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Neue Solidarität
Nr. 50, 12. Dezember 2012

Goldman Sachs als „siegreiche Mafia“

Die Geschichte der organisierte Kriminalität ist durch Phasen charakterisiert, in denen ein Mafia-Clan über alle anderen herrscht. Man spricht von „la mafia vincente“, der siegreichen Mafia. Machtwechsel von einer Familie zu einer anderen gehen oft mit blutigen Mafiakriegen einher. Trotzdem sind diese Familien alle nur Räder einer größeren Maschinerie, die in das internationale Finanzsystem integriert ist.

Die „siegreiche Mafia“ der internationalen Finanzwelt der vergangenen Jahrzehnte war und ist immer noch Goldman Sachs. Das zeigte sich zuletzt an zwei sensationellen Entwicklungen: der Ernennung von Mark Carney zum neuen Gouverneur der Bank von England, und dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum Fall der „griechischen Swaps“. In beiden Fällen hieß der Sieger Goldman Sachs.

In der 318 Jahre langen Geschichte der Bank von England ist Mark Carney der erste Gouverneur an der Threadneedle Street, der kein britischer Staatsbürger ist. Er ist Leiter der Bank von Kanada und des von der G-20 geschaffenen Financial Stability Board (FSB), „dem Trojanischen Pferd der Finanzspekulation“, wie es der ehemalige italienische Wirtschaftsminister Giulio Tremonti genannt hat. Vor allem aber war Carney 13 Jahre lang in der Führung von Goldman Sachs, u.a. als Vizepräsident der Abteilung für „Länderrisiken“. Er war 1998 in die Finanzkrise des russischen Staats verstrickt, die dadurch verschärft wurde, daß Goldman Sachs Rußland in Finanzfragen beriet, aber gleichzeitig Finanzwetten gegen Rußlands Fähigkeit zur Rückzahlung seiner Schulden abschloß.

Carneys Antritt markiert einen Machtwechsel in London, wo die Bank von England unter Mervyn King starker Befürworter einer Glass-Steagall-Bankentrennung war. King opponierte gegen die bevorzugte Lösung der City, das von Premierminister Cameron, Finanzminister Osborne und der Vickers-Kommission vertretene „Ringfencing“ (Einzäunen). Osborne wählte Carney aus, nachdem der wahrscheinlichste Nachfolger Kings in der Bank, Mark Tucker, durch Medienkampagnen geschwächt worden war, die ihn und die Bank von England für den LIBOR-Skandal verantwortlich machte.

Carney hat kürzlich in einem Interview mit Euromoney einen weiteren hochrangigen Vertreter der Bank von England, Andrew Haldane, wegen dessen Unterstützung für Glass-Steagall angegriffen.

Das zweite Ereignis war am 29. November das Urteil des Europäischen Gerichtshofs, das es der EZB gestattete, Unterlagen über griechische Swap-Geschäfte weiter geheim zu halten, weil eine Freigabe „das öffentliche Interesse in Bezug auf die Wirtschaftspolitik der EU und Griechenlands“ gefährden würde. Die Bloomberg-Journalistin Gabi Thesing hatte im August 2010 von der EZB verlangt, Unterlagen zu den berüchtigten Swapgeschäften von Goldman Sachs 2002 und den „Titlos“-Geschäften von 2009, in die Goldman Sachs ebenfalls verstrickt war, herauszugeben.

Anfang 2002 hatten die Verwalter der griechischen Staatsschulden einem riesigen Geschäft mit Goldman Sachs mit sog. Devisenswaps zugestimmt: In Dollar und Yen ausgewiesene Staatsschulden wurden für einen gewissen Zeitraum in Euros eingetauscht, um sie zu einem späteren Zeitpunkt in die ursprünglichen Währungen zurückzutauschen. Dadurch konnte Griechenland einen Teil seiner Schulden aus der Bilanz verschwinden lassen und so die Kriterien für die Teilnahme am Euro erfüllen.

Im Februar 2009 gab die neu gegründete Firma Titlos in London 5,1 Mrd.€ an Swap-Wertpapieren aus, die von Moody’s die Bewertung A1 erhielten, und verkaufte sie an die private National Bank of Greece. Die Bank benutzte sie als Sicherheit für Kredite von der EZB, mit denen sie in einem Carry Trade hochverzinste Wertpapiere kaufen konnte. Auch dieses Geschäft wurde von Goldman Sachs arrangiert.

Mario Draghi, der heutige EZB-Chef, war 2004-05 Europa-Direktor von Goldman Sachs. Er behauptet, von den Geschäften aus dem Jahr 2002 nichts gewußt zu haben. Aber im Juni 2003 verfaßte Draghi zusammen mit Robert Merton und Francesco Giavazzi ein Papier „Transparenz, Risikomanagement und internationale finanzielle Fragilität“, in dem gerade solche Swapgeschäfte als Möglichkeit der „Diversifizierung“ des Risikos eines Landes behandelt werden.

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