfiel, er war im Grunde eine Art Tito: Er hielt die Dinge im Zaum. Und so sehr ich denke, daß das libysche Volk frei sein will, glaube ich nicht, daß es dafür schon bereit war; man sieht es an dem Rückfall ins Stammeswesen, dem Chaos, das wir jetzt erleben!

Noch einmal: Ich bestreite nicht, daß es wohl einige Leute im Außenministerium und in der Exekutive gibt, die die besten Absichten hatten, die aber nicht die geringste Ahnung hatten, was sie da taten. Und deshalb muß der Kongreß immer an einer Debatte beteiligt sein, wenn wir in einen Krieg ziehen, wenn es nicht akut notwendig ist! Ich behaupte ganz eindeutig, daß der Libyenkrieg offensichtlich nicht notwendig war, um den Besitz und die Interessen unserer Nation zu schützen!

Deswegen muß der Kongreß eine aktive Rolle einnehmen und eine aktive Rolle behalten. Sie bestimmen über die Geldbörse, wie der Abgeordnete Jones richtig bemerkt hat, und indem sie über die Geldbörse bestimmen, müssen sie die Verantwortung für das Handeln unserer Regierung übernehmen - nicht bloß der Exekutive, sondern der gesamten Regierung.4  Sie zahlen jeden Dollar, der ausgegeben wird. Es ist wie Blutgeld. Wenn man das genehmigt, dann muß man auch dafür bezahlen. Und wir bezahlen für die Tod, es wurde schon gesagt, von 300.000 Menschen. Denken Sie mal darüber nach! Das entspricht einem Viertel der Bevölkerung von Dayton/Ohio. Einfach weg! Wie ist es möglich, daß es darüber keine Debatte gibt?

Und noch wichtiger, ich habe schon über Afghanistan gesprochen: Heute ist das Ende der Truppenverstärkung [„surge“] in Afghanistan. Wow, wer hätte das gedacht! Das ganze war eine Schauspielvorstellung, um dieser Regierung die Illusion zu liefern, es gäbe irgendwelche Fortschritte. „Schicken wir ein paar Soldaten dorthin, dann werden wir siegen! Und wir werden sie wieder zurückholen, wenn wir nicht...“ Jeder Stratege kann ihnen sagen, daß man dem Feind niemals sagen darf, wann man Truppen einsetzt und wann man sie wieder abzieht. Wir haben ihnen genau gesagt, was sie zu erwarten hatten.

Und was noch wichtiger ist, einige von uns, die diese Regierung wegen dieser Fakten kritisiert haben, wurden entlassen! Ich habe das schon 2009 in einem Kabelsender gesagt: „Wenn man etwas tun will, dann muß man es richtig tun oder lieber gleich nach Hause gehen.“ Wenn man den Aufstand bekämpfen will, dann muß man 500.000 Soldaten für zehn Jahre dorthin schicken. Nur so! Das ist der einzige Weg, zu einem Erfolg zu kommen. Und im übrigen, wenn man dann im 11. Jahr wieder abzieht? Dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, daß alles wieder so wird, wie es vorher war, weil es schwierig ist, 2000 Jahre einer bestimmten kulturellen Prägung zu ändern.

Wir hatten nämlich keine Zeit, die tieferen Ursachen zu betrachten. Wir versuchen einfach, Dinge militärisch zu lösen, die, wie mein Kollege Bruce [Fein] erklärt hat, teilweise 2000 oder 3000 Jahre zurückreichen. Und die kann man nicht kurzfristig mit militärischer Gewalt verändern.

Also noch einmal: Warum gibt es keine Debatte hierüber? Warum haben wir es uns nicht daraufhin angesehen, ob das, was wir tun, für die amerikanischen Interessen sinnvoll ist?

Und offen gesagt, warum arbeiten wir nicht daran, die eigentlichen Ursachen dieser Konflikte zu verstehen, wenn wir schon etwas tun wollen? Ich würde nicht sagen - und da besteht vielleicht ein gewisser Unterschied zwischen meinen Kollegen und mir -, ich sage nicht, daß wir nur dasitzen und nichts tun sollten. Ich bin tatsächlich ein Befürworter von verdeckten Operationen und aktivem Eingreifen. Aber noch einmal: Ich behaupte, wir hätten im Irak nicht einmarschieren müssen; wir hätten das auch anders machen können. Vieles von dem, was wir unter großen Kosten tun, müssen wir nicht tun. Wir könnten es viel einfacher machen - aber auch das unter Aufsicht.

