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Von Helga Zepp-LaRouche
Die Nachrichten über den angeblichen Einsatz chemischer Waffen durch die Assad-Regierung, über den es laut Stellungnahmen aus dem Weißen Haus „unterschiedliche Grade an Sicherheit“ gebe, müssen bei allen Zeitgenossen, die nicht an völliger Amnesie leiden, einen lebhaften „Déjà-vu-Effekt“ in Bezug auf den Irakkrieg auslösen, bei dem es ja auch um Massenvernichtungswaffen ging, die sich allerdings vollständig als Lügen von Tony Blair herausstellten. Wer jetzt behauptet, die von Präsident Obama gezogene „rote Linie“ sei überschritten und die USA müßten militärisch eingreifen, wie der US-Senator McCain oder die anglophilen internationalen Medienvertreter verlangen, der spielt mit dem Feuer eines Dritten, diesmal thermonuklearen Weltkrieges, der aller Wahrscheinlichkeit nach zur vollständigen Auslöschung der menschlichen Zivilisation führen würde.
Die Chronologie dieser offensichtlichen Fabrikation ist interessant: Am Montag, dem 22. April, war beim Treffen des US-Verteidigungsministers Hagel mit seinem israelischen Kollegen Mosche Jaalon in Israel keine Rede vom Einsatz von Giftgas. Merkwürdigerweise wußte am nächsten Tag, am 23., der israelische Brigadegeneral Itai Brun in einer Rede in Tel Aviv, Syrien hätte „wiederholt“ chemische Waffen eingesetzt. Am Dienstagnachmittag wollte Premierminister Netanjahu dies gegenüber US-Außenminister Kerry nicht bestätigen. Am Mittwoch betonte Verteidigungsminister Hagel, wie seltsam es sei, daß niemand ihm bei seinem Besuch am Montag etwas davon gesagt habe.
Am Donnerstag verkündete der juristische Sprecher des Weißen Hauses, Rodriguez, man gehe davon aus, daß Syrien „kleine Mengen“ an chemischen Waffen eingesetzt habe. Nachmittags wurde dann in einem Konferenzanruf mit Hinweis auf das Versagen der Geheimdienste im Falle des Irakkrieges etwas zurückgerudert - man werde die Untersuchung fortsetzen, bis man belegbare Fakten habe. Mittlerweile gibt das israelische Militär bekannt, Bruns „Beweise“ bestünden in Fotos, die von „Rebellen“ in Syrien stammten. Ins gleiche Horn stieß derweil der britische Premierminister Cameron - in klarer Reminiszenz an Blair -, es gebe „begrenzte Beweise“, daß chemische Waffen eingesetzt worden seien und das diese „wahrscheinlich“ vom Regime eingesetzt worden seien, und hatte dann noch den Nerv, zu betonen, dabei handele es sich um ein Kriegsverbrechen. Sogar CNN hatte anläßlich des 10. Jahrestages des Irakkrieges gefordert, daß G.W. Bush und Blair wegen Kriegsverbrechen angeklagt werden sollten, und ein zwei Jahre lang tagendes Tribunal in Malaysia befand diese beiden aus dem gleichen Grund für schuldig.
Nichtsdestotrotz behauptete Sen. McCain umgehend, die rote Linie sei überschritten, deshalb müßten die USA jetzt eine Flugverbotszone schaffen und vertrauenswürdigen Rebellen Waffen liefern. Die erste Maßnahme ließe sich nur mit militärischen Mitteln durchsetzen, wofür es weder ein UN-Mandat noch eine Erlaubnis des amerikanischen Kongresses gibt, und die zweite ist angesichts der Verbreitung von Waffen an „vertrauenswürdige“ Rebellen im Irak, Afghanistan und Libyen, in ganz Südwestasien und halb Afrika der helle Wahnsinn. Lyndon LaRouche kommentierte, McCain habe offensichtlich sein Urteilsvermögen verloren, und forderte: „Wo sind die Fakten? Es geht hier um eine Eskalation zum thermonuklearen Dritten Weltkrieg auf der Basis von diesem Unsinn!“
Eine Flugverbotszone könnte natürlich nur mit militärischen Mitteln durchgesetzt werden, und genau hier wäre die wirkliche rote Linie überschritten - nämlich die zwischen der Blair-Doktrin, die sogenannte „humanitäre“ Interventionen auf der ganzen Welt verschreibt, und der Putin-Doktrin, die die UN-Charta und die Unverletzbarkeit der völkerrechtlich garantierten nationalen Souveränität hochhält.
Sowohl Rußland wie der amerikanische Generalstab versuchen eine Eskalation zu verhindern, aber bisher hindert niemand Saudi-Arabien und einige andere Golfstaaten daran, Terrororganisationen wie Al-Nusra in Syrien unbegrenzt mit Geld und Waffen zu versorgen. Die Lunte zum thermonuklearen Weltkrieg brennt, und alle, die jetzt einer Eskalation das Wort reden, wie einige Medien in Deutschland, haben offensichtlich den Verstand verloren.
Die Kriegsgefahr in Südwestasien wächst durchaus im Zusammenhang mit der Tatsache, daß das transatlantische Finanzsystem sich ebenso wie die Eurozone im Zustand fortgeschrittener Desintegration befindet. Das sogenannte „Quantitative Easing“ - sprich: Gelddrucken - ist wie ein Tropf, an dem die gesamte bankrotte Kasinowirtschaft hängt wie ein Todgeweihter an einem Lebenserhaltungssystem. Die hyperinflationäre Vermehrung der Liquidität in Verbindung mit der mörderischen Sparpolitik der Troika zerstört eine Nation nach der anderen - und dies, das ist nicht mehr von der Hand zu weisen, mit voller Absicht.