Einer der letzten Punkte, womit ich enden will. Es gibt viel Streit um dieses: „Wir wollen dem Kongreß nicht alles sagen, was die Exekutive tut.“ Sehen Sie, da gibt es eine bewährte Praxis. Ich will so etwas nicht hören, denn Tatsache ist: Ich habe im Weißen Haus unter Clinton Dinge getan, die immer noch geheim sind, und sie wurden jedes Jahr dem Kongreß gemeldet, wie es das Gesetz vorschreibt. Wenn ich also die Exekutive sagen höre: „Wissen Sie, wenn wir dort darüber reden würden, dann würde das bekannt.“ Nein, das ist die falsche Antwort! Ich glaube, einige Dinge werden vorsätzlich so weitergegeben, daß sie bekannt werden, als eine Art Versuchsballon, um zu sehen, wie so etwas bei der amerikanischen Bevölkerung ankommen würde. Aber ich kann Ihnen sagen, es gibt stehende Prozeduren, um sicherzustellen, daß Dinge vollkommen geheim gehalten werden. Dieses Argument greift also nicht. Und deshalb muß der Kongreß an der Debatte beteiligt werden.

Also, ich denke, wenn wir hier alle herausgehen und wieder zu unserem Alltag zurückkehren, ist es wichtig, daß wir verstehen, wie wichtig die Resolution HCR 107 ist. Nicht bloß, weil wir sagen, daß sie, wenn sie verabschiedet würde, ein Potential für die Absetzung des Präsidenten schüfe. Wichtiger ist, daß wir sie brauchen, damit man wieder zur Vernunft kommt, zu dem Verständnis, daß eine Debatte notwendig ist - daß wir das Handeln unseres Landes wieder mit der Absicht in Einklang bringen, mit der es von unseren Gründervätern gegründet wurde, denn zwischen dem, was wir heute sind, und dem, was unsere Gründerväter für uns beabsichtigten, ist ein himmelweiter Unterschied.

Bild: Department of Defense
General (a.D.) Joseph P Hoar war Kommandeur des für den Nahen Osten und Südasien zuständigen US-Zentralkommandos (CentCom)

Grußwort von General Hoar

Jeff Steinberg: Ich möchte noch zwei weitere Fragen ansprechen, bevor wir Fragen und Diskussionsbeiträge zulassen.

Zunächst sei gesagt, daß heute morgen eigentlich ein weiterer Sprecher hier sein sollte, aber leider mußte er wegen dringender Termine wieder an die Westküste zurückkehren. Er bat mich jedoch, für ihn eine kurze Erklärung zu verlesen. Sie ist von General Joseph P. Hoar, einem Viersternegeneral des Marine Corps i.R., der früher Generalstabschef und anschließend Oberkommandierender des U.S. Central Command war. Er schrieb folgendes:

Dort auf dem Tisch finden Sie Kopien von General Hoars Erklärung.

Zu dem, was der Abgeordnete Jones und die anderen Sprecher über den Umstand gesagt haben, daß Amtsenthebung nicht nur ein Schimpfwort sein sollte, sei hinzugefügt, daß diese Frage von den Gründervätern als entscheidendes Mittel angesehen wurde, mit Problemen einer außer Kontrolle geratenen Tyrannei der Exekutive fertig zu werden.

Gefahr eines Weltkriegs

Ich möchte noch auf eine andere Frage verweisen, bei der hier in Washington die starke Tendenz zu Schwerhörigkeit besteht. Alle meine Vorredner haben den Libyenkrieg als illegales Vorgehen bezeichnet, das einen ungeheuren Bumerangeffekt gehabt hat. Der Libyenkrieg wurde in Moskau und China aber auch als ein strategischer Wendepunkt gesehen. Man konnte das an der Tatsache ablesen, daß die Russen und Chinesen im UN-Sicherheitsrat gegen alles ihr Veto eingelegt haben, was auch nur entfernt als eine Neuauflage von Libyen in Syrien aussehen könnte. Die oberste Militärführung in Rußland und China hat insbesondere geltend gemacht, daß es nicht bloß um die Gefahr einer rechtsstaatlichen Aufweichung oder von regionalen Kriegen gehe, sondern daß wir ohne weiteres in einen allgemeinen Krieg hineinstolpern könnten, wenn die Lage weiter in die derzeitige Richtung abgleitet. Daran wären dann Länder beteiligt, die noch unter der MAD-Doktrin agieren und noch über Atomwaffenarsenale verfügen.

Bild: LPAC
Der Leiter des EIR-Nachrichtenstabes Jeffrey Steinberg moderierte die Pressekonferenz.

Im Mai diesen Jahres hat der russische Ministerpräsident Medwedjew auf einer Konferenz in St. Petersburg - wobei US-Justizminister Holder auf dem Podium direkt hinter ihm saß - klargestellt, daß jeder Versuch, außerhalb des Rahmens des UN-Sicherheitsrates einen Regimewechsel herbeizuführen, als Versuch verstanden werde, das gesamte System, unter dem die Welt seit Ende des Zweiten Weltkriegs einen allgemeinen Krieg vermieden hat, grundlegend zu überholen und umzustoßen. Er sagte weiter, Gott möge es verhindern, daß uns dabei ein Atomkrieg und die atomare Auslöschung drohen.

Wir stehen damit unmittelbar vor dem Abgrund eines Krieges, der im Nahen Osten ausbrechen könnte und der möglicherweise sehr viel weiter gehen wird, als es sich irgendwer wünschen dürfte, so daß sich die Gefahr eines allgemeinen Kriegs stellt.

Viele der Ereignisse, die sich derzeit abspielen, erinnern einen schmerzlich an die Absprachen und geheimen Abmachungen und Allianzen, die dem Ersten Weltkrieg unmittelbar vorausgingen. Der Hauptunterschied zwischen damals und heute ist, daß es bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs noch keine Atomwaffen gab.

Ich möchte nur noch einmal unterstreichen, was alle meine Kollegen hier auf dem Podium betont haben: Wir haben es hier mit einer Krise zu tun, die in keiner Weise unterschätzt werden darf. Es ist angebracht, dem Abgeordneten Jones erneut für sein Eintreten zu danken, daß er die Kriegsgefahr und die Frage der Amtsenthebung auf die Tagesordnung gesetzt hat, wodurch der Blick auf diesen allgemeinen Verfassungsgrundsatz gelenkt wird und wir hoffentlich einen allgemeinen Krieg verhindern, der völlig außer Kontrolle geraten könnte.

Sind die Redner bereit, weitere Bemerkungen zu machen und Fragen zu beantworten? Dann ist die Diskussionsrunde eröffnet.

Bruce Fein: Ich möchte noch einige Beobachtungen anstellen. Eine bezieht sich auf die Frage der Geheimhaltung. Der Kongreß wurde damals über das Manhattanprojekt [zum Bau der Atombombe während des Krieges] informiert, und nichts davon drang zu Adolf Hitler oder irgend jemand sonst durch. Und der frühere CIA-Direktor George Tenet hat vor einigen Jahren vor Richard Shelbys Geheimdienstausschuß des Senats einmal festgestellt, daß, wenn es um undichte Stellen im Kongreß und um undichte Stellen in der Regierung geht, die Regierung mit 1 Million zu eins die Nase vorn habe. Wenn man also sogenannte Informationen der nationalen Sicherheit vor der Weitergabe bewahren will, so braucht eindeutig die Exekutive eine bessere Abschottung, nicht der Kongreß der Vereinigten Staaten.

Imperialer Drang zum Krieg

Ich möchte aber noch weiter auf die Frage der Kriegsermächtigung eingehen, worüber wir jetzt im Zusammenhang mit Iran und Syrien soviel hören. Sie haben vollkommen recht, es ist eine klare Aussage über sämtliche Imperien, daß sie ein unstillbares Verlangen zur Beherrschung der Welt haben, wenn sich die Möglichkeit dazu bietet. Dann gibt es kein Halten mehr. Krieg wird dann zum Selbstzweck.

Die Briten erlebten dies auf dem Höhepunkt ihres Imperialismus. Warum führten sie überall auf der Welt - den Burenkrieg, den ersten Afghanistankrieg, den zweiten Afghanistankrieg, den Krieg gegen Burma? Und sogar als sie gegen Edmund Burke argumentierten, als sie den amerikanischen Revolutionskrieg führten, sagten sie: „Unser Prestige steht auf dem Spiel. Wir können Amerika nicht freigeben, sonst wird auch alles andere untergehen.“

Das ist die Art Machokitzel, der sich einstellt, wenn man sich als Rüpel aufspielt, und wenn einem jemand ungestraft die Stirn bietet, stellt sich nicht das ekstatische Gefühl ein, daß man jedem auf der Welt sagen kann, was er zu tun hat.

Genau das hat - Colonel Wilkerson, wissen Sie noch, ob das ein Ableger des Committee on the Present Danger unmittelbar nach Clintons Wahl in den 1990er Jahren war, oder ob es Paul Wolfowitz oder Rumsfeld war, der sagte, daß es das außenpolitische Ziel der Vereinigten Staaten sein sollte, jedes Land daran zu hindern, etwas zu tun, was wir nicht sofort unterdrücken könnten - aus welchen Gründen auch immer?