In Spanien befindet sich die Arbeitslosigkeit auf dem höchsten Niveau seit dem Spanischen Bürgerkrieg: 27,2%. Täglich kommen im Schnitt 3581 neue Arbeitslose dazu und es gibt zwei Millionen Haushalte, in denen kein einziges Mitglied der Familie einen Arbeitsplatz hat. In Andalusien beträgt die Arbeitslosenquote 36,8%, die Jugendarbeitslosigkeit in ganz Spanien 57,2%! Die Brutalität der Polizei gegen Demonstranten vor dem Parlament in Madrid spiegelt das ganze Ausmaß des moralischen Bankrotts all jener wider, die pausenlos von „mehr Europa“ schwadronieren.
In Portugal schrieb der 77 Jahre alte Dichter und ehemalige Präsidentschaftskandidat der Sozialistischen Partei Manuel Alegre in einem Artikel mit dem Titel „Zypern und wir“:
„Wir sind wie jene Gefangene in den Konzentrationslagern, die in der Illusion leben, daß ihre Zeit vielleicht noch nicht gekommen ist, während andere bereits für die Gaskammern ausgesucht werden. Es ist kein Hakenkreuz zu sehen, es gibt keine Soldaten, die Befehle brüllen, der Satz ,Arbeit macht frei’ ist noch nicht über dem Eingang unseres Landes erschienen.
Aber Minister Schäuble, Durrao Barroso und die Eigentümer des germanisierten Europas schüren Angst. Es ist nicht nötig, daß sie eine Invasion machen oder bombardieren. Sie fällen eine Entscheidung und rotten ein Land aus. Gestern war es Zypern. Die Fünfte Kolonne, die Europa regiert, und die regulierten Kommentatoren glauben, daß es sie nicht betrifft - Zypern ist ein kleines Land. Sie haben dasselbe bereits über Griechenland gesagt. Solange sie kein Zeichen an unseren Jackenaufschlag heften, glauben sie, daß wir entkommen werden. Aber ich fange bereits an, mich verurteilt zu fühlen. Ich kann nicht aufhören, mich wie ein Zypriot zu fühlen. Ich war davon überzeugt, daß wir zur Europäischen Union gehören, einem Projekt für geteilten Wohlstand zwischen gleichen und souveränen Staaten. Aber Zypern, nach Griechenland, und in gewisser Weise auch wir selbst, machen mir klar, daß dieses Europa ein Schwindel ist. Es ist nicht mehr ein Projekt des Friedens und der Freiheit; es hat angefangen, eine totalitäre Bedrohung zu sein, mit dem Ziel, uns Staaten des Südens zu verarmen und zu versklaven. Deshalb steht es uns an, uns wie Zyprioten zu fühlen. Bevor es uns erreicht.“
Manuel Alegre hat leider recht und irrt nur in einem Punkt: Europa ist nicht germanisiert, sondern in den Klauen des Britischen Empire, denn die EU ist in ihrer gegenwärtigen Form nichts anderes als der regionale Ausdruck der Globalisierung, was nichts anderes als das Britische Empire darstellt. Denn der größere Teil der deutschen Bevölkerung befindet sich ebenfalls bereits auf der Schlachtbank empfindlicher Einschnitte beim Gesundheitssystem, den Renten und des Bildungssystems, und die Zukunftsangst vieler Menschen ist längst einer Gegenwartsangst gewichen.
Die deutsche Bevölkerung ist nämlich keineswegs das gleiche wie der unsägliche Finanzminister Schäuble, der in einem Interview mit dem Deutschlandfunk am 25. April auf die Folgen der Politik der Troika in Italien und Griechenland angesprochen wurde, daß z.B. viele Rentner wegen der Kürzungen Selbstmord begehen. Schäubles Antwort ist Ausdruck der Indifferenz eines Schreibtischtäters, der natürlich keinen Zusammenhang zwischen seiner Unterschrift und der durch seine Politik ausgelösten „Kollateralschäden“ sieht. Schäube sagte: „Es gibt leider immer in Einzelfällen schreckliche, auch falsche Entscheidungen und Verzweiflung. Es gibt Übertreibungen in der Medienberichterstattung“, und führte dann die Statistik der EZB über die Verteilung der Vermögen in den EU-Mitgliedstaaten an, wonach die Vermögen in den anderen Staaten viel höher seien als in Deutschland.
Friedrich Schiller kam nach dem Scheitern der Französischen Revolution durch den Jakobinerterror zu dem Schluß, daß das größte Problem seiner Zeit das fehlende Empfindungsvermögen der Zeitgenossen sei. Wenn Schiller heute hören könnte, wie Schäuble Selbstmorde von vielen Menschen kaltblütig als „falsche Entscheidungen“ abqualifiziert, dann würde er wahrscheinlich in Abwandlung anderer Aussagen sagen: „Woher kommt es, daß wir uns immer noch von Barbaren regieren lassen?“ Denn es ist nur die Gewöhnung an den Untertanengeist, daß wir Schäuble und die gleichfalls unglaublich kaltherzige Frau Merkel immer noch gewähren lassen.
Wir haben ein sehr kurzes Zeitfenster, um den Dritten Weltkrieg und die vollkommene Desintegration des transatlantischen Finanzsystems zu verhindern. Der Grund für die Kriegsgefahr, nämlich eben diese Systemkrise, muß umgehend behoben werden, indem durch eine reale Bankentrennung die Kasinowirtschaft beendet wird. Wir müssen den Kampf für die Wiedereinführung des Glass-Steagall-Trennbankengesetzes in den USA in den Bundestag und alle Parlamente in Europa hineintragen. Schließen Sie sich uns an!