Das ist das Denken hinter der Empire-Mentalität. Das ist das Denken, das alle Macht auf die Exekutive konzentrieren will. Dies ist keine Frage der Persönlichkeit; es spielt keine Rolle, ob sie Trajan oder Hadrian geheißen haben oder ob es sich um Caligula oder Claudius handelte - die Institution selbst treibt die Exekutive nach vorn in all diese fremden Gebiete. Man hat die Vorstellung: „Hey! Was kann ich als Präsident noch tun? Mit Mindestlohn will ich mich nicht abgeben, ich möchte ein richtiges Erbe hinterlassen!“ Das muß schon so etwas wie der eigene Kopf am Mt. Rushmore sein - und wie erreicht man das außer mit einem Krieg?

Das Ergebnis ist schon wirklich grausam: 300.000 Tote. Man darf noch nicht einmal daran denken. Man fühlt sich an Stalin erinnert, wo ein Toter eine Tragödie war, eine Million aber nur Statistik. Das ist es, wo wir als Volk stehen, und das ist nicht sehr schmeichelhaft.

Frage: Ich habe leider den Anfang verpaßt. Wie viele Kongreßabgeordnete haben die Resolution 107 unterzeichnet?

Bruce Fein: Ich glaube 10 oder 11. Die meisten davon sind Republikaner, nicht Demokraten. Der Grund hierfür ist wohl das Parteidenken. Man darf nichts gegen Präsident Obama sagen, genauso wie es vorher auf der anderen Seite mit Bush war.

Frage: Die zweite Frage wäre: Wenn es Ihrer Meinung nach so eindeutig ist, daß ein Kriegseintritt ohne Rücksprache mit dem Kongreß ein Vergehen ist, das dem Präsidenten das Amt kosten kann, warum hat bisher niemand einen Antrag auf Amtsenthebung gegen Obama gestellt?

Bruce Fein: Das weiß ich nicht. Ich habe einen Antrag im Zusammenhang mit Libyen entworfen. Er wurde in Politico abgedruckt, allerdings noch nicht im Congressional Record. Das sind aber politische Manöver, und es ist vielleicht sinnvoll, so etwas in der Zeit vor der Konstituierung des neugewählten Kongresses zu machen, um damit die Meßlatte zumindest hoch zu legen, um vergleichen zu können, was in Iran oder Syrien geschieht - das wären die unmittelbarsten Möglichkeiten für einen vom Präsidenten erklärten Krieg.

Insgesamt erfordert die Frage mehr Einsicht: Warum sollte eine Amtsenthebungsresolution nicht eingebracht werden? Teilweise merkt man dabei, denke ich, noch die Nachwirkungen im Zusammenhang mit Clinton, wo viele dachten, ob man einen Präsidenten wirklich wegen Sex des Amtes entheben sollte. Außerdem saßen all diese Leute wie Gingrich und andere - mit ihren eigenen kleinen, jugendlichen Indiskretionen - im Impeachment-Ausschuß, was sich nicht sonderlich vorteilhaft ausnahm.

Aus diesem Grund geriet die Idee der Amtsenthebung - fälschlich - in Verruf. Keiner wollte sie mehr anrühren. Jeder dachte, man würde dann sofort in eine bestimmte Ecke gestellt. Wie könnte man so revolutionär sein? Das wäre ja ein Staatsstreich - und all die anderen geistlosen, einfältigen Äußerungen, die gemacht wurden, um sich nicht der Verantwortlichkeit zu stellen, die eine Amtsenthebung für die Exekutive bedeuten sollte.

Wilkerson: Noch ein paar Anmerkungen zu den Gründervätern. Ich meine, es gibt zahlreiche Anhaltspunkte hierfür in ihren Briefen, in den Federalist Papers und sogar in den Anti-Federalists, wonach sie fassungslos wären, daß wir nicht in jeder Generation mindestens einen gemeinen Hund aus dem Amt geworfen haben. Sie wären absolut sprachlos. Sie wären ähnlich fassungslos darüber, wie kraftlos wir die Impeachment-Vollmachten von Artikel II eingesetzt haben. Das war wirklich kraftlos, ob man sich Andrew Johnson oder Bill Clinton oder andere ansieht.

Zunehmende Militarisierung seit 1947

Der zweite Punkt ist noch wichtiger. Es geht hier nicht um Obama. Er sitzt nur zufällig derzeit dort im Weißen Haus. Wenn man sich die Zeit von 1947 bis 2012 betrachtet, so sieht man eine natürliche Machtevolution. Es mußte so kommen, sobald Harry Truman am 26. Juli 1947 seine Unterschrift unter das Gesetz zur Nationalen Sicherheit gesetzt hatte. George Marshall, die wohl größte Militärikone in der amerikanischen Geschichte nach George Washington und sicherlich der Meister unseres Sieges im Zweiten Weltkrieg, schaute Truman an und sagte: „Herr Präsident, ich fürchte, hiermit haben wir den politischen Entscheidungsprozeß militarisiert.“

Das traf ganz genau zu. Das ist passiert. Unsere Außenpolitik ist heute unsere Militärpolitik. Der vereinigte Führungsstab und die Kommandeure überall auf der Welt machen unsere Außenpolitik. Der Viersternegeneral oder Admiral auf Hawaii hat in Tokio und Beijing mehr Gewicht als irgendein Diplomat - in einigen Fällen sogar mehr als jemand im Weißen Haus, vom Präsidenten einmal abgesehen. Denn wenn so jemand den Ministerpräsidenten von Japan aufsucht, hat er Flugzeugträger-Gefechtsverbände, Kampfflugzeuge, amphibische Marineverbände und Armeedivisionen hinter sich. Der stellvertretende Außenminister, in diesem Fall zuständig für Ostasien und den Pazifikraum, hat eine Aktentasche bei sich - eine leere -, wenn er überhaupt vorgelassen wird!

So sieht es in unserem Land derzeit aus. Ein Abgeordneter aus New York hat kürzlich in West Point erklärt: „Amerika sollte der Welt Soldaten geben, die...“ Sollte Amerika das wirklich der Welt geben? Soldaten? Aber das ist derzeit die Realität.

Lassen Sie mich noch folgendes sagen: Wenn man die internationalen Nachrichten verfolgt, wenn man die Zeitungen in Teheran, in Damaskus und Beirut, in Kairo, in Tripolis und dem Rest der Welt liest - das sind etwa 6 Mrd. Menschen -, dann wird einiges klar. Und jeder, der irgend etwas von der Theorie internationaler Beziehungen oder von Theorien der Macht versteht, weiß, daß der Rest der Welt irgendwann seine Kräfte sammeln und uns unterwerfen wird.

So einfach ist das! So funktioniert die Welt. Jedes Imperium in der menschlichen Geschichte ist verschwunden - sei es das Reich der Khans oder das Tausendjährige Reich Adolf Hitlers. Sie sind verschwunden! Nirgendwo in der Welt ist in Stein gemeißelt, daß das Amerikanische Reich davon ausgenommen oder anders wäre und ewig dauern wird. Keineswegs!

Ich meine, wir sollten etwas länger als nur bis nächste Woche bestehen bleiben. Wir sind nämlich eine Kraft des Guten in der Welt - nicht wegen der Soldaten, die wir der Welt aufdrängen, und nicht wegen der Bajonette, mit denen wir die Demokratie aufrüsten, sondern wegen unserer Werte. Wenn sie hochgehalten und befolgt werden, können sie auf der Welt etwas bewirken: seien es die Menschenrechte, die Menschenwürde, die Frauenrechte oder viele andere Dinge, für die wir mit Worten stehen, die wir mit unseren Taten aber völlig in den Schmutz ziehen.

Deswegen ist es wichtig, daß es uns noch eine Weile gibt. Chaos und Anarchie sind die Alternative. Derzeit tun wir unser Äußerstes, damit sich Chaos und Anarchie verbreiten. [Applaus]

Gefahr der Eskalation ist groß

Bild: LPAC
Helga Zepp-LaRouche

Helga Zepp-LaRouche: Ich habe zwei Fragen an Colonel Wilkerson. Präsident Putin hat kürzlich gesagt, daß man Guantanamo öffnen und alle Gefangenen freilassen könnte, um sie in Syrien kämpfen zu lassen, weil das die gleichen Leute seien. Das sind auch ungefähr die gleichen Leute, gegen die die Vereinigten Staaten und die NATO in Afghanistan kämpfen, und wenn das auch die Leute sind, die an der Ermordung des Botschafters in Bengasi beteiligt waren, ist da nicht ein kleiner Widerspruch? Es stellt sich nämlich die Frage: Warum bekämpfen die Vereinigten Staaten in einem Land die gleichen Leute, mit denen sie in einem anderen Land verbündet sind?

Die zweite Frage ist: In Europa denken alle, daß ein Militärschlag Israels oder irgendeines anderen Landes gegen den Iran unvermeidlich zum Dritten Weltkrieg führen würde. Und ich denke, daß uns diese Gefahr schon sehr kurzfristig droht. Diesmal wird es nicht bloß ein regionaler Krieg sein, sondern die Sorge ist, daß das ein thermonuklearer Krieg wäre, der zur Auslöschung der Zivilisation führen würde.

Wilkerson: Ihrem ersten Punkt kann ich nur zustimmen. Ja. Was den zweiten Punkt angeht: Wir haben gerade - wenn ich sage, wir, dann meine ich damit Botschafter Pickering, den früheren Nationalen Sicherheitsberater Zbig Brzezinski, Brent Scowcroft, den früheren Kommandeur des Zentral-Kommandos Fox Fallon, Admiral Fox Fallon, General Anthony Zinni und andere - einen Bericht veröffentlicht, den ich Ihnen allen sehr empfehlen möchte, wenn Sie ihn noch nicht gelesen haben. Er wurde vom Wall Street Journal und von der New York Times und von einer Reihe von weiteren Stellen besprochen, und Frank Wisner, der frühere Botschafter in Indien, und Bill Luers, und ich glaube auch Thomas Pickering, sind jetzt unterwegs zur Westküste, um dort einige Pressekonferenzen abzuhalten.

Dieser Bericht ist überparteilich, wenn man so will, und eine sehr sorgfältige Analyse, was man mit militärischer Macht gegen den Iran erreichen würde. Er ist bestürzend und sehr beunruhigend, in dem Sinne, daß wenn man die grundlegende Frage stellt, zu welchem Zweck wir militärische Gewalt einsetzen, daß dann die Antworten nicht gut sind. Und wenn ich hier sage, „wir“, dann meine ich damit Israel allein, die Vereinigten Staaten allein, oder irgendwie gemeinsam - nacheinander oder gleichzeitig. Die Antworten sind nicht gut.

Die letztendliche Antwort, von mir als einem Militär, der sich fast acht Jahre lang mit dem Iran befaßt hat, um zu verhindern, daß die Sowjets aus Afghanistan heraus nach Chabahar und Bandar Abbas gehen, um Warmwasserhäfen zu bekommen - das war so ein Mythos, den wir in den achtziger Jahren im Militär hatten, während der Irak und der Iran gegeneinander Krieg führten: Ich kenne die Sagros-Berge. Ich weiß, wo Alexander und seine Gefährten beinahe ihr Leben im Iran verloren hätten. Für jemanden, der dieses Gelände studiert hat, jemanden, der versteht, wie es wäre, gegen mehr als 70 Millionen Iraner zu kämpfen, von denen 51% Perser sind, und wie es wäre, dieses Land zu besetzen; denn das ist die einzige Möglichkeit - Invasion und Besetzung -, um das sicherzustellen, was Lindsey Graham und John McCain und Joe Lieberman andere wollen, nämlich einen Regimewechsel, und damit keine Atomwaffen. Das kostet zehn Jahre, 500.000 Soldaten und drei Billionen Dollar. Das ist die Analyse.

Das amerikanische Volk will mit überwältigender Mehrheit - 70%, 76%, 67% sogar in meiner eigenen Partei, der Republikanischen Partei - keinen Krieg, keinen Krieg gegen den Iran. Und doch gehen wir einen Weg, wo der Präsident sagt, alle Optionen sind auf dem Tisch. Und wir wissen, daß diese Politik scheitern wird - oder jedenfalls liegt die Chance, daß sie scheitern wird, bei 99%, weil offen gesagt niemand will, daß sie funktioniert. Und ich bin mir nicht einmal sicher, daß der Präsident will, daß sie das tut.

Was wird man eigentlich tun, wenn man all das gesagt hat und alle anderen Optionen versagt haben? Wird man dann zurückstecken und sagen: Nein wir wollen keinen Krieg? Das macht mir Sorgen.

Hat das das Potential, sich auszuweiten? Da können Sie drauf wetten! Die Türkei - die stärkste Armee der NATO - hat bei dem, was geschieht, große Interessen. Der Iran hat große Interessen.

Ich habe mich gerade in New York mit dem UN-Botschafter des Iran, Mohammad Chazaee getroffen, und wir haben darüber gesprochen, und ich war erleichtert zu erfahren, daß hinter den Kulissen tatsächlich Dinge geschehen, die positiv sind; nicht zuletzt, daß man daran arbeitet, auch ohne ein Abkommen über Zwischenfälle auf See einen Kanal zu schaffen - den wir haben sollten, einen Kanal, über den die beiden Flotten miteinander reden können, damit es nicht zu einem Zwischenfall am Golf kommt. Der Golf ist derzeit eines der überfülltesten Meere weltweit, voller amerikanischer und iranischer Kriegsschiffe, so daß es jederzeit zu einem Zwischenfall kommen kann.

Dabei ist das IRGC noch gar nicht berücksichtigt, das sprunghafteste Element des iranischen Militärs; sie könnten schon morgen früh einen Angriff auf US-Schiffe unternehmen, ohne daß der Iran - also der Wächterrat, der Ajatollah oder der Präsident - ihn angeordnet hat. Es könnte auch einfach ein fehlgeleiteter Kommandant sein, besonders wenn sie befürchten, daß laufende Verhandlungen tatsächlich zu Ergebnissen führen könnten. Man hat es also mit einer sehr unsicheren Lage zu tun.

Würden China und Rußland hineingezogen werden? Da können Sie drauf wetten! Wenn die NATO eine Flugverbotszone über Syrien verhängen würde, wäre ich nicht überrascht, zu sehen, daß die Russen entweder verdeckt - wahrscheinlich - oder möglicherweise auch ganz offen Syrien ihre modernsten Luftabwehrraketen lieferten. Dann werden sie anfangen, NATO-Flugzeuge abzuschießen - nicht bloß ein paar, sondern viele. Das ist ein Problem, nicht wahr?

Ich könnte Ihnen als Militär ein Szenario ausmalen, daß wir, wenn wir von der NATO eine Flugverbotszone in Syrien verhängen, innerhalb von ein bis zwei Jahren in einem allgemeinen regionalen Krieg stecken, und dann innerhalb weiterer ein bis zwei Jahre möglicherweise auch viele große Akteure gegeneinander kämpfen - erst durch Stellvertreter, dann durch eigene Truppen. Das ist kein Szenario, das man in Erwägung ziehen sollte, und sicherlich keines, auf das wir zusteuern sollten.

Besitz von Atomwaffen kein legitimer Kriegsgrund

Bruce Fein: Ich möchte noch etwas zu der Vorstellung sagen, den Iran wegen seiner Nuklearkapazitäten oder des Baus einer Atombombe anzugreifen. Das unterstreicht den Ruin des Völkerrechtes bzw. dem, was die USA jeweils darunter verstehen; es schafft eine völlige Doppelmoral, aus der die Verbitterung entsteht, von der Colonel Wilkerson sprach. Alle Welt sieht ja die unglaubliche Heuchelei der Vereinigten Staaten.

Ich war neulich sehr erstaunt über die Titelseite der Washington Post. Einerseits gab es einen großen Artikel über die Modernisierung von 5100 nuklearen Sprengköpfen in den USA. Nirgendwo in diesem Bericht hieß es, daß es ein Akt des Krieges sei, wenn wir diese Kernwaffen besitzen, und daß jedes Land uns deswegen angreifen kann. Wir könnten sie ja einsetzen wie zuvor in Hiroshima und Nagasaki. Da stand einfach, nun, wir brauchen sie zu Zwecken der Verteidigung, für die gegenseitige gesicherte Zerstörung.

Dann gab es dort andererseits Berichte über Netanjahu und darüber, wo wir die rote Linie ziehen, und daß Romney nicht mehr wußte, ob es um Waffenfähigkeit oder die eigentlichen Waffen geht. In diesen Diskussionen wird davon ausgegangen - sowohl in Israel als auch in den USA -, daß allein schon die Anschaffung nuklearer Kapazitäten durch den Iran allein einen kriegerischen Akt darstellt, der uns das Recht gibt, uns durch Angriff zu verteidigen.

Nun, was stimmt hier nicht? Wie kann das sein? Wenn das der Standard wäre, könnte dann jedes Land der Welt jetzt Israel angreifen? Die USA oder alle anderen? Das ist doch irre! Das würde bedeuten, wenn sie tatsächlich eine Waffe bauen, hätten wir das Recht, einzumarschieren!

Ich dachte eigentlich, daß das in Nürnberg bei der Verurteilung der Führung der Nazis zu einem Kriegsverbrechen erklärt worden war. Und ein Angriffskrieg ist ein Krieg ohne die Rechtfertigung der Selbstverteidigung.

Und erinnern Sie sich: Beim Angriff auf den Iran geht es nicht darum, daß sie gedroht hätten, solche Waffen einzusetzen. Es gibt keine solche unmittelbare Gefahr. Nur der Besitz allein soll hier ein aggressiver Akt sein.

Wie kann das Völkerrecht sein? Das ist Faustrecht in Reinform!

Ich möchte noch etwas dazu sagen, was Colonel Wilkerson dazu sagte, daß nämlich aus der Situation im Iran ein größerer Konflikt werden kann. Denn selbst wenn Iran vom Tisch wäre, sieht man, daß unsere Geisteshaltung in Richtung eines globalen Konfliktes geht. Denken Sie an die letzte Wahl. Erinnern Sie sich: Senator McCain sagte, wir sind jetzt alle Georgier, als in Süd-Ossetien um ein paar Steine gekämpft wurde - als wäre das die Berliner Mauer. Und er sagte, wir sollten alle bereit sein, wegen Süd-Ossetien gegen Rußland in den Krieg zu ziehen! Und man sieht auch schon unsere Unterstützung, wenn auch nicht so lautstark, an der Seite Japans um ein paar unbewohnte Inseln im ostchinesischen Meer zu kämpfen. In Japan selbst denkt man zum ersten Mal ernsthaft darüber nach, Art. 9 der japanischen Verfassung, die Antikriegsklausel, zu verändern, die von General MacArthur nach dem Zweiten Weltkrieg eingefügt worden war. Japan ist unser Verbündeter. Wir kämpfen für seine Souveränität und in den Konflikten, in die sie involviert sind.

Und dann die Achse vom Nahen Osten bis Asien. Wir haben jetzt Soldaten in Australien, weil wir Vietnam im südchinesischen Meer gegen China verteidigen wollen. Man sieht diese unvermeidliche, unersättliche Ausdehnung überallhin, um alles zu kontrollieren, was sich bewegt.

Cyber-Security. Ich bin sicher, wir werden darüber nachdenken, ob der Mars-Rover irgendwie für die nationale Sicherheit eingesetzt werden kann, denn wenn man Geld für etwas braucht, steckt man es in den Verteidigungshaushalt, nicht wahr? Ich glaube, es gibt sogar einen Bio-Kraftstoff-Programm der Marine, wo man eine Gallone Benzin für 28 $ kauft, um die Biokraftstoffindustrie anzukurbeln.

Ich stimme allem zu, was Colonel Wilkerson heute über die totale Transformation unseres Landes und unserer Seele gesagt hat. John Quincy Adams schrieb 1821 als Außenminister eine Rede zum 4. Juli. Die Vereinigten Staaten waren damals keine Weltmacht, und man machte sich lustig: Was habt ihr für die Welt getan? Wo sind eure Pyramiden? Wo ist eure große chinesische Mauer? Warum habt ihr noch kein solches Monument?

Er sagte, nein, der Stolz der Vereinigten Staaten als Republik ist die Freiheit. Der Stolz eines Imperiums ist Herrschaft und Kontrolle. Er sagte, wir könnten der Welt diktieren, aber wir wollen nicht, denn aus unserer Politik der Freiheit würde eine Politik der Nötigung und der Macht.

Das war sein Bild, und er wurde gefeiert! Niemand stand auf und sagte: „Oh, du bist so ein Schwächling, warum willst Du nicht die Welt kontrollieren? Das ist falsch!“ Und er sagte, der Marsch der Vereinigten Staaten ist der Marsch der Weisheit. Der Marsch des Imperiums ist der Marsch des Soldaten. Und die Vereinigten Staaten lehnten diese Idee ab.

Und das fand sehr früh seinen Ausdruck, als ganz Latein- und Mittelamerika sich gegen das spanische und portugiesische Imperium auflehnten. Niemand meinte, wir müßten intervenieren, oder mit dem Militär Demokratie verbreiten. Wir blieben neutral. Und das ist auch richtig, wenn es um Waffengewalt geht.

Das bedeutet nicht, wie Colonel Wilkerson sagte, daß wir neutral sind, was Werte betrifft. Natürlich hat unsere Ausübung der Freiheit einen Nachahmungseffekt, den Einfluß des Beispiels. Das kann sehr mächtig sein. Erinnern Sie sich an 1989 in China, auf dem Platz des himmlischen Friedens; die Menschen reichten dort Kopien der Unabhängigkeitserklärung herum, und wir ermutigten sie. Wir sind Menschen und es gibt Werte, an die wir glauben.

Aber wir wissen auch, daß wir zerstört werden, wenn wir anfangen, sie mit dem Bajonett zu verbreiten.

Jeff Steinberg: Wenn es keine weiteren Fragen gibt, möchte ich noch einmal dem Abgeordneten Jones danken; und auch Colonel Wilkerson, Bruce Fein, Lt. Colonel Shaffer.

Bitte nehmen Sie sich alle zu Herzen, was sie heute gesagt wurde, denn das Überleben unseres Landes und vielleicht das Überleben der Menschheit hängt absolut davon ab, daß für diese Ideen gekämpft und daß dieser Kampf gewonnen wird.

Ich danke Ihnen allen, daß Sie gekommen sind.

(Den Mitschnitt der Pressekonferenz finden Sie - im englischen Original - auf der Internetseite des LaRouche-Aktionskomitees LPAC unter http://larouchepac.com/hcr107press)


Anmerkungen

1. Ein satirischer amerikanischer Film aus dem Jahr 2007, dt.: „Der Krieg des Charlie Wilson“.

2. Nach der Dominotheorie ging man davon aus, daß wenn erst einmal ein Land in die Hände der Kommunisten fiele, dann auch andere - wie Dominosteine - fallen würden.

3. Cecil B. DeMille war der Gründer der Paramount-Filmstudios und Erfinder der Monumentalfilme und -shows.

4. Nach amerikanischem Sprachgebrauch bilden die Administration (Exekutive), der Kongreß (Legislative) und der Oberste Gerichtshof (Judikative) gemeinsam die Regierung.